Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Von der Ergebung in den Willen Gottes. schaffenheit; weilen dieser die Fehler und Gebreche einiger Persohnen zulas-sen muß zum besten der gantzen Gemeinde/ deren Erhaltung er vor allem su- chet: die jenige Ubel aber und Fehler/ so die göttliche Fürsichtigkeit in den er- schaffenen Dingen zulasset; selbige müssen zur Vollkommenheit/ zum Staat und Schönheit der gantzen Gemeinschafft das jhrige beytragen/ gleich wie einem Gemähl die kunstreiche und liebliche Vermischung deß Liechts und Schattens/ und anderer so wohl angenehm/ als unangenehmen und dunckelen Farben/ die Schönheit geben muß: und gleich wie in einer Music der vielfäl- tige Unterscheid der Stimmen/ den Gesang nicht verfälschet/ sondern viel susser lautet; also muß das Böse mit dem Guten und die Tugend mit den Fehlern zum Zierath der zumahligen Gemeinschafft dienen. 4. Wie übel/ ja närrisch thun dan die jenige/ so gegen den Willen Gottes Orden T t 2
Von der Ergebung in den Willen Gottes. ſchaffenheit; weilen dieſer die Fehler und Gebreche einiger Perſohnen zulaſ-ſen muß zum beſten der gantzen Gemeinde/ deren Erhaltung er vor allem ſu- chet: die jenige Ubel aber und Fehler/ ſo die goͤttliche Fuͤrſichtigkeit in den er- ſchaffenen Dingen zulaſſet; ſelbige muͤſſen zur Vollkommenheit/ zum Staat und Schoͤnheit der gantzen Gemeinſchafft das jhrige beytragen/ gleich wie einem Gemaͤhl die kunſtreiche und liebliche Vermiſchung deß Liechts und Schattens/ und anderer ſo wohl angenehm/ als unangenehmen und dunckelen Farben/ die Schoͤnheit geben muß: und gleich wie in einer Muſic der vielfaͤl- tige Unterſcheid der Stimmen/ den Geſang nicht verfaͤlſchet/ ſondern viel ſuſſer lautet; alſo muß das Boͤſe mit dem Guten und die Tugend mit den Fehlern zum Zierath der zumahligen Gemeinſchafft dienen. 4. Wie uͤbel/ ja naͤrriſch thun dan die jenige/ ſo gegen den Willen Gottes Orden T t 2
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Von der Ergebung in den Willen Gottes.
ſchaffenheit; weilen dieſer die Fehler und Gebreche einiger Perſohnen zulaſ-
ſen muß zum beſten der gantzen Gemeinde/ deren Erhaltung er vor allem ſu-
chet: die jenige Ubel aber und Fehler/ ſo die goͤttliche Fuͤrſichtigkeit in den er-
ſchaffenen Dingen zulaſſet; ſelbige muͤſſen zur Vollkommenheit/ zum Staat
und Schoͤnheit der gantzen Gemeinſchafft das jhrige beytragen/ gleich wie
einem Gemaͤhl die kunſtreiche und liebliche Vermiſchung deß Liechts und
Schattens/ und anderer ſo wohl angenehm/ als unangenehmen und dunckelen
Farben/ die Schoͤnheit geben muß: und gleich wie in einer Muſic der vielfaͤl-
tige Unterſcheid der Stimmen/ den Geſang nicht verfaͤlſchet/ ſondern viel
ſuſſer lautet; alſo muß das Boͤſe mit dem Guten und die Tugend mit den
Fehlern zum Zierath der zumahligen Gemeinſchafft dienen.
4. Wie uͤbel/ ja naͤrriſch thun dan die jenige/ ſo gegen den Willen Gottes
murren/ weilen ſie ſehen/ daß viel boͤſes geſchehe/ und vermeinen/ daß ſolches
nicht von GOtt/ ſondern vom Teuffel oder boͤſen Leuten herkomme: dahero
ſagt recht der Heil. Chryſoſtomus: Keiner muß ſagen/ daß die
Sonn den Augen ſchaͤdlich ſeye/ weilen einige bloͤde Ge-
ſichter haben: ſondern/ daß ſie den Augen ſehr dienlich
ſeye/ wie die jenige bezeugen můſſen/ welche ein gutes Ge-
ſicht/ und der Sonnen noͤthig haben. Keiner ſoll auch ur-
theilen/ daß der Hoͤnig bitter ſeye/ ob er ſchon einigen
Krancken bitter ſchmaͤcket. Der nun auß Schwachheit
oder Vnwiſſenheit darfůr halter/ daß GOTT oder nicht
ſeye/ oder daß er hier und dort ůbel thue; daß er fůr das
menſchliche Weſen bißweilen Sorg trage/ bißweilen
nicht; der kan billiger ein Narr/ als ein witziger Menſch
genennet werden: So muß dann ein guter Geiſtliche mit nichten be-
truͤbet werden/ wann er ſiehet/ daß andere geiſtliche Orden beſſer floriren
und vermehret werden/ als eben der ſeinige; ſondern er muß ſich vielmehr
in ſo weit erfrewen/ wann er ſicht/ daß andere geiſtliche Staͤnd außgebreitet
werden; als er ſich erfrewen wuͤrde/ wann er ein gleiches an dem Sei-
nigen erfahrete: der aber deſſenthalben trauret/ der gibt von ihm ſelbſten
Zeugnuͤß/ daß er von dem rechten Weeg der Tugend noch weit entfernet
ſeye: zumahlen ſolcher in dieſem Fall nicht ſuchete die allgemeine Ehr
GOTTES; ſondern mehr ſein abſonderliches Gut/ und nur
die Erſprießlichkeit ſeines Ordens: auch ſcheinet/ daß ein ſolcher/ ſo
viele an ihm iſt/ dem allerweiſeſten GOTT fuͤrſchreiben wolle/ daß er ſeinen
Orden
Hom. 7.
in Joan.
T t 2
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Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/359>, abgerufen am 03.07.2024. |