Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas der falsche Böswicht
Haar/ halb gar geschohren. (O wohl ein Schrifft.
gelehrter Weiber-Kopff!) Weist nichts Neues? Vor
dißmal nit viel besonders/ sagt sie/ nichts? Hast nichts
Neues gehört von des Herrn Sauersuß seiner Thereßl?
Vorwahr nichts/ ich kenne sie zwar gar wohl/ wie da?
Sie ist heut ihr Maternität worden. Ey was sagst/ das
ist nit möglich! so wahr als ich lebe/ sie hat was lebendi-
ges an Tag gebracht. Wann dem also/ sprach die an-
dere/ so mach ich ein Creutz/ das grösser ist/ als die Fahn-
Stangen um den Berg Andex in Bayern: Ich hätte
tausend Eyd geschworen/ das Mädl wäre heilig: So sie
nur ein unbärdiges Wort gehört/ so ist sie so roth wor-
den wie ein gesottener Krebs/ wann schon/ ihre Ehr
hat gleichwol den Krebs. Gang genommen/ ey ey/ wann
sie gehört hat/ daß einer mit der Dina, als des alten Ja-
cobs
Tochter/ auf den Krantz getretten/ da hat sie sich
also erzörnet/ daß sie mit denen Aposteln das Feuer von
Himmel gewünschet. Wann schon/ sie hat sich gleich-
wohl verbrannt. Ey/ ey/ so sie vermerckt/ daß eine mit
einem jungen Bürschl gelacht und gelöffelt/ da hat es
ihr mehrer graust/ als den Propheten-Kindern/ wie
sie die bittere Colloquint gessen/ wann schon/ sie hat es
dannoch übersehen. Ey/ ey/ sie hat ja fast allemal einen
halben Böhmischen Hopffen. Sack voll Bet-Bücher
mit sich in die Kirchen getragen. Wann schon/ es ist
halt gleichwol diß Oremus heraus kommen. Ey/ ey/
ich hätte vor sie mein Leben verpfändet/ daß sie heilig
wär/ ja heilig/ aber falsch-heilig/ dergleichen gibt es
an allen Orth und Enden/ und muß die äusserliche Hei-
ligkeit gar offt einen Schaberäcken abgeben über den
Teuffel/ gleichwie die Gewissen-lose Hebraeer das Geld
aus dem Tempel und Opffer-Stock/ so dazumalen ein
heiliges Geld ist genennet worden/ gebraucht haben zur
grösten Bosheit/ indem sie darmit die Soldaten beym

Grab

Judas der falſche Boͤswicht
Haar/ halb gar geſchohren. (O wohl ein Schrifft.
gelehrter Weiber-Kopff!) Weiſt nichts Neues? Vor
dißmal nit viel beſonders/ ſagt ſie/ nichts? Haſt nichts
Neues gehoͤrt von des Herrn Sauerſuß ſeiner Thereßl?
Vorwahr nichts/ ich kenne ſie zwar gar wohl/ wie da?
Sie iſt heut ihr Maternitaͤt worden. Ey was ſagſt/ das
iſt nit moͤglich! ſo wahr als ich lebe/ ſie hat was lebendi-
ges an Tag gebracht. Wann dem alſo/ ſprach die an-
dere/ ſo mach ich ein Creutz/ das groͤſſer iſt/ als die Fahn-
Stangen um den Berg Andex in Bayern: Ich haͤtte
tauſend Eyd geſchworen/ das Maͤdl waͤre heilig: So ſie
nur ein unbaͤrdiges Wort gehoͤrt/ ſo iſt ſie ſo roth wor-
den wie ein geſottener Krebs/ wann ſchon/ ihre Ehr
hat gleichwol den Krebs. Gang genommen/ ey ey/ wann
ſie gehoͤrt hat/ daß einer mit der Dina, als des alten Ja-
cobs
Tochter/ auf den Krantz getretten/ da hat ſie ſich
alſo erzoͤrnet/ daß ſie mit denen Apoſteln das Feuer von
Himmel gewuͤnſchet. Wann ſchon/ ſie hat ſich gleich-
wohl verbrannt. Ey/ ey/ ſo ſie vermerckt/ daß eine mit
einem jungen Buͤrſchl gelacht und geloͤffelt/ da hat es
ihr mehrer grauſt/ als den Propheten-Kindern/ wie
ſie die bittere Colloquint geſſen/ wann ſchon/ ſie hat es
dannoch uͤberſehen. Ey/ ey/ ſie hat ja faſt allemal einen
halben Boͤhmiſchen Hopffen. Sack voll Bet-Buͤcher
mit ſich in die Kirchen getragen. Wann ſchon/ es iſt
halt gleichwol diß Oremus heraus kommen. Ey/ ey/
ich haͤtte vor ſie mein Leben verpfaͤndet/ daß ſie heilig
waͤr/ ja heilig/ aber falſch-heilig/ dergleichen gibt es
an allen Orth und Enden/ und muß die aͤuſſerliche Hei-
ligkeit gar offt einen Schaberaͤcken abgeben uͤber den
Teuffel/ gleichwie die Gewiſſen-loſe Hebræer das Geld
aus dem Tempel und Opffer-Stock/ ſo dazumalen ein
heiliges Geld iſt genennet worden/ gebraucht haben zur
groͤſten Bosheit/ indem ſie darmit die Soldaten beym

Grab
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0338" n="306"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Judas der fal&#x017F;che Bo&#x0364;swicht</hi></fw><lb/>
Haar/ halb gar ge&#x017F;chohren. (O wohl ein Schrifft.<lb/>
gelehrter Weiber-Kopff!) Wei&#x017F;t nichts Neues? Vor<lb/>
dißmal nit viel be&#x017F;onders/ &#x017F;agt &#x017F;ie/ nichts? Ha&#x017F;t nichts<lb/>
Neues geho&#x0364;rt von des Herrn Sauer&#x017F;&#x017F;einer Thereßl?<lb/>
Vorwahr nichts/ ich kenne &#x017F;ie zwar gar wohl/ wie da?<lb/>
Sie i&#x017F;t heut ihr <hi rendition="#aq">Materni</hi>ta&#x0364;t worden. Ey was &#x017F;ag&#x017F;t/ das<lb/>
i&#x017F;t nit mo&#x0364;glich! &#x017F;o wahr als ich lebe/ &#x017F;ie hat was lebendi-<lb/>
ges an Tag gebracht. Wann dem al&#x017F;o/ &#x017F;prach die an-<lb/>
dere/ &#x017F;o mach ich ein Creutz/ das gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t/ als die Fahn-<lb/>
Stangen um den Berg <hi rendition="#aq">Andex</hi> in Bayern: Ich ha&#x0364;tte<lb/>
tau&#x017F;end Eyd ge&#x017F;chworen/ das Ma&#x0364;dl wa&#x0364;re heilig: So &#x017F;ie<lb/>
nur ein unba&#x0364;rdiges Wort geho&#x0364;rt/ &#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie &#x017F;o roth wor-<lb/>
den wie ein ge&#x017F;ottener Krebs/ wann &#x017F;chon/ ihre Ehr<lb/>
hat gleichwol den Krebs. Gang genommen/ ey ey/ wann<lb/>
&#x017F;ie geho&#x0364;rt hat/ daß einer mit der <hi rendition="#aq">Dina,</hi> als des alten <hi rendition="#aq">Ja-<lb/>
cobs</hi> Tochter/ auf den Krantz getretten/ da hat &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
al&#x017F;o erzo&#x0364;rnet/ daß &#x017F;ie mit denen Apo&#x017F;teln das Feuer von<lb/>
Himmel gewu&#x0364;n&#x017F;chet. Wann &#x017F;chon/ &#x017F;ie hat &#x017F;ich gleich-<lb/>
wohl verbrannt. Ey/ ey/ &#x017F;o &#x017F;ie vermerckt/ daß eine mit<lb/>
einem jungen Bu&#x0364;r&#x017F;chl gelacht und gelo&#x0364;ffelt/ da hat es<lb/>
ihr mehrer grau&#x017F;t/ als den Propheten-Kindern/ wie<lb/>
&#x017F;ie die bittere <hi rendition="#aq">Colloqui</hi>nt ge&#x017F;&#x017F;en/ wann &#x017F;chon/ &#x017F;ie hat es<lb/>
dannoch u&#x0364;ber&#x017F;ehen. Ey/ ey/ &#x017F;ie hat ja fa&#x017F;t allemal einen<lb/>
halben Bo&#x0364;hmi&#x017F;chen Hopffen. Sack voll Bet-Bu&#x0364;cher<lb/>
mit &#x017F;ich in die Kirchen getragen. Wann &#x017F;chon/ es i&#x017F;t<lb/>
halt gleichwol diß <hi rendition="#aq">Oremus</hi> heraus kommen. Ey/ ey/<lb/>
ich ha&#x0364;tte vor &#x017F;ie mein Leben verpfa&#x0364;ndet/ daß &#x017F;ie heilig<lb/>
wa&#x0364;r/ ja heilig/ aber fal&#x017F;ch-heilig/ dergleichen gibt es<lb/>
an allen Orth und Enden/ und muß die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche Hei-<lb/>
ligkeit gar offt einen Schabera&#x0364;cken abgeben u&#x0364;ber den<lb/>
Teuffel/ gleichwie die Gewi&#x017F;&#x017F;en-lo&#x017F;e <hi rendition="#aq">Hebræer</hi> das Geld<lb/>
aus dem Tempel und Opffer-Stock/ &#x017F;o dazumalen ein<lb/>
heiliges Geld i&#x017F;t genennet worden/ gebraucht haben zur<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;ten Bosheit/ indem &#x017F;ie darmit die Soldaten beym<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Grab</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0338] Judas der falſche Boͤswicht Haar/ halb gar geſchohren. (O wohl ein Schrifft. gelehrter Weiber-Kopff!) Weiſt nichts Neues? Vor dißmal nit viel beſonders/ ſagt ſie/ nichts? Haſt nichts Neues gehoͤrt von des Herrn Sauerſuß ſeiner Thereßl? Vorwahr nichts/ ich kenne ſie zwar gar wohl/ wie da? Sie iſt heut ihr Maternitaͤt worden. Ey was ſagſt/ das iſt nit moͤglich! ſo wahr als ich lebe/ ſie hat was lebendi- ges an Tag gebracht. Wann dem alſo/ ſprach die an- dere/ ſo mach ich ein Creutz/ das groͤſſer iſt/ als die Fahn- Stangen um den Berg Andex in Bayern: Ich haͤtte tauſend Eyd geſchworen/ das Maͤdl waͤre heilig: So ſie nur ein unbaͤrdiges Wort gehoͤrt/ ſo iſt ſie ſo roth wor- den wie ein geſottener Krebs/ wann ſchon/ ihre Ehr hat gleichwol den Krebs. Gang genommen/ ey ey/ wann ſie gehoͤrt hat/ daß einer mit der Dina, als des alten Ja- cobs Tochter/ auf den Krantz getretten/ da hat ſie ſich alſo erzoͤrnet/ daß ſie mit denen Apoſteln das Feuer von Himmel gewuͤnſchet. Wann ſchon/ ſie hat ſich gleich- wohl verbrannt. Ey/ ey/ ſo ſie vermerckt/ daß eine mit einem jungen Buͤrſchl gelacht und geloͤffelt/ da hat es ihr mehrer grauſt/ als den Propheten-Kindern/ wie ſie die bittere Colloquint geſſen/ wann ſchon/ ſie hat es dannoch uͤberſehen. Ey/ ey/ ſie hat ja faſt allemal einen halben Boͤhmiſchen Hopffen. Sack voll Bet-Buͤcher mit ſich in die Kirchen getragen. Wann ſchon/ es iſt halt gleichwol diß Oremus heraus kommen. Ey/ ey/ ich haͤtte vor ſie mein Leben verpfaͤndet/ daß ſie heilig waͤr/ ja heilig/ aber falſch-heilig/ dergleichen gibt es an allen Orth und Enden/ und muß die aͤuſſerliche Hei- ligkeit gar offt einen Schaberaͤcken abgeben uͤber den Teuffel/ gleichwie die Gewiſſen-loſe Hebræer das Geld aus dem Tempel und Opffer-Stock/ ſo dazumalen ein heiliges Geld iſt genennet worden/ gebraucht haben zur groͤſten Bosheit/ indem ſie darmit die Soldaten beym Grab

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/338
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/338>, abgerufen am 11.05.2024.