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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas Jscarioth wegen der Leut ihrer Reden
spissigen Sack angelegt/ auch zu allen Zeiten barfuß gangen/ da
haben die Leuth auch geredt/ etliche so gar haben seinen Wandel
ausgehönt und verlacht/ aber dieser Leut halber hat sich Franciscus
nicht lassen abwendig machen; sein rauches Buß-Kleid hat er we-
gen der Leut Reden nicht ausgezogen/ obschon solches dazumal von
etlichen veracht worden/ so ist es doch der Zeit in so hohem Preiß/
daß auch gecrönte Monarchen sich glückseelig schätzen/ wann sie
nur etliche Faden von dem Kleid deß Seraphischen Vatters in ih-
ren Händen haben. Laß die Leut Leut seyn.

Schändlich und sehr übel stehet es/ wann man in den Kir-
chen und Gottes-Häusern sich ohngebärdig haltet/ und unnü-
tzes Geschwätz verführet: Unser lieber HERR ist einmahl/
als es Kirch-Weyhe war in dem Vor-Hof oder Vorgang deß
Salomonischen Tempels hin und her spatzieren gangen: Ambu-
labat in templo in porticu &c.
konnt wol jemand fragen und sa-
gen: Warumb ist CHRJSTUS nicht in den Tem-
pel hinein gangen/ und daselbst seine Andcht verricht? Aber hö-
re diese Ursach/ der gebenedeyte Heyland hat schon/ vermög sei-
ner Göttlichen Allwissenheit vorgesehen/ daß die Hebräer ihme
werden anreden/ und allerley Geschwätz untereinander machen/
darumb hat er ihrer vor dem Tempel heraus gewart/ dardurch zu
zeigen/ daß man in in den Kirchen und Gottes-Häusern nicht soll
unnützlich schwätzen und plaudern; Freylich stehet es nicht wohl/
wann man in dem Haus GOttes von seiner eignen Haus-Wirth-
schafft reden thut: Ubel stehet es/ wann man in dem Tempel von
sauren Plempel ein Discurs führet: Ungereimt stehet es/ wann
man unter dem GOttes-Dienst/ von Dienstbotten schwätzen
thut: Schändlich stehet es/ wann man an dem Orth/ wo das
schnee-weisse Lamm GOttes aufgeopffert wird/ gar ein Bocks-
Discurs führet/ und buhlerische Reden verbringt: Sündlich
ist es/ wann man von der Taberna redet/ wo GOTT seinen
Tabernacul hat: Verdammlich ist es/ wann man in der Kir-

chen

Judas Jſcarioth wegen der Leut ihrer Reden
ſpiſſigen Sack angelegt/ auch zu allen Zeiten barfuß gangen/ da
haben die Leuth auch geredt/ etliche ſo gar haben ſeinen Wandel
ausgehoͤnt und verlacht/ aber dieſer Leut halber hat ſich Franciſcus
nicht laſſen abwendig machen; ſein rauches Buß-Kleid hat er we-
gen der Leut Reden nicht ausgezogen/ obſchon ſolches dazumal von
etlichen veracht worden/ ſo iſt es doch der Zeit in ſo hohem Preiß/
daß auch gecroͤnte Monarchen ſich gluͤckſeelig ſchaͤtzen/ wann ſie
nur etliche Faden von dem Kleid deß Seraphiſchen Vatters in ih-
ren Haͤnden haben. Laß die Leut Leut ſeyn.

Schaͤndlich und ſehr uͤbel ſtehet es/ wann man in den Kir-
chen und Gottes-Haͤuſern ſich ohngebaͤrdig haltet/ und unnuͤ-
tzes Geſchwaͤtz verfuͤhret: Unſer lieber HERR iſt einmahl/
als es Kirch-Weyhe war in dem Vor-Hof oder Vorgang deß
Salomoniſchen Tempels hin und her ſpatzieren gangen: Ambu-
labat in templo in porticu &c.
konnt wol jemand fragen und ſa-
gen: Warumb iſt CHRJSTUS nicht in den Tem-
pel hinein gangen/ und daſelbſt ſeine Andcht verricht? Aber hoͤ-
re dieſe Urſach/ der gebenedeyte Heyland hat ſchon/ vermoͤg ſei-
ner Goͤttlichen Allwiſſenheit vorgeſehen/ daß die Hebraͤer ihme
werden anreden/ und allerley Geſchwaͤtz untereinander machen/
darumb hat er ihrer vor dem Tempel heraus gewart/ dardurch zu
zeigen/ daß man in in den Kirchen und Gottes-Haͤuſern nicht ſoll
unnuͤtzlich ſchwaͤtzen und plaudern; Freylich ſtehet es nicht wohl/
wann man in dem Haus GOttes von ſeiner eignen Haus-Wirth-
ſchafft reden thut: Ubel ſtehet es/ wann man in dem Tempel von
ſauren Plempel ein Diſcurs fuͤhret: Ungereimt ſtehet es/ wann
man unter dem GOttes-Dienſt/ von Dienſtbotten ſchwaͤtzen
thut: Schaͤndlich ſtehet es/ wann man an dem Orth/ wo das
ſchnee-weiſſe Lamm GOttes aufgeopffert wird/ gar ein Bocks-
Diſcurs fuͤhret/ und buhleriſche Reden verbringt: Suͤndlich
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[386/0398] Judas Jſcarioth wegen der Leut ihrer Reden ſpiſſigen Sack angelegt/ auch zu allen Zeiten barfuß gangen/ da haben die Leuth auch geredt/ etliche ſo gar haben ſeinen Wandel ausgehoͤnt und verlacht/ aber dieſer Leut halber hat ſich Franciſcus nicht laſſen abwendig machen; ſein rauches Buß-Kleid hat er we- gen der Leut Reden nicht ausgezogen/ obſchon ſolches dazumal von etlichen veracht worden/ ſo iſt es doch der Zeit in ſo hohem Preiß/ daß auch gecroͤnte Monarchen ſich gluͤckſeelig ſchaͤtzen/ wann ſie nur etliche Faden von dem Kleid deß Seraphiſchen Vatters in ih- ren Haͤnden haben. Laß die Leut Leut ſeyn. Schaͤndlich und ſehr uͤbel ſtehet es/ wann man in den Kir- chen und Gottes-Haͤuſern ſich ohngebaͤrdig haltet/ und unnuͤ- tzes Geſchwaͤtz verfuͤhret: Unſer lieber HERR iſt einmahl/ als es Kirch-Weyhe war in dem Vor-Hof oder Vorgang deß Salomoniſchen Tempels hin und her ſpatzieren gangen: Ambu- labat in templo in porticu &c. konnt wol jemand fragen und ſa- gen: Warumb iſt CHRJSTUS nicht in den Tem- pel hinein gangen/ und daſelbſt ſeine Andcht verricht? Aber hoͤ- re dieſe Urſach/ der gebenedeyte Heyland hat ſchon/ vermoͤg ſei- ner Goͤttlichen Allwiſſenheit vorgeſehen/ daß die Hebraͤer ihme werden anreden/ und allerley Geſchwaͤtz untereinander machen/ darumb hat er ihrer vor dem Tempel heraus gewart/ dardurch zu zeigen/ daß man in in den Kirchen und Gottes-Haͤuſern nicht ſoll unnuͤtzlich ſchwaͤtzen und plaudern; Freylich ſtehet es nicht wohl/ wann man in dem Haus GOttes von ſeiner eignen Haus-Wirth- ſchafft reden thut: Ubel ſtehet es/ wann man in dem Tempel von ſauren Plempel ein Diſcurs fuͤhret: Ungereimt ſtehet es/ wann man unter dem GOttes-Dienſt/ von Dienſtbotten ſchwaͤtzen thut: Schaͤndlich ſtehet es/ wann man an dem Orth/ wo das ſchnee-weiſſe Lamm GOttes aufgeopffert wird/ gar ein Bocks- Diſcurs fuͤhret/ und buhleriſche Reden verbringt: Suͤndlich iſt es/ wann man von der Taberna redet/ wo GOTT ſeinen Tabernacul hat: Verdammlich iſt es/ wann man in der Kir- chen

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/398>, abgerufen am 23.04.2024.