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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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verzweiffelt an der Barmhertzigkeit GOttes.
er die entwichene Lebens-Geister wieder erholt/ machte er
sich gantz schleunig auf/ aber was glaubt sie Speranza,
daß er angefangen? etwan/ wie in dergleichen Zufällen öf-
ters geschehen/ hat er einen Strick ertappt/ wormit er sei-
nen alten Brod-Sack zugebunden? diese Gedancken seynd
meiner liebsten Speranza nit! Abailardus wird von der
Göttlichen Barmhertzigkeit getroffen/ sein Hertz wird ihmPagar.
tom. 2.
f.
223.

durch einen Göttlichen Gnaden-Pfeil also berühret/ daß
er den geraden Weeg geloffen nach der Kirchen des H. Be-
nedicti,
allwo er mit gebogenen Knien vor einem an der
Wand gemahlten Crucifix-Bild drey Tag und Nacht an-
einander geweint/ geseuffzt/ und seine grosse Sünden be-
reuet/ daß endlich den dritten Tag den 25. Martii, damalen
der Charfreytag/ das Crucifix-Bild gegen ihme das
Haupt geneigt/ dardurch zu verstehen gegeben/ daß nun-
mehr ihme seine Sünden seynd vergeben/ worauf er also-
bald den Geist aufgeben/ das Bild aber auf den heutigen
Tag wird mit geneigtem Haupt also gesehen/ und leuchtet
mit grossen Miracul und Wunder-Wercken.

O Speranza, was doch meine bißweilen kleinmütige
Gedancken mehrer vertreiben/ als dergleichen Geschich-
ten; wann ich liese/ wie der Laban so sorgfältig seine gul-
dene Götter gesucht/ und derenthalben den Jacob für ei-
nen Dieb gehalten/ da unterdessen die arglistige Rachel
solche unter dem Stroh verborgen/ so muß ich lachen/
daß der bethörte Tropff/ jene guldene Talcken vor Götter
gehalten/ die von den Diebs-Händen haben können ent-
frembdet werden/ aber der/ der GOtt/ den mir niemand
nehmen kan/ auf dessen Barmhertzigkeit ich mich gäntz-
lich verlasse/ der/ der ist wohl ein guldener GOtt; scheinet es
doch/ daß er wie der ausgewaidte Fisch Tobiä gar keine Gall
habe: Cui proprium est semper misereri & parcere.

Nichts
Z z z 2

verzweiffelt an der Barmhertzigkeit GOttes.
er die entwichene Lebens-Geiſter wieder erholt/ machte er
ſich gantz ſchleunig auf/ aber was glaubt ſie Speranza,
daß er angefangen? etwan/ wie in dergleichen Zufaͤllen oͤf-
ters geſchehen/ hat er einen Strick ertappt/ wormit er ſei-
nen alten Brod-Sack zugebunden? dieſe Gedancken ſeynd
meiner liebſten Speranza nit! Abailardus wird von der
Goͤttlichen Barmhertzigkeit getroffen/ ſein Hertz wird ihmPagar.
tom. 2.
f.
223.

durch einen Goͤttlichen Gnaden-Pfeil alſo beruͤhret/ daß
er den geraden Weeg geloffen nach der Kirchen des H. Be-
nedicti,
allwo er mit gebogenen Knien vor einem an der
Wand gemahlten Crucifix-Bild drey Tag und Nacht an-
einander geweint/ geſeuffzt/ und ſeine groſſe Suͤnden be-
reuet/ daß endlich den dritten Tag den 25. Martii, damalen
der Charfreytag/ das Crucifix-Bild gegen ihme das
Haupt geneigt/ dardurch zu verſtehen gegeben/ daß nun-
mehr ihme ſeine Suͤnden ſeynd vergeben/ worauf er alſo-
bald den Geiſt aufgeben/ das Bild aber auf den heutigen
Tag wird mit geneigtem Haupt alſo geſehen/ und leuchtet
mit groſſen Miracul und Wunder-Wercken.

O Speranza, was doch meine bißweilen kleinmuͤtige
Gedancken mehrer vertreiben/ als dergleichen Geſchich-
ten; wann ich lieſe/ wie der Laban ſo ſorgfaͤltig ſeine gul-
dene Goͤtter geſucht/ und derenthalben den Jacob fuͤr ei-
nen Dieb gehalten/ da unterdeſſen die argliſtige Rachel
ſolche unter dem Stroh verborgen/ ſo muß ich lachen/
daß der bethoͤrte Tropff/ jene guldene Talcken vor Goͤtter
gehalten/ die von den Diebs-Haͤnden haben koͤnnen ent-
frembdet werden/ aber der/ der GOtt/ den mir niemand
nehmen kan/ auf deſſen Barmhertzigkeit ich mich gaͤntz-
lich verlaſſe/ der/ der iſt wohl ein guldener GOtt; ſcheinet es
doch/ daß er wie der ausgewaidte Fiſch Tobiaͤ gar keine Gall
habe: Cui proprium eſt ſemper miſereri & parcere.

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[547/0579] verzweiffelt an der Barmhertzigkeit GOttes. er die entwichene Lebens-Geiſter wieder erholt/ machte er ſich gantz ſchleunig auf/ aber was glaubt ſie Speranza, daß er angefangen? etwan/ wie in dergleichen Zufaͤllen oͤf- ters geſchehen/ hat er einen Strick ertappt/ wormit er ſei- nen alten Brod-Sack zugebunden? dieſe Gedancken ſeynd meiner liebſten Speranza nit! Abailardus wird von der Goͤttlichen Barmhertzigkeit getroffen/ ſein Hertz wird ihm durch einen Goͤttlichen Gnaden-Pfeil alſo beruͤhret/ daß er den geraden Weeg geloffen nach der Kirchen des H. Be- nedicti, allwo er mit gebogenen Knien vor einem an der Wand gemahlten Crucifix-Bild drey Tag und Nacht an- einander geweint/ geſeuffzt/ und ſeine groſſe Suͤnden be- reuet/ daß endlich den dritten Tag den 25. Martii, damalen der Charfreytag/ das Crucifix-Bild gegen ihme das Haupt geneigt/ dardurch zu verſtehen gegeben/ daß nun- mehr ihme ſeine Suͤnden ſeynd vergeben/ worauf er alſo- bald den Geiſt aufgeben/ das Bild aber auf den heutigen Tag wird mit geneigtem Haupt alſo geſehen/ und leuchtet mit groſſen Miracul und Wunder-Wercken. Pagar. tom. 2. f. 223. O Speranza, was doch meine bißweilen kleinmuͤtige Gedancken mehrer vertreiben/ als dergleichen Geſchich- ten; wann ich lieſe/ wie der Laban ſo ſorgfaͤltig ſeine gul- dene Goͤtter geſucht/ und derenthalben den Jacob fuͤr ei- nen Dieb gehalten/ da unterdeſſen die argliſtige Rachel ſolche unter dem Stroh verborgen/ ſo muß ich lachen/ daß der bethoͤrte Tropff/ jene guldene Talcken vor Goͤtter gehalten/ die von den Diebs-Haͤnden haben koͤnnen ent- frembdet werden/ aber der/ der GOtt/ den mir niemand nehmen kan/ auf deſſen Barmhertzigkeit ich mich gaͤntz- lich verlaſſe/ der/ der iſt wohl ein guldener GOtt; ſcheinet es doch/ daß er wie der ausgewaidte Fiſch Tobiaͤ gar keine Gall habe: Cui proprium eſt ſemper miſereri & parcere. Nichts Z z z 2

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 547. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/579>, abgerufen am 19.05.2024.