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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Gleißnerey und eytelen Ehr.
men/ als die Gleißnerey und Heuchlerey der Phariseer: Dem er dann neben
vielen andern mahlen/ auch einsmahls mit diesen Worten trewet: WeheMatt. 23.
v.
27.

euch/ ihr Schrifft-Gelehrten und Phariseer/ ihr Heuchler:
Dann ihr seyd gleich den uberweisseten Gräbern/ welche
von aussen für den Leuten fein scheinen; aber inwendig seynd
sie voller Todten-Bein und aller Vnsauberkeit.

9. Fahret nicht billig unser göttliche Heyland so hefftig über die Gleißner
auß; zumahlen selbige/ wahre Verräther können genennet werden; indem sie
es mit dem Teuffel halten/ und lassen sich doch angehen/ als wann sie es mit
Gott hielten: Und/ da sie sich als Freunde GOttes zu stellen wissen/ sie doch
desselben Feinde seynd; und solcher Gestalt grossen Schaden verursachen?
Dahero ist/ leider Gottes! geschehen/ daß die Ketzer durch die Heuchlerey
und verschmitzte Heiligkeit viele einfältige Menschen biß dato verführen und
verkehren: und wird der Antichrist/ der Führer aller Verführer/ die arme
Leuth meistens durch seine Gleißnerey verführen Weiters kan ich auch einen
Gleißner am besten vergleichen dem Strauß-Vogel: Dieser/ ob er schon mit
Federn versehen ist/ fliehet doch zumahlen nicht/ ja erhebet sich nicht einmahl
von der Erden auff. Also ein Gleißner/ ob er schon einem Heiligen gleich
scheinet; so kan er doch von der Erden nicht auffstehen/ und nach der Art der
Heiligen sich zu Gott erheben; weilen er mit dem Last der Sünden beladen ist.
Von dergleichen Art hat schon vor längst der Prophet Isaias geweissaget:
Dieses Volck ehret mich mit den Lefftzen/ ihr Hertz aber istc. 29.
weit von mir. Also machens in der Warheit die Gleißner: Sie verrich-
ten viele gute Werck: Betten lang/ wachen viel/ tödten sich offtmahlen auch
in den zulässigen Dingen ab: Und hat es das Ansehen/ daß sie dadurch Gott
loben: Es bestehet aber dieser Lob nur in den Lefftzen; oder in den eusserlichen
Wercken: Sie seynd aber mit dem Hertzen/ daß ist mit der Intention oder
Meinung ihrem Herrn zu gefallen/ von demselben weit entfernet. Ein solcherL. 4. Dial.
c. 38.
Historia.

ware jener Münch/ von welchem der Heil. Gregorius meldet/ daß er von sei-
nen Brüdern für heilig gehalten worden; und da er nun eben von dieser Welt
solte abscheiden/ seyn seine Brüder zu ihm kommen/ umb eine und andere
heylsame Lehr zu empfangen; habe aber/ O leider! gesagt/ daß er wegen der
Gleißnerey/ in der er viel gute Werck verrichtet/ und unter andern auch dem
Ansehen nach/ sehr streng gefastt/ aber heimlicher und gestohlner weiß gegessen;
dem höllischen Drachen zum verschlingen überlassen seye/ welcher nunmehr
mit dem Schweiff seine Knie und Füß gefesselt/ sein Haubt

mit
A a a 2

Von der Gleißnerey und eytelen Ehr.
men/ als die Gleißnerey und Heuchlerey der Phariſeer: Dem er dann neben
vielen andern mahlen/ auch einsmahls mit dieſen Worten trewet: WeheMatt. 23.
v.
27.

euch/ ihr Schrifft-Gelehrten und Phariſeer/ ihr Heuchler:
Dann ihr ſeyd gleich den ůberweiſſeten Graͤbern/ welche
von auſſen fuͤr den Leuten fein ſcheinen; aber inwendig ſeynd
ſie voller Todten-Bein und aller Vnſauberkeit.

9. Fahret nicht billig unſer goͤttliche Heyland ſo hefftig uͤber die Gleißner
auß; zumahlen ſelbige/ wahre Verraͤther koͤnnen genennet werden; indem ſie
es mit dem Teuffel halten/ und laſſen ſich doch angehen/ als wann ſie es mit
Gott hielten: Und/ da ſie ſich als Freunde GOttes zu ſtellen wiſſen/ ſie doch
deſſelben Feinde ſeynd; und ſolcher Geſtalt groſſen Schaden verurſachen?
Dahero iſt/ leider Gottes! geſchehen/ daß die Ketzer durch die Heuchlerey
und verſchmitzte Heiligkeit viele einfaͤltige Menſchen biß dato verfuͤhren und
verkehren: und wird der Antichriſt/ der Fuͤhrer aller Verfuͤhrer/ die arme
Leuth meiſtens durch ſeine Gleißnerey verfuͤhren Weiters kan ich auch einen
Gleißner am beſten vergleichen dem Strauß-Vogel: Dieſer/ ob er ſchon mit
Federn verſehen iſt/ fliehet doch zumahlen nicht/ ja erhebet ſich nicht einmahl
von der Erden auff. Alſo ein Gleißner/ ob er ſchon einem Heiligen gleich
ſcheinet; ſo kan er doch von der Erden nicht auffſtehen/ und nach der Art der
Heiligen ſich zu Gott erheben; weilen er mit dem Laſt der Suͤnden beladen iſt.
Von dergleichen Art hat ſchon vor laͤngſt der Prophet Iſaias geweiſſaget:
Dieſes Volck ehret mich mit den Lefftzen/ ihr Hertz aber iſtc. 29.
weit von mir. Alſo machens in der Warheit die Gleißner: Sie verrich-
ten viele gute Werck: Betten lang/ wachen viel/ toͤdten ſich offtmahlen auch
in den zulaͤſſigen Dingen ab: Und hat es das Anſehen/ daß ſie dadurch Gott
loben: Es beſtehet aber dieſer Lob nur in den Lefftzen; oder in den euſſerlichen
Wercken: Sie ſeynd aber mit dem Hertzen/ daß iſt mit der Intention oder
Meinung ihrem Herrn zu gefallen/ von demſelben weit entfernet. Ein ſolcherL. 4. Dial.
c. 38.
Hiſtoria.

ware jener Muͤnch/ von welchem der Heil. Gregorius meldet/ daß er von ſei-
nen Bruͤdern fuͤr heilig gehalten worden; und da er nun eben von dieſer Welt
ſolte abſcheiden/ ſeyn ſeine Bruͤder zu ihm kommen/ umb eine und andere
heylſame Lehr zu empfangen; habe aber/ O leider! geſagt/ daß er wegen der
Gleißnerey/ in der er viel gute Werck verrichtet/ und unter andern auch dem
Anſehẽ nach/ ſehr ſtreng gefaſtt/ aber heimlicher und geſtohlner weiß gegeſſen;
dem hoͤlliſchen Drachen zum verſchlingen uͤberlaſſen ſeye/ welcher nunmehr
mit dem Schweiff ſeine Knie und Fuͤß gefeſſelt/ ſein Haubt

mit
A a a 2
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[371/0399] Von der Gleißnerey und eytelen Ehr. men/ als die Gleißnerey und Heuchlerey der Phariſeer: Dem er dann neben vielen andern mahlen/ auch einsmahls mit dieſen Worten trewet: Wehe euch/ ihr Schrifft-Gelehrten und Phariſeer/ ihr Heuchler: Dann ihr ſeyd gleich den ůberweiſſeten Graͤbern/ welche von auſſen fuͤr den Leuten fein ſcheinen; aber inwendig ſeynd ſie voller Todten-Bein und aller Vnſauberkeit. Matt. 23. v. 27. 9. Fahret nicht billig unſer goͤttliche Heyland ſo hefftig uͤber die Gleißner auß; zumahlen ſelbige/ wahre Verraͤther koͤnnen genennet werden; indem ſie es mit dem Teuffel halten/ und laſſen ſich doch angehen/ als wann ſie es mit Gott hielten: Und/ da ſie ſich als Freunde GOttes zu ſtellen wiſſen/ ſie doch deſſelben Feinde ſeynd; und ſolcher Geſtalt groſſen Schaden verurſachen? Dahero iſt/ leider Gottes! geſchehen/ daß die Ketzer durch die Heuchlerey und verſchmitzte Heiligkeit viele einfaͤltige Menſchen biß dato verfuͤhren und verkehren: und wird der Antichriſt/ der Fuͤhrer aller Verfuͤhrer/ die arme Leuth meiſtens durch ſeine Gleißnerey verfuͤhren Weiters kan ich auch einen Gleißner am beſten vergleichen dem Strauß-Vogel: Dieſer/ ob er ſchon mit Federn verſehen iſt/ fliehet doch zumahlen nicht/ ja erhebet ſich nicht einmahl von der Erden auff. Alſo ein Gleißner/ ob er ſchon einem Heiligen gleich ſcheinet; ſo kan er doch von der Erden nicht auffſtehen/ und nach der Art der Heiligen ſich zu Gott erheben; weilen er mit dem Laſt der Suͤnden beladen iſt. Von dergleichen Art hat ſchon vor laͤngſt der Prophet Iſaias geweiſſaget: Dieſes Volck ehret mich mit den Lefftzen/ ihr Hertz aber iſt weit von mir. Alſo machens in der Warheit die Gleißner: Sie verrich- ten viele gute Werck: Betten lang/ wachen viel/ toͤdten ſich offtmahlen auch in den zulaͤſſigen Dingen ab: Und hat es das Anſehen/ daß ſie dadurch Gott loben: Es beſtehet aber dieſer Lob nur in den Lefftzen; oder in den euſſerlichen Wercken: Sie ſeynd aber mit dem Hertzen/ daß iſt mit der Intention oder Meinung ihrem Herrn zu gefallen/ von demſelben weit entfernet. Ein ſolcher ware jener Muͤnch/ von welchem der Heil. Gregorius meldet/ daß er von ſei- nen Bruͤdern fuͤr heilig gehalten worden; und da er nun eben von dieſer Welt ſolte abſcheiden/ ſeyn ſeine Bruͤder zu ihm kommen/ umb eine und andere heylſame Lehr zu empfangen; habe aber/ O leider! geſagt/ daß er wegen der Gleißnerey/ in der er viel gute Werck verrichtet/ und unter andern auch dem Anſehẽ nach/ ſehr ſtreng gefaſtt/ aber heimlicher und geſtohlner weiß gegeſſen; dem hoͤlliſchen Drachen zum verſchlingen uͤberlaſſen ſeye/ welcher nunmehr mit dem Schweiff ſeine Knie und Fuͤß gefeſſelt/ ſein Haubt mit c. 29. L. 4. Dial. c. 38. Hiſtoria. A a a 2

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/399>, abgerufen am 22.11.2024.