Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

sprechend/ Freund! worzu bist du kommen?
nen so häuffig angethane Schmach und Unbild nit an-
derst gerächet/ als mit Gutthaten. Die Welt wills ha-
ben/ daß man sich revantschire/ GOTT will es nit haben/
wer gilt nun mehr aus diesen Zweyen? wie wird es dir in
deinem Sterbstündl um das Hertz seyn? wann der Gött-
liche Richter allda erscheinen wird/ und dir vorropfen/
daß du höher gehalten die Gebot der Welt/ und went-
ger geschätzt GOttes Gebot? auch folgsam nit um ein
Haar besser gewest/ als die boshaffte Hebraeer, welche
einen öffentlichen Mörder und Ubelthäter den Barrab-
bam
Christo dem Heyland selbsten vorgezogen.

Ich leyde aber/ sagst du/ an meiner Reputation. Das
Wort Reputation finde ich in der gantzen heiligen Schrifft
nit/ weiß also nit/ welcher Beelzebub es auf die Welt ge-
bracht. Wann aber Reputation nichts anderst ist/ als
Ehr/ so wisse/ daß ein weit grössere Ehre erwachset aus
dem Verzeihen/ als aus dem revantschiren. Nachdem
der Neydige Cain seinen Bruder Abel auf dem Feld zu
todt geschlagen/ so dann hat das Blut Rach geschryen/
wie es GOtt selbsten dem Cain angedeutet/ die StimmGen[e]l. 4.
des Bluts deines Bruders schreyet zu mir von der Erden/
es ist aber wol zu mercken/ daß nur das jenige Blut hat
Rach geschrien/ welches sich mit der schändlichen Erd
vermischt hat/ nit das Jenige/ so noch in dem Abel geblie-
ben/ dann solches als ein redliches Blut sich geschämt hat
Rach zu begehren/ ist also weit ehrlicher zu verzeihen/ als
sich revantschiren.

Die Verdammte und in allem guten umkehrte Welt
pflegt den Jenigen einen praven und rechtschaffenen Kerl
zu nennen/ welcher seinem Feind die Zähn zeigt/ und sich
revantschiret; Aber sag her/ welcher Namen ist herrlicher
und preißwürdiger? ein braver Kerl/ oder ein Sohn
Gottes? Ein jeder verständiger Mensch wird ohne Zwei-
fel das letztere Praedicat vor allen hervorstreichen/ nun

aber
R r 3

ſprechend/ Freund! worzu biſt du kommen?
nen ſo haͤuffig angethane Schmach und Unbild nit an-
derſt geraͤchet/ als mit Gutthaten. Die Welt wills ha-
ben/ daß man ſich revantſchire/ GOTT will es nit haben/
wer gilt nun mehr aus dieſen Zweyen? wie wird es dir in
deinem Sterbſtuͤndl um das Hertz ſeyn? wann der Goͤtt-
liche Richter allda erſcheinen wird/ und dir vorropfen/
daß du hoͤher gehalten die Gebot der Welt/ und went-
ger geſchaͤtzt GOttes Gebot? auch folgſam nit um ein
Haar beſſer geweſt/ als die boshaffte Hebræer, welche
einen oͤffentlichen Moͤrder und Ubelthaͤter den Barrab-
bam
Chriſto dem Heyland ſelbſten vorgezogen.

Ich leyde aber/ ſagſt du/ an meiner Reputation. Das
Wort Reputation finde ich in der gantzen heiligẽ Schrifft
nit/ weiß alſo nit/ welcher Beelzebub es auf die Welt ge-
bracht. Wann aber Reputation nichts anderſt iſt/ als
Ehr/ ſo wiſſe/ daß ein weit groͤſſere Ehre erwachſet aus
dem Verzeihen/ als aus dem revantſchiren. Nachdem
der Neydige Cain ſeinen Bruder Abel auf dem Feld zu
todt geſchlagen/ ſo dann hat das Blut Rach geſchryen/
wie es GOtt ſelbſten dem Cain angedeutet/ die StimmGen[e]l. 4.
des Bluts deines Bruders ſchreyet zu mir von der Erden/
es iſt aber wol zu mercken/ daß nur das jenige Blut hat
Rach geſchrien/ welches ſich mit der ſchaͤndlichen Erd
vermiſcht hat/ nit das Jenige/ ſo noch in dem Abel geblie-
ben/ dann ſolches als ein redliches Blut ſich geſchaͤmt hat
Rach zu begehren/ iſt alſo weit ehrlicher zu verzeihen/ als
ſich revantſchiren.

Die Verdammte und in allem guten umkehrte Welt
pflegt den Jenigen einen praven und rechtſchaffenē Kerl
zu nennen/ welcher ſeinem Feind die Zaͤhn zeigt/ und ſich
revantſchiret; Aber ſag her/ welcher Namen iſt herꝛlicher
und preißwuͤrdiger? ein braver Kerl/ oder ein Sohn
Gottes? Ein jeder verſtaͤndiger Menſch wird ohne Zwei-
fel das letztere Prædicat vor allen hervorſtreichen/ nun

aber
R r 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0349" n="317"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">&#x017F;prechend/ Freund! worzu bi&#x017F;t du kommen?</hi></fw><lb/>
nen &#x017F;o ha&#x0364;uffig angethane Schmach und Unbild nit an-<lb/>
der&#x017F;t gera&#x0364;chet/ als mit Gutthaten. Die Welt wills ha-<lb/>
ben/ daß man &#x017F;ich <hi rendition="#aq">revant</hi>&#x017F;chire/ GOTT will es nit haben/<lb/>
wer gilt nun mehr aus die&#x017F;en Zweyen? wie wird es dir in<lb/>
deinem Sterb&#x017F;tu&#x0364;ndl um das Hertz &#x017F;eyn? wann der Go&#x0364;tt-<lb/>
liche Richter allda er&#x017F;cheinen wird/ und dir vorropfen/<lb/>
daß du ho&#x0364;her gehalten die Gebot der Welt/ und went-<lb/>
ger ge&#x017F;cha&#x0364;tzt GOttes Gebot? auch folg&#x017F;am nit um ein<lb/>
Haar be&#x017F;&#x017F;er gewe&#x017F;t/ als die boshaffte <hi rendition="#aq">Hebræer,</hi> welche<lb/>
einen o&#x0364;ffentlichen Mo&#x0364;rder und Ubeltha&#x0364;ter den <hi rendition="#aq">Barrab-<lb/>
bam</hi> Chri&#x017F;to dem Heyland &#x017F;elb&#x017F;ten vorgezogen.</p><lb/>
        <p>Ich leyde aber/ &#x017F;ag&#x017F;t du/ an meiner <hi rendition="#aq">Reputation.</hi> Das<lb/>
Wort <hi rendition="#aq">Reputation</hi> finde ich in der gantzen heilige&#x0303; Schrifft<lb/>
nit/ weiß al&#x017F;o nit/ welcher <hi rendition="#aq">Beelzebub</hi> es auf die Welt ge-<lb/>
bracht. Wann aber <hi rendition="#aq">Reputation</hi> nichts ander&#x017F;t i&#x017F;t/ als<lb/><hi rendition="#fr">Ehr</hi>/ &#x017F;o wi&#x017F;&#x017F;e/ daß ein weit gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Ehre erwach&#x017F;et aus<lb/>
dem Verzeihen/ als aus dem <hi rendition="#aq">revant</hi>&#x017F;chiren. Nachdem<lb/>
der Neydige <hi rendition="#aq">Cain</hi> &#x017F;einen Bruder <hi rendition="#aq">Abel</hi> auf dem Feld zu<lb/>
todt ge&#x017F;chlagen/ &#x017F;o dann hat das Blut Rach ge&#x017F;chryen/<lb/>
wie es GOtt &#x017F;elb&#x017F;ten dem <hi rendition="#aq">Cain</hi> angedeutet/ die Stimm<note place="right"><hi rendition="#aq">Gen<supplied>e</supplied>l.</hi> 4.</note><lb/>
des Bluts deines Bruders &#x017F;chreyet zu mir von der Erden/<lb/>
es i&#x017F;t aber wol zu mercken/ daß nur das jenige Blut hat<lb/>
Rach ge&#x017F;chrien/ welches &#x017F;ich mit der &#x017F;cha&#x0364;ndlichen Erd<lb/>
vermi&#x017F;cht hat/ nit das Jenige/ &#x017F;o noch in dem <hi rendition="#aq">Abel</hi> geblie-<lb/>
ben/ dann &#x017F;olches als ein redliches Blut &#x017F;ich ge&#x017F;cha&#x0364;mt hat<lb/>
Rach zu begehren/ i&#x017F;t al&#x017F;o weit ehrlicher zu verzeihen/ als<lb/>
&#x017F;ich <hi rendition="#aq">revant</hi>&#x017F;chiren.</p><lb/>
        <p>Die Verdammte und in allem guten umkehrte Welt<lb/>
pflegt den Jenigen einen praven und recht&#x017F;chaffene&#x0304; Kerl<lb/>
zu nennen/ welcher &#x017F;einem Feind die Za&#x0364;hn zeigt/ und &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#aq">revant</hi>&#x017F;chiret; Aber &#x017F;ag her/ welcher Namen i&#x017F;t her&#xA75B;licher<lb/>
und preißwu&#x0364;rdiger? ein braver Kerl/ oder ein Sohn<lb/>
Gottes? Ein jeder ver&#x017F;ta&#x0364;ndiger Men&#x017F;ch wird ohne Zwei-<lb/>
fel das letztere <hi rendition="#aq">Prædicat</hi> vor allen hervor&#x017F;treichen/ nun<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R r 3</fw><fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[317/0349] ſprechend/ Freund! worzu biſt du kommen? nen ſo haͤuffig angethane Schmach und Unbild nit an- derſt geraͤchet/ als mit Gutthaten. Die Welt wills ha- ben/ daß man ſich revantſchire/ GOTT will es nit haben/ wer gilt nun mehr aus dieſen Zweyen? wie wird es dir in deinem Sterbſtuͤndl um das Hertz ſeyn? wann der Goͤtt- liche Richter allda erſcheinen wird/ und dir vorropfen/ daß du hoͤher gehalten die Gebot der Welt/ und went- ger geſchaͤtzt GOttes Gebot? auch folgſam nit um ein Haar beſſer geweſt/ als die boshaffte Hebræer, welche einen oͤffentlichen Moͤrder und Ubelthaͤter den Barrab- bam Chriſto dem Heyland ſelbſten vorgezogen. Ich leyde aber/ ſagſt du/ an meiner Reputation. Das Wort Reputation finde ich in der gantzen heiligẽ Schrifft nit/ weiß alſo nit/ welcher Beelzebub es auf die Welt ge- bracht. Wann aber Reputation nichts anderſt iſt/ als Ehr/ ſo wiſſe/ daß ein weit groͤſſere Ehre erwachſet aus dem Verzeihen/ als aus dem revantſchiren. Nachdem der Neydige Cain ſeinen Bruder Abel auf dem Feld zu todt geſchlagen/ ſo dann hat das Blut Rach geſchryen/ wie es GOtt ſelbſten dem Cain angedeutet/ die Stimm des Bluts deines Bruders ſchreyet zu mir von der Erden/ es iſt aber wol zu mercken/ daß nur das jenige Blut hat Rach geſchrien/ welches ſich mit der ſchaͤndlichen Erd vermiſcht hat/ nit das Jenige/ ſo noch in dem Abel geblie- ben/ dann ſolches als ein redliches Blut ſich geſchaͤmt hat Rach zu begehren/ iſt alſo weit ehrlicher zu verzeihen/ als ſich revantſchiren. Genel. 4. Die Verdammte und in allem guten umkehrte Welt pflegt den Jenigen einen praven und rechtſchaffenē Kerl zu nennen/ welcher ſeinem Feind die Zaͤhn zeigt/ und ſich revantſchiret; Aber ſag her/ welcher Namen iſt herꝛlicher und preißwuͤrdiger? ein braver Kerl/ oder ein Sohn Gottes? Ein jeder verſtaͤndiger Menſch wird ohne Zwei- fel das letztere Prædicat vor allen hervorſtreichen/ nun aber R r 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/349
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/349>, abgerufen am 12.05.2024.