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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Leich-Predig des verdammten Ertzschelm
Augen immerzu roth/ wie das rothe Fleisch: Zu Rom bey Sanct
Sebastian zeigt man noch einen Stein/ der von den stäten Zä-
heren Petri völlig durchlöchert worden/ er muste allezeit ein Tü-
chel an seinem Arm tragen/ damit er konte die Thränen abwi-
schen/ worvon die Gewonheit herrühret/ daß der Priester in der
H. Meß das Manipul am Arm tragt. Judas hat weit grös-
ser gefehlt und gesündiget als Petrus/ und dannoch nicht einen
einigen Zäher vergossen; O Schelm; Die Niniviter haben
zwar einen liederlichen Wandel geführt/ bey ihnen hat das Fleisch
den Vorgang gehabt/ der Geist muste ein Leibeignen abgeben;
das Fleisch war beym Tisch gesessen/ der Geist/ als ein ungela-
dener Gast/ hinder der Thür; das Fleisch ist auf den Federn ge-
legen/ der Geist auf dem Stroh: Diese saubere Leut haben in
Summa einen unsauberen Wandel geführt/ aber die Predig
S. Ephr.
hom, de
Jona.
Jonae hat dergestalten sie bewegt/ dieser Prophet hat mit seiner
Stimm dergestalten gedonnert/ daß bald hierauf ein grosses Re-
genwetter erfolgt/ zumalen sie dermassen ihre Sünden bereuet/
über dieselbe so häuffige Zäher vergossen/ daß bereits auf der
Gassen ein grosses Koth worden vor lauter Weinen/ nicht an-
derst/ als wäre ein Regen von Himmel gefallen. Judas hat
weit ärger gesündiget/ und gleichwol nicht einen einigen Tropf-
fen vergossen; O Schelm! du bist ein lange Zeit ein Ertzvogel
gewest/ wenigist wärest du ein Enten gewest/ und dich unter das
Wasser der Buß-Thränen verborgen/ so hätt dich der Teuffel
nicht erdappt: Pharao ist in dem Wasser ertruncken und zu
Grund gangen/ deine Sünden und grosse Laster wären eben-
falls zu Grund gangen in dem Wasser der Buß Zäher/ wann du
nur hättest wollen/ aber deine Augen seyn truckner gewest/ als
der Berg Gelboe.

Vermaledeyt die Ohren und das Gehör Judae; Klein/
aber sehr künstlich ist das Gebäu eines Ohrs/ und hat selbiges
einen engen/ und zugleich einen krumpen Eingang ins Haupt/
nit viel ungleich einer Meermuschel oder Schnecken/ in dem Ohr
seynd vier kleine Kämmerl/ und in der andern Kammer oder

Behalt-

Leich-Predig des verdammten Ertzſchelm
Augen immerzu roth/ wie das rothe Fleiſch: Zu Rom bey Sanct
Sebaſtian zeigt man noch einen Stein/ der von den ſtaͤten Zaͤ-
heren Petri voͤllig durchloͤchert worden/ er muſte allezeit ein Tuͤ-
chel an ſeinem Arm tragen/ damit er konte die Thraͤnen abwi-
ſchen/ worvon die Gewonheit herruͤhret/ daß der Prieſter in der
H. Meß das Manipul am Arm tragt. Judas hat weit groͤſ-
ſer gefehlt und geſuͤndiget als Petrus/ und dannoch nicht einen
einigen Zaͤher vergoſſen; O Schelm; Die Niniviter haben
zwar einen liederlichen Wandel gefuͤhrt/ bey ihnen hat das Fleiſch
den Vorgang gehabt/ der Geiſt muſte ein Leibeignen abgeben;
das Fleiſch war beym Tiſch geſeſſen/ der Geiſt/ als ein ungela-
dener Gaſt/ hinder der Thuͤr; das Fleiſch iſt auf den Federn ge-
legen/ der Geiſt auf dem Stroh: Dieſe ſaubere Leut haben in
Summa einen unſauberen Wandel gefuͤhrt/ aber die Predig
S. Ephr.
hom, de
Jona.
Jonæ hat dergeſtalten ſie bewegt/ dieſer Prophet hat mit ſeiner
Stimm dergeſtalten gedonnert/ daß bald hierauf ein groſſes Re-
genwetter erfolgt/ zumalen ſie dermaſſen ihre Suͤnden bereuet/
uͤber dieſelbe ſo haͤuffige Zaͤher vergoſſen/ daß bereits auf der
Gaſſen ein groſſes Koth worden vor lauter Weinen/ nicht an-
derſt/ als waͤre ein Regen von Himmel gefallen. Judas hat
weit aͤrger geſuͤndiget/ und gleichwol nicht einen einigen Tropf-
fen vergoſſen; O Schelm! du biſt ein lange Zeit ein Ertzvogel
geweſt/ wenigiſt waͤreſt du ein Enten geweſt/ und dich unter das
Waſſer der Buß-Thraͤnen verborgen/ ſo haͤtt dich der Teuffel
nicht erdappt: Pharao iſt in dem Waſſer ertruncken und zu
Grund gangen/ deine Suͤnden und groſſe Laſter waͤren eben-
falls zu Grund gangen in dem Waſſer der Buß Zaͤher/ wann du
nur haͤtteſt wollen/ aber deine Augen ſeyn truckner geweſt/ als
der Berg Gelboë.

Vermaledeyt die Ohren und das Gehoͤr Judæ; Klein/
aber ſehr kuͤnſtlich iſt das Gebaͤu eines Ohrs/ und hat ſelbiges
einen engen/ und zugleich einen krumpen Eingang ins Haupt/
nit viel ungleich einer Meermuſchel oder Schnecken/ in dem Ohr
ſeynd vier kleine Kaͤmmerl/ und in der andern Kammer oder

Behalt-
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[548/0560] Leich-Predig des verdammten Ertzſchelm Augen immerzu roth/ wie das rothe Fleiſch: Zu Rom bey Sanct Sebaſtian zeigt man noch einen Stein/ der von den ſtaͤten Zaͤ- heren Petri voͤllig durchloͤchert worden/ er muſte allezeit ein Tuͤ- chel an ſeinem Arm tragen/ damit er konte die Thraͤnen abwi- ſchen/ worvon die Gewonheit herruͤhret/ daß der Prieſter in der H. Meß das Manipul am Arm tragt. Judas hat weit groͤſ- ſer gefehlt und geſuͤndiget als Petrus/ und dannoch nicht einen einigen Zaͤher vergoſſen; O Schelm; Die Niniviter haben zwar einen liederlichen Wandel gefuͤhrt/ bey ihnen hat das Fleiſch den Vorgang gehabt/ der Geiſt muſte ein Leibeignen abgeben; das Fleiſch war beym Tiſch geſeſſen/ der Geiſt/ als ein ungela- dener Gaſt/ hinder der Thuͤr; das Fleiſch iſt auf den Federn ge- legen/ der Geiſt auf dem Stroh: Dieſe ſaubere Leut haben in Summa einen unſauberen Wandel gefuͤhrt/ aber die Predig Jonæ hat dergeſtalten ſie bewegt/ dieſer Prophet hat mit ſeiner Stimm dergeſtalten gedonnert/ daß bald hierauf ein groſſes Re- genwetter erfolgt/ zumalen ſie dermaſſen ihre Suͤnden bereuet/ uͤber dieſelbe ſo haͤuffige Zaͤher vergoſſen/ daß bereits auf der Gaſſen ein groſſes Koth worden vor lauter Weinen/ nicht an- derſt/ als waͤre ein Regen von Himmel gefallen. Judas hat weit aͤrger geſuͤndiget/ und gleichwol nicht einen einigen Tropf- fen vergoſſen; O Schelm! du biſt ein lange Zeit ein Ertzvogel geweſt/ wenigiſt waͤreſt du ein Enten geweſt/ und dich unter das Waſſer der Buß-Thraͤnen verborgen/ ſo haͤtt dich der Teuffel nicht erdappt: Pharao iſt in dem Waſſer ertruncken und zu Grund gangen/ deine Suͤnden und groſſe Laſter waͤren eben- falls zu Grund gangen in dem Waſſer der Buß Zaͤher/ wann du nur haͤtteſt wollen/ aber deine Augen ſeyn truckner geweſt/ als der Berg Gelboë. S. Ephr. hom, de Jona. Vermaledeyt die Ohren und das Gehoͤr Judæ; Klein/ aber ſehr kuͤnſtlich iſt das Gebaͤu eines Ohrs/ und hat ſelbiges einen engen/ und zugleich einen krumpen Eingang ins Haupt/ nit viel ungleich einer Meermuſchel oder Schnecken/ in dem Ohr ſeynd vier kleine Kaͤmmerl/ und in der andern Kammer oder Behalt-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/560>, abgerufen am 27.04.2024.