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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Gleißnerey und eytelen Ehr.
kommen; auch hat er alle Tag zwey Matten flechten müssen/ und hat in-
zwischen nichts mehr als Saltz und Brod zur Speiß bekommen. Dieses
Exempel hat andere im Gebrauch in der eitelen Ehr heylsamblich unterwie-
sen.

4. Als der heidnische Diogenes einsmahls in der höchsten Kälte schierLaert. l. 6.
nack end in einem erfrorenen Wasser gestanden/ und das zuschauende Volck
sich dessen erbarmet; ist auch der Plato darzu kommen/ und hat zu den Umb-
stehenden gesagt: Wann ihr euch dieses Diogenis erbarmen/ und selbigem
von sothanem Uberlast befreyen wollet/ so gehet nur hinweg. Als wolt er
sagen: dieser Diogenes sucht dadurch nichts anders/ als eine eitele Ehr und
Nahmen bey den Menschen. Ach/ wann es uns zugelassen wäre/ daß in-
nerliche Hertz der Menschen zu beschauen/ wie viel solten wir/ auch unter
den/ Geistlichen solche Diogenes finden/ so viele schwäre und harte Werck
verrichten/ so lang sie von andern gesehen und gelobet werden. Dergleichen
Heuchler werden einsmahls auß dem Mund deß gerechten Richters hören
müssen: Jhr habt eueren Lohn schon empfangen/ nemblich den leeren und
eitelen Lob der Menschen/ den ihr so embsig gesucht hat. Unsere Werck
müssen gleich seyn den Altar-Steinen/ von denen die Göttliche Majestät
befohlen hat/ daß sie nicht allein polirt und außgearbeitet/ sondern rau und
unbehauen seyn solten: also müssen unsere Werck/ dem eusserlichen Ansehen
nach/ von uns nicht geschehen/ damit sie nemblich nur von den Leuten tüch-
tig scheinen; sondern wir müssen dadurch allein suchen unserm GOtt zu ge-
fallen/ und den Menschen umb GOttes-Willen. Fliehe derhalben/ mein
Christliche Seel/ fliehe die eitele Ehr wie einen Basiliscken/ welcher/ wann
er den Menschen zum ersten sehet/ denselben mit seinem Anschauen tödtet:
wann er aber von dem Menschen vorhero geschen und erkent wird/ daß nemb-
lich ein über auß grosse Eitelkeit seye/ daß wir auß unsern Wercken die Ehr
bey der Welt suchen; so wird er von dem Menschen vollkommentlich über-
wunden werden. Und warumb sollen wir uns in dieser Ubung nicht befleis-
sen/ zumahlen die Bößheit dieses Lasters sehr grausamblich ist? Was ich
doch unbilliger/ als wann der Mensch daß jenige sich zuschreibet/ was nicht
seyn ist? So viel als ein Cristallenes Geschirr/ daß von den Strahlen der
Sonnen seinen herrlichen Glantz empfanget/ sich dessen rühmen kan: So
viel mag sich auch ein Mensch die von GOTT ihm mitgetheilte Gaben
zumessen/ und auß selbigen die eitele Ehr bey den Leuthen zu erwerben
sich unterstchen.

5. Der

Von der Gleißnerey und eytelen Ehr.
kommen; auch hat er alle Tag zwey Matten flechten muͤſſen/ und hat in-
zwiſchen nichts mehr als Saltz und Brod zur Speiß bekommen. Dieſes
Exempel hat andere im Gebrauch in der eitelen Ehr heylſamblich unterwie-
ſen.

4. Als der heidniſche Diogenes einsmahls in der hoͤchſten Kaͤlte ſchierLaert. l. 6.
nack end in einem erfrorenen Waſſer geſtanden/ und das zuſchauende Volck
ſich deſſen erbarmet; iſt auch der Plato darzu kommen/ und hat zu den Umb-
ſtehenden geſagt: Wann ihr euch dieſes Diogenis erbarmen/ und ſelbigem
von ſothanem Uberlaſt befreyen wollet/ ſo gehet nur hinweg. Als wolt er
ſagen: dieſer Diogenes ſucht dadurch nichts anders/ als eine eitele Ehr und
Nahmen bey den Menſchen. Ach/ wann es uns zugelaſſen waͤre/ daß in-
nerliche Hertz der Menſchen zu beſchauen/ wie viel ſolten wir/ auch unter
den/ Geiſtlichen ſolche Diogenes finden/ ſo viele ſchwaͤre und harte Werck
verrichten/ ſo lang ſie von andern geſehen und gelobet werden. Dergleichen
Heuchler werden einsmahls auß dem Mund deß gerechten Richters hoͤren
muͤſſen: Jhr habt eueren Lohn ſchon empfangen/ nemblich den leeren und
eitelen Lob der Menſchen/ den ihr ſo embſig geſucht hat. Unſere Werck
muͤſſen gleich ſeyn den Altar-Steinen/ von denen die Goͤttliche Majeſtaͤt
befohlen hat/ daß ſie nicht allein polirt und außgearbeitet/ ſondern rau und
unbehauen ſeyn ſolten: alſo muͤſſen unſere Werck/ dem euſſerlichen Anſehen
nach/ von uns nicht geſchehen/ damit ſie nemblich nur von den Leuten tuͤch-
tig ſcheinen; ſondern wir muͤſſen dadurch allein ſuchen unſerm GOtt zu ge-
fallen/ und den Menſchen umb GOttes-Willen. Fliehe derhalben/ mein
Chriſtliche Seel/ fliehe die eitele Ehr wie einen Baſiliſcken/ welcher/ wann
er den Menſchen zum erſten ſehet/ denſelben mit ſeinem Anſchauen toͤdtet:
wann er aber von dem Menſchen vorhero geſchen und erkent wird/ daß nemb-
lich ein uͤber auß groſſe Eitelkeit ſeye/ daß wir auß unſern Wercken die Ehr
bey der Welt ſuchen; ſo wird er von dem Menſchen vollkommentlich uͤber-
wunden werden. Und warumb ſollen wir uns in dieſer Ubung nicht befleiſ-
ſen/ zumahlen die Boͤßheit dieſes Laſters ſehr grauſamblich iſt? Was ich
doch unbilliger/ als wann der Menſch daß jenige ſich zuſchreibet/ was nicht
ſeyn iſt? So viel als ein Criſtallenes Geſchirr/ daß von den Strahlen der
Sonnen ſeinen herrlichen Glantz empfanget/ ſich deſſen ruͤhmen kan: So
viel mag ſich auch ein Menſch die von GOTT ihm mitgetheilte Gaben
zumeſſen/ und auß ſelbigen die eitele Ehr bey den Leuthen zu erwerben
ſich unterſtchen.

5. Der
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[367/0395] Von der Gleißnerey und eytelen Ehr. kommen; auch hat er alle Tag zwey Matten flechten muͤſſen/ und hat in- zwiſchen nichts mehr als Saltz und Brod zur Speiß bekommen. Dieſes Exempel hat andere im Gebrauch in der eitelen Ehr heylſamblich unterwie- ſen. 4. Als der heidniſche Diogenes einsmahls in der hoͤchſten Kaͤlte ſchier nack end in einem erfrorenen Waſſer geſtanden/ und das zuſchauende Volck ſich deſſen erbarmet; iſt auch der Plato darzu kommen/ und hat zu den Umb- ſtehenden geſagt: Wann ihr euch dieſes Diogenis erbarmen/ und ſelbigem von ſothanem Uberlaſt befreyen wollet/ ſo gehet nur hinweg. Als wolt er ſagen: dieſer Diogenes ſucht dadurch nichts anders/ als eine eitele Ehr und Nahmen bey den Menſchen. Ach/ wann es uns zugelaſſen waͤre/ daß in- nerliche Hertz der Menſchen zu beſchauen/ wie viel ſolten wir/ auch unter den/ Geiſtlichen ſolche Diogenes finden/ ſo viele ſchwaͤre und harte Werck verrichten/ ſo lang ſie von andern geſehen und gelobet werden. Dergleichen Heuchler werden einsmahls auß dem Mund deß gerechten Richters hoͤren muͤſſen: Jhr habt eueren Lohn ſchon empfangen/ nemblich den leeren und eitelen Lob der Menſchen/ den ihr ſo embſig geſucht hat. Unſere Werck muͤſſen gleich ſeyn den Altar-Steinen/ von denen die Goͤttliche Majeſtaͤt befohlen hat/ daß ſie nicht allein polirt und außgearbeitet/ ſondern rau und unbehauen ſeyn ſolten: alſo muͤſſen unſere Werck/ dem euſſerlichen Anſehen nach/ von uns nicht geſchehen/ damit ſie nemblich nur von den Leuten tuͤch- tig ſcheinen; ſondern wir muͤſſen dadurch allein ſuchen unſerm GOtt zu ge- fallen/ und den Menſchen umb GOttes-Willen. Fliehe derhalben/ mein Chriſtliche Seel/ fliehe die eitele Ehr wie einen Baſiliſcken/ welcher/ wann er den Menſchen zum erſten ſehet/ denſelben mit ſeinem Anſchauen toͤdtet: wann er aber von dem Menſchen vorhero geſchen und erkent wird/ daß nemb- lich ein uͤber auß groſſe Eitelkeit ſeye/ daß wir auß unſern Wercken die Ehr bey der Welt ſuchen; ſo wird er von dem Menſchen vollkommentlich uͤber- wunden werden. Und warumb ſollen wir uns in dieſer Ubung nicht befleiſ- ſen/ zumahlen die Boͤßheit dieſes Laſters ſehr grauſamblich iſt? Was ich doch unbilliger/ als wann der Menſch daß jenige ſich zuſchreibet/ was nicht ſeyn iſt? So viel als ein Criſtallenes Geſchirr/ daß von den Strahlen der Sonnen ſeinen herrlichen Glantz empfanget/ ſich deſſen ruͤhmen kan: So viel mag ſich auch ein Menſch die von GOTT ihm mitgetheilte Gaben zumeſſen/ und auß ſelbigen die eitele Ehr bey den Leuthen zu erwerben ſich unterſtchen. Laert. l. 6. 5. Der

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/395>, abgerufen am 23.11.2024.