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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas hat kein gute Meinung/
Frau Pflegerin scheinte eines bessern Humors, in Erwegung des
so spaten Abends/ und hat mit ihrer Haus Esoquenz so viel
ausgericht/ daß ich und mein Gespann unter das Tach seyn ein-
gelassen worden/ allein weil es dem Gestrengen Herrn Pflege-
ro
nicht allerdings wolgefällig gewesen/ also ist das Nachtmahl
zimlich in dem abnehmenden Mond kocht worden; jedoch die
Frau Patientia hatte gute Zähn/ womit sie das alte Küh-
Fleisch/ wol hat können zermahlen: allein das Zimmer/ wor-
ein uns der lose Pfleger mit allein Fleiß logirt hat/ ware fast un-
erträglich/ massen es die gantze Nacht hindurch ein Turnir-
Platz aller Teuffels-Gespenster gewesen. Keiner aus uns kun-
te ein Aug zu thun/ es scheinte/ als thäte der Tyrannische Ne-
ro alle Romanische Pferd in dem Zimmer herumb tummlen:
uns ist gewesen/ als sitzen wir in einem Diocletianischen Bad/
ich glaubte kräfftig/ dieses Ort müste des Obristen Lucifers
Muster-Platz seyn. Wir waren zwar mit Creutz versehen/ wie
ein Better-Kramer/ in Ansehung dieses so heiligen Zeichen wir
auch den mindesten Schaden empfangen/ allein der Höllische
Randevois hat uns dermassen abgemattet/ daß wir den bleichen
Wax-Kertzen nicht ungleich gesehen/ und welches das Ubel noch
vergrössert/ ist gewesen des Pflegers mehrmals vernommenes
Gelächter/ als der sich hören lassen/ es thuts denen Pfaffen
wol/ und habe vermeint/ dergleichen geweichtes Gesindel soll
sich vor dem teufflischen Raub-Vögeln nicht entsetzen. Jch hab
mich früh Morgens gar bey anbrechendem Tag per Synopsin
bedanckt/ anbey aber gedenckt/ wann ich der Patriarch Abra-
ham wäre/ so wolte ich ihne auch hinwiederumb beherbergen.

Das Sunamitische Weibel ist dißfalls weit höflicher und
barmhertziger gewest/ indem sie dem Mann GOttes Elisaeo
nicht allein die Herberg angeboten/ sondern ihme gar Händ ange-
legt/ und nit weiter lassen gehen/ wessenthalben sie auch absonder-
lich von dem Allerhöchsten ist belohnt worden. Was Nutzen
hat nicht jenes adeuche Haus noch/ umb/ weil es mit aller Lieb

den

Judas hat kein gute Meinung/
Frau Pflegerin ſcheinte eines beſſern Humors, in Erwegung des
ſo ſpaten Abends/ und hat mit ihrer Haus Eſoquenz ſo viel
ausgericht/ daß ich und mein Geſpann unter das Tach ſeyn ein-
gelaſſen worden/ allein weil es dem Geſtrengen Herꝛn Pflege-
ro
nicht allerdings wolgefaͤllig geweſen/ alſo iſt das Nachtmahl
zimlich in dem abnehmenden Mond kocht worden; jedoch die
Frau Patientia hatte gute Zaͤhn/ womit ſie das alte Kuͤh-
Fleiſch/ wol hat koͤnnen zermahlen: allein das Zimmer/ wor-
ein uns der loſe Pfleger mit allein Fleiß logirt hat/ ware faſt un-
ertraͤglich/ maſſen es die gantze Nacht hindurch ein Turnir-
Platz aller Teuffels-Geſpenſter geweſen. Keiner aus uns kun-
te ein Aug zu thun/ es ſcheinte/ als thaͤte der Tyranniſche Ne-
ro alle Romaniſche Pferd in dem Zimmer herumb tummlen:
uns iſt geweſen/ als ſitzen wir in einem Diocletianiſchen Bad/
ich glaubte kraͤfftig/ dieſes Ort muͤſte des Obriſten Lucifers
Muſter-Platz ſeyn. Wir waren zwar mit Creutz verſehen/ wie
ein Better-Kramer/ in Anſehung dieſes ſo heiligen Zeichen wir
auch den mindeſten Schaden empfangen/ allein der Hoͤlliſche
Randevois hat uns dermaſſen abgemattet/ daß wir den bleichen
Wax-Kertzen nicht ungleich geſehen/ und welches das Ubel noch
vergroͤſſert/ iſt geweſen des Pflegers mehrmals vernommenes
Gelaͤchter/ als der ſich hoͤren laſſen/ es thuts denen Pfaffen
wol/ und habe vermeint/ dergleichen geweichtes Geſindel ſoll
ſich vor dem teuffliſchen Raub-Voͤgeln nicht entſetzen. Jch hab
mich fruͤh Morgens gar bey anbrechendem Tag per Synopſin
bedanckt/ anbey aber gedenckt/ wann ich der Patriarch Abra-
ham waͤre/ ſo wolte ich ihne auch hinwiederumb beherbergen.

Das Sunamitiſche Weibel iſt dißfalls weit hoͤflicher und
barmhertziger geweſt/ indem ſie dem Mann GOttes Eliſæo
nicht allein die Herberg angeboten/ ſondern ihme gar Haͤnd ange-
legt/ und nit weiter laſſen gehen/ weſſenthalben ſie auch abſonder-
lich von dem Allerhoͤchſten iſt belohnt worden. Was Nutzen
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[176/0188] Judas hat kein gute Meinung/ Frau Pflegerin ſcheinte eines beſſern Humors, in Erwegung des ſo ſpaten Abends/ und hat mit ihrer Haus Eſoquenz ſo viel ausgericht/ daß ich und mein Geſpann unter das Tach ſeyn ein- gelaſſen worden/ allein weil es dem Geſtrengen Herꝛn Pflege- ro nicht allerdings wolgefaͤllig geweſen/ alſo iſt das Nachtmahl zimlich in dem abnehmenden Mond kocht worden; jedoch die Frau Patientia hatte gute Zaͤhn/ womit ſie das alte Kuͤh- Fleiſch/ wol hat koͤnnen zermahlen: allein das Zimmer/ wor- ein uns der loſe Pfleger mit allein Fleiß logirt hat/ ware faſt un- ertraͤglich/ maſſen es die gantze Nacht hindurch ein Turnir- Platz aller Teuffels-Geſpenſter geweſen. Keiner aus uns kun- te ein Aug zu thun/ es ſcheinte/ als thaͤte der Tyranniſche Ne- ro alle Romaniſche Pferd in dem Zimmer herumb tummlen: uns iſt geweſen/ als ſitzen wir in einem Diocletianiſchen Bad/ ich glaubte kraͤfftig/ dieſes Ort muͤſte des Obriſten Lucifers Muſter-Platz ſeyn. Wir waren zwar mit Creutz verſehen/ wie ein Better-Kramer/ in Anſehung dieſes ſo heiligen Zeichen wir auch den mindeſten Schaden empfangen/ allein der Hoͤlliſche Randevois hat uns dermaſſen abgemattet/ daß wir den bleichen Wax-Kertzen nicht ungleich geſehen/ und welches das Ubel noch vergroͤſſert/ iſt geweſen des Pflegers mehrmals vernommenes Gelaͤchter/ als der ſich hoͤren laſſen/ es thuts denen Pfaffen wol/ und habe vermeint/ dergleichen geweichtes Geſindel ſoll ſich vor dem teuffliſchen Raub-Voͤgeln nicht entſetzen. Jch hab mich fruͤh Morgens gar bey anbrechendem Tag per Synopſin bedanckt/ anbey aber gedenckt/ wann ich der Patriarch Abra- ham waͤre/ ſo wolte ich ihne auch hinwiederumb beherbergen. Das Sunamitiſche Weibel iſt dißfalls weit hoͤflicher und barmhertziger geweſt/ indem ſie dem Mann GOttes Eliſæo nicht allein die Herberg angeboten/ ſondern ihme gar Haͤnd ange- legt/ und nit weiter laſſen gehen/ weſſenthalben ſie auch abſonder- lich von dem Allerhoͤchſten iſt belohnt worden. Was Nutzen hat nicht jenes adeuche Haus noch/ umb/ weil es mit aller Lieb den

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/188>, abgerufen am 23.04.2024.