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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas hat Gott an keinem andern Ort verrathen/
hast du im Garten verlohren? Malchus antwort: er seye einer
aus den ersten gewest/ welcher dem HErrn JEsu gewaltthätige
Händ habe angelegt im Garten/ und da hat sich einer mit Na-
men Petrus/ der Sach angenommen/ von Leder gezogen/
und ihme ein Ohr abgehaut/ etc. So hat Malchus im Garten
ein Ohr verlohren? ja ein Ohr/ und zwar das rechte Ohr; aber
wie viel verlieren im Garten nicht das rechte Ohr/ sondern die
rechte Ehr? wie viel?

Cypreß-Bäumer gibts in Garten/ aber die Cyprische
Göttin Venus ist auch nicht weit; Nuß gibts im Garten/ aber
die Aergernussen bleiben auch nicht aus; Rosen gibts im Gar-
ten/ aber die Rosae mundae stehen auch daselbst; Castaneae wach-
sen im Garten/ aber Castae nicht allezeit; Schatten gibts im
Garten/ aber der Schaden ist offt darbey; Salve gibts im Gar-
ten/ aber gar offt Salva venia, auch etwas anders. Hornaus
gibts im Garten/ aber gar offt etwas/ das fast gleich lautet: Ne-
ster gibts im Garten/ und darumb manglen die schlimmen Vögel
nicht/ im Garten gehet es gar/ gar/ gar seltzam her offt.

Eine ist gewest nicht gar eines niederen Stands/ aber gar
eines minderen Verstands/ umb weil sie nicht hat gewust oder et-
wan nicht hat wollen wissen/ wann die Gelegenheit dem Men-
schen die Schnallen in die Händ gibt/ daß er gar leicht die Thür
aufmache zu allem Ubel/ erstgedachte Person war eine aus den
wolgestalten und von der Natur hüpsch erschaffenen Weibs-Bil-
deren/ aber die schöne Gestalt macht mehrmal ein Schau-Spiel
biß zu letzt daraus wird ein Sau-Spiel/ die schwartzen Augen
auf den weissen Würfflen haben schon öffter ein Unheil verur-
sacht/ an diesem Ketter hat sich auch ein edler Fisch vergafft/ und
sie nach etlichen vorgehenden freundlichen Ansprachen in seinen
Garten eingeladen/ mit Versprechen/ daß sie ein sonderes Be-
gnügen werde haben an den frembden Blumen-Gewächs/ an
den mit allerley Früchten prangenden Bäumern/ an den bu-
schenden und sehr Schattenreichen Spallieren/ etc. ja er hat sich

auch

Judas hat Gott an keinem andern Ort verrathen/
haſt du im Garten verlohren? Malchus antwort: er ſeye einer
aus den erſten geweſt/ welcher dem HErꝛn JEſu gewaltthaͤtige
Haͤnd habe angelegt im Garten/ und da hat ſich einer mit Na-
men Petrus/ der Sach angenommen/ von Leder gezogen/
und ihme ein Ohr abgehaut/ ꝛc. So hat Malchus im Garten
ein Ohr verlohren? ja ein Ohr/ und zwar das rechte Ohr; aber
wie viel verlieren im Garten nicht das rechte Ohr/ ſondern die
rechte Ehr? wie viel?

Cypreß-Baͤumer gibts in Garten/ aber die Cypriſche
Goͤttin Venus iſt auch nicht weit; Nuß gibts im Garten/ aber
die Aergernuſſen bleiben auch nicht aus; Roſen gibts im Gar-
ten/ aber die Roſæ mundæ ſtehen auch daſelbſt; Caſtaneæ wach-
ſen im Garten/ aber Caſtæ nicht allezeit; Schatten gibts im
Garten/ aber der Schaden iſt offt darbey; Salve gibts im Gar-
ten/ aber gar offt Salva venia, auch etwas anders. Hornaus
gibts im Garten/ aber gar offt etwas/ das faſt gleich lautet: Ne-
ſter gibts im Garten/ und darumb manglen die ſchlimmen Voͤgel
nicht/ im Garten gehet es gar/ gar/ gar ſeltzam her offt.

Eine iſt geweſt nicht gar eines niederen Stands/ aber gar
eines minderen Verſtands/ umb weil ſie nicht hat gewuſt oder et-
wan nicht hat wollen wiſſen/ wann die Gelegenheit dem Men-
ſchen die Schnallen in die Haͤnd gibt/ daß er gar leicht die Thuͤr
aufmache zu allem Ubel/ erſtgedachte Perſon war eine aus den
wolgeſtalten und von der Natur huͤpſch erſchaffenen Weibs-Bil-
deren/ aber die ſchoͤne Geſtalt macht mehrmal ein Schau-Spiel
biß zu letzt daraus wird ein Sau-Spiel/ die ſchwartzen Augen
auf den weiſſen Wuͤrfflen haben ſchon oͤffter ein Unheil verur-
ſacht/ an dieſem Ketter hat ſich auch ein edler Fiſch vergafft/ und
ſie nach etlichen vorgehenden freundlichen Anſprachen in ſeinen
Garten eingeladen/ mit Verſprechen/ daß ſie ein ſonderes Be-
gnuͤgen werde haben an den frembden Blumen-Gewaͤchs/ an
den mit allerley Fruͤchten prangenden Baͤumern/ an den bu-
ſchenden und ſehr Schattenreichen Spallieren/ ꝛc. ja er hat ſich

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[424/0436] Judas hat Gott an keinem andern Ort verrathen/ haſt du im Garten verlohren? Malchus antwort: er ſeye einer aus den erſten geweſt/ welcher dem HErꝛn JEſu gewaltthaͤtige Haͤnd habe angelegt im Garten/ und da hat ſich einer mit Na- men Petrus/ der Sach angenommen/ von Leder gezogen/ und ihme ein Ohr abgehaut/ ꝛc. So hat Malchus im Garten ein Ohr verlohren? ja ein Ohr/ und zwar das rechte Ohr; aber wie viel verlieren im Garten nicht das rechte Ohr/ ſondern die rechte Ehr? wie viel? Cypreß-Baͤumer gibts in Garten/ aber die Cypriſche Goͤttin Venus iſt auch nicht weit; Nuß gibts im Garten/ aber die Aergernuſſen bleiben auch nicht aus; Roſen gibts im Gar- ten/ aber die Roſæ mundæ ſtehen auch daſelbſt; Caſtaneæ wach- ſen im Garten/ aber Caſtæ nicht allezeit; Schatten gibts im Garten/ aber der Schaden iſt offt darbey; Salve gibts im Gar- ten/ aber gar offt Salva venia, auch etwas anders. Hornaus gibts im Garten/ aber gar offt etwas/ das faſt gleich lautet: Ne- ſter gibts im Garten/ und darumb manglen die ſchlimmen Voͤgel nicht/ im Garten gehet es gar/ gar/ gar ſeltzam her offt. Eine iſt geweſt nicht gar eines niederen Stands/ aber gar eines minderen Verſtands/ umb weil ſie nicht hat gewuſt oder et- wan nicht hat wollen wiſſen/ wann die Gelegenheit dem Men- ſchen die Schnallen in die Haͤnd gibt/ daß er gar leicht die Thuͤr aufmache zu allem Ubel/ erſtgedachte Perſon war eine aus den wolgeſtalten und von der Natur huͤpſch erſchaffenen Weibs-Bil- deren/ aber die ſchoͤne Geſtalt macht mehrmal ein Schau-Spiel biß zu letzt daraus wird ein Sau-Spiel/ die ſchwartzen Augen auf den weiſſen Wuͤrfflen haben ſchon oͤffter ein Unheil verur- ſacht/ an dieſem Ketter hat ſich auch ein edler Fiſch vergafft/ und ſie nach etlichen vorgehenden freundlichen Anſprachen in ſeinen Garten eingeladen/ mit Verſprechen/ daß ſie ein ſonderes Be- gnuͤgen werde haben an den frembden Blumen-Gewaͤchs/ an den mit allerley Fruͤchten prangenden Baͤumern/ an den bu- ſchenden und ſehr Schattenreichen Spallieren/ ꝛc. ja er hat ſich auch

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/436>, abgerufen am 29.03.2024.