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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Ein und zwantzigste Geistliche Lection
ges Werck seines gantzen Lebens. Diesem Rogerio hat unser sehr geistreicht
Josephus a S. P. Augustino in der wahren Vollkommenheit deß Gehor-
sambs nicht weichen wollen; indem er den Tag seines Tods vorgewisset/ und
an selbigem von dem chrwürdigen Priori P. Marco Erlaubnüß zu sterben/
und den vätterlichen Seegen begehret/ und auch erlanget; worauff er dan also
bald verschieden/ und der die Zeit seines Lebens deß Gehorsambs sich eyffe-
rig befleissen/ hat auch auß Gehorsamb zu sterben verdienet: dieser gottselige
Münch ist vielmahl nach seinem Todt in glorwürdiger Gestalt geschen/ und
unter seinen singenden und Gott lobenden Mit-Brüdern gehöret worden:
dem nun ein solches End/ und so glückliches Hinscheiden gefallet; der lasse
sich vor allem die herrliche Tugend deß Gehorsambs angelegen seyn/ zuma-
len selbige mehr als andere einen geistlichen Zierat/ und so wohl den Men-
schen/ als Gott gefällig machet.

Der Andere Theil.

6. NUn mercke/ mein Christliche Seel/ was da zu einem vollkommenen
Gehorsamb fürnemblich erfordert werde. Erstlich muß der Gehor-
samb blind seyn; zum andern muß er willig und hurtig seyn; und zum dritten
muß er starck seyn. So viel die erste Eigenschafft desselben belanget; muß
ein Gehorsamer nicht mit einer unbesonnenen und vermessenen Blindheit
auch das jenige vollzichen/ so unehrbar und unzulässig ist; sondern er muß
die Ursachen/ warumb ihm dieses oder jenes von der Obrigkeit befohlen wer-
de/ nicht erforschen; und muß ihm gnug seyn zu wissen/ daß das jenige/ so
ihm aufferlegt wird/ ohne Sünd geschehen könne: dahero sagt der Heil. Kir-
In lib. 1.
Reg. l. 2.
c.
4.
chen-Lehrer Gregorius: Ein wahre Gehorsamb uberlegt die
Intention oder Meinung der Vorstehern mit nichten; er
macht auch unter den Gebotten derselben keinen Vnter-
scheid: weilen der jenige/ welcher alle Vernuufft seines Le-
bens der Obrigkeit unterworffen/ darinnen allein seine
Frewd hat/ daß er verrichte/ was ihm ist befohlen worden:
dann alle diese können nicht urtheilen/ welche den Gehor-
samb zu leisten vollkommentlich erlehrnet haben;
Deren ich
dir einen auß vielen/ nemblich den Heil. Emsidler Paulum, der genennet wird
der Einfältige/ allhier anziche: selbiger hat in seinem sechtzig jährigen Alter
bey dem Heil. Antonio angehalten/ daß er der Zahl seiner Jünger möchte
beygesetzt werden; diesen hat der jetzt gemeldte Heil. Vatter drey Tag lang

Ohne

Die Ein und zwantzigſte Geiſtliche Lection
ges Werck ſeines gantzen Lebens. Dieſem Rogerio hat unſer ſehr geiſtreicht
Joſephuſ à S. P. Auguſtino in der wahren Vollkommenheit deß Gehor-
ſambs nicht weichen wollen; indem er den Tag ſeines Tods vorgewiſſet/ und
an ſelbigem von dem chrwuͤrdigen Priori P. Marco Erlaubnuͤß zu ſterben/
und den vaͤtterlichen Seegen begehret/ und auch erlanget; worauff er dan alſo
bald verſchieden/ und der die Zeit ſeines Lebens deß Gehorſambs ſich eyffe-
rig befleiſſen/ hat auch auß Gehorſamb zu ſterben verdienet: dieſer gottſelige
Muͤnch iſt vielmahl nach ſeinem Todt in glorwuͤrdiger Geſtalt geſchen/ und
unter ſeinen ſingenden und Gott lobenden Mit-Bruͤdern gehoͤret worden:
dem nun ein ſolches End/ und ſo gluͤckliches Hinſcheiden gefallet; der laſſe
ſich vor allem die herrliche Tugend deß Gehorſambs angelegen ſeyn/ zuma-
len ſelbige mehr als andere einen geiſtlichen Zierat/ und ſo wohl den Men-
ſchen/ als Gott gefaͤllig machet.

Der Andere Theil.

6. NUn mercke/ mein Chriſtliche Seel/ was da zu einem vollkommenen
Gehorſamb fuͤrnemblich erfordert werde. Erſtlich muß der Gehor-
ſamb blind ſeyn; zum andern muß er willig und hurtig ſeyn; und zum dritten
muß er ſtarck ſeyn. So viel die erſte Eigenſchafft deſſelben belanget; muß
ein Gehorſamer nicht mit einer unbeſonnenen und vermeſſenen Blindheit
auch das jenige vollzichen/ ſo unehrbar und unzulaͤſſig iſt; ſondern er muß
die Urſachen/ warumb ihm dieſes oder jenes von der Obrigkeit befohlen wer-
de/ nicht erforſchen; und muß ihm gnug ſeyn zu wiſſen/ daß das jenige/ ſo
ihm aufferlegt wird/ ohne Suͤnd geſchehen koͤnne: dahero ſagt der Heil. Kir-
In lib. 1.
Reg. l. 2.
c.
4.
chen-Lehrer Gregorius: Ein wahre Gehorſamb ůberlegt die
Intention oder Meinung der Vorſtehern mit nichten; er
macht auch unter den Gebotten derſelben keinen Vnter-
ſcheid: weilen der jenige/ welcher alle Vernuufft ſeines Le-
bens der Obrigkeit unterworffen/ darinnen allein ſeine
Frewd hat/ daß er verrichte/ was ihm iſt befohlen worden:
dann alle dieſe koͤnnen nicht urtheilen/ welche den Gehor-
ſamb zu leiſten vollkommentlich erlehrnet haben;
Deren ich
dir einen auß vielen/ nemblich den Heil. Emſidler Paulum, der genennet wird
der Einfaͤltige/ allhier anziche: ſelbiger hat in ſeinem ſechtzig jaͤhrigen Alter
bey dem Heil. Antonio angehalten/ daß er der Zahl ſeiner Juͤnger moͤchte
beygeſetzt werden; dieſen hat der jetzt gemeldte Heil. Vatter drey Tag lang

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[250/0278] Die Ein und zwantzigſte Geiſtliche Lection ges Werck ſeines gantzen Lebens. Dieſem Rogerio hat unſer ſehr geiſtreicht Joſephuſ à S. P. Auguſtino in der wahren Vollkommenheit deß Gehor- ſambs nicht weichen wollen; indem er den Tag ſeines Tods vorgewiſſet/ und an ſelbigem von dem chrwuͤrdigen Priori P. Marco Erlaubnuͤß zu ſterben/ und den vaͤtterlichen Seegen begehret/ und auch erlanget; worauff er dan alſo bald verſchieden/ und der die Zeit ſeines Lebens deß Gehorſambs ſich eyffe- rig befleiſſen/ hat auch auß Gehorſamb zu ſterben verdienet: dieſer gottſelige Muͤnch iſt vielmahl nach ſeinem Todt in glorwuͤrdiger Geſtalt geſchen/ und unter ſeinen ſingenden und Gott lobenden Mit-Bruͤdern gehoͤret worden: dem nun ein ſolches End/ und ſo gluͤckliches Hinſcheiden gefallet; der laſſe ſich vor allem die herrliche Tugend deß Gehorſambs angelegen ſeyn/ zuma- len ſelbige mehr als andere einen geiſtlichen Zierat/ und ſo wohl den Men- ſchen/ als Gott gefaͤllig machet. Der Andere Theil. 6. NUn mercke/ mein Chriſtliche Seel/ was da zu einem vollkommenen Gehorſamb fuͤrnemblich erfordert werde. Erſtlich muß der Gehor- ſamb blind ſeyn; zum andern muß er willig und hurtig ſeyn; und zum dritten muß er ſtarck ſeyn. So viel die erſte Eigenſchafft deſſelben belanget; muß ein Gehorſamer nicht mit einer unbeſonnenen und vermeſſenen Blindheit auch das jenige vollzichen/ ſo unehrbar und unzulaͤſſig iſt; ſondern er muß die Urſachen/ warumb ihm dieſes oder jenes von der Obrigkeit befohlen wer- de/ nicht erforſchen; und muß ihm gnug ſeyn zu wiſſen/ daß das jenige/ ſo ihm aufferlegt wird/ ohne Suͤnd geſchehen koͤnne: dahero ſagt der Heil. Kir- chen-Lehrer Gregorius: Ein wahre Gehorſamb ůberlegt die Intention oder Meinung der Vorſtehern mit nichten; er macht auch unter den Gebotten derſelben keinen Vnter- ſcheid: weilen der jenige/ welcher alle Vernuufft ſeines Le- bens der Obrigkeit unterworffen/ darinnen allein ſeine Frewd hat/ daß er verrichte/ was ihm iſt befohlen worden: dann alle dieſe koͤnnen nicht urtheilen/ welche den Gehor- ſamb zu leiſten vollkommentlich erlehrnet haben; Deren ich dir einen auß vielen/ nemblich den Heil. Emſidler Paulum, der genennet wird der Einfaͤltige/ allhier anziche: ſelbiger hat in ſeinem ſechtzig jaͤhrigen Alter bey dem Heil. Antonio angehalten/ daß er der Zahl ſeiner Juͤnger moͤchte beygeſetzt werden; dieſen hat der jetzt gemeldte Heil. Vatter drey Tag lang Ohne In lib. 1. Reg. l. 2. c. 4.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/278>, abgerufen am 28.11.2024.