Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

Wegen seiner grösten Lastern/
auf dem Theatro und Schau-Spiel dieser Welt nicht etwas soll
finden/ welches der mindesten Peyn alldorten möge gleichen? Der
Römische Käyser Diogenes, ist von seinen eigenen Bedienten ge-
fangen worden/ welche ihme nachmals die Augen ausgestochen/
am gantzen Leib verwundt/ daß ihme endlich aus dem offenen und
halb verfaullten Leib die häuffige lebendige Würme heraus gewach-
sen/ und folgsam auf offentlicher Strassen gestorben und verdor-
ben. Das ist zwar viel/ aber gegen den Höllischen Peynen ist es
nur ein lächerliches Kinder-Spiel und Docken-Werck. Haec o-
mnia ludicra sunt, &c.
Nicht vor vielen Jahren ist in Lombar-
dia
ein Edelmann von seinem Feind und Widersacher gefangen/
und lebendig eingemauert worden/ mit einem kleinen Fensterlein/
dardurch ihm neunzehen gantzer Jahr Täglich nicht mehr gereichet
worden/ als ein Stücklein Brods und wenig Wasser. Nach
neunzehen Jahren ist dieser gefunden worden mit gantz verfaulten
Kleydern/ mit einem Bart biß auf die Knie/ die Füß und der un-
tere Theil des Leibs in einen lebendigen Wurmhauffen verwandlet/
und weil das peinliche Orth gar zu nieder/ dessentwegen ist er wie
ein fleischener Ballen zusammen gewachsen/ daß er keinem Men-
schen mehr gleichte. Das ist zwar erschröcklich/ aber gegen den
Peynen der Verdammten nur Schellen und Kinder-Rollen. Haec
omnia ludicra sunt.

Jn Engelland ist solgende Tyraney erdenckt worden. Man
hat den Menschen gantz emblöst/ ihme Händ und Füß gebunden/
nachmals auf den blossen Leib unter einem Barbier-Beck einen Ra-
tzen oder Mauß gelegt/ das Geschier von oben her mit lebendiger
Glut erhitzt worden/ worvon besagtes Thierlein gantz ergrimmt/
und folgsam mit ihren gespitzten Zähnen in den lebendigen Leib hin-
ein getrungen/ alles Jnngeweid erbärmlich durchnaget. Die-
ses ist zwar entsetzlich/ aber gegen den Tormenten der Höllen
lauter Schatten unnd Kinder-Spill. Haec omnia ludicra
funt, &c.

Ein erschröcklicher Sentenz ist gefällt worden über den jeni-

gen

Wegen ſeiner groͤſten Laſtern/
auf dem Theatro und Schau-Spiel dieſer Welt nicht etwas ſoll
finden/ welches der mindeſten Peyn alldorten moͤge gleichen? Der
Roͤmiſche Kaͤyſer Diogenes, iſt von ſeinen eigenen Bedienten ge-
fangen worden/ welche ihme nachmals die Augen ausgeſtochen/
am gantzen Leib verwundt/ daß ihme endlich aus dem offenen und
halb verfaullten Leib die haͤuffige lebendige Wuͤrme heraus gewach-
ſen/ und folgſam auf offentlicher Straſſen geſtorben und verdor-
ben. Das iſt zwar viel/ aber gegen den Hoͤlliſchen Peynen iſt es
nur ein laͤcherliches Kinder-Spiel und Docken-Werck. Hæc o-
mnia ludicra ſunt, &c.
Nicht vor vielen Jahren iſt in Lombar-
dia
ein Edelmann von ſeinem Feind und Widerſacher gefangen/
und lebendig eingemauert worden/ mit einem kleinen Fenſterlein/
dardurch ihm neunzehen gantzer Jahr Taͤglich nicht mehr gereichet
worden/ als ein Stuͤcklein Brods und wenig Waſſer. Nach
neunzehen Jahren iſt dieſer gefunden worden mit gantz verfaulten
Kleydern/ mit einem Bart biß auf die Knie/ die Fuͤß und der un-
tere Theil des Leibs in einen lebendigen Wurmhauffen verwandlet/
und weil das peinliche Orth gar zu nieder/ deſſentwegen iſt er wie
ein fleiſchener Ballen zuſammen gewachſen/ daß er keinem Men-
ſchen mehr gleichte. Das iſt zwar erſchroͤcklich/ aber gegen den
Peynen der Verdammten nur Schellen und Kinder-Rollen. Hæc
omnia ludicra ſunt.

Jn Engelland iſt ſolgende Tyraney erdenckt worden. Man
hat den Menſchen gantz embloͤſt/ ihme Haͤnd und Fuͤß gebunden/
nachmals auf den bloſſen Leib unter einem Barbier-Beck einen Ra-
tzen oder Mauß gelegt/ das Geſchier von oben her mit lebendiger
Glut erhitzt worden/ worvon beſagtes Thierlein gantz ergrimmt/
und folgſam mit ihren geſpitzten Zaͤhnen in den lebendigen Leib hin-
ein getrungen/ alles Jnngeweid erbaͤrmlich durchnaget. Die-
ſes iſt zwar entſetzlich/ aber gegen den Tormenten der Hoͤllen
lauter Schatten unnd Kinder-Spill. Hæc omnia ludicra
funt, &c.

Ein erſchroͤcklicher Sentenz iſt gefaͤllt worden uͤber den jeni-

gen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0536" n="524"/><fw place="top" type="header">Wegen &#x017F;einer gro&#x0364;&#x017F;ten La&#x017F;tern/</fw><lb/>
auf dem <hi rendition="#aq">Theatro</hi> und Schau-Spiel die&#x017F;er Welt nicht etwas &#x017F;oll<lb/>
finden/ welches der minde&#x017F;ten Peyn alldorten mo&#x0364;ge gleichen? Der<lb/>
Ro&#x0364;mi&#x017F;che Ka&#x0364;y&#x017F;er <hi rendition="#aq">Diogenes</hi>, i&#x017F;t von &#x017F;einen eigenen Bedienten ge-<lb/>
fangen worden/ welche ihme nachmals die Augen ausge&#x017F;tochen/<lb/>
am gantzen Leib verwundt/ daß ihme endlich aus dem offenen und<lb/>
halb verfaullten Leib die ha&#x0364;uffige lebendige Wu&#x0364;rme heraus gewach-<lb/>
&#x017F;en/ und folg&#x017F;am auf offentlicher Stra&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;torben und verdor-<lb/>
ben. Das i&#x017F;t zwar viel/ aber gegen den Ho&#x0364;lli&#x017F;chen Peynen i&#x017F;t es<lb/>
nur ein la&#x0364;cherliches Kinder-Spiel und Docken-Werck. <hi rendition="#aq">Hæc o-<lb/>
mnia ludicra &#x017F;unt, &amp;c.</hi> Nicht vor vielen Jahren i&#x017F;t in <hi rendition="#aq">Lombar-<lb/>
dia</hi> ein Edelmann von &#x017F;einem Feind und Wider&#x017F;acher gefangen/<lb/>
und lebendig eingemauert worden/ mit einem kleinen Fen&#x017F;terlein/<lb/>
dardurch ihm neunzehen gantzer Jahr Ta&#x0364;glich nicht mehr gereichet<lb/>
worden/ als ein Stu&#x0364;cklein Brods und wenig Wa&#x017F;&#x017F;er. Nach<lb/>
neunzehen Jahren i&#x017F;t die&#x017F;er gefunden worden mit gantz verfaulten<lb/>
Kleydern/ mit einem Bart biß auf die Knie/ die Fu&#x0364;ß und der un-<lb/>
tere Theil des Leibs in einen lebendigen Wurmhauffen verwandlet/<lb/>
und weil das peinliche Orth gar zu nieder/ de&#x017F;&#x017F;entwegen i&#x017F;t er wie<lb/>
ein flei&#x017F;chener Ballen zu&#x017F;ammen gewach&#x017F;en/ daß er keinem Men-<lb/>
&#x017F;chen mehr gleichte. Das i&#x017F;t zwar er&#x017F;chro&#x0364;cklich/ aber gegen den<lb/>
Peynen der Verdammten nur Schellen und Kinder-Rollen. <hi rendition="#aq">Hæc<lb/>
omnia ludicra &#x017F;unt.</hi></p><lb/>
        <p>Jn Engelland i&#x017F;t &#x017F;olgende Tyraney erdenckt worden. Man<lb/>
hat den Men&#x017F;chen gantz emblo&#x0364;&#x017F;t/ ihme Ha&#x0364;nd und Fu&#x0364;ß gebunden/<lb/>
nachmals auf den blo&#x017F;&#x017F;en Leib unter einem Barbier-Beck einen Ra-<lb/>
tzen oder Mauß gelegt/ das Ge&#x017F;chier von oben her mit lebendiger<lb/>
Glut erhitzt worden/ worvon be&#x017F;agtes Thierlein gantz ergrimmt/<lb/>
und folg&#x017F;am mit ihren ge&#x017F;pitzten Za&#x0364;hnen in den lebendigen Leib hin-<lb/>
ein getrungen/ alles Jnngeweid erba&#x0364;rmlich durchnaget. Die-<lb/>
&#x017F;es i&#x017F;t zwar ent&#x017F;etzlich/ aber gegen den <hi rendition="#aq">Tormenten</hi> der Ho&#x0364;llen<lb/>
lauter Schatten unnd Kinder-Spill. <hi rendition="#aq">Hæc omnia ludicra<lb/>
funt, &amp;c.</hi></p><lb/>
        <p>Ein er&#x017F;chro&#x0364;cklicher <hi rendition="#aq">Sentenz</hi> i&#x017F;t gefa&#x0364;llt worden u&#x0364;ber den jeni-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[524/0536] Wegen ſeiner groͤſten Laſtern/ auf dem Theatro und Schau-Spiel dieſer Welt nicht etwas ſoll finden/ welches der mindeſten Peyn alldorten moͤge gleichen? Der Roͤmiſche Kaͤyſer Diogenes, iſt von ſeinen eigenen Bedienten ge- fangen worden/ welche ihme nachmals die Augen ausgeſtochen/ am gantzen Leib verwundt/ daß ihme endlich aus dem offenen und halb verfaullten Leib die haͤuffige lebendige Wuͤrme heraus gewach- ſen/ und folgſam auf offentlicher Straſſen geſtorben und verdor- ben. Das iſt zwar viel/ aber gegen den Hoͤlliſchen Peynen iſt es nur ein laͤcherliches Kinder-Spiel und Docken-Werck. Hæc o- mnia ludicra ſunt, &c. Nicht vor vielen Jahren iſt in Lombar- dia ein Edelmann von ſeinem Feind und Widerſacher gefangen/ und lebendig eingemauert worden/ mit einem kleinen Fenſterlein/ dardurch ihm neunzehen gantzer Jahr Taͤglich nicht mehr gereichet worden/ als ein Stuͤcklein Brods und wenig Waſſer. Nach neunzehen Jahren iſt dieſer gefunden worden mit gantz verfaulten Kleydern/ mit einem Bart biß auf die Knie/ die Fuͤß und der un- tere Theil des Leibs in einen lebendigen Wurmhauffen verwandlet/ und weil das peinliche Orth gar zu nieder/ deſſentwegen iſt er wie ein fleiſchener Ballen zuſammen gewachſen/ daß er keinem Men- ſchen mehr gleichte. Das iſt zwar erſchroͤcklich/ aber gegen den Peynen der Verdammten nur Schellen und Kinder-Rollen. Hæc omnia ludicra ſunt. Jn Engelland iſt ſolgende Tyraney erdenckt worden. Man hat den Menſchen gantz embloͤſt/ ihme Haͤnd und Fuͤß gebunden/ nachmals auf den bloſſen Leib unter einem Barbier-Beck einen Ra- tzen oder Mauß gelegt/ das Geſchier von oben her mit lebendiger Glut erhitzt worden/ worvon beſagtes Thierlein gantz ergrimmt/ und folgſam mit ihren geſpitzten Zaͤhnen in den lebendigen Leib hin- ein getrungen/ alles Jnngeweid erbaͤrmlich durchnaget. Die- ſes iſt zwar entſetzlich/ aber gegen den Tormenten der Hoͤllen lauter Schatten unnd Kinder-Spill. Hæc omnia ludicra funt, &c. Ein erſchroͤcklicher Sentenz iſt gefaͤllt worden uͤber den jeni- gen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/536
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/536>, abgerufen am 23.04.2024.