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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas der verfluchte und verzweiffelte Gesell
ist ein Priester und Levit vorbey gangen/ beede Geistliche
Personen/ die haben den elenden Menschen in Blut ge-
sehen/ der zweiffels ohne sie um Gottes Willen hat gebet-
ten um eine Hülff/ aber nit das geringste war von ihnen
zu hoffen/ dann sie in Forcht gestanden/ so sie solten den
Menschen mit nehmen/ daß sie nachmals vor ihm müsten
im Wirths-Hauß zahlen. Endlich kommt ein weltlicher
Herr aus Samaria gebiertig/ erbarmet sich über den
mühseeligen Menschen/ verbindet ihm seine Wunden/
nimmt ihn mit sich auf das Pferd/ und führet ihn in die
Herberge. Ich zweiffle gar nit/ daß dieser Herr unter-
wegs nit werde eins und das andere den armen Tropffen
gefragt haben/ wer die schlimme Kerl gewest? wie sie aus-
gesehen? wie viel ihrer gewest? die ihn also erbärmlich zu-
gericht? er wird ebenfalls gefragt haben/ ob dann sonst
jemand vorbey passiret/ und wann er vernommen hat/
daß zwey Geistliche/ ein Priester und ein Levit vorbey
gereist/ doch keiner sich seiner angenommen/ was ist ihm
das nit vor eine Aergernuß gewest? wird er nit gesagt/
aufs wenigst gedenckt haben/ das seynd Geitz-reiche
Geistliche/ die seynd nit einen Heller werth/ sie sollen uns
mit dem guten Exempel vorgehen/ sie predigen von All-
mosen geben/ und kein Bettelbub/ hätte bald gesagt Beel-
zebub kan einen Pfenning von ihnen bringen/ sie sagen
viel von den Wercken der Barmhertzigkeit/ und sie üben
es selbst nit/ etc. Wehe/ wehe solchen/ die den armen Welt-
Menschen eine Aergernuß geben!

O wie schändlich stehet es/ wann einer eine Kutten
an hat/ und anbey ein Nequam in Cute ist: wie übel stehet
es/ wann einer immer zu unter Kandel und Krügen gese-
hen wird/ der doch einen Kelch im Wappen führet; wie
wild stehet es/ wann einer eine Blatten auf dem Kopff/
und mehr Karten-Blat in den Händen hält: wie unge-

reimt

Judas der verfluchte und verzweiffelte Geſell
iſt ein Prieſter und Levit vorbey gangen/ beede Geiſtliche
Perſonen/ die haben den elenden Menſchen in Blut ge-
ſehen/ der zweiffels ohne ſie um Gottes Willen hat gebet-
ten um eine Huͤlff/ aber nit das geringſte war von ihnen
zu hoffen/ dann ſie in Forcht geſtanden/ ſo ſie ſolten den
Menſchen mit nehmen/ daß ſie nachmals vor ihm muͤſten
im Wirths-Hauß zahlen. Endlich kommt ein weltlicher
Herr aus Samaria gebiertig/ erbarmet ſich uͤber den
muͤhſeeligen Menſchen/ verbindet ihm ſeine Wunden/
nim̃t ihn mit ſich auf das Pferd/ und fuͤhret ihn in die
Herberge. Ich zweiffle gar nit/ daß dieſer Herr unter-
wegs nit werde eins und das andere den armen Tropffen
gefragt haben/ wer die ſchlim̃e Kerl geweſt? wie ſie aus-
geſehen? wie viel ihrer geweſt? die ihn alſo erbaͤrmlich zu-
gericht? er wird ebenfalls gefragt haben/ ob dann ſonſt
jemand vorbey paſſiret/ und wann er vernom̃en hat/
daß zwey Geiſtliche/ ein Prieſter und ein Levit vorbey
gereiſt/ doch keiner ſich ſeiner angenom̃en/ was iſt ihm
das nit vor eine Aergernuß geweſt? wird er nit geſagt/
aufs wenigſt gedenckt haben/ das ſeynd Geitz-reiche
Geiſtliche/ die ſeynd nit einen Heller werth/ ſie ſollen uns
mit dem guten Exempel vorgehen/ ſie predigen von All-
moſen geben/ und kein Bettelbub/ haͤtte bald geſagt Beel-
zebub kan einen Pfenning von ihnen bringen/ ſie ſagen
viel von den Wercken der Barmhertzigkeit/ und ſie uͤben
es ſelbſt nit/ ꝛc. Wehe/ wehe ſolchen/ die den armen Welt-
Menſchen eine Aergernuß geben!

O wie ſchaͤndlich ſtehet es/ wann einer eine Kutten
an hat/ und anbey ein Nequam in Cute iſt: wie uͤbel ſtehet
es/ wann einer immer zu unter Kandel und Kruͤgen geſe-
hen wird/ der doch einen Kelch im Wappen fuͤhret; wie
wild ſtehet es/ wann einer eine Blatten auf dem Kopff/
und mehr Karten-Blat in den Haͤnden haͤlt: wie unge-

reimt
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[566/0598] Judas der verfluchte und verzweiffelte Geſell iſt ein Prieſter und Levit vorbey gangen/ beede Geiſtliche Perſonen/ die haben den elenden Menſchen in Blut ge- ſehen/ der zweiffels ohne ſie um Gottes Willen hat gebet- ten um eine Huͤlff/ aber nit das geringſte war von ihnen zu hoffen/ dann ſie in Forcht geſtanden/ ſo ſie ſolten den Menſchen mit nehmen/ daß ſie nachmals vor ihm muͤſten im Wirths-Hauß zahlen. Endlich kommt ein weltlicher Herr aus Samaria gebiertig/ erbarmet ſich uͤber den muͤhſeeligen Menſchen/ verbindet ihm ſeine Wunden/ nim̃t ihn mit ſich auf das Pferd/ und fuͤhret ihn in die Herberge. Ich zweiffle gar nit/ daß dieſer Herr unter- wegs nit werde eins und das andere den armen Tropffen gefragt haben/ wer die ſchlim̃e Kerl geweſt? wie ſie aus- geſehen? wie viel ihrer geweſt? die ihn alſo erbaͤrmlich zu- gericht? er wird ebenfalls gefragt haben/ ob dann ſonſt jemand vorbey paſſiret/ und wann er vernom̃en hat/ daß zwey Geiſtliche/ ein Prieſter und ein Levit vorbey gereiſt/ doch keiner ſich ſeiner angenom̃en/ was iſt ihm das nit vor eine Aergernuß geweſt? wird er nit geſagt/ aufs wenigſt gedenckt haben/ das ſeynd Geitz-reiche Geiſtliche/ die ſeynd nit einen Heller werth/ ſie ſollen uns mit dem guten Exempel vorgehen/ ſie predigen von All- moſen geben/ und kein Bettelbub/ haͤtte bald geſagt Beel- zebub kan einen Pfenning von ihnen bringen/ ſie ſagen viel von den Wercken der Barmhertzigkeit/ und ſie uͤben es ſelbſt nit/ ꝛc. Wehe/ wehe ſolchen/ die den armen Welt- Menſchen eine Aergernuß geben! O wie ſchaͤndlich ſtehet es/ wann einer eine Kutten an hat/ und anbey ein Nequam in Cute iſt: wie uͤbel ſtehet es/ wann einer immer zu unter Kandel und Kruͤgen geſe- hen wird/ der doch einen Kelch im Wappen fuͤhret; wie wild ſtehet es/ wann einer eine Blatten auf dem Kopff/ und mehr Karten-Blat in den Haͤnden haͤlt: wie unge- reimt

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/598>, abgerufen am 19.05.2024.