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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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hat nichts verschweigen können.
verlangt schändlich entdeckt worden. Es geschicht wol öffter/
daß der Wein die schon lang verborgne Sachen entblöst.| Wann
die Muschlen und Austern ein Hitz vermercken/ so sperren sie
gleich das Maul auf: Wann der Mensch von dem übrigen
Wein-Trincken erhitzt wird/ da stehet Hertz und Mund offen.
Wann der Wein in dem Faß anfangt zu arbeiten und girren/ da
muß alles/ was auch zu unterst am Boden/ zum Spundloch hin-
aus; wann der Wein in dem Menschen anfangt zu würcken/ da
treibt er alle Secreta und geheimbde Sachen zum Maul hinaus;
wann das Mühl-Rad nit naß hat/ so stehet es still/ wanns aber
starck drauf rinnt/ so fangts an zu gehen/ und macht ein grosses
klappern. So lang der Mensch nüchtern ist/ so rühret sich die
Zung wenig/ wann man aber wacker Wein drauf giest/ so steht
sie nit still/ und schweigt nit still/ klappert so lang/ biß alle Ge-
heimbnus heraus gebeutlet seyn; dahero kein bessere Folter/ als
der Wein/ wordurch die Leut ohne sondere Mühe zu aller Be-
kantnus gebracht werden. Es kratzt wol öffter frühe Morgens
einer hinter den Ohren/ umb weil er deß Tags zuvor beym Gläßl
Wein zuviel geredt hat.

Vor diesem in alten Testament muste aus Befelch GOttes
Arca die Archen deß Bunds mit sehr viel Vorhängen im Taber-
nackl verdeckt seyn/ damit sie nit ein jeder kundte sehen. Bey der
Zelten solten von Rechts wegen Arcana wie Arca auch bedeckt
und verhüllt seyn: aber der Wein ist so vermessen und ohnver-
schambt/ daß er auch 100. Vorhäng thut hinweg reissen. Sam-
son
hat in der Stadt Gaza die Porten hinweg tragen/ daß al-
so die Stadt offen gestanden/ der Wein ist nicht umb ein Haar
schwächer/ dann er nur gar zu offt die Thür von Hertzen und
Maul hinweg nimmt/ und folgsam beyde nit ohne grossen Scha-
den offen stehen. Schweigen ist ein Kunst/ und diese sollen forde-
rist auch lernen die Religiosen und Ordens-Persohnen. Ein
Closter soll beschaffen seyn wie ein Bienen-Korb/ worinn diese klei-
ne Hönig-Vögerl immerzu in der Arbeit begriffen seyn/ und in

solche
Pars IV. C

hat nichts verſchweigen koͤnnen.
verlangt ſchaͤndlich entdeckt worden. Es geſchicht wol oͤffter/
daß der Wein die ſchon lang verborgne Sachen entbloͤſt.| Wann
die Muſchlen und Auſtern ein Hitz vermercken/ ſo ſperren ſie
gleich das Maul auf: Wann der Menſch von dem uͤbrigen
Wein-Trincken erhitzt wird/ da ſtehet Hertz und Mund offen.
Wann der Wein in dem Faß anfangt zu arbeiten und girren/ da
muß alles/ was auch zu unterſt am Boden/ zum Spundloch hin-
aus; wann der Wein in dem Menſchen anfangt zu wuͤrcken/ da
treibt er alle Secreta und geheimbde Sachen zum Maul hinaus;
wann das Muͤhl-Rad nit naß hat/ ſo ſtehet es ſtill/ wanns aber
ſtarck drauf rinnt/ ſo fangts an zu gehen/ und macht ein groſſes
klappern. So lang der Menſch nuͤchtern iſt/ ſo ruͤhret ſich die
Zung wenig/ wann man aber wacker Wein drauf gieſt/ ſo ſteht
ſie nit ſtill/ und ſchweigt nit ſtill/ klappert ſo lang/ biß alle Ge-
heimbnus heraus gebeutlet ſeyn; dahero kein beſſere Folter/ als
der Wein/ wordurch die Leut ohne ſondere Muͤhe zu aller Be-
kantnus gebracht werden. Es kratzt wol oͤffter fruͤhe Morgens
einer hinter den Ohren/ umb weil er deß Tags zuvor beym Glaͤßl
Wein zuviel geredt hat.

Vor dieſem in alten Teſtament muſte aus Befelch GOttes
Arca die Archen deß Bunds mit ſehr viel Vorhaͤngen im Taber-
nackl verdeckt ſeyn/ damit ſie nit ein jeder kundte ſehen. Bey der
Zelten ſolten von Rechts wegen Arcana wie Arca auch bedeckt
und verhuͤllt ſeyn: aber der Wein iſt ſo vermeſſen und ohnver-
ſchambt/ daß er auch 100. Vorhaͤng thut hinweg reiſſen. Sam-
ſon
hat in der Stadt Gaza die Porten hinweg tragen/ daß al-
ſo die Stadt offen geſtanden/ der Wein iſt nicht umb ein Haar
ſchwaͤcher/ dann er nur gar zu offt die Thuͤr von Hertzen und
Maul hinweg nimmt/ und folgſam beyde nit ohne groſſen Scha-
den offen ſtehen. Schweigen iſt ein Kunſt/ und dieſe ſollen forde-
riſt auch lernen die Religioſen und Ordens-Perſohnen. Ein
Cloſter ſoll beſchaffen ſeyn wie ein Bienen-Korb/ worinn dieſe klei-
ne Hoͤnig-Voͤgerl immerzu in der Arbeit begriffen ſeyn/ und in

ſolche
Pars IV. C
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[17/0029] hat nichts verſchweigen koͤnnen. verlangt ſchaͤndlich entdeckt worden. Es geſchicht wol oͤffter/ daß der Wein die ſchon lang verborgne Sachen entbloͤſt.| Wann die Muſchlen und Auſtern ein Hitz vermercken/ ſo ſperren ſie gleich das Maul auf: Wann der Menſch von dem uͤbrigen Wein-Trincken erhitzt wird/ da ſtehet Hertz und Mund offen. Wann der Wein in dem Faß anfangt zu arbeiten und girren/ da muß alles/ was auch zu unterſt am Boden/ zum Spundloch hin- aus; wann der Wein in dem Menſchen anfangt zu wuͤrcken/ da treibt er alle Secreta und geheimbde Sachen zum Maul hinaus; wann das Muͤhl-Rad nit naß hat/ ſo ſtehet es ſtill/ wanns aber ſtarck drauf rinnt/ ſo fangts an zu gehen/ und macht ein groſſes klappern. So lang der Menſch nuͤchtern iſt/ ſo ruͤhret ſich die Zung wenig/ wann man aber wacker Wein drauf gieſt/ ſo ſteht ſie nit ſtill/ und ſchweigt nit ſtill/ klappert ſo lang/ biß alle Ge- heimbnus heraus gebeutlet ſeyn; dahero kein beſſere Folter/ als der Wein/ wordurch die Leut ohne ſondere Muͤhe zu aller Be- kantnus gebracht werden. Es kratzt wol oͤffter fruͤhe Morgens einer hinter den Ohren/ umb weil er deß Tags zuvor beym Glaͤßl Wein zuviel geredt hat. Vor dieſem in alten Teſtament muſte aus Befelch GOttes Arca die Archen deß Bunds mit ſehr viel Vorhaͤngen im Taber- nackl verdeckt ſeyn/ damit ſie nit ein jeder kundte ſehen. Bey der Zelten ſolten von Rechts wegen Arcana wie Arca auch bedeckt und verhuͤllt ſeyn: aber der Wein iſt ſo vermeſſen und ohnver- ſchambt/ daß er auch 100. Vorhaͤng thut hinweg reiſſen. Sam- ſon hat in der Stadt Gaza die Porten hinweg tragen/ daß al- ſo die Stadt offen geſtanden/ der Wein iſt nicht umb ein Haar ſchwaͤcher/ dann er nur gar zu offt die Thuͤr von Hertzen und Maul hinweg nimmt/ und folgſam beyde nit ohne groſſen Scha- den offen ſtehen. Schweigen iſt ein Kunſt/ und dieſe ſollen forde- riſt auch lernen die Religioſen und Ordens-Perſohnen. Ein Cloſter ſoll beſchaffen ſeyn wie ein Bienen-Korb/ worinn dieſe klei- ne Hoͤnig-Voͤgerl immerzu in der Arbeit begriffen ſeyn/ und in ſolche Pars IV. C

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/29>, abgerufen am 24.11.2024.