Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.Judas ein Dieb Geistlicher Güter. bey denen Geistlichen anzutreffen. Jn Spannien/ schreibt Pe-trus de Avitis. Haben die Religiosen jährlich über zwey Mil- lion Ducaten Einkommens. Was erst so viel Ertzbischoff und Bischoffen? der eintzige Clerus zu Toleto nimmt jährlich hun- dert und zwantzig tausend Ducaten ein. Der Ertz-Diacanus daselbst gibt sein jährliches Einkommen nit um funfftzig tausend Ducaten. Was Reichthumben besitzen nicht die Geistliche in Teutschland? es heist also nit mehr sine baculo & pera, wie bey denen Apostlen Zeiten/ sondern cum baculo & perna; dann wo seynd feistere Renten und Einkommen/ als bey denen Geistlichen? wann ich ein Land Fürst wäre/ so wollte ich diesen Kuttambulis die Platten scheeren. Wann man einem die er- ste Weich gibt/ so sagt er/ Dominus pars haereditatis meae, und schneid man ihme derenthalben die Haar ab/ damit er nit ein Haar mehr soll nach der Welt Reichthumen streben; Aber es heist dermahlen Domus pars haereditati meae. Halts Maul einmal mein Schmähler/ und lasse mich auch reden. Daß die Apostel arm gewesen und nit ein Heller Geld in ihrem Ver- mögen gehabt/ ist alles war/ und kan in kein Abred gezogen wer- den/ aber sie kunten sich gleichwol erhalten/ massen fast jederman ihnen nothwendige Lebens-Mittel vor ihr gestreckt: so thät auch Authorität durch solche Armuth nit leiden/ massen sie wegen der Wunderwerck/ so sie gewürckt/ bey Männiglichen in grossen An- sehen. Aber dermahlen seynd andere Zeiten und Leut. Der Welt-Menschen Freygebigkeit wurde sich so weit nit einlassen/ daß sie die gantze Clerisey solte erhalten: so wurde es sich auch nit reimen/ daß ein Pabst/ ein Ertzbischoff/ ein Bischoff/ ein geist- liches Ober-Haubt sollte in einem leinenen Küttel von Haus zu Haus das Allmosen suchen: thäte doch solcher Gestalten in kur- tzer Zeit die Authorität der Catholischen Kirchen gäntzlich wurm- stichig werden/ ja wohl gar zu Boden fallen. So gibt es auch der Augenschein/ daß die Geistliche ihre Mittel und Reichthum- ben nit in Wollüsten und Ubermuth verschwenden/ sondern mei- stens
Judas ein Dieb Geiſtlicher Guͤter. bey denen Geiſtlichen anzutreffen. Jn Spannien/ ſchreibt Pe-trus de Avitis. Haben die Religioſen jaͤhrlich uͤber zwey Mil- lion Ducaten Einkommens. Was erſt ſo viel Ertzbiſchoff und Biſchoffen? der eintzige Clerus zu Toleto nimmt jaͤhrlich hun- dert und zwantzig tauſend Ducaten ein. Der Ertz-Diacanus daſelbſt gibt ſein jaͤhrliches Einkommen nit um funfftzig tauſend Ducaten. Was Reichthumben beſitzen nicht die Geiſtliche in Teutſchland? es heiſt alſo nit mehr ſine baculo & pera, wie bey denen Apoſtlen Zeiten/ ſondern cum baculo & perna; dann wo ſeynd feiſtere Renten und Einkommen/ als bey denen Geiſtlichen? wann ich ein Land Fuͤrſt waͤre/ ſo wollte ich dieſen Kuttambulis die Platten ſcheeren. Wann man einem die er- ſte Weich gibt/ ſo ſagt er/ Dominus pars hæreditatis meæ, und ſchneid man ihme derenthalben die Haar ab/ damit er nit ein Haar mehr ſoll nach der Welt Reichthumen ſtreben; Aber es heiſt dermahlen Domus pars hæreditati meæ. Halts Maul einmal mein Schmaͤhler/ und laſſe mich auch reden. Daß die Apoſtel arm geweſen und nit ein Heller Geld in ihrem Ver- moͤgen gehabt/ iſt alles war/ und kan in kein Abred gezogen wer- den/ aber ſie kunten ſich gleichwol erhalten/ maſſen faſt jederman ihnen nothwendige Lebens-Mittel vor ihr geſtreckt: ſo thaͤt auch Authoritaͤt durch ſolche Armuth nit leiden/ maſſen ſie wegen der Wunderwerck/ ſo ſie gewuͤrckt/ bey Maͤnniglichen in groſſen An- ſehen. Aber dermahlen ſeynd andere Zeiten und Leut. Der Welt-Menſchen Freygebigkeit wurde ſich ſo weit nit einlaſſen/ daß ſie die gantze Cleriſey ſolte erhalten: ſo wurde es ſich auch nit reimen/ daß ein Pabſt/ ein Ertzbiſchoff/ ein Biſchoff/ ein geiſt- liches Ober-Haubt ſollte in einem leinenen Kuͤttel von Haus zu Haus das Allmoſen ſuchen: thaͤte doch ſolcher Geſtalten in kur- tzer Zeit die Authoritaͤt der Catholiſchen Kirchen gaͤntzlich wurm- ſtichig werden/ ja wohl gar zu Boden fallen. So gibt es auch der Augenſchein/ daß die Geiſtliche ihre Mittel und Reichthum- ben nit in Wolluͤſten und Ubermuth verſchwenden/ ſondern mei- ſtens
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0086" n="74"/><fw type="header" place="top">Judas ein Dieb Geiſtlicher Guͤter.</fw><lb/> bey denen Geiſtlichen anzutreffen. Jn Spannien/ ſchreibt <hi rendition="#aq">Pe-<lb/> trus de Avitis.</hi> Haben die Religioſen jaͤhrlich uͤber zwey Mil-<lb/> lion Ducaten Einkommens. Was erſt ſo viel Ertzbiſchoff und<lb/> Biſchoffen? der eintzige <hi rendition="#aq">Clerus</hi> zu <hi rendition="#aq">Toleto</hi> nimmt jaͤhrlich hun-<lb/> dert und zwantzig tauſend Ducaten ein. Der Ertz-<hi rendition="#aq">Diacanus</hi><lb/> daſelbſt gibt ſein jaͤhrliches Einkommen nit um funfftzig tauſend<lb/> Ducaten. Was Reichthumben beſitzen nicht die Geiſtliche in<lb/> Teutſchland? es heiſt alſo nit mehr <hi rendition="#aq">ſine baculo & pera,</hi> wie<lb/> bey denen Apoſtlen Zeiten/ ſondern <hi rendition="#aq">cum baculo & perna;</hi><lb/> dann wo ſeynd feiſtere Renten und Einkommen/ als bey denen<lb/> Geiſtlichen? wann ich ein Land Fuͤrſt waͤre/ ſo wollte ich dieſen<lb/><hi rendition="#aq">Kuttambulis</hi> die Platten ſcheeren. Wann man einem die er-<lb/> ſte Weich gibt/ ſo ſagt er/ <hi rendition="#aq">Dominus pars hæreditatis meæ,</hi><lb/> und ſchneid man ihme derenthalben die Haar ab/ damit er nit ein<lb/> Haar mehr ſoll nach der Welt Reichthumen ſtreben; Aber es<lb/> heiſt dermahlen <hi rendition="#aq">Domus pars hæreditati meæ.</hi> Halts<lb/> Maul einmal mein Schmaͤhler/ und laſſe mich auch reden. Daß<lb/> die Apoſtel arm geweſen und nit ein Heller Geld in ihrem Ver-<lb/> moͤgen gehabt/ iſt alles war/ und kan in kein Abred gezogen wer-<lb/> den/ aber ſie kunten ſich gleichwol erhalten/ maſſen faſt jederman<lb/> ihnen nothwendige Lebens-Mittel vor ihr geſtreckt: ſo thaͤt auch<lb/> Authoritaͤt durch ſolche Armuth nit leiden/ maſſen ſie wegen der<lb/> Wunderwerck/ ſo ſie gewuͤrckt/ bey Maͤnniglichen in groſſen An-<lb/> ſehen. Aber dermahlen ſeynd andere Zeiten und Leut. Der<lb/> Welt-Menſchen Freygebigkeit wurde ſich ſo weit nit einlaſſen/<lb/> daß ſie die gantze <hi rendition="#aq">Cleri</hi>ſey ſolte erhalten: ſo wurde es ſich auch<lb/> nit reimen/ daß ein Pabſt/ ein Ertzbiſchoff/ ein Biſchoff/ ein geiſt-<lb/> liches Ober-Haubt ſollte in einem leinenen Kuͤttel von Haus zu<lb/> Haus das Allmoſen ſuchen: thaͤte doch ſolcher Geſtalten in kur-<lb/> tzer Zeit die Authoritaͤt der Catholiſchen Kirchen gaͤntzlich wurm-<lb/> ſtichig werden/ ja wohl gar zu Boden fallen. So gibt es auch<lb/> der Augenſchein/ daß die Geiſtliche ihre Mittel und Reichthum-<lb/> ben nit in Wolluͤſten und <hi rendition="#fr">U</hi>bermuth verſchwenden/ ſondern mei-<lb/> <fw type="catch" place="bottom">ſtens</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [74/0086]
Judas ein Dieb Geiſtlicher Guͤter.
bey denen Geiſtlichen anzutreffen. Jn Spannien/ ſchreibt Pe-
trus de Avitis. Haben die Religioſen jaͤhrlich uͤber zwey Mil-
lion Ducaten Einkommens. Was erſt ſo viel Ertzbiſchoff und
Biſchoffen? der eintzige Clerus zu Toleto nimmt jaͤhrlich hun-
dert und zwantzig tauſend Ducaten ein. Der Ertz-Diacanus
daſelbſt gibt ſein jaͤhrliches Einkommen nit um funfftzig tauſend
Ducaten. Was Reichthumben beſitzen nicht die Geiſtliche in
Teutſchland? es heiſt alſo nit mehr ſine baculo & pera, wie
bey denen Apoſtlen Zeiten/ ſondern cum baculo & perna;
dann wo ſeynd feiſtere Renten und Einkommen/ als bey denen
Geiſtlichen? wann ich ein Land Fuͤrſt waͤre/ ſo wollte ich dieſen
Kuttambulis die Platten ſcheeren. Wann man einem die er-
ſte Weich gibt/ ſo ſagt er/ Dominus pars hæreditatis meæ,
und ſchneid man ihme derenthalben die Haar ab/ damit er nit ein
Haar mehr ſoll nach der Welt Reichthumen ſtreben; Aber es
heiſt dermahlen Domus pars hæreditati meæ. Halts
Maul einmal mein Schmaͤhler/ und laſſe mich auch reden. Daß
die Apoſtel arm geweſen und nit ein Heller Geld in ihrem Ver-
moͤgen gehabt/ iſt alles war/ und kan in kein Abred gezogen wer-
den/ aber ſie kunten ſich gleichwol erhalten/ maſſen faſt jederman
ihnen nothwendige Lebens-Mittel vor ihr geſtreckt: ſo thaͤt auch
Authoritaͤt durch ſolche Armuth nit leiden/ maſſen ſie wegen der
Wunderwerck/ ſo ſie gewuͤrckt/ bey Maͤnniglichen in groſſen An-
ſehen. Aber dermahlen ſeynd andere Zeiten und Leut. Der
Welt-Menſchen Freygebigkeit wurde ſich ſo weit nit einlaſſen/
daß ſie die gantze Cleriſey ſolte erhalten: ſo wurde es ſich auch
nit reimen/ daß ein Pabſt/ ein Ertzbiſchoff/ ein Biſchoff/ ein geiſt-
liches Ober-Haubt ſollte in einem leinenen Kuͤttel von Haus zu
Haus das Allmoſen ſuchen: thaͤte doch ſolcher Geſtalten in kur-
tzer Zeit die Authoritaͤt der Catholiſchen Kirchen gaͤntzlich wurm-
ſtichig werden/ ja wohl gar zu Boden fallen. So gibt es auch
der Augenſchein/ daß die Geiſtliche ihre Mittel und Reichthum-
ben nit in Wolluͤſten und Ubermuth verſchwenden/ ſondern mei-
ſtens
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/86 |
Zitationshilfe: | Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/86>, abgerufen am 27.07.2024. |