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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas der verfluchte Gesell
umb ihn seyn/ GOtt hat ihm die Gnad geben/ daß ihm alles so
wol anstehet/ ein überauß lieber Mensch/ ein Galant-Homo;
& sic laudatur peccator, & iniquus benedicitur,
so weit
kombt es schon/ daß man auch der offentlichen Boßheit ein
Tugend-Mandel anmesset.

Wie der Bruder der Heil. Lidvvigus mit Todt abgan-
gen/ und sehr vil Schulden hinderlassen/ auch solche zu bezahlen
den Söhnen unmöglich scheinte/ also hat die Heil. Lidvvig ih-
re von der Frauen Mutter verschaffte kostbare Klaynodien al-
le zu Gelt gemacht/ wormit sie ein grossen Beutel angefüllt/
alle Schuldner bester massen befriediget/ gleichwol hat das
Gelt nit umb ein Pfenning abgenommen/ welches sie veran-
lasset/ daß sie den gedachten Beutel den JEsus-Beutel ge-
Thom.
dekemp.
in vit. c.

20.
nennt hat/ und war ja wunderlich/ in deme sie so häuffig Allmo-
sen unter die Armen außgetheilet/ so ist doch das Gelt nie ge-
mindert worden/ je mehrmahlen unter den Zehlen gewachsen.
Nit gar zu vil JEsus-Beutel find man bey jetziger Welt/ wol
aber zimlich vil Teuffels-Beutel worin zwar das Gelt wach-
set/ aber nit durch Göttliche Miracul/ sondern vilmehr durch
den verdambten Geitz.

Jener Gesell hat sich trefflich wol auff die Partiten ver-
standen bey den Hoff des grossen Königs Nabuchodonosor:
zwar das stehlen bey Hoff haist jetzund prosperiren. Der Kö-
nig hat ernstlich befohlen/ man solle dem Daniel, dem Anonia,
dem Missal, dem Azari, mit Speiß und Tranck von der Köni-
glichen Taffel versehen/ weil aber vermög deß Hebraeischen Ge-
satz/ dergleichen Speiß und Tranck verbotten waren/ also ha-
ben sie ihren Taffeldecker oder Auffwarter ersucht/ er möcht
ihnen nur Arbes und Linsen geben/ sambt einen frischen Trunck
Wasser/ so wolten sie sich darmit schon befridigen/ gar gern/
sagt diser Bediente/ es ist zwar unter Lebens-Straff verbot-
ten/ aber euch zugefallen/ gar gern/ (ey Dieb so lieg/ nit ihnen
sondern deinem aigenen Nutzen zugefallen) hat demnach der arge

Gesell

Judas der verfluchte Geſell
umb ihn ſeyn/ GOtt hat ihm die Gnad geben/ daß ihm alles ſo
wol anſtehet/ ein uͤberauß lieber Menſch/ ein Galant-Homo;
& ſic laudatur peccator, & iniquus benedicitur,
ſo weit
kombt es ſchon/ daß man auch der offentlichen Boßheit ein
Tugend-Mandel anmeſſet.

Wie der Bruder der Heil. Lidvvigus mit Todt abgan-
gen/ und ſehr vil Schulden hinderlaſſen/ auch ſolche zu bezahlen
den Soͤhnen unmoͤglich ſcheinte/ alſo hat die Heil. Lidvvig ih-
re von der Frauen Mutter verſchaffte koſtbare Klaynodien al-
le zu Gelt gemacht/ wormit ſie ein groſſen Beutel angefuͤllt/
alle Schuldner beſter maſſen befriediget/ gleichwol hat das
Gelt nit umb ein Pfenning abgenommen/ welches ſie veran-
laſſet/ daß ſie den gedachten Beutel den JEſus-Beutel ge-
Thom.
dekemp.
in vit. c.

20.
nennt hat/ und war ja wunderlich/ in deme ſie ſo haͤuffig Allmo-
ſen unter die Armen außgetheilet/ ſo iſt doch das Gelt nie ge-
mindert worden/ je mehrmahlen unter den Zehlen gewachſen.
Nit gar zu vil JEſus-Beutel find man bey jetziger Welt/ wol
aber zimlich vıl Teuffels-Beutel worin zwar das Gelt wach-
ſet/ aber nit durch Goͤttliche Miracul/ ſondern vilmehr durch
den verdambten Geitz.

Jener Geſell hat ſich trefflich wol auff die Partiten ver-
ſtanden bey den Hoff des groſſen Koͤnigs Nabuchodonoſor:
zwar das ſtehlen bey Hoff haiſt jetzund proſperiren. Der Koͤ-
nig hat ernſtlich befohlen/ man ſolle dem Daniel, dem Anonia,
dem Miſſal, dem Azari, mit Speiß und Tranck von der Koͤni-
glichen Taffel verſehen/ weil aber vermoͤg deß Hebræiſchẽ Ge-
ſatz/ dergleichen Speiß und Tranck verbotten waren/ alſo ha-
ben ſie ihren Taffeldecker oder Auffwarter erſucht/ er moͤcht
ihnen nur Arbes uñ Linſen geben/ ſambt einen friſchen Trunck
Waſſer/ ſo wolten ſie ſich darmit ſchon befridigen/ gar gern/
ſagt diſer Bediente/ es iſt zwar unter Lebens-Straff verbot-
ten/ aber euch zugefallen/ gar gern/ (ey Dieb ſo lieg/ nit ihnen
ſondern deinem aigenen Nutzẽ zugefallẽ) hat demnach der arge

Geſell
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[356/0368] Judas der verfluchte Geſell umb ihn ſeyn/ GOtt hat ihm die Gnad geben/ daß ihm alles ſo wol anſtehet/ ein uͤberauß lieber Menſch/ ein Galant-Homo; & ſic laudatur peccator, & iniquus benedicitur, ſo weit kombt es ſchon/ daß man auch der offentlichen Boßheit ein Tugend-Mandel anmeſſet. Wie der Bruder der Heil. Lidvvigus mit Todt abgan- gen/ und ſehr vil Schulden hinderlaſſen/ auch ſolche zu bezahlen den Soͤhnen unmoͤglich ſcheinte/ alſo hat die Heil. Lidvvig ih- re von der Frauen Mutter verſchaffte koſtbare Klaynodien al- le zu Gelt gemacht/ wormit ſie ein groſſen Beutel angefuͤllt/ alle Schuldner beſter maſſen befriediget/ gleichwol hat das Gelt nit umb ein Pfenning abgenommen/ welches ſie veran- laſſet/ daß ſie den gedachten Beutel den JEſus-Beutel ge- nennt hat/ und war ja wunderlich/ in deme ſie ſo haͤuffig Allmo- ſen unter die Armen außgetheilet/ ſo iſt doch das Gelt nie ge- mindert worden/ je mehrmahlen unter den Zehlen gewachſen. Nit gar zu vil JEſus-Beutel find man bey jetziger Welt/ wol aber zimlich vıl Teuffels-Beutel worin zwar das Gelt wach- ſet/ aber nit durch Goͤttliche Miracul/ ſondern vilmehr durch den verdambten Geitz. Thom. dekemp. in vit. c. 20. Jener Geſell hat ſich trefflich wol auff die Partiten ver- ſtanden bey den Hoff des groſſen Koͤnigs Nabuchodonoſor: zwar das ſtehlen bey Hoff haiſt jetzund proſperiren. Der Koͤ- nig hat ernſtlich befohlen/ man ſolle dem Daniel, dem Anonia, dem Miſſal, dem Azari, mit Speiß und Tranck von der Koͤni- glichen Taffel verſehen/ weil aber vermoͤg deß Hebræiſchẽ Ge- ſatz/ dergleichen Speiß und Tranck verbotten waren/ alſo ha- ben ſie ihren Taffeldecker oder Auffwarter erſucht/ er moͤcht ihnen nur Arbes uñ Linſen geben/ ſambt einen friſchen Trunck Waſſer/ ſo wolten ſie ſich darmit ſchon befridigen/ gar gern/ ſagt diſer Bediente/ es iſt zwar unter Lebens-Straff verbot- ten/ aber euch zugefallen/ gar gern/ (ey Dieb ſo lieg/ nit ihnen ſondern deinem aigenen Nutzẽ zugefallẽ) hat demnach der arge Geſell

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/368>, abgerufen am 28.03.2024.