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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas will erst auf die letzt gut thun/

Das hat mich alsobald veranlasset/ daß ich ohne einige
+ Verweilung angefangen zu schreyen/ Buß/ Buß/ Buß!
cito, cito, citissime, thut Buß ohne einigen Verzug/
thut Buß ohne einigen Verschub/ thut Buß/ Buß/ cito,
cito, citissime,
dann das Verweilen bringt fast allemal
das ewige Heulen.

O GOtt! O GOtt! ich höre ein Antwort/ die mir gar
nit gefallen thut. Es sagt mir jemand/ er seye noch jung/
die Jugend muß vertoben/ man könne so gar solches wahr-
nehmen an einem heurigen Weinmost/ wann man ihme
nit Lufft lässet/ so geschicht gar offt/ daß er auch den Faß-
boden aussprengt/ da er aber ein alter Wein wird/ da ist
er um ein gutes dässiger und frömmer: also wolle er auch
seine junge Jahr in Freuden verzehren/ wann er aber ein-
mal weisse Haar bekommt/ da will er auch einen weissen
und unschuldigen Wandel führen. O armseeliger Mensch!
wie kanst du wissen/ daß du so lang leben werdest? Hat dir
etwan der Allmächtige GOtt durch den Ertz-Engel Ga-
briel
ein Staffetta überschickt/ und dich schrifftlich versi-
chert/ daß du 70. Jahr erreichen werdest? Mein zeig mir
doch ein vidimirte Abschrifft hiervon/ nachmals will ich
es glauben/ unterdessen ist bey dir/ wie bey mir/ will nit
sagen von 70. Jahren/ so gar ein Viertelstund des Lebens
nit gewiß/ wie kanst du dann dich auf etwas ungewiß steif-
fen und verlassen?

Ein sonsten über allemassen guter und vortreffli-
cher Schütz/ dazumalen aber Mittelloß/ begehrte von sei-
nem Bekandten ein Geld zu leihen/ darvor wolte er ihme
ein gute Bärnhaut spendiren/ welches ihme der gute Freund
gar nit abgeschlagen/ sondern ohne Verzug das verlang-
te Geld eingehändiget/ fragte aber anbey/ wo dann die

Bärn-
Judas will erſt auf die letzt gut thun/

Das hat mich alſobald veranlaſſet/ daß ich ohne einige
+ Verweilung angefangen zu ſchreyen/ Buß/ Buß/ Buß!
cito, cito, citiſſimè, thut Buß ohne einigen Verzug/
thut Buß ohne einigen Verſchub/ thut Buß/ Buß/ cito,
cito, citiſſimè,
dann das Verweilen bringt faſt allemal
das ewige Heulen.

O GOtt! O GOtt! ich hoͤre ein Antwort/ die mir gar
nit gefallen thut. Es ſagt mir jemand/ er ſeye noch jung/
die Jugend muß vertoben/ man koͤnne ſo gar ſolches wahr-
nehmen an einem heurigen Weinmoſt/ wann man ihme
nit Lufft laͤſſet/ ſo geſchicht gar offt/ daß er auch den Faß-
boden ausſprengt/ da er aber ein alter Wein wird/ da iſt
er um ein gutes daͤſſiger und froͤmmer: alſo wolle er auch
ſeine junge Jahr in Freuden verzehren/ wann er aber ein-
mal weiſſe Haar bekommt/ da will er auch einen weiſſen
und unſchuldigen Wandel fuͤhren. O armſeeliger Menſch!
wie kanſt du wiſſen/ daß du ſo lang leben werdeſt? Hat dir
etwan der Allmaͤchtige GOtt durch den Ertz-Engel Ga-
briel
ein Staffetta uͤberſchickt/ und dich ſchrifftlich verſi-
chert/ daß du 70. Jahr erreichen werdeſt? Mein zeig mir
doch ein vidimirte Abſchrifft hiervon/ nachmals will ich
es glauben/ unterdeſſen iſt bey dir/ wie bey mir/ will nit
ſagen von 70. Jahren/ ſo gar ein Viertelſtund des Lebens
nit gewiß/ wie kanſt du dann dich auf etwas ungewiß ſteif-
fen und verlaſſen?

Ein ſonſten uͤber allemaſſen guter und vortreffli-
cher Schuͤtz/ dazumalen aber Mittelloß/ begehrte von ſei-
nem Bekandten ein Geld zu leihen/ darvor wolte er ihme
ein gute Baͤꝛnhaut ſpendiren/ welches ihme der gute Fꝛeund
gar nit abgeſchlagen/ ſondern ohne Verzug das verlang-
te Geld eingehaͤndiget/ fragte aber anbey/ wo dann die

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[412/0444] Judas will erſt auf die letzt gut thun/ Das hat mich alſobald veranlaſſet/ daß ich ohne einige + Verweilung angefangen zu ſchreyen/ Buß/ Buß/ Buß! cito, cito, citiſſimè, thut Buß ohne einigen Verzug/ thut Buß ohne einigen Verſchub/ thut Buß/ Buß/ cito, cito, citiſſimè, dann das Verweilen bringt faſt allemal das ewige Heulen. O GOtt! O GOtt! ich hoͤre ein Antwort/ die mir gar nit gefallen thut. Es ſagt mir jemand/ er ſeye noch jung/ die Jugend muß vertoben/ man koͤnne ſo gar ſolches wahr- nehmen an einem heurigen Weinmoſt/ wann man ihme nit Lufft laͤſſet/ ſo geſchicht gar offt/ daß er auch den Faß- boden ausſprengt/ da er aber ein alter Wein wird/ da iſt er um ein gutes daͤſſiger und froͤmmer: alſo wolle er auch ſeine junge Jahr in Freuden verzehren/ wann er aber ein- mal weiſſe Haar bekommt/ da will er auch einen weiſſen und unſchuldigen Wandel fuͤhren. O armſeeliger Menſch! wie kanſt du wiſſen/ daß du ſo lang leben werdeſt? Hat dir etwan der Allmaͤchtige GOtt durch den Ertz-Engel Ga- briel ein Staffetta uͤberſchickt/ und dich ſchrifftlich verſi- chert/ daß du 70. Jahr erreichen werdeſt? Mein zeig mir doch ein vidimirte Abſchrifft hiervon/ nachmals will ich es glauben/ unterdeſſen iſt bey dir/ wie bey mir/ will nit ſagen von 70. Jahren/ ſo gar ein Viertelſtund des Lebens nit gewiß/ wie kanſt du dann dich auf etwas ungewiß ſteif- fen und verlaſſen? Ein ſonſten uͤber allemaſſen guter und vortreffli- cher Schuͤtz/ dazumalen aber Mittelloß/ begehrte von ſei- nem Bekandten ein Geld zu leihen/ darvor wolte er ihme ein gute Baͤꝛnhaut ſpendiren/ welches ihme der gute Fꝛeund gar nit abgeſchlagen/ ſondern ohne Verzug das verlang- te Geld eingehaͤndiget/ fragte aber anbey/ wo dann die Baͤrn-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/444>, abgerufen am 24.08.2024.