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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die vierzehende Geistliche Lection
GOttes? dessen Süssigkeit so groß ist/ daß man sie denen/ die selbige nie
erfahren haben/ mit keinen Worten außsprechen könne; und denen so sie ge-
schmeckt haben/ zu erklähren nicht nöthig seye. Und weiters/ wie die drey
Hebrätsche Knaben/ so die güldene Bildnuß deß Königs Nabuchodonoso-
ris anzubetten sich geweigeret/ in den Feuer-Flammen sicher gewesen seynd;
also die armen im Geist/ welche die güldene Bildnüß deß Gelds/ und die ei-
tele Reichthumben dieser Welt nicht verehren/ wann sie schon in
das Feuer der Trübsalen geworffen werden/ bleiben dennoch sicher/ unver-
letzt und friedsamb/ loben und preisen ihren GOtt ohn Unterlaß. Dahe-
L. 2. Vit.
P. P. n.

169.
ro Ruffinus meldet/ daß/ da ein heiliger Mann gefragt worden ob die Armut
ein vollkommenes Gut seye; er geantwortet habe; daß die freywillige Ar-
mut ein grosses Werck seye; und daß der jenige/ so sie besitzet/ zwarn werde
Trübsal deß Fleisches haben; werde aber Ruhe finden für seine Seel.

4. Nicht wenig wird auch diese Tugend durch die stattliche Exemplen
so vieler/ ja unzahlbarer Heiligen außgestrichen. Auß deren Zahl die erste
uns mit ihrem herrlichen Vorzug leuchtet die glorwürdigste Himmels
Herrscherin Maria; so noch in dem Tempel zu Jerusalem schon angelobet
L. 1. Re-
vel. c.
10.
(wann wir der H. Brigrittä glauben wollen) daß Sie niemahlen in der
Welt etwas besitzen wolle. Dahero sehen wir/ daß diese gewesene Göttli-
che Kind-Bettererin am Tag ihrer Reinigung/ nicht ein Lamb/ nach
dem Gebrauch der Reichen; sondern ein par Turtel-Tauben/ als ein Ge-
schenck der Armen geopffert habe. Dann ob Sie schon auff dem Betle-
hemitischen Felsen von den dreyen Königen so viel Golds bekommen/ daß sie
ohne einige weitere Sorg sich sambt den ihrigen hätte erhalten können; so hat
Sie doch lieber wollen arm verbleiben/ als etwas besitzen. Derhalben hat
Sie/ nach Meinung deß H. Bonaventurä/ sothanes Gold durch den H.
Joseph/ in wenig Tagen unter die arme lassen außtheilen/ damit Sie am
Tag ihrer Reinigung keine Mitteln hätte/ nach dem Art der Reichen ein
Lamb zu kauffen. Also hat diese demütige Mutter ihren allerarmsten Sohn
wollen nachfolgen/ und ihre Lieb gegen Gott zumahln nit verhinderen wol-
len; dieweil ihr bewust ware/ daß die eitele Dinge das menschliche Hertz von
der Liebe der Himmlischen meisterlich zurück halten. Damit sie dann auch
durch ihr eigenes Exempel uns lehrete/ die Armut zu verehren/ als hat sie
immer und allezeit arm und bedürfftig verbleiben wollen. Und in Warheit/
nicht wenige Nachfolger hat diese arme Mutter gehabt: sintemahln alle
Heiligen GOttes/ so die Armut Christi und der Gebährerin gesehen/ haben

leichtlich

Die vierzehende Geiſtliche Lection
GOttes? deſſen Suͤſſigkeit ſo groß iſt/ daß man ſie denen/ die ſelbige nie
erfahren haben/ mit keinen Worten außſprechen koͤnne; und denen ſo ſie ge-
ſchmeckt haben/ zu erklaͤhren nicht noͤthig ſeye. Und weiters/ wie die drey
Hebraͤtſche Knaben/ ſo die guͤldene Bildnuß deß Koͤnigs Nabuchodonoſo-
ris anzubetten ſich geweigeret/ in den Feuer-Flammen ſicher geweſen ſeynd;
alſo die armen im Geiſt/ welche die guͤldene Bildnuͤß deß Gelds/ und die ei-
tele Reichthumben dieſer Welt nicht verehren/ wann ſie ſchon in
das Feuer der Truͤbſalen geworffen werden/ bleiben dennoch ſicher/ unver-
letzt und friedſamb/ loben und preiſen ihren GOtt ohn Unterlaß. Dahe-
L. 2. Vit.
P. P. n.

169.
ro Ruffinus meldet/ daß/ da ein heiliger Mann gefragt worden ob die Armut
ein vollkommenes Gut ſeye; er geantwortet habe; daß die freywillige Ar-
mut ein groſſes Werck ſeye; und daß der jenige/ ſo ſie beſitzet/ zwarn werde
Truͤbſal deß Fleiſches haben; werde aber Ruhe finden fuͤr ſeine Seel.

4. Nicht wenig wird auch dieſe Tugend durch die ſtattliche Exemplen
ſo vieler/ ja unzahlbarer Heiligen außgeſtrichen. Auß deren Zahl die erſte
uns mit ihrem herrlichen Vorzug leuchtet die glorwuͤrdigſte Himmels
Herrſcherin Maria; ſo noch in dem Tempel zu Jeruſalem ſchon angelobet
L. 1. Re-
vel. c.
10.
(wann wir der H. Brigrittaͤ glauben wollen) daß Sie niemahlen in der
Welt etwas beſitzen wolle. Dahero ſehen wir/ daß dieſe geweſene Goͤttli-
che Kind-Bettererin am Tag ihrer Reinigung/ nicht ein Lamb/ nach
dem Gebrauch der Reichen; ſondern ein par Turtel-Tauben/ als ein Ge-
ſchenck der Armen geopffert habe. Dann ob Sie ſchon auff dem Betle-
hemitiſchen Felſen von den dreyen Koͤnigen ſo viel Golds bekommen/ daß ſie
ohne einige weitere Sorg ſich ſambt den ihrigen haͤtte erhalten koͤnnen; ſo hat
Sie doch lieber wollen arm verbleiben/ als etwas beſitzen. Derhalben hat
Sie/ nach Meinung deß H. Bonaventuraͤ/ ſothanes Gold durch den H.
Joſeph/ in wenig Tagen unter die arme laſſen außtheilen/ damit Sie am
Tag ihrer Reinigung keine Mitteln haͤtte/ nach dem Art der Reichen ein
Lamb zu kauffen. Alſo hat dieſe demuͤtige Mutter ihren allerarmſten Sohn
wollen nachfolgen/ und ihre Lieb gegen Gott zumahln nit verhinderen wol-
len; dieweil ihr bewuſt ware/ daß die eitele Dinge das menſchliche Hertz von
der Liebe der Himmliſchen meiſterlich zuruͤck halten. Damit ſie dann auch
durch ihr eigenes Exempel uns lehrete/ die Armut zu verehren/ als hat ſie
immer und allezeit arm und beduͤrfftig verbleiben wollen. Und in Warheit/
nicht wenige Nachfolger hat dieſe arme Mutter gehabt: ſintemahln alle
Heiligen GOttes/ ſo die Armut Chriſti und der Gebaͤhrerin geſehen/ haben

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[168/0196] Die vierzehende Geiſtliche Lection GOttes? deſſen Suͤſſigkeit ſo groß iſt/ daß man ſie denen/ die ſelbige nie erfahren haben/ mit keinen Worten außſprechen koͤnne; und denen ſo ſie ge- ſchmeckt haben/ zu erklaͤhren nicht noͤthig ſeye. Und weiters/ wie die drey Hebraͤtſche Knaben/ ſo die guͤldene Bildnuß deß Koͤnigs Nabuchodonoſo- ris anzubetten ſich geweigeret/ in den Feuer-Flammen ſicher geweſen ſeynd; alſo die armen im Geiſt/ welche die guͤldene Bildnuͤß deß Gelds/ und die ei- tele Reichthumben dieſer Welt nicht verehren/ wann ſie ſchon in das Feuer der Truͤbſalen geworffen werden/ bleiben dennoch ſicher/ unver- letzt und friedſamb/ loben und preiſen ihren GOtt ohn Unterlaß. Dahe- ro Ruffinus meldet/ daß/ da ein heiliger Mann gefragt worden ob die Armut ein vollkommenes Gut ſeye; er geantwortet habe; daß die freywillige Ar- mut ein groſſes Werck ſeye; und daß der jenige/ ſo ſie beſitzet/ zwarn werde Truͤbſal deß Fleiſches haben; werde aber Ruhe finden fuͤr ſeine Seel. L. 2. Vit. P. P. n. 169. 4. Nicht wenig wird auch dieſe Tugend durch die ſtattliche Exemplen ſo vieler/ ja unzahlbarer Heiligen außgeſtrichen. Auß deren Zahl die erſte uns mit ihrem herrlichen Vorzug leuchtet die glorwuͤrdigſte Himmels Herrſcherin Maria; ſo noch in dem Tempel zu Jeruſalem ſchon angelobet (wann wir der H. Brigrittaͤ glauben wollen) daß Sie niemahlen in der Welt etwas beſitzen wolle. Dahero ſehen wir/ daß dieſe geweſene Goͤttli- che Kind-Bettererin am Tag ihrer Reinigung/ nicht ein Lamb/ nach dem Gebrauch der Reichen; ſondern ein par Turtel-Tauben/ als ein Ge- ſchenck der Armen geopffert habe. Dann ob Sie ſchon auff dem Betle- hemitiſchen Felſen von den dreyen Koͤnigen ſo viel Golds bekommen/ daß ſie ohne einige weitere Sorg ſich ſambt den ihrigen haͤtte erhalten koͤnnen; ſo hat Sie doch lieber wollen arm verbleiben/ als etwas beſitzen. Derhalben hat Sie/ nach Meinung deß H. Bonaventuraͤ/ ſothanes Gold durch den H. Joſeph/ in wenig Tagen unter die arme laſſen außtheilen/ damit Sie am Tag ihrer Reinigung keine Mitteln haͤtte/ nach dem Art der Reichen ein Lamb zu kauffen. Alſo hat dieſe demuͤtige Mutter ihren allerarmſten Sohn wollen nachfolgen/ und ihre Lieb gegen Gott zumahln nit verhinderen wol- len; dieweil ihr bewuſt ware/ daß die eitele Dinge das menſchliche Hertz von der Liebe der Himmliſchen meiſterlich zuruͤck halten. Damit ſie dann auch durch ihr eigenes Exempel uns lehrete/ die Armut zu verehren/ als hat ſie immer und allezeit arm und beduͤrfftig verbleiben wollen. Und in Warheit/ nicht wenige Nachfolger hat dieſe arme Mutter gehabt: ſintemahln alle Heiligen GOttes/ ſo die Armut Chriſti und der Gebaͤhrerin geſehen/ haben leichtlich L. 1. Re- vel. c. 10.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/196>, abgerufen am 24.11.2024.