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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas Jscarioth wegen der Leut ihrer Reden
geführt/ endlich von dem Fürsten der Finsternus hinter das Liecht
geführt worden/ als er ihme/ wie ein alter betagter Eremit erschie-
nen und befragt: Wie es ihme gehe? Der gute Wald-Bruder
klagte seine Noth/ daß er aus Mangel einer Uhr nicht wisse/ wie
viel es an der Zeit seye/ und folgsam gar unbequem seine Bettstun-
den thue austheilen; Deme ist leicht zu helffen/ sagte der verma-
scherte Eremit, schaue dir umb einen Gockelhaan/ dieser ist der aller
sicherste Stund-Ausruffer; Solchem Rath ist der einfältige Clauf-
ner nachkommen. Uber eine Zeit kommt der alte Schalck mehrmal
und fragt: Wie es dann jetzt mit ihme stehe? Fast schlechter/ gab er
zur Antwort/ als vorhero; dann der Gockel-Haan bleibt nie zu
Haus/ ist also zu förchten/ der Fuchs möchte mir einmal die Uhr auf-
ziehen. Diesem ist gar leicht zu helffen/ sagt der verhüllte Sathan:
dem Haan ist halt die Weil lang/ du must ihme eine Henne zugesel-
len/ alsdann wird er das ausschlencken schon unterwegen lassen;
Das ist auch geschehen/ der Haan aber hat mit der Henne so viel
junge Hünlein erzeigt/ daß der gute Bruder wegen deß immerwäh-
renden Pi, pi, pi, fast nie kein Ruhe gehabt/ und endlich bey dem Alt-
vatter/ so ihn mehrmalen besucht hatte/ sich dessen nicht ein wenig
beklagt/ worauf der Alte eingerathen/ damit er dem H. Gebet kön-
ne besser und eifferiger obliegen/ so soll er ihme ein Magd bestellen/
die solchen jungen Geflügelwerck abwarte/ welches auch geschehen/
aber es ist nicht lang angestanden/ da ist dem Bruder nicht so viel
das Pi, pi, pi im Sinn gelegen/ als das Pu, Pu Pu, Puella. Er hat
öffters gedenckt auf das Diendel/ als auf die Hünnel/ zu der Uhr
ist ihm der Buchstaben H. gewachsen/ dessen ist aber kein Wunder/
dann die Gelegenheit macht einen Dieb. Dieser so heilige Mann
ist gestolpert/ ist gefallen wegen der Gesellschafft/ und du sollst stäts
der Grammatica seyn/ so da Gener. Foeminini, und nicht an das
Genitivum gedencken? und du sollst in der Gesellschafft der Wei-
ber allezeit Jovialisch seyn/ und dir soll nicht der Dies Veneris
einfallen? und du sollst schon auf dieser Welt die vier Dotes oder

Gaben

Judas Jſcarioth wegen der Leut ihrer Reden
gefuͤhrt/ endlich von dem Fuͤrſten der Finſternus hinter das Liecht
gefuͤhrt worden/ als er ihme/ wie ein alter betagter Eremit erſchie-
nen und befragt: Wie es ihme gehe? Der gute Wald-Bruder
klagte ſeine Noth/ daß er aus Mangel einer Uhr nicht wiſſe/ wie
viel es an der Zeit ſeye/ und folgſam gar unbequem ſeine Bettſtun-
den thue austheilen; Deme iſt leicht zu helffen/ ſagte der verma-
ſcherte Eremit, ſchaue dir umb einen Gockelhaan/ dieſer iſt der aller
ſicherſte Stund-Ausruffer; Solchem Rath iſt der einfaͤltige Clauf-
ner nachkommen. Uber eine Zeit kommt der alte Schalck mehrmal
und fragt: Wie es dann jetzt mit ihme ſtehe? Faſt ſchlechter/ gab er
zur Antwort/ als vorhero; dann der Gockel-Haan bleibt nie zu
Haus/ iſt alſo zu foͤrchtẽ/ der Fuchs moͤchte mir einmal die Uhr auf-
ziehen. Dieſem iſt gar leicht zu helffen/ ſagt der verhuͤllte Sathan:
dem Haan iſt halt die Weil lang/ du muſt ihme eine Henne zugeſel-
len/ alsdann wird er das ausſchlencken ſchon unterwegen laſſen;
Das iſt auch geſchehen/ der Haan aber hat mit der Henne ſo viel
junge Huͤnlein erzeigt/ daß der gute Bruder wegen deß immerwaͤh-
renden Pi, pi, pi, faſt nie kein Ruhe gehabt/ und endlich bey dem Alt-
vatter/ ſo ihn mehrmalen beſucht hatte/ ſich deſſen nicht ein wenig
beklagt/ worauf der Alte eingerathen/ damit er dem H. Gebet koͤn-
ne beſſer und eifferiger obliegen/ ſo ſoll er ihme ein Magd beſtellen/
die ſolchen jungen Gefluͤgelwerck abwarte/ welches auch geſchehen/
aber es iſt nicht lang angeſtanden/ da iſt dem Bruder nicht ſo viel
das Pi, pi, pi im Sinn gelegen/ als das Pu, Pu Pu, Puella. Er hat
oͤffters gedenckt auf das Diendel/ als auf die Huͤnnel/ zu der Uhr
iſt ihm der Buchſtaben H. gewachſen/ deſſen iſt aber kein Wunder/
dann die Gelegenheit macht einen Dieb. Dieſer ſo heilige Mann
iſt geſtolpert/ iſt gefallen wegen der Geſellſchafft/ und du ſollſt ſtaͤts
der Grammatica ſeyn/ ſo da Gener. Fœminini, und nicht an das
Genitivum gedencken? und du ſollſt in der Geſellſchafft der Wei-
ber allezeit Jovialiſch ſeyn/ und dir ſoll nicht der Dies Veneris
einfallen? und du ſollſt ſchon auf dieſer Welt die vier Dotes oder

Gaben
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[414/0426] Judas Jſcarioth wegen der Leut ihrer Reden gefuͤhrt/ endlich von dem Fuͤrſten der Finſternus hinter das Liecht gefuͤhrt worden/ als er ihme/ wie ein alter betagter Eremit erſchie- nen und befragt: Wie es ihme gehe? Der gute Wald-Bruder klagte ſeine Noth/ daß er aus Mangel einer Uhr nicht wiſſe/ wie viel es an der Zeit ſeye/ und folgſam gar unbequem ſeine Bettſtun- den thue austheilen; Deme iſt leicht zu helffen/ ſagte der verma- ſcherte Eremit, ſchaue dir umb einen Gockelhaan/ dieſer iſt der aller ſicherſte Stund-Ausruffer; Solchem Rath iſt der einfaͤltige Clauf- ner nachkommen. Uber eine Zeit kommt der alte Schalck mehrmal und fragt: Wie es dann jetzt mit ihme ſtehe? Faſt ſchlechter/ gab er zur Antwort/ als vorhero; dann der Gockel-Haan bleibt nie zu Haus/ iſt alſo zu foͤrchtẽ/ der Fuchs moͤchte mir einmal die Uhr auf- ziehen. Dieſem iſt gar leicht zu helffen/ ſagt der verhuͤllte Sathan: dem Haan iſt halt die Weil lang/ du muſt ihme eine Henne zugeſel- len/ alsdann wird er das ausſchlencken ſchon unterwegen laſſen; Das iſt auch geſchehen/ der Haan aber hat mit der Henne ſo viel junge Huͤnlein erzeigt/ daß der gute Bruder wegen deß immerwaͤh- renden Pi, pi, pi, faſt nie kein Ruhe gehabt/ und endlich bey dem Alt- vatter/ ſo ihn mehrmalen beſucht hatte/ ſich deſſen nicht ein wenig beklagt/ worauf der Alte eingerathen/ damit er dem H. Gebet koͤn- ne beſſer und eifferiger obliegen/ ſo ſoll er ihme ein Magd beſtellen/ die ſolchen jungen Gefluͤgelwerck abwarte/ welches auch geſchehen/ aber es iſt nicht lang angeſtanden/ da iſt dem Bruder nicht ſo viel das Pi, pi, pi im Sinn gelegen/ als das Pu, Pu Pu, Puella. Er hat oͤffters gedenckt auf das Diendel/ als auf die Huͤnnel/ zu der Uhr iſt ihm der Buchſtaben H. gewachſen/ deſſen iſt aber kein Wunder/ dann die Gelegenheit macht einen Dieb. Dieſer ſo heilige Mann iſt geſtolpert/ iſt gefallen wegen der Geſellſchafft/ und du ſollſt ſtaͤts der Grammatica ſeyn/ ſo da Gener. Fœminini, und nicht an das Genitivum gedencken? und du ſollſt in der Geſellſchafft der Wei- ber allezeit Jovialiſch ſeyn/ und dir ſoll nicht der Dies Veneris einfallen? und du ſollſt ſchon auf dieſer Welt die vier Dotes oder Gaben

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/426>, abgerufen am 26.04.2024.