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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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hat die Mutter GOttes Mariam veracht.
mit Einwilligung seiner Braut das Gelübd der ewigen
Keuschheit abgelegt/ und CHristo dem HErrn nachge-
folgt/ welches gleicher Gestalten gethan die Braut Ana-
tolia,
so sich von der Gesellschafft Mariae nit mehr abge-
sondert.

Zum andern/ ist wohl zu erwägen/ daß durch sondere
Schickung GOttes der Wein sobald gemangelt/ derent-
wegen der Bräutigam und die Braut sich nit ein wenig
geschamt; Es wolte aber unser HErr den ersten Tag zei-
gen/ daß der Ehestand nit seye/ und nie seye ohne Creutz
und Trübsal. Darum spricht der Poet: Ein altes Hauß
ohne Mäuß; ein wenig kämpelter Kopff ohne Läuß; ein
Jahrmarckt ohne Dieb; ein junger Mensch ohne Lieb;
ein Krammer der nit etwas liegt/ ein Jud der keinen Chri-
sten betriegt; ein Wasser das ohne Schaden fleust; ein
Wolff der nie kein Schaaf zerreist; ein Ehstand/ der all-
zeit wohl bestellt/ seynd seltzame Ding in dieser Welt.

Drittens ist zu erkennen/ daß unser liebe Frau sich zu
ihren liebsten Sohn gewandt/ und gesagt hat: Vinum
non habent,
sie haben keinen Wein mehr/ warum hat
sie nit gesprochen/ wir haben keinen Wein/ sie war ja
auch unter die Gäst gezehlt/ und folgsam auch ihr der
Wein abgangen? Es ist zwar nit ohne/ aber sie zeigte
sich/ die gütigste Jungfrau/ sorgfältiger für andere Leute/
als vor ihre eigene Person: Zugleich aber wolte sie eine
Lehr geben allen Weibern/ daß es nit rühmlich scheine/
wann Weiber und Wein-Beer gar zu gute Freundt
seyn.

Letzlich ist absonderlich hierinnfalls zu erwägen/ daß
kein einiger aus allen anwesenden Gästen Mariam hier-
zu ersucht/ ob wollt sie eine Intercession einlegen bey

JEsu

hat die Mutter GOttes Mariam veracht.
mit Einwilligung ſeiner Braut das Geluͤbd der ewigen
Keuſchheit abgelegt/ und CHriſto dem HErrn nachge-
folgt/ welches gleicher Geſtalten gethan die Braut Ana-
tolia,
ſo ſich von der Geſellſchafft Mariæ nit mehr abge-
ſondert.

Zum andern/ iſt wohl zu erwaͤgen/ daß durch ſondere
Schickung GOttes der Wein ſobald gemangelt/ derent-
wegen der Braͤutigam und die Braut ſich nit ein wenig
geſchamt; Es wolte aber unſer HErr den erſten Tag zei-
gen/ daß der Eheſtand nit ſeye/ und nie ſeye ohne Creutz
und Truͤbſal. Darum ſpricht der Poet: Ein altes Hauß
ohne Maͤuß; ein wenig kaͤmpelter Kopff ohne Laͤuß; ein
Jahrmarckt ohne Dieb; ein junger Menſch ohne Lieb;
ein Krammer der nit etwas liegt/ ein Jud der keinen Chri-
ſten betriegt; ein Waſſer das ohne Schaden fleuſt; ein
Wolff der nie kein Schaaf zerreiſt; ein Ehſtand/ der all-
zeit wohl beſtellt/ ſeynd ſeltzame Ding in dieſer Welt.

Drittens iſt zu erkennen/ daß unſer liebe Frau ſich zu
ihren liebſten Sohn gewandt/ und geſagt hat: Vinum
non habent,
ſie haben keinen Wein mehr/ warum hat
ſie nit geſprochen/ wir haben keinen Wein/ ſie war ja
auch unter die Gaͤſt gezehlt/ und folgſam auch ihr der
Wein abgangen? Es iſt zwar nit ohne/ aber ſie zeigte
ſich/ die guͤtigſte Jungfrau/ ſorgfaͤltiger fuͤr andere Leute/
als vor ihre eigene Perſon: Zugleich aber wolte ſie eine
Lehr geben allen Weibern/ daß es nit ruͤhmlich ſcheine/
wann Weiber und Wein-Beer gar zu gute Freundt
ſeyn.

Letzlich iſt abſonderlich hierinnfalls zu erwaͤgen/ daß
kein einiger aus allen anweſenden Gaͤſten Mariam hier-
zu erſucht/ ob wollt ſie eine Interceſſion einlegen bey

JEſu
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[471/0503] hat die Mutter GOttes Mariam veracht. mit Einwilligung ſeiner Braut das Geluͤbd der ewigen Keuſchheit abgelegt/ und CHriſto dem HErrn nachge- folgt/ welches gleicher Geſtalten gethan die Braut Ana- tolia, ſo ſich von der Geſellſchafft Mariæ nit mehr abge- ſondert. Zum andern/ iſt wohl zu erwaͤgen/ daß durch ſondere Schickung GOttes der Wein ſobald gemangelt/ derent- wegen der Braͤutigam und die Braut ſich nit ein wenig geſchamt; Es wolte aber unſer HErr den erſten Tag zei- gen/ daß der Eheſtand nit ſeye/ und nie ſeye ohne Creutz und Truͤbſal. Darum ſpricht der Poet: Ein altes Hauß ohne Maͤuß; ein wenig kaͤmpelter Kopff ohne Laͤuß; ein Jahrmarckt ohne Dieb; ein junger Menſch ohne Lieb; ein Krammer der nit etwas liegt/ ein Jud der keinen Chri- ſten betriegt; ein Waſſer das ohne Schaden fleuſt; ein Wolff der nie kein Schaaf zerreiſt; ein Ehſtand/ der all- zeit wohl beſtellt/ ſeynd ſeltzame Ding in dieſer Welt. Drittens iſt zu erkennen/ daß unſer liebe Frau ſich zu ihren liebſten Sohn gewandt/ und geſagt hat: Vinum non habent, ſie haben keinen Wein mehr/ warum hat ſie nit geſprochen/ wir haben keinen Wein/ ſie war ja auch unter die Gaͤſt gezehlt/ und folgſam auch ihr der Wein abgangen? Es iſt zwar nit ohne/ aber ſie zeigte ſich/ die guͤtigſte Jungfrau/ ſorgfaͤltiger fuͤr andere Leute/ als vor ihre eigene Perſon: Zugleich aber wolte ſie eine Lehr geben allen Weibern/ daß es nit ruͤhmlich ſcheine/ wann Weiber und Wein-Beer gar zu gute Freundt ſeyn. Letzlich iſt abſonderlich hierinnfalls zu erwaͤgen/ daß kein einiger aus allen anweſenden Gaͤſten Mariam hier- zu erſucht/ ob wollt ſie eine Interceſſion einlegen bey JEſu

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/503>, abgerufen am 27.05.2024.