Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas der falsche Böswicht
ihm gar zu wohl bekandt/ Bohnen-Mehl/ gedörrte Wur-
zel von wilden Sauerampf/ die Suppen von gesottnen
Ochsenfüßen/ mache hieraus ein Massa oder Teig/ streich
darmit die Haut an/ welches nachmahls der Tausende
vor einen natürlichen Aussatz thue halten. O Schelmen!
gedachte ich/ wie groß ist euer Anzahl? so findet man dann
allerseits nichts als die Falschheit/ a Dio, mein Weeg ist
weiter.

Kaum hatte ich etlich Schritt gethan/ da kamen mir
unter die Augen zwey sehr prächtig aufgeputzte Frauen/
die auch gestalt-halber der schönen Rachel, um welche
Jacob so viel Jahr gedient/ nit viel nachgaben. Es schim-
merte alles an ihnen von Gold/ Perl/ und Edelgestein/
daß mir schier eingefallen/ als hätten sie die Spanische
Flotta beraubet. O sagte ich bey mir selbsten/ das ha-
ben fast alle Weiber/ daß sie wollen schön seyn/ wenig
Bollandus
tom. 3.
seyn anzutreffen/ wie da gewest die heilige Paula, ein
Spanische Jungfrau zu Abula, welche Gestalt halber
sehr offt vom vielen muthwilligen Gesellen ist angefoch-
ten worden/ Als sie auf ein Zeit von einem dergleichen
Luder zur Ungebühr gesucht worden/ hat sie sich gantz
schleinig in die Kirchen des heiligen Laurentii begeben/
daselbsten die Füß des gekreutzigten JESU umarmet/
und mit nassen Augen den Heyland ersucht/ daß er doch
möchte von ihr die schöne Gestalt hinweg nehmen/ wor-
auf ihr alsobalden ein Spannlanger Bart gewachsen/
die Stirn voller Runtzlen/ das Angesicht bäurisch/ grob/
und holtzhackerisch/ wessenthalben sie aller Gefahr ent-
gangen/ auch bis in Tod einen heiligen Lebenswandel
geführt/ und in der Legent der Heiligen/ Paula barbata die
bartete Paula genennet wird.

Deßgleichen wird man wenig zehlen in der Welt/
wol aber die Menge der Jenigen/ so die schöne Gestalt
über alles/ und gleichsam anbeten/ und zwar obgedachte

zwey

Judas der falſche Boͤswicht
ihm gar zu wohl bekandt/ Bohnen-Mehl/ gedoͤrrte Wur-
zel von wilden Sauerampf/ die Suppen von geſottnen
Ochſenfuͤßen/ mache hieraus ein Maſſa oder Teig/ ſtreich
darmit die Haut an/ welches nachmahls der Tauſende
vor einen natuͤrlichen Auſſatz thue halten. O Schelmen!
gedachte ich/ wie groß iſt euer Anzahl? ſo findet man dañ
allerſeits nichts als die Falſchheit/ a Dio, mein Weeg iſt
weiter.

Kaum hatte ich etlich Schritt gethan/ da kamen mir
unter die Augen zwey ſehr praͤchtig aufgeputzte Frauen/
die auch geſtalt-halber der ſchoͤnen Rachel, um welche
Jacob ſo viel Jahr gedient/ nit viel nachgaben. Es ſchim-
merte alles an ihnen von Gold/ Perl/ und Edelgeſtein/
daß mir ſchier eingefallen/ als haͤtten ſie die Spaniſche
Flotta beraubet. O ſagte ich bey mir ſelbſten/ das ha-
ben faſt alle Weiber/ daß ſie wollen ſchoͤn ſeyn/ wenig
Bollandus
tom. 3.
ſeyn anzutreffen/ wie da geweſt die heilige Paula, ein
Spaniſche Jungfrau zu Abula, welche Geſtalt halber
ſehr offt vom vielen muthwilligen Geſellen iſt angefoch-
ten worden/ Als ſie auf ein Zeit von einem dergleichen
Luder zur Ungebuͤhr geſucht worden/ hat ſie ſich gantz
ſchleinig in die Kirchen des heiligen Laurentii begeben/
daſelbſten die Fuͤß des gekreutzigten JESU umarmet/
und mit naſſen Augen den Heyland erſucht/ daß er doch
moͤchte von ihr die ſchoͤne Geſtalt hinweg nehmen/ wor-
auf ihr alſobalden ein Spannlanger Bart gewachſen/
die Stirn voller Runtzlen/ das Angeſicht baͤuriſch/ grob/
und holtzhackeriſch/ weſſenthalben ſie aller Gefahr ent-
gangen/ auch bis in Tod einen heiligen Lebenswandel
gefuͤhrt/ und in der Legent der Heiligen/ Paula barbata die
bartete Paula genennet wird.

Deßgleichen wird man wenig zehlen in der Welt/
wol aber die Menge der Jenigen/ ſo die ſchoͤne Geſtalt
uͤber alles/ und gleichſam anbeten/ und zwar obgedachte

zwey
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0304" n="272"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Judas der fal&#x017F;che Bo&#x0364;swicht</hi></fw><lb/>
ihm gar zu wohl bekandt/ Bohnen-Mehl/ gedo&#x0364;rrte Wur-<lb/>
zel von wilden Sauerampf/ die Suppen von ge&#x017F;ottnen<lb/>
Och&#x017F;enfu&#x0364;ßen/ mache hieraus ein <hi rendition="#aq">Ma&#x017F;&#x017F;a</hi> oder Teig/ &#x017F;treich<lb/>
darmit die Haut an/ welches nachmahls der Tau&#x017F;ende<lb/>
vor einen natu&#x0364;rlichen Au&#x017F;&#x017F;atz thue halten. O Schelmen!<lb/>
gedachte ich/ wie groß i&#x017F;t euer Anzahl? &#x017F;o findet man dan&#x0303;<lb/>
aller&#x017F;eits nichts als die Fal&#x017F;chheit/ <hi rendition="#aq">a Dio,</hi> mein Weeg i&#x017F;t<lb/>
weiter.</p><lb/>
        <p>Kaum hatte ich etlich Schritt gethan/ da kamen mir<lb/>
unter die Augen zwey &#x017F;ehr pra&#x0364;chtig aufgeputzte Frauen/<lb/>
die auch ge&#x017F;talt-halber der &#x017F;cho&#x0364;nen <hi rendition="#aq">Rachel,</hi> um welche<lb/><hi rendition="#aq">Jacob</hi> &#x017F;o viel Jahr gedient/ nit viel nachgaben. Es &#x017F;chim-<lb/>
merte alles an ihnen von Gold/ Perl/ und Edelge&#x017F;tein/<lb/>
daß mir &#x017F;chier eingefallen/ als ha&#x0364;tten &#x017F;ie die Spani&#x017F;che<lb/>
Flotta beraubet. O &#x017F;agte ich bey mir &#x017F;elb&#x017F;ten/ das ha-<lb/>
ben fa&#x017F;t alle Weiber/ daß &#x017F;ie wollen &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;eyn/ wenig<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Bollandus<lb/>
tom. 3.</hi></note>&#x017F;eyn anzutreffen/ wie da gewe&#x017F;t die heilige <hi rendition="#aq">Paula,</hi> ein<lb/>
Spani&#x017F;che Jungfrau zu <hi rendition="#aq">Abula,</hi> welche Ge&#x017F;talt halber<lb/>
&#x017F;ehr offt vom vielen muthwilligen Ge&#x017F;ellen i&#x017F;t angefoch-<lb/>
ten worden/ Als &#x017F;ie auf ein Zeit von einem dergleichen<lb/>
Luder zur Ungebu&#x0364;hr ge&#x017F;ucht worden/ hat &#x017F;ie &#x017F;ich gantz<lb/>
&#x017F;chleinig in die Kirchen des heiligen <hi rendition="#aq">Laurentii</hi> begeben/<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;ten die Fu&#x0364;ß des gekreutzigten JESU umarmet/<lb/>
und mit na&#x017F;&#x017F;en Augen den Heyland er&#x017F;ucht/ daß er doch<lb/>
mo&#x0364;chte von ihr die &#x017F;cho&#x0364;ne Ge&#x017F;talt hinweg nehmen/ wor-<lb/>
auf ihr al&#x017F;obalden ein Spannlanger Bart gewach&#x017F;en/<lb/>
die Stirn voller Runtzlen/ das Ange&#x017F;icht ba&#x0364;uri&#x017F;ch/ grob/<lb/>
und holtzhackeri&#x017F;ch/ we&#x017F;&#x017F;enthalben &#x017F;ie aller Gefahr ent-<lb/>
gangen/ auch bis in Tod einen heiligen Lebenswandel<lb/>
gefu&#x0364;hrt/ und in der <hi rendition="#aq">Legent</hi> der Heiligen/ <hi rendition="#aq">Paula barbata</hi> die<lb/>
bartete <hi rendition="#aq">Paula</hi> genennet wird.</p><lb/>
        <p>Deßgleichen wird man wenig zehlen in der Welt/<lb/>
wol aber die Menge der Jenigen/ &#x017F;o die &#x017F;cho&#x0364;ne Ge&#x017F;talt<lb/>
u&#x0364;ber alles/ und gleich&#x017F;am anbeten/ und zwar obgedachte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zwey</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[272/0304] Judas der falſche Boͤswicht ihm gar zu wohl bekandt/ Bohnen-Mehl/ gedoͤrrte Wur- zel von wilden Sauerampf/ die Suppen von geſottnen Ochſenfuͤßen/ mache hieraus ein Maſſa oder Teig/ ſtreich darmit die Haut an/ welches nachmahls der Tauſende vor einen natuͤrlichen Auſſatz thue halten. O Schelmen! gedachte ich/ wie groß iſt euer Anzahl? ſo findet man dañ allerſeits nichts als die Falſchheit/ a Dio, mein Weeg iſt weiter. Kaum hatte ich etlich Schritt gethan/ da kamen mir unter die Augen zwey ſehr praͤchtig aufgeputzte Frauen/ die auch geſtalt-halber der ſchoͤnen Rachel, um welche Jacob ſo viel Jahr gedient/ nit viel nachgaben. Es ſchim- merte alles an ihnen von Gold/ Perl/ und Edelgeſtein/ daß mir ſchier eingefallen/ als haͤtten ſie die Spaniſche Flotta beraubet. O ſagte ich bey mir ſelbſten/ das ha- ben faſt alle Weiber/ daß ſie wollen ſchoͤn ſeyn/ wenig ſeyn anzutreffen/ wie da geweſt die heilige Paula, ein Spaniſche Jungfrau zu Abula, welche Geſtalt halber ſehr offt vom vielen muthwilligen Geſellen iſt angefoch- ten worden/ Als ſie auf ein Zeit von einem dergleichen Luder zur Ungebuͤhr geſucht worden/ hat ſie ſich gantz ſchleinig in die Kirchen des heiligen Laurentii begeben/ daſelbſten die Fuͤß des gekreutzigten JESU umarmet/ und mit naſſen Augen den Heyland erſucht/ daß er doch moͤchte von ihr die ſchoͤne Geſtalt hinweg nehmen/ wor- auf ihr alſobalden ein Spannlanger Bart gewachſen/ die Stirn voller Runtzlen/ das Angeſicht baͤuriſch/ grob/ und holtzhackeriſch/ weſſenthalben ſie aller Gefahr ent- gangen/ auch bis in Tod einen heiligen Lebenswandel gefuͤhrt/ und in der Legent der Heiligen/ Paula barbata die bartete Paula genennet wird. Bollandus tom. 3. Deßgleichen wird man wenig zehlen in der Welt/ wol aber die Menge der Jenigen/ ſo die ſchoͤne Geſtalt uͤber alles/ und gleichſam anbeten/ und zwar obgedachte zwey

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/304
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/304>, abgerufen am 12.05.2024.