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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Sechs und Dreyssigste Geistliche Lection
wann selbige mit einem so gemeinen Verbrechen gar zu scharff verfahren
thäten; so höre deinen Heyland über dieses Laster an/ der dich und mich mit
Luc. 21.
34.
diesen wohl-meinenden Worten avisiret: Hutet euch/ daß euere
Hertzen nicht etwan beschwäret werden mit dem Fraaß.

Auß dessen Göttlichem Mund rufft uns auch der H. Paulus zu/ und sagt:
1. Cor. 6.
9.
Jrret nicht; weder die Trunckenbolten/ weder die Lästerer
werden das Keich GOttes besitzen.

8. Was ist aber die Trunckenheit anders/ als ein Mutter deß
Zancks/ ein Zeugerin deß Zorns und Grimmen/ ein Verspötte-
rin der Tugenden und guten Werck/ und eine Lehr-Meisterin deß
Hom. 28
in Matt.
Willmuhts. Derhalben rufft der heilige Chrysostomus/ und
sagt: O wann du eine menschliche Seel/ so da mit
Sunden/ und sonderbahr mit den Sunden deß Fraaßes
und der Trunckenheit behafftet ist/ mit den Augen
deß Hertzens beschauen mögtest/ ich zweiffle nicht/
du wurdest darfür halten/ daß ein lebendiger Leib
viel besser in einem schwartzen Grab; als eine Seel
im lebendigen Leib/ durch den Wein begraben lige.

Ach/ ach/ wie viele hats ihrer Anschläg gereuet/ die sie in der Trun-
ckenheit haben vorgenommen! wie viele haben im Rausch sich selbst verra-
L. 2.
aphd.
Historia.
then/ wer sie seyen/ die vorhin von jederman für gut gehalten worden! von
dergleichen unbesonnenen Säuffern erzehlet Thomas Cantipratanus, daß
derselbe drey einsmals in einem Wirts-Hauß/ nachdem sie durch den Wein
erhitzet/ von den Geheimnüssen der andern Welt/ von der unsterblichkeit der
Seelen/ und von den höllischen Peynen/ unter dem Zechen zu reden angefan-
gen: deren dann einer auß übermässiger Frechheit hat sagen dörffen: wir
lassen uns von den Pfaffen betriegen/ indem wir deren Wort glauben/ daß
nemblich die Seel nach dem Todt deß Menschen noch lebe. Da nun hier-
über bey den Anwesenden ein Gelächter entstehet/ gesellet sich denselben ein
langer und starcker Mensch zu/ fordert auch einen Trunck/ und fragt/
wessen sie so hertzlich lacheten. Deme antwortet der gemeldte Unglau-
bige und volle Bolt/ und sagt: Wir erzehlen allhier die Träumb
der Pfaffen: und setzt hinzu: daß/ wann einer seiner Seelen
begierich wäre/ er ihm selbige umb einen geringen Preyß verkauffen/
und das Geld zum Besten geben wolte. Hierzu lachen abermahl
die übrige Sauff - Brüder; der zu letzt angekommene aber

erbie-

Die Sechs und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection
wann ſelbige mit einem ſo gemeinen Verbrechen gar zu ſcharff verfahren
thaͤten; ſo hoͤre deinen Heyland uͤber dieſes Laſter an/ der dich und mich mit
Luc. 21.
34.
dieſen wohl-meinenden Worten aviſiret: Hůtet euch/ daß euere
Hertzen nicht etwan beſchwaͤret werden mit dem Fraaß.

Auß deſſen Goͤttlichem Mund rufft uns auch der H. Paulus zu/ und ſagt:
1. Cor. 6.
9.
Jrret nicht; weder die Trunckenbolten/ weder die Laͤſterer
werden das Keich GOttes beſitzen.

8. Was iſt aber die Trunckenheit anders/ als ein Mutter deß
Zancks/ ein Zeugerin deß Zorns und Grimmen/ ein Verſpoͤtte-
rin der Tugenden und guten Werck/ und eine Lehr-Meiſterin deß
Hom. 28
in Matt.
Willmuhts. Derhalben rufft der heilige Chryſoſtomus/ und
ſagt: O wann du eine menſchliche Seel/ ſo da mit
Sůnden/ und ſonderbahr mit den Sůnden deß Fraaßes
und der Trunckenheit behafftet iſt/ mit den Augen
deß Hertzens beſchauen moͤgteſt/ ich zweiffle nicht/
du wůrdeſt darfür halten/ daß ein lebendiger Leib
viel beſſer in einem ſchwartzen Grab; als eine Seel
im lebendigen Leib/ durch den Wein begraben lige.

Ach/ ach/ wie viele hats ihrer Anſchlaͤg gereuet/ die ſie in der Trun-
ckenheit haben vorgenommen! wie viele haben im Rauſch ſich ſelbſt verra-
L. 2.
aphd.
Hiſtoria.
then/ wer ſie ſeyen/ die vorhin von jederman fuͤr gut gehalten worden! von
dergleichen unbeſonnenen Saͤuffern erzehlet Thomas Cantipratanus, daß
derſelbe drey einsmals in einem Wirts-Hauß/ nachdem ſie durch den Wein
erhitzet/ von den Geheimnuͤſſen der andern Welt/ von der unſterblichkeit der
Seelen/ und von den hoͤlliſchen Peynen/ unter dem Zechen zu reden angefan-
gen: deren dann einer auß uͤbermaͤſſiger Frechheit hat ſagen doͤrffen: wir
laſſen uns von den Pfaffen betriegen/ indem wir deren Wort glauben/ daß
nemblich die Seel nach dem Todt deß Menſchen noch lebe. Da nun hier-
uͤber bey den Anweſenden ein Gelaͤchter entſtehet/ geſellet ſich denſelben ein
langer und ſtarcker Menſch zu/ fordert auch einen Trunck/ und fragt/
weſſen ſie ſo hertzlich lacheten. Deme antwortet der gemeldte Unglau-
bige und volle Bolt/ und ſagt: Wir erzehlen allhier die Traͤumb
der Pfaffen: und ſetzt hinzu: daß/ wann einer ſeiner Seelen
begierich waͤre/ er ihm ſelbige umb einen geringen Preyß verkauffen/
und das Geld zum Beſten geben wolte. Hierzu lachen abermahl
die uͤbrige Sauff - Bruͤder; der zu letzt angekommene aber

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[446/0474] Die Sechs und Dreyſſigſte Geiſtliche Lection wann ſelbige mit einem ſo gemeinen Verbrechen gar zu ſcharff verfahren thaͤten; ſo hoͤre deinen Heyland uͤber dieſes Laſter an/ der dich und mich mit dieſen wohl-meinenden Worten aviſiret: Hůtet euch/ daß euere Hertzen nicht etwan beſchwaͤret werden mit dem Fraaß. Auß deſſen Goͤttlichem Mund rufft uns auch der H. Paulus zu/ und ſagt: Jrret nicht; weder die Trunckenbolten/ weder die Laͤſterer werden das Keich GOttes beſitzen. Luc. 21. 34. 1. Cor. 6. 9. 8. Was iſt aber die Trunckenheit anders/ als ein Mutter deß Zancks/ ein Zeugerin deß Zorns und Grimmen/ ein Verſpoͤtte- rin der Tugenden und guten Werck/ und eine Lehr-Meiſterin deß Willmuhts. Derhalben rufft der heilige Chryſoſtomus/ und ſagt: O wann du eine menſchliche Seel/ ſo da mit Sůnden/ und ſonderbahr mit den Sůnden deß Fraaßes und der Trunckenheit behafftet iſt/ mit den Augen deß Hertzens beſchauen moͤgteſt/ ich zweiffle nicht/ du wůrdeſt darfür halten/ daß ein lebendiger Leib viel beſſer in einem ſchwartzen Grab; als eine Seel im lebendigen Leib/ durch den Wein begraben lige. Ach/ ach/ wie viele hats ihrer Anſchlaͤg gereuet/ die ſie in der Trun- ckenheit haben vorgenommen! wie viele haben im Rauſch ſich ſelbſt verra- then/ wer ſie ſeyen/ die vorhin von jederman fuͤr gut gehalten worden! von dergleichen unbeſonnenen Saͤuffern erzehlet Thomas Cantipratanus, daß derſelbe drey einsmals in einem Wirts-Hauß/ nachdem ſie durch den Wein erhitzet/ von den Geheimnuͤſſen der andern Welt/ von der unſterblichkeit der Seelen/ und von den hoͤlliſchen Peynen/ unter dem Zechen zu reden angefan- gen: deren dann einer auß uͤbermaͤſſiger Frechheit hat ſagen doͤrffen: wir laſſen uns von den Pfaffen betriegen/ indem wir deren Wort glauben/ daß nemblich die Seel nach dem Todt deß Menſchen noch lebe. Da nun hier- uͤber bey den Anweſenden ein Gelaͤchter entſtehet/ geſellet ſich denſelben ein langer und ſtarcker Menſch zu/ fordert auch einen Trunck/ und fragt/ weſſen ſie ſo hertzlich lacheten. Deme antwortet der gemeldte Unglau- bige und volle Bolt/ und ſagt: Wir erzehlen allhier die Traͤumb der Pfaffen: und ſetzt hinzu: daß/ wann einer ſeiner Seelen begierich waͤre/ er ihm ſelbige umb einen geringen Preyß verkauffen/ und das Geld zum Beſten geben wolte. Hierzu lachen abermahl die uͤbrige Sauff - Bruͤder; der zu letzt angekommene aber erbie- Hom. 28 in Matt. L. 2. aphd. Hiſtoria.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/474>, abgerufen am 22.11.2024.