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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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hat sich mit Gedancken versündiget.
Bedienten/ und anbey einen üblen Gedancken gehabt/ worzu
der Will sich nit geweigert/ ob schon die That darauf nit erfol-
get/ unangesehen das Gewissen mehrmahl sie dessenthalben er-
mahnt/ so hat sie gleichwohl aus Geschämigkeit solchen gehab-
ten Gedancken nie in der Beicht entdeckt/ auch in disem Stand
das Leben geendet/ und mit sonderm Gepräng als ein heilig-
mässige Wittib in die Kirchen begraben worden. Bald nach
ihrem zeitlichen Hintritt hat gedachter Bischoff bey nächtlicher
Weil das Grab diser seiner Bekandten sehen über und über brin-
nen/ ja das Weibsbild selbst buf einem glühenden Rost/ worun-Iter Pa-
rad. Pau-
liniSerm
11. dePoe
nit.

ter die böse Feind gantz häuffig die Kohlen geschirt. Uber sol-
ches kunte sich der gute und fromme Mann nicht gnug verwun-
dern/ deme ihr so tugendsamer geführter Wandel gar zu wohl
bekandt war; es liessen sich aber diese unglückseelige Seel bald
vernehmen/ wie daß sie nur bloß in einem unzüchtigen Gedan-
cken hätte eingewilliget/ solchen aber nit gebeicht/ und seye sie
derenthalben ewig verdammt. Gehe hin und lasse dir trau-
men/ daß die Gedancken Zollfrey sollen seyn.

O! wie recht und weißlich hat jener offne Sünder in dem
Tempel gehandlet/ als er nit ohne widerholte Seufftzer auf die
Brust geschlagen; nit hat er auf die Augen geschlagen/ welche
ihme doch mehrmahl gläserne Kuppler abgeben zu ungebühren-
den Lüsten; nit hat er auf die Ohren geschlagen/ die er doch viel-
fältig denen unzüchtigen Liedern vergonnt; nit hat er aufs Maul
geschlagen/ so doch nit selten einen Amboß abgeben/ worauf al-
lerley Ehrenrührische Reden geschmidt worden; nit hat er auf
die Füß geschlagen/ die ihn doch öffter ins Wirthshauß oder
andere verdächtige Oerther getragen/ sondern er hat auf die
Brust und Hertz geschlagen/ weil er gewest/ daß von dannen ur-
sprünglich alles Ubel durch die Gedancken herrühre.

O GOtt! sagt jemand/ wann die Gedancken sollen unter
die Sünden gezehlt werden/ was muß ich dann anfangen? in
Egypten hat es vil Mucken geben zu Zeit deß Königs Pharao/

ich
Pars IV. E e

hat ſich mit Gedancken verſuͤndiget.
Bedienten/ und anbey einen uͤblen Gedancken gehabt/ worzu
der Will ſich nit geweigert/ ob ſchon die That darauf nit erfol-
get/ unangeſehen das Gewiſſen mehrmahl ſie deſſenthalben er-
mahnt/ ſo hat ſie gleichwohl aus Geſchaͤmigkeit ſolchen gehab-
ten Gedancken nie in der Beicht entdeckt/ auch in diſem Stand
das Leben geendet/ und mit ſonderm Gepraͤng als ein heilig-
maͤſſige Wittib in die Kirchen begraben worden. Bald nach
ihrem zeitlichen Hıntꝛitt hat gedachter Biſchoff bey naͤchtlicheꝛ
Weil das Grab diſer ſeiner Bekandtẽ ſehen uͤber und uͤber bꝛin-
nen/ ja das Weibsbild ſelbſt buf einem gluͤhenden Roſt/ worun-Iter Pa-
rad. Pau-
liniSerm
11. dePœ
nit.

ter die boͤſe Feind gantz haͤuffig die Kohlen geſchirt. Uber ſol-
ches kunte ſich der gute und fromme Mann nicht gnug verwun-
dern/ deme ihr ſo tugendſamer gefuͤhrter Wandel gar zu wohl
bekandt war; es lieſſen ſich aber dieſe ungluͤckſeelige Seel bald
vernehmen/ wie daß ſie nur bloß in einem unzuͤchtigen Gedan-
cken haͤtte eingewilliget/ ſolchen aber nit gebeicht/ und ſeye ſie
derenthalben ewig verdammt. Gehe hin und laſſe dir trau-
men/ daß die Gedancken Zollfrey ſollen ſeyn.

O! wie recht und weißlich hat jener offne Suͤnder in dem
Tempel gehandlet/ als er nit ohne widerholte Seufftzer auf die
Bruſt geſchlagen; nit hat er auf die Augen geſchlagen/ welche
ihme doch mehꝛmahl glaͤſerne Kuppler abgeben zu ungebuͤhren-
den Luͤſten; nit hat er auf die Ohren geſchlagen/ die er doch viel-
faͤltig denen unzuͤchtigen Liedern vergoñt; nit hat er aufs Maul
geſchlagen/ ſo doch nit ſelten einen Amboß abgeben/ worauf al-
lerley Ehrenruͤhriſche Reden geſchmidt worden; nit hat er auf
die Fuͤß geſchlagen/ die ihn doch oͤffter ins Wirthshauß oder
andere verdaͤchtige Oerther getragen/ ſondern er hat auf die
Bruſt und Hertz geſchlagen/ weil er geweſt/ daß von dannen ur-
ſpruͤnglich alles Ubel durch die Gedancken herruͤhre.

O GOtt! ſagt jemand/ wann die Gedancken ſollen unter
die Suͤnden gezehlt werden/ was muß ich dann anfangen? in
Egypten hat es vil Mucken geben zu Zeit deß Koͤnigs Pharao/

ich
Pars IV. E e
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[217/0229] hat ſich mit Gedancken verſuͤndiget. Bedienten/ und anbey einen uͤblen Gedancken gehabt/ worzu der Will ſich nit geweigert/ ob ſchon die That darauf nit erfol- get/ unangeſehen das Gewiſſen mehrmahl ſie deſſenthalben er- mahnt/ ſo hat ſie gleichwohl aus Geſchaͤmigkeit ſolchen gehab- ten Gedancken nie in der Beicht entdeckt/ auch in diſem Stand das Leben geendet/ und mit ſonderm Gepraͤng als ein heilig- maͤſſige Wittib in die Kirchen begraben worden. Bald nach ihrem zeitlichen Hıntꝛitt hat gedachter Biſchoff bey naͤchtlicheꝛ Weil das Grab diſer ſeiner Bekandtẽ ſehen uͤber und uͤber bꝛin- nen/ ja das Weibsbild ſelbſt buf einem gluͤhenden Roſt/ worun- ter die boͤſe Feind gantz haͤuffig die Kohlen geſchirt. Uber ſol- ches kunte ſich der gute und fromme Mann nicht gnug verwun- dern/ deme ihr ſo tugendſamer gefuͤhrter Wandel gar zu wohl bekandt war; es lieſſen ſich aber dieſe ungluͤckſeelige Seel bald vernehmen/ wie daß ſie nur bloß in einem unzuͤchtigen Gedan- cken haͤtte eingewilliget/ ſolchen aber nit gebeicht/ und ſeye ſie derenthalben ewig verdammt. Gehe hin und laſſe dir trau- men/ daß die Gedancken Zollfrey ſollen ſeyn. Iter Pa- rad. Pau- liniSerm 11. dePœ nit. O! wie recht und weißlich hat jener offne Suͤnder in dem Tempel gehandlet/ als er nit ohne widerholte Seufftzer auf die Bruſt geſchlagen; nit hat er auf die Augen geſchlagen/ welche ihme doch mehꝛmahl glaͤſerne Kuppler abgeben zu ungebuͤhren- den Luͤſten; nit hat er auf die Ohren geſchlagen/ die er doch viel- faͤltig denen unzuͤchtigen Liedern vergoñt; nit hat er aufs Maul geſchlagen/ ſo doch nit ſelten einen Amboß abgeben/ worauf al- lerley Ehrenruͤhriſche Reden geſchmidt worden; nit hat er auf die Fuͤß geſchlagen/ die ihn doch oͤffter ins Wirthshauß oder andere verdaͤchtige Oerther getragen/ ſondern er hat auf die Bruſt und Hertz geſchlagen/ weil er geweſt/ daß von dannen ur- ſpruͤnglich alles Ubel durch die Gedancken herruͤhre. O GOtt! ſagt jemand/ wann die Gedancken ſollen unter die Suͤnden gezehlt werden/ was muß ich dann anfangen? in Egypten hat es vil Mucken geben zu Zeit deß Koͤnigs Pharao/ ich Pars IV. E e

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/229>, abgerufen am 28.03.2024.