Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.Judas Iscarioth/ wolte sein liederliches Ende nehmen gegen aber sich um die Kleider der zwey Schächer gar nitangenommen/ indeme doch vermuthlich dero Kleider bes- ser gewest/ als des HErrn? dann sie manchen wackern Reisenden biß auf das Hemmet ausgezogen/ und folg- sam in dem Aufzug dem demühtigsten JESU weit überlegen. Der Heil. Chrysostomus löset diesen Zweiffel auf/ und spricht: daß besagte Soldaten gewust haben/ wie grosse Krafft in diesen Kleidern zuweilen sich gezeigt habe. Sonderlich dazumalen/ wie die elende Tröpffin mit dem Blut-Gang behafft/ durch das blosse Anrühren der Saum dieser Kleider wunderbarlich die Gesundheit erhalten. Derentwegen gedachten sie/ daß sie auch den geringsten Faden können zu Geld machen: Ja etliche fromme Weiber zu Hierusalem werden es ihnen zehen- fach bezahlen/ wann sie nur solche Reliquien bekom- men. Ich muß euch Schelmen doch auch loben/ wie die vo- Mich wundert doch/ daß etliche so angebrendt mö- achten;
Judas Iſcarioth/ wolte ſein liederliches Ende nehmen gegen aber ſich um die Kleider der zwey Schaͤcher gar nitangenommen/ indeme doch vermuthlich dero Kleider beſ- ſer geweſt/ als des HErrn? dann ſie manchen wackern Reiſenden biß auf das Hemmet ausgezogen/ und folg- ſam in dem Aufzug dem demuͤhtigſten JESU weit uͤberlegen. Der Heil. Chryſoſtomus loͤſet dieſen Zweiffel auf/ und ſpricht: daß beſagte Soldaten gewuſt haben/ wie groſſe Krafft in dieſen Kleidern zuweilen ſich gezeigt habe. Sonderlich dazumalen/ wie die elende Troͤpffin mit dem Blut-Gang behafft/ durch das bloſſe Anruͤhren der Saum dieſer Kleider wunderbarlich die Geſundheit erhalten. Derentwegen gedachten ſie/ daß ſie auch den geringſten Faden koͤnnen zu Geld machen: Ja etliche fromme Weiber zu Hieruſalem werden es ihnen zehen- fach bezahlen/ wann ſie nur ſolche Reliquien bekom- men. Ich muß euch Schelmen doch auch loben/ wie die vo- Mich wundert doch/ daß etliche ſo angebrendt moͤ- achten;
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Judas Iſcarioth/ wolte ſein liederliches Ende nehmen
gegen aber ſich um die Kleider der zwey Schaͤcher gar nit
angenommen/ indeme doch vermuthlich dero Kleider beſ-
ſer geweſt/ als des HErrn? dann ſie manchen wackern
Reiſenden biß auf das Hemmet ausgezogen/ und folg-
ſam in dem Aufzug dem demuͤhtigſten JESU weit
uͤberlegen. Der Heil. Chryſoſtomus loͤſet dieſen Zweiffel
auf/ und ſpricht: daß beſagte Soldaten gewuſt haben/
wie groſſe Krafft in dieſen Kleidern zuweilen ſich gezeigt
habe. Sonderlich dazumalen/ wie die elende Troͤpffin
mit dem Blut-Gang behafft/ durch das bloſſe Anruͤhren
der Saum dieſer Kleider wunderbarlich die Geſundheit
erhalten. Derentwegen gedachten ſie/ daß ſie auch den
geringſten Faden koͤnnen zu Geld machen: Ja etliche
fromme Weiber zu Hieruſalem werden es ihnen zehen-
fach bezahlen/ wann ſie nur ſolche Reliquien bekom-
men.
Ich muß euch Schelmen doch auch loben/ wie die vo-
rige Tanzerin/ loben muß ich euch deßwegen/ weil ihr
ebenfalls auf die Heiligthuͤmer ſo viel haltet/ ob es doch
bey euch keiner Tugend zuzuſchreiben. Freylich ſeynd die
heiligen Reliquien hoch zu ſchaͤtzen. Deßwegen hat der
Welt-beruͤhmte Kayſer Carl der V. von Pavia aus/ kei-
nen beſſern Schatz wollen mit ſich nehmen nacher Prag/
als den Leib des H. Martyris Viti. Deßwegen hat Fride-
ricus der I die vornehme Reichs-Stadt Coͤlln nit anderſt
wollen beſchencken/ als mit den Leibern der heiligen drey
Koͤnigen/ die er von Meyland dahin gebracht. Deßwe-
gen ſchaͤtzet unſer allergnaͤdigſter Kayſer LEOPOLD 1.
den eiſernen Nagel in ſeiner geiſtlichen Schatz-Cam-
mer/ wormit JEſus CHriſtus an den bitteren Creutzes-
Stamm gehefftet worden/ mehrer/ als alle ſeine Gold-
und Silber-Gruben.
Mich wundert doch/ daß etliche ſo angebrendt moͤ-
gen ſeyn/ und dergleichen heilige Reliquien ſo wenig
achten;
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