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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Leich-Predig des verdambten Ertzschelm
hett verkhaufft/ und zu Geld gemacht/ vnd nachmals mit wohl
gestudirten Lugen seinem Herrn vortragen/ daß ihme die Wölff
solche hetten hinweg getragen: Da doch er als der Fuchs daran
schuldig. Diesem Haupt-Dieb hat jener Zimmermann nachge-
folgt/ der wegen grosser Diebstall solte gehenckt werden/ vnd wie
in währender Gefangenschafft seine Freund zu ihm kommen/ vnd
einer gesage: Mein lieber Hannß Peter/ wie kombst du doch
darzu/ vnd kanst ein so gutes Hand-Werck? Deme aber der Dieb
geantwortet/ freylich/ hab ich bißhero ein gutes Handwerck getrie-
ben/ aber da ichs am besten zu treiben verhofft/ will man mirs ver-
treiben.

Vermaledeyt das Hertz Judä. Cor oder das Hertz wird
also genennt a Cura, von Sorgen/ weil nemblich alle Sorgfäl-
tigkeit in ihme verbleibt/ auch liegt es nahe bey der Lungen/ da-
mit wann es im Zorn entzündet wird/ durch die Feuchtigkeit der
Lungen gemässiget werde: So ist es auch wie eine Herrschafft
mitten im Leib/ damit von dannen als von einem Cento die Le-
bens-Geister mögen allen Gliedern gespendiret werden: Das
Hertz ist von der Natur darumben obenher dick und braith/ unten
her aber gespitzt/ formirt worden/ damit selbes auf das obere
und ewige mehrer gedencke/ als auff das untere zergängliche/ aber
das vermaledeyte Hertz Judä war gäntzlich umbkehrt/ zumahlen
in demselben nichts anders residirte als der verdammte Geld-
Geitz.

Judas hatte zwar das Vatter Unser gelehrnt von Christo
dem HErrn diesem seinem Göttlichen Maister/ ob er aber dassel-
be öffters gebett/ zweiffle ich starck/ gewiß ist es wol/ daß er in
seinem Hertzen nicht anderst gebett hat/ als folgender Gestalten:
Vatter vnser/ der du bist im Himmel/ geheiliget werde dein Nam/
zukomme vns dein Reich/ dein Will geschehe/ wie im Himmel/
also auch auff Erden/ gieb vns heunt nicht unser Tägliches
Brod/ nicht vnser Brod/ sonder das Brod meines Nech-
sten; Dann der verruchte Geitz hat sein Hertz also eingenom-

men/

Leich-Predig des verdambten Ertzſchelm
hett verkhaufft/ und zu Geld gemacht/ vnd nachmals mit wohl
geſtudirten Lugen ſeinem Herꝛn vortragen/ daß ihme die Woͤlff
ſolche hetten hinweg getragen: Da doch er als der Fuchs daran
ſchuldig. Dieſem Haupt-Dieb hat jener Zimmermann nachge-
folgt/ der wegen groſſer Diebſtall ſolte gehenckt werden/ vnd wie
in waͤhrender Gefangenſchafft ſeine Freund zu ihm kommen/ vnd
einer geſage: Mein lieber Hannß Peter/ wie kombſt du doch
darzu/ vnd kanſt ein ſo gutes Hand-Werck? Deme aber der Dieb
geantwortet/ freylich/ hab ich bißhero ein gutes Handwerck getrie-
ben/ aber da ichs am beſten zu treiben verhofft/ will man mirs ver-
treiben.

Vermaledeyt das Hertz Judaͤ. Cor oder das Hertz wird
alſo genennt à Cura, von Sorgen/ weil nemblich alle Sorgfaͤl-
tigkeit in ihme verbleibt/ auch liegt es nahe bey der Lungen/ da-
mit wann es im Zorn entzuͤndet wird/ durch die Feuchtigkeit der
Lungen gemaͤſſiget werde: So iſt es auch wie eine Herꝛſchafft
mitten im Leib/ damit von dannen als von einem Cento die Le-
bens-Geiſter moͤgen allen Gliedern geſpendiret werden: Das
Hertz iſt von der Natur darumben obenher dick und braith/ unten
her aber geſpitzt/ formirt worden/ damit ſelbes auf das obere
und ewige mehrer gedencke/ als auff das untere zergaͤngliche/ aber
das vermaledeyte Hertz Judaͤ war gaͤntzlich umbkehrt/ zumahlen
in demſelben nichts anders reſidirte als der verdammte Geld-
Geitz.

Judas hatte zwar das Vatter Unſer gelehrnt von Chriſto
dem HErrn dieſem ſeinem Goͤttlichen Maiſter/ ob er aber daſſel-
be oͤffters gebett/ zweiffle ich ſtarck/ gewiß iſt es wol/ daß er in
ſeinem Hertzen nicht anderſt gebett hat/ als folgender Geſtalten:
Vatter vnſer/ der du biſt im Himmel/ geheiliget werde dein Nam/
zukomme vns dein Reich/ dein Will geſchehe/ wie im Himmel/
alſo auch auff Erden/ gieb vns heunt nicht unſer Taͤgliches
Brod/ nicht vnſer Brod/ ſonder das Brod meines Nech-
ſten; Dann der verruchte Geitz hat ſein Hertz alſo eingenom-

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[564/0576] Leich-Predig des verdambten Ertzſchelm hett verkhaufft/ und zu Geld gemacht/ vnd nachmals mit wohl geſtudirten Lugen ſeinem Herꝛn vortragen/ daß ihme die Woͤlff ſolche hetten hinweg getragen: Da doch er als der Fuchs daran ſchuldig. Dieſem Haupt-Dieb hat jener Zimmermann nachge- folgt/ der wegen groſſer Diebſtall ſolte gehenckt werden/ vnd wie in waͤhrender Gefangenſchafft ſeine Freund zu ihm kommen/ vnd einer geſage: Mein lieber Hannß Peter/ wie kombſt du doch darzu/ vnd kanſt ein ſo gutes Hand-Werck? Deme aber der Dieb geantwortet/ freylich/ hab ich bißhero ein gutes Handwerck getrie- ben/ aber da ichs am beſten zu treiben verhofft/ will man mirs ver- treiben. Vermaledeyt das Hertz Judaͤ. Cor oder das Hertz wird alſo genennt à Cura, von Sorgen/ weil nemblich alle Sorgfaͤl- tigkeit in ihme verbleibt/ auch liegt es nahe bey der Lungen/ da- mit wann es im Zorn entzuͤndet wird/ durch die Feuchtigkeit der Lungen gemaͤſſiget werde: So iſt es auch wie eine Herꝛſchafft mitten im Leib/ damit von dannen als von einem Cento die Le- bens-Geiſter moͤgen allen Gliedern geſpendiret werden: Das Hertz iſt von der Natur darumben obenher dick und braith/ unten her aber geſpitzt/ formirt worden/ damit ſelbes auf das obere und ewige mehrer gedencke/ als auff das untere zergaͤngliche/ aber das vermaledeyte Hertz Judaͤ war gaͤntzlich umbkehrt/ zumahlen in demſelben nichts anders reſidirte als der verdammte Geld- Geitz. Judas hatte zwar das Vatter Unſer gelehrnt von Chriſto dem HErrn dieſem ſeinem Goͤttlichen Maiſter/ ob er aber daſſel- be oͤffters gebett/ zweiffle ich ſtarck/ gewiß iſt es wol/ daß er in ſeinem Hertzen nicht anderſt gebett hat/ als folgender Geſtalten: Vatter vnſer/ der du biſt im Himmel/ geheiliget werde dein Nam/ zukomme vns dein Reich/ dein Will geſchehe/ wie im Himmel/ alſo auch auff Erden/ gieb vns heunt nicht unſer Taͤgliches Brod/ nicht vnſer Brod/ ſonder das Brod meines Nech- ſten; Dann der verruchte Geitz hat ſein Hertz alſo eingenom- men/

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/576>, abgerufen am 28.03.2024.