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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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sitzt zum allertieffesten in der Höll.
seye; Martinus erkannte bald den Arglist des Teuffels/ machte
weiter nicht viel Reverentz/ ja zeigte ihm noch den Rucken/ und
sagte/ er habe noch nie einen so hoffärtigen Christum gesehen/
sondern derselbe seye ihm mehrmalen erschienen mit dem Creutz/
mit einer dörneren Cron/ etc. solches hat dem Satan also ver-
schmacht/ daß er augenblicklich verschwunden/ aber einen sol-
chen Gestanck hinderlassen/ daß hierdurch der Heil. Martinus
hätte das Leben verlohren/ wofern ihn GOtt nicht hätte wun-
derbarlicher Weis errettet. Jetzt Mensch erachte/ was für
ein Gestanck müsse seyn unter so vielen höllischen Böcken/ dero
Zahl gleichsam unzahlbar scheinet. O unglückseeligister Isca-
rioth
, wie schmeckt dir diß/ deme vorhero die kostbare Salben
der Magdalenae mißfallen?

Rhetorica, was sagst du von der Höll? ich sagt diese in
Beschreibung der höllischen Peyn kan meine Tropos und Figu-
ras
brauchen Metaphora, Synecdoche, Metonymia, Antono-
masia, Onomatopaeia, Catechresis, Metalepsis, Allegoria,
Ironia, Periphrasis, Hyperbaton
, alle dienen mir gar wol zum
Entwurff der ewigen Verdammnuß/ allein das Hyperbole.,
kan ich nicht brauchen. Wie Moyses die Ausspäher in das Ca-
nanaeische Land geschickt/ so seynd sie gar mit einem grossen
Wein-Trauben zuruck kommen/ aber auch mit einer grossen
Lug/ dann einige aus ihnen thäten vorgeben/ daß sie Leut ha-
ben gesehen einer so ungeheuren Grösse von den Kindern Enac,
daß sie gegen ihnen anzusehen wie die Heuschrecken/ Quasi locu-
stae videbamur, &c. Numer. c. 13. Est Hyperbole nimia &
mendax
, sagt Cornelius a Lapide, das ist zu viel geredt/ und
gar über die Schnur gehaut/ aber von der Quaal der Ver-
dammten kan man nicht zu viel reden/ da ist kein Hyperbole.

Der Heilige Chrysostomus nennt alle Peyn unnd Tor-
menten der gantzen Welt nur Kinderspiel und Docken-Werck
gegen den Höllischen. Haec omnia ludicra sunt & risus ad illa
supplicia.
O GOTT! soll es dann nit möglich seyn/ daß ich

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ſitzt zum allertieffeſten in der Hoͤll.
ſeye; Martinus erkannte bald den Argliſt des Teuffels/ machte
weiter nicht viel Reverentz/ ja zeigte ihm noch den Rucken/ und
ſagte/ er habe noch nie einen ſo hoffaͤrtigen Chriſtum geſehen/
ſondern derſelbe ſeye ihm mehrmalen erſchienen mit dem Creutz/
mit einer doͤrneren Cron/ ꝛc. ſolches hat dem Satan alſo ver-
ſchmacht/ daß er augenblicklich verſchwunden/ aber einen ſol-
chen Geſtanck hinderlaſſen/ daß hierdurch der Heil. Martinus
haͤtte das Leben verlohren/ wofern ihn GOtt nicht haͤtte wun-
derbarlicher Weis errettet. Jetzt Menſch erachte/ was fuͤr
ein Geſtanck muͤſſe ſeyn unter ſo vielen hoͤlliſchen Boͤcken/ dero
Zahl gleichſam unzahlbar ſcheinet. O ungluͤckſeeligiſter Iſca-
rioth
, wie ſchmeckt dir diß/ deme vorhero die koſtbare Salben
der Magdalenæ mißfallen?

Rhetorica, was ſagſt du von der Hoͤll? ich ſagt dieſe in
Beſchreibung der hoͤlliſchen Peyn kan meine Tropos und Figu-
ras
brauchen Metaphora, Synecdoche, Metonymia, Antono-
maſia, Onomatopæia, Catechreſis, Metalepſis, Allegoria,
Ironia, Periphraſis, Hyperbaton
, alle dienen mir gar wol zum
Entwurff der ewigen Verdammnuß/ allein das Hyperbole.,
kan ich nicht brauchen. Wie Moyſes die Ausſpaͤher in das Ca-
nanæiſche Land geſchickt/ ſo ſeynd ſie gar mit einem groſſen
Wein-Trauben zuruck kommen/ aber auch mit einer groſſen
Lug/ dann einige aus ihnen thaͤten vorgeben/ daß ſie Leut ha-
ben geſehen einer ſo ungeheuren Groͤſſe von den Kindern Enac,
daß ſie gegen ihnen anzuſehen wie die Heuſchrecken/ Quaſi locu-
ſtæ videbamur, &c. Numer. c. 13. Eſt Hyperbole nimia &
mendax
, ſagt Cornelius à Lapide, das iſt zu viel geredt/ und
gar uͤber die Schnur gehaut/ aber von der Quaal der Ver-
dammten kan man nicht zu viel reden/ da iſt kein Hyperbole.

Der Heilige Chryſoſtomus nennt alle Peyn unnd Tor-
menten der gantzen Welt nur Kinderſpiel und Docken-Werck
gegen den Hoͤlliſchen. Hæc omnia ludicra ſunt & riſus ad illa
ſupplicia.
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[523/0535] ſitzt zum allertieffeſten in der Hoͤll. ſeye; Martinus erkannte bald den Argliſt des Teuffels/ machte weiter nicht viel Reverentz/ ja zeigte ihm noch den Rucken/ und ſagte/ er habe noch nie einen ſo hoffaͤrtigen Chriſtum geſehen/ ſondern derſelbe ſeye ihm mehrmalen erſchienen mit dem Creutz/ mit einer doͤrneren Cron/ ꝛc. ſolches hat dem Satan alſo ver- ſchmacht/ daß er augenblicklich verſchwunden/ aber einen ſol- chen Geſtanck hinderlaſſen/ daß hierdurch der Heil. Martinus haͤtte das Leben verlohren/ wofern ihn GOtt nicht haͤtte wun- derbarlicher Weis errettet. Jetzt Menſch erachte/ was fuͤr ein Geſtanck muͤſſe ſeyn unter ſo vielen hoͤlliſchen Boͤcken/ dero Zahl gleichſam unzahlbar ſcheinet. O ungluͤckſeeligiſter Iſca- rioth, wie ſchmeckt dir diß/ deme vorhero die koſtbare Salben der Magdalenæ mißfallen? Rhetorica, was ſagſt du von der Hoͤll? ich ſagt dieſe in Beſchreibung der hoͤlliſchen Peyn kan meine Tropos und Figu- ras brauchen Metaphora, Synecdoche, Metonymia, Antono- maſia, Onomatopæia, Catechreſis, Metalepſis, Allegoria, Ironia, Periphraſis, Hyperbaton, alle dienen mir gar wol zum Entwurff der ewigen Verdammnuß/ allein das Hyperbole., kan ich nicht brauchen. Wie Moyſes die Ausſpaͤher in das Ca- nanæiſche Land geſchickt/ ſo ſeynd ſie gar mit einem groſſen Wein-Trauben zuruck kommen/ aber auch mit einer groſſen Lug/ dann einige aus ihnen thaͤten vorgeben/ daß ſie Leut ha- ben geſehen einer ſo ungeheuren Groͤſſe von den Kindern Enac, daß ſie gegen ihnen anzuſehen wie die Heuſchrecken/ Quaſi locu- ſtæ videbamur, &c. Numer. c. 13. Eſt Hyperbole nimia & mendax, ſagt Cornelius à Lapide, das iſt zu viel geredt/ und gar uͤber die Schnur gehaut/ aber von der Quaal der Ver- dammten kan man nicht zu viel reden/ da iſt kein Hyperbole. Der Heilige Chryſoſtomus nennt alle Peyn unnd Tor- menten der gantzen Welt nur Kinderſpiel und Docken-Werck gegen den Hoͤlliſchen. Hæc omnia ludicra ſunt & riſus ad illa ſupplicia. O GOTT! ſoll es dann nit moͤglich ſeyn/ daß ich auf U u u 2

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/535>, abgerufen am 26.04.2024.