Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.Die Zwantzigste Geistliche Lection Vit. P. P.l. 15. de Pat. & Humil.Rath dessen in aller Demuth an: Verharre du in deiner Zellen/ und thue was du kanst ohne Verwirrung deß Gemuts; und vertrawe auff GOTT: dann der umb dessentwillen seine Zell und sein Gewissen bewahret/ der wird gefunden auff dem Orth/ allwo der Abt Antonius ist. Jm Leben deß H. Ein- sidlers Gurhlaci schreibt der ehrwürdige Pater Laurentius Surius, daß dieser Heil. Mann in einer wilden entsetzlichen Jnsul gewohnet/ und allerhand Vögel demselben so gehorsamet/ daß wann er sie zu sich geruffen/ sie alsbald hinzu geflogen/ auff dessen Achselen sich gesetzet/ und mit sonderbahren Freu- den-Zeichen seine Holdseligkeit gleichsamb gerühmet haben: dieses hat eins- mahls ein sicherer Mann mit Verwunderung geschen/ und den frommen Einsidler gefragt/ woher doch diese ungemeine Verträwligkeit der Vögeln entstehe? deme er geantwortet; daß dem jenigen/ welcher auß gantzem Hertzen die Gemeinschafft der Menschen fliehet/ nicht allein die Vögel und wilde Thier/ sondern auch alle andere Sachen werden zum Trost verordnet wer- den; und/ was noch mehr ist/ wird einem solchen der holdselige Trost der H. H. Engeln/ und alle erdenckliche Frewden nicht ermangelen. 8. Dahero in göttlicher Heil. Schrifft von der geistlichen Braut/ so von Ver-
Die Zwantzigſte Geiſtliche Lection Vit. P. P.l. 15. de Pat. & Humil.Rath deſſen in aller Demuth an: Verharre du in deiner Zellen/ und thue was du kanſt ohne Verwirrung deß Gemůts; und vertrawe auff GOTT: dann der umb deſſentwillen ſeine Zell und ſein Gewiſſen bewahret/ der wird gefunden auff dem Orth/ allwo der Abt Antonius iſt. Jm Leben deß H. Ein- ſidlers Gurhlaci ſchreibt der ehrwuͤrdige Pater Laurentius Surius, daß dieſer Heil. Mann in einer wilden entſetzlichen Jnſul gewohnet/ und allerhand Voͤgel demſelben ſo gehorſamet/ daß wann er ſie zu ſich geruffen/ ſie alsbald hinzu geflogen/ auff deſſen Achſelen ſich geſetzet/ und mit ſonderbahren Freu- den-Zeichen ſeine Holdſeligkeit gleichſamb geruͤhmet haben: dieſes hat eins- mahls ein ſicherer Mann mit Verwunderung geſchen/ und den frommen Einſidler gefragt/ woher doch dieſe ungemeine Vertraͤwligkeit der Voͤgeln entſtehe? deme er geantwortet; daß dem jenigen/ welcher auß gantzem Hertzen die Gemeinſchafft der Menſchen fliehet/ nicht allein die Voͤgel und wilde Thier/ ſondern auch alle andere Sachen werden zum Troſt verordnet wer- den; und/ was noch mehr iſt/ wird einem ſolchen der holdſelige Troſt der H. H. Engeln/ und alle erdenckliche Frewden nicht ermangelen. 8. Dahero in goͤttlicher Heil. Schrifft von der geiſtlichen Braut/ ſo von Ver-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0270" n="242"/><fw place="top" type="header">Die Zwantzigſte Geiſtliche <hi rendition="#aq">Lection</hi></fw><lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Vit. P. P.<lb/> l. 15. de<lb/> Pat. &<lb/> Humil.</hi></note>Rath deſſen in aller Demuth an: <hi rendition="#fr">Verharre du in deiner Zellen/ und<lb/> thue was du kanſt ohne Verwirrung deß Gemůts; und<lb/> vertrawe auff GOTT: dann der umb deſſentwillen ſeine<lb/> Zell und ſein Gewiſſen bewahret/ der wird gefunden auff<lb/> dem Orth/ allwo der Abt Antonius iſt.</hi> Jm Leben deß H. Ein-<lb/> ſidlers <hi rendition="#aq">Gurhlaci</hi> ſchreibt der ehrwuͤrdige <hi rendition="#aq">Pater Laurentius Surius,</hi> daß dieſer<lb/> Heil. Mann in einer wilden entſetzlichen Jnſul gewohnet/ und allerhand<lb/> Voͤgel demſelben ſo gehorſamet/ daß wann er ſie zu ſich geruffen/ ſie alsbald<lb/> hinzu geflogen/ auff deſſen Achſelen ſich geſetzet/ und mit ſonderbahren Freu-<lb/> den-Zeichen ſeine Holdſeligkeit gleichſamb geruͤhmet haben: dieſes hat eins-<lb/> mahls ein ſicherer Mann mit <hi rendition="#fr">V</hi>erwunderung geſchen/ und den frommen<lb/> Einſidler gefragt/ woher doch dieſe ungemeine <hi rendition="#fr">V</hi>ertraͤwligkeit der <hi rendition="#fr">V</hi>oͤgeln<lb/> entſtehe? deme er geantwortet; daß dem jenigen/ welcher auß gantzem Hertzen<lb/> die Gemeinſchafft der Menſchen fliehet/ nicht allein die <hi rendition="#fr">V</hi>oͤgel und wilde<lb/> Thier/ ſondern auch alle andere Sachen werden zum Troſt verordnet wer-<lb/> den; und/ was noch mehr iſt/ wird einem ſolchen der holdſelige Troſt der<lb/><hi rendition="#fr">H. H.</hi> Engeln/ und alle erdenckliche Frewden nicht ermangelen.</p><lb/> <p>8. Dahero in goͤttlicher Heil. Schrifft von der geiſtlichen Braut/ ſo von<lb/> der Wuͤſten herauff kommen/ geſagt wird/ daß ſie voller Wolluſt ſeye/ nicht<lb/> aber der weltlichen und eitelen Wolluͤſten/ deren auch keine in der Wuͤſte<lb/> gefunden werden; ſondern der geiſtlichen Wolluͤſten und Frewden/ der groſ-<lb/> ſen Gnaden/ <hi rendition="#fr">V</hi>erdienſten und Gaben/ welche der geiſtlichen Seel in ihrem<lb/> einſamen Zellulein von ihrem himmliſchen Braͤutigam verliehen werden.<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">L. de virt.<lb/><supplied>c</supplied>.</hi> 31.</note>Es koͤnnen aber/ nach Meinung deß <hi rendition="#fr">H</hi>eil. <hi rendition="#aq">Alberti Magni,</hi> alle die jenige<lb/> Oerther Wuͤſten genennet werden/ ſo von der Gemeinſchafft der Menſchen<lb/> abgeſuͤndert ſeynd/ und in denen die mit Warheit ſagen koͤnnen: <hi rendition="#fr">unſer<lb/> Wandel iſt im Himmel.</hi> Dahero ſagt der jetzt gemeldte <hi rendition="#aq">Albertus</hi> an<lb/> einem andern Orth: den Kindern Jſrael wurde das <hi rendition="#fr">H</hi>immel-Brod nicht<lb/> gegeben/ als in der Wuͤſten/ allwokein andere ſuͤſſe Speiß vorhanden ware:<lb/> und alſo ſchmaͤcket niemand die Suͤſſigkeit der Gnade/ als der ſich in die Wuͤ-<lb/> ſte oder Einſambkeit verſchlieſſet/ damit er die weltliche Ergetzungen nicht<lb/> empfinde: wer nun deß wahren <hi rendition="#fr">H</hi>immel-Brods zu genieſſen verlanget/ der<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">L. de<lb/> Orat. c.</hi> 6.</note>gehorche den Worten deß ſeeligen <hi rendition="#aq">Laurentii Juſtiniani,</hi> der daſpricht: <hi rendition="#fr">Weil<lb/> es anmůtig iſt allein zu wohnen/ und mit GOTT in Ver-<lb/> traͤwlichkeit zu reden/ ſo fliehe die Vielheit der Menſchen/<lb/> du Liebhaber deß Gebetts/ fliehe auch die Wenigkeit der-<lb/> ſelben/ und ſo gar fliehe auch einen eintzigen; damit du ohne</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Ver-</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [242/0270]
Die Zwantzigſte Geiſtliche Lection
Rath deſſen in aller Demuth an: Verharre du in deiner Zellen/ und
thue was du kanſt ohne Verwirrung deß Gemůts; und
vertrawe auff GOTT: dann der umb deſſentwillen ſeine
Zell und ſein Gewiſſen bewahret/ der wird gefunden auff
dem Orth/ allwo der Abt Antonius iſt. Jm Leben deß H. Ein-
ſidlers Gurhlaci ſchreibt der ehrwuͤrdige Pater Laurentius Surius, daß dieſer
Heil. Mann in einer wilden entſetzlichen Jnſul gewohnet/ und allerhand
Voͤgel demſelben ſo gehorſamet/ daß wann er ſie zu ſich geruffen/ ſie alsbald
hinzu geflogen/ auff deſſen Achſelen ſich geſetzet/ und mit ſonderbahren Freu-
den-Zeichen ſeine Holdſeligkeit gleichſamb geruͤhmet haben: dieſes hat eins-
mahls ein ſicherer Mann mit Verwunderung geſchen/ und den frommen
Einſidler gefragt/ woher doch dieſe ungemeine Vertraͤwligkeit der Voͤgeln
entſtehe? deme er geantwortet; daß dem jenigen/ welcher auß gantzem Hertzen
die Gemeinſchafft der Menſchen fliehet/ nicht allein die Voͤgel und wilde
Thier/ ſondern auch alle andere Sachen werden zum Troſt verordnet wer-
den; und/ was noch mehr iſt/ wird einem ſolchen der holdſelige Troſt der
H. H. Engeln/ und alle erdenckliche Frewden nicht ermangelen.
Vit. P. P.
l. 15. de
Pat. &
Humil.
8. Dahero in goͤttlicher Heil. Schrifft von der geiſtlichen Braut/ ſo von
der Wuͤſten herauff kommen/ geſagt wird/ daß ſie voller Wolluſt ſeye/ nicht
aber der weltlichen und eitelen Wolluͤſten/ deren auch keine in der Wuͤſte
gefunden werden; ſondern der geiſtlichen Wolluͤſten und Frewden/ der groſ-
ſen Gnaden/ Verdienſten und Gaben/ welche der geiſtlichen Seel in ihrem
einſamen Zellulein von ihrem himmliſchen Braͤutigam verliehen werden.
Es koͤnnen aber/ nach Meinung deß Heil. Alberti Magni, alle die jenige
Oerther Wuͤſten genennet werden/ ſo von der Gemeinſchafft der Menſchen
abgeſuͤndert ſeynd/ und in denen die mit Warheit ſagen koͤnnen: unſer
Wandel iſt im Himmel. Dahero ſagt der jetzt gemeldte Albertus an
einem andern Orth: den Kindern Jſrael wurde das Himmel-Brod nicht
gegeben/ als in der Wuͤſten/ allwokein andere ſuͤſſe Speiß vorhanden ware:
und alſo ſchmaͤcket niemand die Suͤſſigkeit der Gnade/ als der ſich in die Wuͤ-
ſte oder Einſambkeit verſchlieſſet/ damit er die weltliche Ergetzungen nicht
empfinde: wer nun deß wahren Himmel-Brods zu genieſſen verlanget/ der
gehorche den Worten deß ſeeligen Laurentii Juſtiniani, der daſpricht: Weil
es anmůtig iſt allein zu wohnen/ und mit GOTT in Ver-
traͤwlichkeit zu reden/ ſo fliehe die Vielheit der Menſchen/
du Liebhaber deß Gebetts/ fliehe auch die Wenigkeit der-
ſelben/ und ſo gar fliehe auch einen eintzigen; damit du ohne
Ver-
L. de virt.
c. 31.
L. de
Orat. c. 6.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/270 |
Zitationshilfe: | Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/270>, abgerufen am 16.07.2024. |