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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Achte Geistliche Lection
ren gangen/ hat er auß Antrieb/ der in ihme brennenden Göttlichen Liebe/
und ungemeinen Begird der Marter-Kron alsbald mit lauterer Stimm
geruffen: Jch bin ein Christ/ und glaube an den Nahmen meines HErrn
JESU Christi/ welchem dieser verläugnet hat; so schlaget nun mir für
ihm den Kopff hinunter. Und siehe/ so bald der Richter der Sachen Be-
schaffenheit vernommen/ hat er den Sapricium loß/ und über Nicephorum
das verlangte Urtheil deß Todts gesprochen; daß also der eine behalten das
Lebendeß Leibs/ und verlohren hat das Leben der Seelen/ der andere aber be-
halten das Leben der Seelen/ und verlohren das Leben deß Leibs.

9. Kan nun wohl einer läugnen/ der diesen so glücklichen Streit deß H.
Nicephori betrachtet/ daß ein bitteres Hertz/ ein Rach-gieriges und unver-
söhnliches Hertz gegen den Nächsten sich der eussersten Gefahr deß ewigen
Untergangs unterwerffe? wer wird hierauß nicht vernünfftlich schliessen
können/ das alle gute Werck eines Christlichen Menschens/ sie seyen so groß/
so kostbar und vollkommen/ als sie immer wollen/ zumahln nichts zu der e-
wigwährenden Belohnung beytragen/ wann sie nicht auß der Wurtzel der
Liebe GOttes und deß Nächstens entspringen? Einmahl gewiß ist/ daß
GOtt deß Sapricii/ für ihn außgestandene Qualen nichts geachtet habe;
dieweilen solche der Haß/ Krafft dessen er sein eigenes/ und auch seines
Nächsten Hertz verwundet/ gäntzlich vernichtiget hat. Derhalben ist a-
Matth. 7.
v.
2.
bermahl wahr der obgesetzte Spruch deß HErrn: Wann ihr den
Menschen ihre Sunden nicht vergebet/ so wird euer
himmlischer Vatter auch eure Sünden nicht vergeben.
Vnd mit was Maß du mässest deinem Bruder/ damit
wird dir auch vom HErrn wiederumb gemessen werden.

Historia.Denselben bekräfftiget das wehmütige Exempel deß jenigen Brüggischen
Edelmans/ der gegen einige diesen schädlichen Gast/ nemblich den Haß biß
zum Todt in seinem Hertzen verpfleget: da dann nach dessen Absterben das
gewöhnliche H. Ambt und Gebett in der Kirchen verrichtet wird/ ziehet der
gecreutzigste Christus seine Händ zu sich/ stopffet mit selben die Ohren/ und
spricht mit claren Worten: Er hat nicht verschönet/ so will
ich auch nicht verschönen.

7. Soll aber dieses ein mit Zorn erfültes Rach-gieriges Hertz zu erwei-
chen noch nicht bestandt seyn; so lasse er sich zu Hertzen gehen diese erbärm-
liche Tragädy/ oder kläglichen Außgang; Da Anno 1570. zwischen zweeen
vornehmen Ordens-Persohnen in Hispanien einige Feindschafft erwach-
sen/ aber nicht gedämpfft; ist unterdessen einer von beyden von einer tödtlichen

Kranck-

Die Achte Geiſtliche Lection
ren gangen/ hat er auß Antrieb/ der in ihme brennenden Goͤttlichen Liebe/
und ungemeinen Begird der Marter-Kron alsbald mit lauterer Stimm
geruffen: Jch bin ein Chriſt/ und glaube an den Nahmen meines HErrn
JESU Chriſti/ welchem dieſer verlaͤugnet hat; ſo ſchlaget nun mir fuͤr
ihm den Kopff hinunter. Und ſiehe/ ſo bald der Richter der Sachen Be-
ſchaffenheit vernommen/ hat er den Sapricium loß/ und uͤber Nicephorum
das verlangte Urtheil deß Todts geſprochen; daß alſo der eine behalten das
Lebendeß Leibs/ und verlohren hat das Leben der Seelen/ der andere aber be-
halten das Leben der Seelen/ und verlohren das Leben deß Leibs.

9. Kan nun wohl einer laͤugnen/ der dieſen ſo gluͤcklichen Streit deß H.
Nicephori betrachtet/ daß ein bitteres Hertz/ ein Rach-gieriges und unver-
ſoͤhnliches Hertz gegen den Naͤchſten ſich der euſſerſten Gefahr deß ewigen
Untergangs unterwerffe? wer wird hierauß nicht vernuͤnfftlich ſchlieſſen
koͤnnen/ das alle gute Werck eines Chriſtlichen Menſchens/ ſie ſeyen ſo groß/
ſo koſtbar und vollkommen/ als ſie immer wollen/ zumahln nichts zu der e-
wigwaͤhrenden Belohnung beytragen/ wann ſie nicht auß der Wurtzel der
Liebe GOttes und deß Naͤchſtens entſpringen? Einmahl gewiß iſt/ daß
GOtt deß Sapricii/ fuͤr ihn außgeſtandene Qualen nichts geachtet habe;
dieweilen ſolche der Haß/ Krafft deſſen er ſein eigenes/ und auch ſeines
Naͤchſten Hertz verwundet/ gaͤntzlich vernichtiget hat. Derhalben iſt a-
Matth. 7.
v.
2.
bermahl wahr der obgeſetzte Spruch deß HErrn: Wann ihr den
Menſchen ihre Sůnden nicht vergebet/ ſo wird euer
himmliſcher Vatter auch eure Sünden nicht vergeben.
Vnd mit was Maß du maͤſſeſt deinem Bruder/ damit
wird dir auch vom HErrn wiederumb gemeſſen werden.

Hiſtoria.Denſelben bekraͤfftiget das wehmuͤtige Exempel deß jenigen Bruͤggiſchen
Edelmans/ der gegen einige dieſen ſchaͤdlichen Gaſt/ nemblich den Haß biß
zum Todt in ſeinem Hertzen verpfleget: da dann nach deſſen Abſterben das
gewoͤhnliche H. Ambt und Gebett in der Kirchen verrichtet wird/ ziehet der
gecreutzigſte Chriſtus ſeine Haͤnd zu ſich/ ſtopffet mit ſelben die Ohren/ und
ſpricht mit claren Worten: Er hat nicht verſchoͤnet/ ſo will
ich auch nicht verſchoͤnen.

7. Soll aber dieſes ein mit Zorn erfuͤltes Rach-gieriges Hertz zu erwei-
chen noch nicht beſtandt ſeyn; ſo laſſe er ſich zu Hertzen gehen dieſe erbaͤrm-
liche Tragaͤdy/ oder klaͤglichen Außgang; Da Anno 1570. zwiſchen zweeen
vornehmen Ordens-Perſohnen in Hiſpanien einige Feindſchafft erwach-
ſen/ aber nicht gedaͤmpfft; iſt unterdeſſen einer von beyden von einer toͤdtlichen

Kranck-
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[78/0106] Die Achte Geiſtliche Lection ren gangen/ hat er auß Antrieb/ der in ihme brennenden Goͤttlichen Liebe/ und ungemeinen Begird der Marter-Kron alsbald mit lauterer Stimm geruffen: Jch bin ein Chriſt/ und glaube an den Nahmen meines HErrn JESU Chriſti/ welchem dieſer verlaͤugnet hat; ſo ſchlaget nun mir fuͤr ihm den Kopff hinunter. Und ſiehe/ ſo bald der Richter der Sachen Be- ſchaffenheit vernommen/ hat er den Sapricium loß/ und uͤber Nicephorum das verlangte Urtheil deß Todts geſprochen; daß alſo der eine behalten das Lebendeß Leibs/ und verlohren hat das Leben der Seelen/ der andere aber be- halten das Leben der Seelen/ und verlohren das Leben deß Leibs. 9. Kan nun wohl einer laͤugnen/ der dieſen ſo gluͤcklichen Streit deß H. Nicephori betrachtet/ daß ein bitteres Hertz/ ein Rach-gieriges und unver- ſoͤhnliches Hertz gegen den Naͤchſten ſich der euſſerſten Gefahr deß ewigen Untergangs unterwerffe? wer wird hierauß nicht vernuͤnfftlich ſchlieſſen koͤnnen/ das alle gute Werck eines Chriſtlichen Menſchens/ ſie ſeyen ſo groß/ ſo koſtbar und vollkommen/ als ſie immer wollen/ zumahln nichts zu der e- wigwaͤhrenden Belohnung beytragen/ wann ſie nicht auß der Wurtzel der Liebe GOttes und deß Naͤchſtens entſpringen? Einmahl gewiß iſt/ daß GOtt deß Sapricii/ fuͤr ihn außgeſtandene Qualen nichts geachtet habe; dieweilen ſolche der Haß/ Krafft deſſen er ſein eigenes/ und auch ſeines Naͤchſten Hertz verwundet/ gaͤntzlich vernichtiget hat. Derhalben iſt a- bermahl wahr der obgeſetzte Spruch deß HErrn: Wann ihr den Menſchen ihre Sůnden nicht vergebet/ ſo wird euer himmliſcher Vatter auch eure Sünden nicht vergeben. Vnd mit was Maß du maͤſſeſt deinem Bruder/ damit wird dir auch vom HErrn wiederumb gemeſſen werden. Denſelben bekraͤfftiget das wehmuͤtige Exempel deß jenigen Bruͤggiſchen Edelmans/ der gegen einige dieſen ſchaͤdlichen Gaſt/ nemblich den Haß biß zum Todt in ſeinem Hertzen verpfleget: da dann nach deſſen Abſterben das gewoͤhnliche H. Ambt und Gebett in der Kirchen verrichtet wird/ ziehet der gecreutzigſte Chriſtus ſeine Haͤnd zu ſich/ ſtopffet mit ſelben die Ohren/ und ſpricht mit claren Worten: Er hat nicht verſchoͤnet/ ſo will ich auch nicht verſchoͤnen. Matth. 7. v. 2. Hiſtoria. 7. Soll aber dieſes ein mit Zorn erfuͤltes Rach-gieriges Hertz zu erwei- chen noch nicht beſtandt ſeyn; ſo laſſe er ſich zu Hertzen gehen dieſe erbaͤrm- liche Tragaͤdy/ oder klaͤglichen Außgang; Da Anno 1570. zwiſchen zweeen vornehmen Ordens-Perſohnen in Hiſpanien einige Feindſchafft erwach- ſen/ aber nicht gedaͤmpfft; iſt unterdeſſen einer von beyden von einer toͤdtlichen Kranck-

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/106>, abgerufen am 27.11.2024.