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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas stihlt das Gelt aus der Cassa
In act. SS.
Febr. to.
1. Boll.
andern Kirchfährten dem Heil. Venantio ein schönes/ wolge-
arbeites Schaaf-Fell zu opffern; aber als sie solches wolt auff
den Altar legen/ da ist Augenblicklich alle Woll verschwunden/
und das Fell einem kahlen Pergament gleich gesehen: worüber
sie offentlich bekennt/ daß sie solches Lämbl/ worvon das Fell
gewesen/ entfrembt hette.

Ein gestohlne Woll verschwindet/ das mercke ein jeder.
Ein mancher schart und spart vil Gut und Gelt zusammen/
welches er dem Nechsten durch allerley ungerechte Griffel ab-
getragen/ und glaubt/ es werde sein Weib und Kinder hiervon
wol stehen/ wol leben/ sich wol erhalten: aber ich versichere
ihn/ daß dises Wol/ wie die obige Wol unverhofft verschwin-
de; dann ein ungerechtes Gut pflegt durchzugehen/ wie der
Maul-Esel deß Absolons. Das Wörtl Maussen hat zweyer-
ley Außdeutung. Maussen haist so vil als stehlen/ so will auch
Maussen so vil sagen/ als die Federn verlihren/ und gleichsam
bloß werden/ wie man ins Gemein zu reden pfleget/ die Hen-
nen maust/ der Vogel maust/ etc. Wer auff die erste Weiß mau-
sen thut/ und ungerechtes Gutan sich bringt/ der ist schon ver-
gewist/ daß er auch ebenfalls auff die andere Weiß mausen
muß/ wo nicht er/ wenigst seine Erben/ so da wunderbarlicher
Weiß umb das Jhrige kommen/ und letzlich so gar entblöst wer-
den/ daß sie mit der Zeit kaum ein Fetzen anzulegen haben. Wir
sehen öffter/ wir erfahrens täglich/ wir hören so vilmahl/ was
Güter und Haabschschaften gleichsam Augenbliklichverschwin-
den/ wie die Glori auff den Berg Thabor, dessen aber kein an-
dere Ursach/ als weil frembdes Gut darbey. Wer nun unge-
rechtes Gut und Reichthumb seinem Weib und Kindern hin-
terlasset/ der gibt ihnen nichts als ein Vatter/ sondern nimbt
ihnen als ein Tyrann und Rauber; dann hierdurch gerathen
sie in die gröste Noth/ und mainstens gar am Bettel Stab;
weil ein ungerechter Pfenning auch einen gerechten Groschen
frist und verzehrt. Gesetzt aber (welches doch selten geschicht)

daß

Judas ſtihlt das Gelt aus der Caſſa
In act. SS.
Febr. to.
1. Boll.
andern Kirchfaͤhrten dem Heil. Venantio ein ſchoͤnes/ wolge-
arbeites Schaaf-Fell zu opffern; aber als ſie ſolches wolt auff
den Altar legen/ da iſt Augenblicklich alle Woll verſchwunden/
und das Fell einem kahlen Pergament gleich geſehen: woruͤber
ſie offentlich bekennt/ daß ſie ſolches Laͤmbl/ worvon das Fell
geweſen/ entfrembt hette.

Ein geſtohlne Woll verſchwindet/ das mercke ein jeder.
Ein mancher ſchart und ſpart vil Gut und Gelt zuſammen/
welches er dem Nechſten durch allerley ungerechte Griffel ab-
getragen/ und glaubt/ es werde ſein Weib und Kinder hiervon
wol ſtehen/ wol leben/ ſich wol erhalten: aber ich verſichere
ihn/ daß diſes Wol/ wie die obige Wol unverhofft verſchwin-
de; dann ein ungerechtes Gut pflegt durchzugehen/ wie der
Maul-Eſel deß Abſolons. Das Woͤrtl Mauſſen hat zweyer-
ley Außdeutung. Mauſſen haiſt ſo vil als ſtehlen/ ſo will auch
Mauſſen ſo vil ſagen/ als die Federn verlihren/ und gleichſam
bloß werden/ wie man ins Gemein zu reden pfleget/ die Hen-
nen mauſt/ der Vogel mauſt/ ꝛc. Wer auff die erſte Weiß mau-
ſen thut/ und ungerechtes Gutan ſich bringt/ der iſt ſchon ver-
gewiſt/ daß er auch ebenfalls auff die andere Weiß mauſen
muß/ wo nicht er/ wenigſt ſeine Erben/ ſo da wunderbarlicher
Weiß umb das Jhrige kom̃en/ und letzlich ſo gar entbloͤſt wer-
den/ daß ſie mit der Zeit kaum ein Fetzen anzulegen haben. Wir
ſehen oͤffter/ wir erfahrens taͤglich/ wir hoͤren ſo vilmahl/ was
Guͤter uñ Haabſchſchaften gleichſam Augenbliklichverſchwin-
den/ wie die Glori auff den Berg Thabor, deſſen aber kein an-
dere Urſach/ als weil frembdes Gut darbey. Wer nun unge-
rechtes Gut und Reichthumb ſeinem Weib und Kindern hin-
terlaſſet/ der gibt ihnen nichts als ein Vatter/ ſondern nimbt
ihnen als ein Tyrann und Rauber; dann hierdurch gerathen
ſie in die groͤſte Noth/ und mainſtens gar am Bettel Stab;
weil ein ungerechter Pfenning auch einen gerechten Groſchen
friſt und verzehrt. Geſetzt aber (welches doch ſelten geſchicht)

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[282/0294] Judas ſtihlt das Gelt aus der Caſſa andern Kirchfaͤhrten dem Heil. Venantio ein ſchoͤnes/ wolge- arbeites Schaaf-Fell zu opffern; aber als ſie ſolches wolt auff den Altar legen/ da iſt Augenblicklich alle Woll verſchwunden/ und das Fell einem kahlen Pergament gleich geſehen: woruͤber ſie offentlich bekennt/ daß ſie ſolches Laͤmbl/ worvon das Fell geweſen/ entfrembt hette. In act. SS. Febr. to. 1. Boll. Ein geſtohlne Woll verſchwindet/ das mercke ein jeder. Ein mancher ſchart und ſpart vil Gut und Gelt zuſammen/ welches er dem Nechſten durch allerley ungerechte Griffel ab- getragen/ und glaubt/ es werde ſein Weib und Kinder hiervon wol ſtehen/ wol leben/ ſich wol erhalten: aber ich verſichere ihn/ daß diſes Wol/ wie die obige Wol unverhofft verſchwin- de; dann ein ungerechtes Gut pflegt durchzugehen/ wie der Maul-Eſel deß Abſolons. Das Woͤrtl Mauſſen hat zweyer- ley Außdeutung. Mauſſen haiſt ſo vil als ſtehlen/ ſo will auch Mauſſen ſo vil ſagen/ als die Federn verlihren/ und gleichſam bloß werden/ wie man ins Gemein zu reden pfleget/ die Hen- nen mauſt/ der Vogel mauſt/ ꝛc. Wer auff die erſte Weiß mau- ſen thut/ und ungerechtes Gutan ſich bringt/ der iſt ſchon ver- gewiſt/ daß er auch ebenfalls auff die andere Weiß mauſen muß/ wo nicht er/ wenigſt ſeine Erben/ ſo da wunderbarlicher Weiß umb das Jhrige kom̃en/ und letzlich ſo gar entbloͤſt wer- den/ daß ſie mit der Zeit kaum ein Fetzen anzulegen haben. Wir ſehen oͤffter/ wir erfahrens taͤglich/ wir hoͤren ſo vilmahl/ was Guͤter uñ Haabſchſchaften gleichſam Augenbliklichverſchwin- den/ wie die Glori auff den Berg Thabor, deſſen aber kein an- dere Urſach/ als weil frembdes Gut darbey. Wer nun unge- rechtes Gut und Reichthumb ſeinem Weib und Kindern hin- terlaſſet/ der gibt ihnen nichts als ein Vatter/ ſondern nimbt ihnen als ein Tyrann und Rauber; dann hierdurch gerathen ſie in die groͤſte Noth/ und mainſtens gar am Bettel Stab; weil ein ungerechter Pfenning auch einen gerechten Groſchen friſt und verzehrt. Geſetzt aber (welches doch ſelten geſchicht) daß

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/294>, abgerufen am 25.04.2024.