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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Vierzehende Geistliche Lection
und Rede dieses schwartzen München/ gibt alsobald dem Guardianen hier-
von Bericht/ und führet denselben mit sich zur Kirchen. Da er nun den
Frembdling sehet/ fragt er ihn/ was er allda werlohren habe? Es ist/ antwortet
der Schwartze/ einer unter den Deinigen/ welcher eine Sach besitzet/ die mir
zugehöret/ schaffe du mir alle zugegen/ so will ich dir ihn zeigen. Der Guardi-
an ruffet hierauff seine Geistliche zusammen/ und stellet selbige dem ange-
nommenen München vor. So bald dieser den Breviers-Dieb erblicket/
greifft er selbigen bey den Füssen/ und führet ihn in aller anderen Gegenwart
lebendig in die Lufft/ und von dannen ohn allen Zweiffel in die ewige Ver-
damnuß/ das Brevier aber hat er auß den Armben deß Diebs heraußgeworf-
fen. Also ist man in Erfahrung gerathen/ wer dieser Schwartzfarbige/ wer-
der Breviers-Dieb gewesen/ und was vor Straff die jenige verdienen/ so
das Gelübt der Armut verletzen.

2. Noch eins muß ich dir/ mein Chrlstlicher Liebhaber/ erzehlen/ da-
mit du siehest/ wie scharff die jenige von dem Gerechten hergenommen wer-
den/ so in Erbauung der Klöster oder Cellen die Maaß der Armut über-
Bouer.
Annal.
1554. in
P. Franc.
Astens.
Historia.
schreiten. Da der Gottseelige P. Franeiscus Astensis/ der Capuciner
zweyter General die Römische Provintz visitiret/ ist er zu einem Kloster
kommen/ allwo ihme eine sehr statlich erbauete und geschmuckte Cell für sei-
nen abstand daselbst ist angewiesen worden. Nach gehaltenem Abend-
mahl/ da sich der obgedachte Pater schon zur Ruhe begeben/ hat man an
seiner Thüren gantz sittsamb angeklopffet/ als wann einer hinein zu kom-
men begehrte. Dieß hat er gehöret/ und den anklopffenden durch die
Wörtlein/ Deo gratias, zu sich gelassen/ aber niemand ist hinein kom-
men. Endlich nach offt widerholtem Klopffen/ und gegebenem Deo
gratias
ist der vor längst verstorbene Guardian und gewesener Bau-Herr
dieser Cellen hineingetretten/ selbige etlichmahl mit Sillschweigen durch-
wandert/ und hat endlich mit diesen Worten loßgebrochen. Du ver-
verflugte Cell/ deinentwegen allein bin ich Armseeliger ewig verdambt
worden. Nach diesen Worten ist er verschwunden. Ein anderer auß
Bouer.
1547.
dem Orden deß H. Franeisei/ so man Conventualen nennet/ ist wegen einer
prächtig für sich erbaueten Cell in den Abgrund der Höllen gestürtzet worden.
Dieses alles ist zu deinem Besten erzehlet/ mein Christliche Seel/ auff daß
du in Ersehung deiner Vorfahren Unglücks lernest die Armut lieben und
halten/ der du dich vermittelst eines unwiderrufflichen Gelübts verbun-

den

Die Vierzehende Geiſtliche Lection
und Rede dieſes ſchwartzen Muͤnchen/ gibt alſobald dem Guardianen hier-
von Bericht/ und fuͤhret denſelben mit ſich zur Kirchen. Da er nun den
Frembdling ſehet/ fragt er ihn/ was er allda werlohren habe? Es iſt/ antwortet
der Schwartze/ einer unter den Deinigen/ welcher eine Sach beſitzet/ die mir
zugehoͤret/ ſchaffe du mir alle zugegen/ ſo will ich dir ihn zeigen. Der Guardi-
an ruffet hierauff ſeine Geiſtliche zuſammen/ und ſtellet ſelbige dem ange-
nommenen Muͤnchen vor. So bald dieſer den Breviers-Dieb erblicket/
greifft er ſelbigen bey den Fuͤſſen/ und fuͤhret ihn in aller anderen Gegenwart
lebendig in die Lufft/ und von dannen ohn allen Zweiffel in die ewige Ver-
damnuß/ das Brevier aber hat er auß den Armben deß Diebs heraußgeworf-
fen. Alſo iſt man in Erfahrung gerathen/ wer dieſer Schwartzfarbige/ wer-
der Breviers-Dieb geweſen/ und was vor Straff die jenige verdienen/ ſo
das Geluͤbt der Armut verletzen.

2. Noch eins muß ich dir/ mein Chrlſtlicher Liebhaber/ erzehlen/ da-
mit du ſieheſt/ wie ſcharff die jenige von dem Gerechten hergenommen wer-
den/ ſo in Erbauung der Kloͤſter oder Cellen die Maaß der Armut uͤber-
Bouer.
Annal.
1554. in
P. Franc.
Aſtenſ.
Hiſtoria.
ſchreiten. Da der Gottſeelige P. Franeiſcus Aſtenſis/ der Capuciner
zweyter General die Roͤmiſche Provintz viſitiret/ iſt er zu einem Kloſter
kommen/ allwo ihme eine ſehr ſtatlich erbauete und geſchmuckte Cell fuͤr ſei-
nen abſtand daſelbſt iſt angewieſen worden. Nach gehaltenem Abend-
mahl/ da ſich der obgedachte Pater ſchon zur Ruhe begeben/ hat man an
ſeiner Thuͤren gantz ſittſamb angeklopffet/ als wann einer hinein zu kom-
men begehrte. Dieß hat er gehoͤret/ und den anklopffenden durch die
Woͤrtlein/ Deo gratias, zu ſich gelaſſen/ aber niemand iſt hinein kom-
men. Endlich nach offt widerholtem Klopffen/ und gegebenem Deo
gratias
iſt der vor laͤngſt verſtorbene Guardian und geweſener Bau-Herr
dieſer Cellen hineingetretten/ ſelbige etlichmahl mit Sillſchweigen durch-
wandert/ und hat endlich mit dieſen Worten loßgebrochen. Du ver-
verflugte Cell/ deinentwegen allein bin ich Armſeeliger ewig verdambt
worden. Nach dieſen Worten iſt er verſchwunden. Ein anderer auß
Bouer.
1547.
dem Orden deß H. Franeiſei/ ſo man Conventualen nennet/ iſt wegen einer
praͤchtig fuͤr ſich erbaueten Cell in den Abgrund der Hoͤllen geſtuͤrtzet worden.
Dieſes alles iſt zu deinem Beſten erzehlet/ mein Chriſtliche Seel/ auff daß
du in Erſehung deiner Vorfahren Ungluͤcks lerneſt die Armut lieben und
halten/ der du dich vermittelſt eines unwiderrufflichen Geluͤbts verbun-

den
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[182/0210] Die Vierzehende Geiſtliche Lection und Rede dieſes ſchwartzen Muͤnchen/ gibt alſobald dem Guardianen hier- von Bericht/ und fuͤhret denſelben mit ſich zur Kirchen. Da er nun den Frembdling ſehet/ fragt er ihn/ was er allda werlohren habe? Es iſt/ antwortet der Schwartze/ einer unter den Deinigen/ welcher eine Sach beſitzet/ die mir zugehoͤret/ ſchaffe du mir alle zugegen/ ſo will ich dir ihn zeigen. Der Guardi- an ruffet hierauff ſeine Geiſtliche zuſammen/ und ſtellet ſelbige dem ange- nommenen Muͤnchen vor. So bald dieſer den Breviers-Dieb erblicket/ greifft er ſelbigen bey den Fuͤſſen/ und fuͤhret ihn in aller anderen Gegenwart lebendig in die Lufft/ und von dannen ohn allen Zweiffel in die ewige Ver- damnuß/ das Brevier aber hat er auß den Armben deß Diebs heraußgeworf- fen. Alſo iſt man in Erfahrung gerathen/ wer dieſer Schwartzfarbige/ wer- der Breviers-Dieb geweſen/ und was vor Straff die jenige verdienen/ ſo das Geluͤbt der Armut verletzen. 2. Noch eins muß ich dir/ mein Chrlſtlicher Liebhaber/ erzehlen/ da- mit du ſieheſt/ wie ſcharff die jenige von dem Gerechten hergenommen wer- den/ ſo in Erbauung der Kloͤſter oder Cellen die Maaß der Armut uͤber- ſchreiten. Da der Gottſeelige P. Franeiſcus Aſtenſis/ der Capuciner zweyter General die Roͤmiſche Provintz viſitiret/ iſt er zu einem Kloſter kommen/ allwo ihme eine ſehr ſtatlich erbauete und geſchmuckte Cell fuͤr ſei- nen abſtand daſelbſt iſt angewieſen worden. Nach gehaltenem Abend- mahl/ da ſich der obgedachte Pater ſchon zur Ruhe begeben/ hat man an ſeiner Thuͤren gantz ſittſamb angeklopffet/ als wann einer hinein zu kom- men begehrte. Dieß hat er gehoͤret/ und den anklopffenden durch die Woͤrtlein/ Deo gratias, zu ſich gelaſſen/ aber niemand iſt hinein kom- men. Endlich nach offt widerholtem Klopffen/ und gegebenem Deo gratias iſt der vor laͤngſt verſtorbene Guardian und geweſener Bau-Herr dieſer Cellen hineingetretten/ ſelbige etlichmahl mit Sillſchweigen durch- wandert/ und hat endlich mit dieſen Worten loßgebrochen. Du ver- verflugte Cell/ deinentwegen allein bin ich Armſeeliger ewig verdambt worden. Nach dieſen Worten iſt er verſchwunden. Ein anderer auß dem Orden deß H. Franeiſei/ ſo man Conventualen nennet/ iſt wegen einer praͤchtig fuͤr ſich erbaueten Cell in den Abgrund der Hoͤllen geſtuͤrtzet worden. Dieſes alles iſt zu deinem Beſten erzehlet/ mein Chriſtliche Seel/ auff daß du in Erſehung deiner Vorfahren Ungluͤcks lerneſt die Armut lieben und halten/ der du dich vermittelſt eines unwiderrufflichen Geluͤbts verbun- den Bouer. Annal. 1554. in P. Franc. Aſtenſ. Hiſtoria. Bouer. 1547.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/210>, abgerufen am 27.04.2024.