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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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gelangt durch einhellige Wahl der H. Matthias.
warumb er aber mit solcher Mühe und Sorgfältigkeit solche
Würde gesucht habe? ist weitir die Frag gewesen/ darauf er ge-
antwortet/ daß er nit gewust habe/ daß solches Ampt so schwer
Last auf sich habe: ich/ sagt er/ bin der Meinung gewest/ es gehö-
re nichts mehrers darzu/ als gut Essen und Trincken/ etc.

Jch bin ebenfalls der Meynung/ daß zu einer Geistlichen
Würde nichts weiters erfordert werde/ als Essen und Trincken/
Essen/ und zwar ein zimliche Portion. Der Jonas/ diser unge-
horsame Prophet/ war eim Wallfisch ein zimlicher Procken/ aber
ein solche Obrigkeit/ muß noch grösere schlücken/ wann er dem
Ampt doch will recht und unsträfflich vorstehen: deß Trinckens
hat er den Uberfluß/ und muß er immerzu Bescheid thun aus dem
Kelch/ welchen Christus der HErr denen zweyen Zebedäischen
Söhnen Joanni und Jacobo/ als sie/ mittels ihrer Mutter/ um
ein Ampt supplicirt; es war aber ein Kelch deß Leydens. Ab-
sonderlich aber sollen alle diejenige/ so in der gleichen Obrig-
keit-Stellen sitzen (hat wollen sagen/ schwitzen) neben andern
guten Bißlein den Fenickel/ Foeniculum auf Lateinisch; zu-
mahlen die Medici und Artzney Erfahrne vorgeben/ daß nichts
bessers und heilsamers vor die Augen seye/ als der Fenickel/ wel-
cher das Gesicht über alle massen klar und scharpff macht.
Wer soll und muß dann bessere Augen haben/ als die Obrigkei-
ten/ welche zu allen Zeiten müssen offenstehen/ und wann sie die
wenigste Mängel der ihrigen mit Fleiß oder auch Saumseelig-
keit übersehen/ so müssen sie derenthalben Rechenschafft ge-
ben am jüngsten Tag.

Jener Mörder/ so begangener Missethaten halber auf der
Seiten Christi an das Creutz gehefft worden/ hat ihme selbst nit
getrauet seelig zu werden/ wann er soll seinem Mit-Cammera-
den etwas unrechts übersehen; dahero wie selbiger Bößwicht/
verstehe den lincken Schächer/ Gottslästerliche Wort geredet/
da hat er/ nemblich der Dißmas/ ihme derenthalben einen

Ver-

gelangt durch einhellige Wahl der H. Matthias.
warumb er aber mit ſolcher Muͤhe und Sorgfaͤltigkeit ſolche
Wuͤrde geſucht habe? iſt weitir die Frag geweſen/ darauf er ge-
antwortet/ daß er nit gewuſt habe/ daß ſolches Ampt ſo ſchwer
Laſt auf ſich habe: ich/ ſagt er/ bin der Meinung geweſt/ es gehoͤ-
re nichts mehrers darzu/ als gut Eſſen und Trincken/ ꝛc.

Jch bin ebenfalls der Meynung/ daß zu einer Geiſtlichen
Wuͤrde nichts weiters erfordert werde/ als Eſſen und Trinckẽ/
Eſſen/ und zwar ein zimliche Portion. Der Jonas/ diſer unge-
horſame Prophet/ war eim Wallfiſch ein zimlicher Pꝛockẽ/ aber
ein ſolche Obrigkeit/ muß noch groͤſere ſchluͤcken/ wann er dem
Ampt doch will recht und unſtraͤfflich vorſtehẽ: deß Trinckens
hat er den Uberfluß/ und muß er im̃erzu Beſcheid thun aus dem
Kelch/ welchen Chriſtus der HErꝛ denen zweyen Zebedaͤiſchen
Soͤhnen Joañi und Jacobo/ als ſie/ mittels ihrer Mutter/ um
ein Ampt ſupplicirt; es war aber ein Kelch deß Leydens. Ab-
ſonderlich aber ſollen alle diejenige/ ſo in der gleichen Obrig-
keit-Stellen ſitzen (hat wollen ſagen/ ſchwitzen) neben andern
guten Bißlein den Fenickel/ Fœniculum auf Lateiniſch; zu-
mahlen die Medici und Artzney Erfahrne vorgeben/ daß nichts
beſſeꝛs und heilſamers vor die Augen ſeye/ als der Fenickel/ wel-
cher das Geſicht uͤber alle maſſen klar und ſcharpff macht.
Wer ſoll und muß dann beſſere Augen haben/ als die Obrigkei-
ten/ welche zu allen Zeiten muͤſſen offenſtehen/ und wann ſie die
wenigſte Maͤngel der ihrigen mit Fleiß oder auch Saumſeelig-
keit uͤberſehen/ ſo muͤſſen ſie derenthalben Rechenſchafft ge-
ben am juͤngſten Tag.

Jener Moͤrder/ ſo begangener Miſſethaten halber auf der
Seiten Chriſti an das Creutz gehefft wordẽ/ hat ihme ſelbſt nit
getrauet ſeelig zu werden/ wann er ſoll ſeinem Mit-Cammera-
den etwas unrechts uͤberſehen; dahero wie ſelbıger Boͤßwicht/
verſtehe den lincken Schaͤcher/ Gottslaͤſterliche Wort geredet/
da hat er/ nemblich der Dißmas/ ihme derenthalben einen

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[247/0259] gelangt durch einhellige Wahl der H. Matthias. warumb er aber mit ſolcher Muͤhe und Sorgfaͤltigkeit ſolche Wuͤrde geſucht habe? iſt weitir die Frag geweſen/ darauf er ge- antwortet/ daß er nit gewuſt habe/ daß ſolches Ampt ſo ſchwer Laſt auf ſich habe: ich/ ſagt er/ bin der Meinung geweſt/ es gehoͤ- re nichts mehrers darzu/ als gut Eſſen und Trincken/ ꝛc. Jch bin ebenfalls der Meynung/ daß zu einer Geiſtlichen Wuͤrde nichts weiters erfordert werde/ als Eſſen und Trinckẽ/ Eſſen/ und zwar ein zimliche Portion. Der Jonas/ diſer unge- horſame Prophet/ war eim Wallfiſch ein zimlicher Pꝛockẽ/ aber ein ſolche Obrigkeit/ muß noch groͤſere ſchluͤcken/ wann er dem Ampt doch will recht und unſtraͤfflich vorſtehẽ: deß Trinckens hat er den Uberfluß/ und muß er im̃erzu Beſcheid thun aus dem Kelch/ welchen Chriſtus der HErꝛ denen zweyen Zebedaͤiſchen Soͤhnen Joañi und Jacobo/ als ſie/ mittels ihrer Mutter/ um ein Ampt ſupplicirt; es war aber ein Kelch deß Leydens. Ab- ſonderlich aber ſollen alle diejenige/ ſo in der gleichen Obrig- keit-Stellen ſitzen (hat wollen ſagen/ ſchwitzen) neben andern guten Bißlein den Fenickel/ Fœniculum auf Lateiniſch; zu- mahlen die Medici und Artzney Erfahrne vorgeben/ daß nichts beſſeꝛs und heilſamers vor die Augen ſeye/ als der Fenickel/ wel- cher das Geſicht uͤber alle maſſen klar und ſcharpff macht. Wer ſoll und muß dann beſſere Augen haben/ als die Obrigkei- ten/ welche zu allen Zeiten muͤſſen offenſtehen/ und wann ſie die wenigſte Maͤngel der ihrigen mit Fleiß oder auch Saumſeelig- keit uͤberſehen/ ſo muͤſſen ſie derenthalben Rechenſchafft ge- ben am juͤngſten Tag. Jener Moͤrder/ ſo begangener Miſſethaten halber auf der Seiten Chriſti an das Creutz gehefft wordẽ/ hat ihme ſelbſt nit getrauet ſeelig zu werden/ wann er ſoll ſeinem Mit-Cammera- den etwas unrechts uͤberſehen; dahero wie ſelbıger Boͤßwicht/ verſtehe den lincken Schaͤcher/ Gottslaͤſterliche Wort geredet/ da hat er/ nemblich der Dißmas/ ihme derenthalben einen Ver-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/259>, abgerufen am 29.03.2024.