Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Vom Laster deß Fraaßes und der Trunckenheit. Wehe euch/ die ihr ersättiget seyed/ dann es wird euch hün-Luc 6. [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt].25. gern. Sie vermeinen nicht daß sie das angehe/ sondern/ daß es den Römern allein gesagt seye/ was der H. Apostel Paulus in seinem Send-Schreiben meldet: Nicht in Fressen und Sauffen &c. sondern ziehet denRom. 12. v. 13. Herrn JEsum Christum an/ und thuet daß nicht/ darnach das Fleisch trachtet in seinen Lusten. Sie gedencken auch nicht daran/ was der weise Mann sagt: Wan man zuviel Speise nimbt/Eccli 37. v. 33. darauß entste het Schwachheit; Schwachheit so wohl der Seelen/ als deß Leibs/ wie sichs in den oberwehnten beyden traurigen Geschichten gnug- samb erwiesen hat. Am Leib wird verursachet das Podagra an den Füssen/ das Chiragra an den Händen/ die Cholick im Bauch/ der Stein in den Nieren/ die Wassersucht und das Fieber am gantzen Leib &c. Dahero sagt recht und wohl der H. Chrysostomus: Daß die jenige Speisen/ so nicht außHom. 21. Nothwendigkeit genommen werden/ keine Nahrung/ son- dern eine Pest deß Leibs/ und die Ersättigung ein Vrsprung aller Kranckheiten seyen. Und der H. Ambrosius stimmet auch bey mit diesen Worten/ und sagt: Sehr viele hat der Fraß getödtet/Ser. de Cain & Abel. keinen aber die Mässigkeit: unzahlbaren hat der Wein ge- schadet/ keinem aber der Abbruch deß Weins. So viel die Seel betrifft/ verursachet der Fraß die Hoffart; indem sich die schleckerige Fresser über die Arme erheben/ und selbige verachten. Er mehret den Geitz; weilen die Fressige Schlemmer mehr und mehr nach Rei chtumben trachten/ damit sie ihrem Bauch desto besser mögen gnug thuen. Der Fraß und Trun- ckenheit vermehren den Zorn/ gestalt man leider täglich erfahret/ daß durch übermässiges Essen und Trincken die Gemüther der Menschen entzündet werden/ und fast keiner dem andern weichet. Er bringt auch die Miß- gunst; indem die Schlemmer andern mißgönnen/ was sie offtmahl selbst entrathen müssen. Er gebähret auch die Geylheit/ zumahlen gewiß ist/ daß/ wie der H. Hieronimus sagt/ die Ersättigung die Geylheit immer nach sich führe. Und der geistreiche Climacus haltet darfür/ daß der jenige/ welcher sei-Grad. 14. nem Bauch dienet/ und dannoch den Geist der Unkeuschheit zu vertilgen trach- tet, eben so viel außrichte/ als der jenige/ so das Feuer mit Oel zu löschen sich unterstehet. Endlich verursachet der Fraß auch das abscheuliche Laster der Faulheit/ nach dem Spricht-Wort: kein voller Bauch/ zur Arbeit tauch. Und gleich wie zum Arbeiten und Studiren die frässige Menschen unbequem seynd; also fallet auch denselben das Betten sehr schwär: daß also der H. Kir- chen-Lehrer Gregorius recht und wol sagt: Auß dem eintzigen Laster deß K k k
Vom Laſter deß Fraaßes und der Trunckenheit. Wehe euch/ die ihr erſaͤttiget ſeyed/ dann es wird euch hün-Luc 6. [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt].25. gern. Sie vermeinen nicht daß ſie das angehe/ ſondern/ daß es den Roͤmern allein geſagt ſeye/ was der H. Apoſtel Paulus in ſeinem Send-Schreiben meldet: Nicht in Freſſen und Sauffen &c. ſondern ziehet denRom. 12. v. 13. Herrn JEſum Chriſtum an/ und thuet daß nicht/ darnach das Fleiſch trachtet in ſeinen Lůſten. Sie gedencken auch nicht daran/ was der weiſe Mann ſagt: Wan man zuviel Speiſe nimbt/Eccli 37. v. 33. darauß entſte het Schwachheit; Schwachheit ſo wohl der Seelen/ als deß Leibs/ wie ſichs in den oberwehnten beydẽ traurigen Geſchichten gnug- ſamb erwieſen hat. Am Leib wird verurſachet das Podagra an den Fuͤſſen/ das Chiragra an den Haͤnden/ die Cholick im Bauch/ der Stein in den Nieren/ die Waſſerſucht und das Fieber am gantzen Leib &c. Dahero ſagt recht und wohl der H. Chryſoſtomus: Daß die jenige Speiſen/ ſo nicht außHom. 21. Nothwendigkeit genommen werden/ keine Nahrung/ ſon- dern eine Peſt deß Leibs/ und die Erſaͤttigung ein Vrſprung aller Kranckheiten ſeyen. Und der H. Ambroſius ſtimmet auch bey mit dieſen Worten/ und ſagt: Sehr viele hat der Fraß getoͤdtet/Ser. de Cain & Abel. keinen aber die Maͤſſigkeit: unzahlbaren hat der Wein ge- ſchadet/ keinem aber der Abbruch deß Weins. So viel die Seel betrifft/ verurſachet der Fraß die Hoffart; indem ſich die ſchleckerige Freſſer uͤber die Arme erheben/ und ſelbige verachten. Er mehret den Geitz; weilen die Freſſige Schlemmer mehr und mehr nach Rei chtumben trachten/ damit ſie ihrem Bauch deſto beſſer moͤgen gnug thuen. Der Fraß und Trun- ckenheit vermehren den Zorn/ geſtalt man leider taͤglich erfahret/ daß durch uͤbermaͤſſiges Eſſen und Trincken die Gemuͤther der Menſchen entzuͤndet werden/ und faſt keiner dem andern weichet. Er bringt auch die Miß- gunſt; indem die Schlemmer andern mißgoͤnnen/ was ſie offtmahl ſelbſt entrathen muͤſſen. Er gebaͤhret auch die Geylheit/ zumahlen gewiß iſt/ daß/ wie der H. Hieronimus ſagt/ die Erſaͤttigung die Geylheit immer nach ſich fuͤhre. Und der geiſtreiche Climacus haltet darfuͤr/ daß der jenige/ welcher ſei-Grad. 14. nem Bauch dienet/ und dannoch den Geiſt der Unkeuſchheit zu vertilgen trach- tet, eben ſo viel außrichte/ als der jenige/ ſo das Feuer mit Oel zu loͤſchen ſich unterſtehet. Endlich verurſachet der Fraß auch das abſcheuliche Laſter der Faulheit/ nach dem Spricht-Wort: kein voller Bauch/ zur Arbeit tauch. Und gleich wie zum Arbeiten und Studiren die fraͤſſige Menſchen unbequem ſeynd; alſo fallet auch denſelben das Betten ſehr ſchwaͤr: daß alſo der H. Kir- chen-Lehrer Gregorius recht und wol ſagt: Auß dem eintzigen Laſter deß K k k
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Wehe euch/ die ihr erſaͤttiget ſeyed/ dann es wird euch hün-
gern. Sie vermeinen nicht daß ſie das angehe/ ſondern/ daß es den Roͤmern
allein geſagt ſeye/ was der H. Apoſtel Paulus in ſeinem Send-Schreiben
meldet: Nicht in Freſſen und Sauffen &c. ſondern ziehet den
Herrn JEſum Chriſtum an/ und thuet daß nicht/ darnach
das Fleiſch trachtet in ſeinen Lůſten. Sie gedencken auch nicht
daran/ was der weiſe Mann ſagt: Wan man zuviel Speiſe nimbt/
darauß entſte het Schwachheit; Schwachheit ſo wohl der Seelen/
als deß Leibs/ wie ſichs in den oberwehnten beydẽ traurigen Geſchichten gnug-
ſamb erwieſen hat. Am Leib wird verurſachet das Podagra an den Fuͤſſen/ das
Chiragra an den Haͤnden/ die Cholick im Bauch/ der Stein in den Nieren/
die Waſſerſucht und das Fieber am gantzen Leib &c. Dahero ſagt recht und
wohl der H. Chryſoſtomus: Daß die jenige Speiſen/ ſo nicht auß
Nothwendigkeit genommen werden/ keine Nahrung/ ſon-
dern eine Peſt deß Leibs/ und die Erſaͤttigung ein Vrſprung
aller Kranckheiten ſeyen. Und der H. Ambroſius ſtimmet auch bey
mit dieſen Worten/ und ſagt: Sehr viele hat der Fraß getoͤdtet/
keinen aber die Maͤſſigkeit: unzahlbaren hat der Wein ge-
ſchadet/ keinem aber der Abbruch deß Weins. So viel die
Seel betrifft/ verurſachet der Fraß die Hoffart; indem ſich die ſchleckerige
Freſſer uͤber die Arme erheben/ und ſelbige verachten. Er mehret den Geitz;
weilen die Freſſige Schlemmer mehr und mehr nach Rei chtumben trachten/
damit ſie ihrem Bauch deſto beſſer moͤgen gnug thuen. Der Fraß und Trun-
ckenheit vermehren den Zorn/ geſtalt man leider taͤglich erfahret/ daß durch
uͤbermaͤſſiges Eſſen und Trincken die Gemuͤther der Menſchen entzuͤndet
werden/ und faſt keiner dem andern weichet. Er bringt auch die Miß-
gunſt; indem die Schlemmer andern mißgoͤnnen/ was ſie offtmahl ſelbſt
entrathen muͤſſen. Er gebaͤhret auch die Geylheit/ zumahlen gewiß iſt/ daß/
wie der H. Hieronimus ſagt/ die Erſaͤttigung die Geylheit immer nach ſich
fuͤhre. Und der geiſtreiche Climacus haltet darfuͤr/ daß der jenige/ welcher ſei-
nem Bauch dienet/ und dannoch den Geiſt der Unkeuſchheit zu vertilgen trach-
tet, eben ſo viel außrichte/ als der jenige/ ſo das Feuer mit Oel zu loͤſchen ſich
unterſtehet. Endlich verurſachet der Fraß auch das abſcheuliche Laſter der
Faulheit/ nach dem Spricht-Wort: kein voller Bauch/ zur Arbeit tauch.
Und gleich wie zum Arbeiten und Studiren die fraͤſſige Menſchen unbequem
ſeynd; alſo fallet auch denſelben das Betten ſehr ſchwaͤr: daß alſo der H. Kir-
chen-Lehrer Gregorius recht und wol ſagt: Auß dem eintzigen Laſter
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Luc 6. _.
25.
Rom. 12.
v. 13.
Eccli 37.
v. 33.
Hom. 21.
Ser. de
Cain &
Abel.
Grad. 14.
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/469>, abgerufen am 16.07.2024. |