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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas ein Dieb Geistlicher Güter.
Kirchen herum gezogen/ hat sich einer mit allem Gewalt in die
Höhe begeben/ aber alsobald einen so unglückseeligen Fall gethan/
daß ein Fuß oberhalb in dem Fenster/ der andere Leib aber sammt
dem Kopff gegen der Erden hangen geblieben Der andere
Dieb dappte so lang in der Kirchen herum/ biß er endlich zu dem
Grab des H. Vincentii gerathen/ woselbst sehr viel Ketten und
Fußeysen gehangen/ der erledigten Gefangenen/ welche dann also
bald den Dieb dergestalten angefeßlet/ daß er sich weder hinter
sich noch für sich kunte wenden. Der dritte mit seinem steten dap-
pen und tasten hat endlich nur ein wenig den Strick des Sacri-
stey Glöckels berühret/ worvon ein solcher Klang durch das ange-
baute Münchs-Closter erschollen/ daß hierunter alle vom Schlaff
Ballan. 13
Jan.
aufgeweckt worden/ und folgsam diese 3. gewissenlose Kirchen-
rauber in würcklicher That erdappt.

Christus der HErr nach seiner glorreichen Urständ ist auf
eine Zeit denen Aposteln erschienen am Gestad des Meers/ gleich
dazumahlen/ als sie in würcklichen Fischzug beschäfftiget waren/
und nachdem er sie angeredt/ ob sie nichts zu essen haben? da er-
kandte der liebste Joannes aus der Stimm/ daß es unser lieber
HErr und Heyland seye/ deutet es demnach gleich dem Petro
an/ welcher alsobald in seinen langen Rock geschloffen/ dann er
ware bloß von oben biß an den halben Leib: Petrus geschwind/
geschwind legt den Rock an/ wirfft sich ins Meer und schwimmt zu
unserm HErrn. Aber dieses ist ja zu verwundern/ daß er die
Kleider angelegt. Andere/ wann sie wollen durch das Wasser
waden oder schwimmen/ ziehen vielmehr die Kleider aus. Aber
Petrus gedacht/ es schicke sich gar nit/ gantz und gar nit/ daß er
halb bloß vor unserm HErrn erscheine. Dieses sollen fein mer-
cken etliche üppige Schleppsäck/ welche mehrmalen sich getrauen
fast halb nackend vor GOtt in der Kirchen zu seyn. Wann nun
Petrus dafür gehalten/ daß man in Gegenwart Christi die ge-
ringste Ohnmanier nicht solle begehen/ wie straffmäßig handlen
dann alle die jenige/ welche nit sich vor unserm HErrn in der Kir-

chen/

Judas ein Dieb Geiſtlicher Guͤter.
Kirchen herum gezogen/ hat ſich einer mit allem Gewalt in die
Hoͤhe begeben/ aber alſobald einen ſo ungluͤckſeeligen Fall gethan/
daß ein Fuß oberhalb in dem Fenſter/ der andere Leib aber ſammt
dem Kopff gegen der Erden hangen geblieben Der andere
Dieb dappte ſo lang in der Kirchen herum/ biß er endlich zu dem
Grab des H. Vincentii gerathen/ woſelbſt ſehr viel Ketten und
Fußeyſen gehangen/ der erledigten Gefangenen/ welche dann alſo
bald den Dieb dergeſtalten angefeßlet/ daß er ſich weder hinter
ſich noch fuͤr ſich kunte wenden. Der dritte mit ſeinem ſteten dap-
pen und taſten hat endlich nur ein wenig den Strick des Sacri-
ſtey Gloͤckels beruͤhret/ woꝛvon ein ſolcher Klang durch das ange-
baute Muͤnchs-Cloſter erſchollen/ daß hierunter alle vom Schlaff
Ballan. 13
Jan.
aufgeweckt worden/ und folgſam dieſe 3. gewiſſenloſe Kirchen-
rauber in wuͤrcklicher That erdappt.

Chriſtus der HErr nach ſeiner glorreichen Urſtaͤnd iſt auf
eine Zeit denen Apoſteln erſchienen am Geſtad des Meers/ gleich
dazumahlen/ als ſie in wuͤrcklichen Fiſchzug beſchaͤfftiget waren/
und nachdem er ſie angeredt/ ob ſie nichts zu eſſen haben? da er-
kandte der liebſte Joannes aus der Stimm/ daß es unſer lieber
HErr und Heyland ſeye/ deutet es demnach gleich dem Petro
an/ welcher alſobald in ſeinen langen Rock geſchloffen/ dann er
ware bloß von oben biß an den halben Leib: Petrus geſchwind/
geſchwind legt den Rock an/ wirfft ſich ins Meer und ſchwimmt zu
unſerm HErrn. Aber dieſes iſt ja zu verwundern/ daß er die
Kleider angelegt. Andere/ wann ſie wollen durch das Waſſer
waden oder ſchwimmen/ ziehen vielmehr die Kleider aus. Aber
Petrus gedacht/ es ſchicke ſich gar nit/ gantz und gar nit/ daß er
halb bloß vor unſerm HErrn erſcheine. Dieſes ſollen fein mer-
cken etliche uͤppige Schleppſaͤck/ welche mehrmalen ſich getrauen
faſt halb nackend vor GOtt in der Kirchen zu ſeyn. Wann nun
Petrus dafuͤr gehalten/ daß man in Gegenwart Chriſti die ge-
ringſte Ohnmanier nicht ſolle begehen/ wie ſtraffmaͤßig handlen
dann alle die jenige/ welche nit ſich vor unſerm HErrn in der Kir-

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[66/0078] Judas ein Dieb Geiſtlicher Guͤter. Kirchen herum gezogen/ hat ſich einer mit allem Gewalt in die Hoͤhe begeben/ aber alſobald einen ſo ungluͤckſeeligen Fall gethan/ daß ein Fuß oberhalb in dem Fenſter/ der andere Leib aber ſammt dem Kopff gegen der Erden hangen geblieben Der andere Dieb dappte ſo lang in der Kirchen herum/ biß er endlich zu dem Grab des H. Vincentii gerathen/ woſelbſt ſehr viel Ketten und Fußeyſen gehangen/ der erledigten Gefangenen/ welche dann alſo bald den Dieb dergeſtalten angefeßlet/ daß er ſich weder hinter ſich noch fuͤr ſich kunte wenden. Der dritte mit ſeinem ſteten dap- pen und taſten hat endlich nur ein wenig den Strick des Sacri- ſtey Gloͤckels beruͤhret/ woꝛvon ein ſolcher Klang durch das ange- baute Muͤnchs-Cloſter erſchollen/ daß hierunter alle vom Schlaff aufgeweckt worden/ und folgſam dieſe 3. gewiſſenloſe Kirchen- rauber in wuͤrcklicher That erdappt. Ballan. 13 Jan. Chriſtus der HErr nach ſeiner glorreichen Urſtaͤnd iſt auf eine Zeit denen Apoſteln erſchienen am Geſtad des Meers/ gleich dazumahlen/ als ſie in wuͤrcklichen Fiſchzug beſchaͤfftiget waren/ und nachdem er ſie angeredt/ ob ſie nichts zu eſſen haben? da er- kandte der liebſte Joannes aus der Stimm/ daß es unſer lieber HErr und Heyland ſeye/ deutet es demnach gleich dem Petro an/ welcher alſobald in ſeinen langen Rock geſchloffen/ dann er ware bloß von oben biß an den halben Leib: Petrus geſchwind/ geſchwind legt den Rock an/ wirfft ſich ins Meer und ſchwimmt zu unſerm HErrn. Aber dieſes iſt ja zu verwundern/ daß er die Kleider angelegt. Andere/ wann ſie wollen durch das Waſſer waden oder ſchwimmen/ ziehen vielmehr die Kleider aus. Aber Petrus gedacht/ es ſchicke ſich gar nit/ gantz und gar nit/ daß er halb bloß vor unſerm HErrn erſcheine. Dieſes ſollen fein mer- cken etliche uͤppige Schleppſaͤck/ welche mehrmalen ſich getrauen faſt halb nackend vor GOtt in der Kirchen zu ſeyn. Wann nun Petrus dafuͤr gehalten/ daß man in Gegenwart Chriſti die ge- ringſte Ohnmanier nicht ſolle begehen/ wie ſtraffmaͤßig handlen dann alle die jenige/ welche nit ſich vor unſerm HErrn in der Kir- chen/

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/78>, abgerufen am 25.04.2024.