Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas der verblendte Gesell sucht das
nend/ dessentwegen das Closter quittirt/ und wieder in die
Welt gekehret/ damit er desto füglicher und besser dem Le-
sen und Schreiben und fernerem Studio könne abwar-
ten/ es bliebe aber der saubere Urian ein Doctor Püffel
wie zuvor/ dahero dann wieder in das vorige Closter ge-
tretten/ aber von dem vorigen Hoffarts-Geist nit abge-
tretten/ sondern auf ein neues mit gröstem Eyffer sich
mehrmal auf das Studiren begeben/ Tag und Nacht spe-
culi
rt/ damit er nur möchte Bischoff werden/ früh und
spath im Buch gelegen/ damit er nur möchte Bischoff
werden/ vormittag und nachmittag gearbeitet/ damit er
nur möchte Bischoff werden/ inwendig und auswendig
gelernet/ damit er nur möchte Bischoff werden/ in der
Cell/ und ausser der Cell gestudiret/ damit er nur möchte
Bischoff werden/ es hätten ihme mögen die Augen aus-
rinnen/ es hätte ihme mögen das Hirn zerspalten/ es hät-
te ihme mögen die Gedächtnuß zerklieben/ vor lauter
lernen/ damit er nur möchte ein Bischoff werden. O Fra-
ter Narr-ciß!
Einsmals erscheinet ihm der böse Feind/
in der Gestalt eines Glor-reichen Engels/ und trägt ihm
mit freundlichen Gespräch vor/ wie daß GOtt dem All-
mächtigen höchst-wolgefällig seye sein so heilige Mey-
nung/ solle demnach auf keine Weise von dem Studiren
nachlassen/ massen ihn schon GOtt habe auserkiesen zu ei-
nem vornehmen Ertz-Bischoff. Wie solches der geschorne
Knollius vernommen/ da war keine Weiß/ kein Fleiß/
keine Zeit/ kein Streit/ kein Orth/ kein Port/ so er nit
hätte zu dem Studiren angewendet/ er schauete seine Ne-
ben-Brüder über Zwerg an/ er resignirte alle Kuchen-
Arbeit/ und thäte verachten seine vorgesetzte Obrigkeit/ er
weigerte allen Gehorsam/ in Summa/ er thäte derge-

stalten

Judas der verblendte Geſell ſucht das
nend/ deſſentwegen das Cloſter quittirt/ und wieder in die
Welt gekehret/ damit er deſto fuͤglicher und beſſer dem Le-
ſen und Schreiben und fernerem Studio koͤnne abwar-
ten/ es bliebe aber der ſaubere Urian ein Doctor Puͤffel
wie zuvor/ dahero dann wieder in das vorige Cloſter ge-
tretten/ aber von dem vorigen Hoffarts-Geiſt nit abge-
tretten/ ſondern auf ein neues mit groͤſtem Eyffer ſich
mehrmal auf das Studiren begeben/ Tag und Nacht ſpe-
culi
rt/ damit er nur moͤchte Biſchoff werden/ fruͤh und
ſpath im Buch gelegen/ damit er nur moͤchte Biſchoff
werden/ vormittag und nachmittag gearbeitet/ damit er
nur moͤchte Biſchoff werden/ inwendig und auswendig
gelernet/ damit er nur moͤchte Biſchoff werden/ in der
Cell/ und auſſer der Cell geſtudiret/ damit er nur moͤchte
Biſchoff werden/ es haͤtten ihme moͤgen die Augen aus-
rinnen/ es haͤtte ihme moͤgen das Hirn zerſpalten/ es haͤt-
te ihme moͤgen die Gedaͤchtnuß zerklieben/ vor lauter
lernen/ damit er nur moͤchte ein Biſchoff werden. O Fra-
ter Narr-ciß!
Einsmals erſcheinet ihm der boͤſe Feind/
in der Geſtalt eines Glor-reichen Engels/ und traͤgt ihm
mit freundlichen Geſpraͤch vor/ wie daß GOtt dem All-
maͤchtigen hoͤchſt-wolgefaͤllig ſeye ſein ſo heilige Mey-
nung/ ſolle demnach auf keine Weiſe von dem Studiren
nachlaſſen/ maſſen ihn ſchon GOtt habe auſerkieſen zu ei-
nem vornehmen Ertz-Biſchoff. Wie ſolches der geſchorne
Knollius vernommen/ da war keine Weiß/ kein Fleiß/
keine Zeit/ kein Streit/ kein Orth/ kein Port/ ſo er nit
haͤtte zu dem Studiren angewendet/ er ſchauete ſeine Ne-
ben-Bruͤder uͤber Zwerg an/ er reſignirte alle Kuchen-
Arbeit/ und thaͤte verachten ſeine vorgeſetzte Obrigkeit/ er
weigerte allen Gehorſam/ in Summa/ er thaͤte derge-

ſtalten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0284" n="252"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#fr">Judas der verblendte Ge&#x017F;ell &#x017F;ucht das</hi></fw><lb/>
nend/ de&#x017F;&#x017F;entwegen das Clo&#x017F;ter <hi rendition="#aq">quitti</hi>rt/ und wieder in die<lb/>
Welt gekehret/ damit er de&#x017F;to fu&#x0364;glicher und be&#x017F;&#x017F;er dem Le-<lb/>
&#x017F;en und Schreiben und fernerem <hi rendition="#aq">Studio</hi> ko&#x0364;nne abwar-<lb/>
ten/ es bliebe aber der &#x017F;aubere <hi rendition="#aq">Urian</hi> ein <hi rendition="#aq">Doctor</hi> Pu&#x0364;ffel<lb/>
wie zuvor/ dahero dann wieder in das vorige Clo&#x017F;ter ge-<lb/>
tretten/ aber von dem vorigen Hoffarts-Gei&#x017F;t nit abge-<lb/>
tretten/ &#x017F;ondern auf ein neues mit gro&#x0364;&#x017F;tem Eyffer &#x017F;ich<lb/>
mehrmal auf das <hi rendition="#aq">Studi</hi>ren begeben/ Tag und Nacht <hi rendition="#aq">&#x017F;pe-<lb/>
culi</hi>rt/ damit er nur mo&#x0364;chte Bi&#x017F;choff werden/ fru&#x0364;h und<lb/>
&#x017F;path im Buch gelegen/ damit er nur mo&#x0364;chte Bi&#x017F;choff<lb/>
werden/ vormittag und nachmittag gearbeitet/ damit er<lb/>
nur mo&#x0364;chte Bi&#x017F;choff werden/ inwendig und auswendig<lb/>
gelernet/ damit er nur mo&#x0364;chte Bi&#x017F;choff werden/ in der<lb/>
Cell/ und au&#x017F;&#x017F;er der Cell <choice><sic>ge&#x017F;tndiret</sic><corr>ge&#x017F;tudiret</corr></choice>/ damit er nur mo&#x0364;chte<lb/>
Bi&#x017F;choff werden/ es ha&#x0364;tten ihme mo&#x0364;gen die Augen aus-<lb/>
rinnen/ es ha&#x0364;tte ihme mo&#x0364;gen das Hirn zer&#x017F;palten/ es ha&#x0364;t-<lb/>
te ihme mo&#x0364;gen die Geda&#x0364;chtnuß zerklieben/ vor lauter<lb/>
lernen/ damit er nur mo&#x0364;chte ein Bi&#x017F;choff werden. <hi rendition="#aq">O Fra-<lb/>
ter Narr-ciß!</hi> Einsmals er&#x017F;cheinet ihm der bo&#x0364;&#x017F;e Feind/<lb/>
in der Ge&#x017F;talt eines Glor-reichen Engels/ und tra&#x0364;gt ihm<lb/>
mit freundlichen Ge&#x017F;pra&#x0364;ch vor/ wie daß GOtt dem All-<lb/>
ma&#x0364;chtigen ho&#x0364;ch&#x017F;t-wolgefa&#x0364;llig &#x017F;eye &#x017F;ein &#x017F;o heilige Mey-<lb/>
nung/ &#x017F;olle demnach auf keine Wei&#x017F;e von dem <hi rendition="#aq">Studi</hi>ren<lb/>
nachla&#x017F;&#x017F;en/ ma&#x017F;&#x017F;en ihn &#x017F;chon GOtt habe au&#x017F;erkie&#x017F;en zu ei-<lb/>
nem vornehmen Ertz-Bi&#x017F;choff. Wie &#x017F;olches der ge&#x017F;chorne<lb/><hi rendition="#aq">Knollius</hi> vernommen/ da war keine Weiß/ kein Fleiß/<lb/>
keine Zeit/ kein Streit/ kein Orth/ kein Port/ &#x017F;o er nit<lb/>
ha&#x0364;tte zu dem <hi rendition="#aq">Studi</hi>ren angewendet/ er &#x017F;chauete &#x017F;eine Ne-<lb/>
ben-Bru&#x0364;der u&#x0364;ber Zwerg an/ er <hi rendition="#aq">re&#x017F;ignir</hi>te alle Kuchen-<lb/>
Arbeit/ und tha&#x0364;te verachten &#x017F;eine vorge&#x017F;etzte Obrigkeit/ er<lb/>
weigerte allen Gehor&#x017F;am/ in Summa/ er tha&#x0364;te derge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;talten</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[252/0284] Judas der verblendte Geſell ſucht das nend/ deſſentwegen das Cloſter quittirt/ und wieder in die Welt gekehret/ damit er deſto fuͤglicher und beſſer dem Le- ſen und Schreiben und fernerem Studio koͤnne abwar- ten/ es bliebe aber der ſaubere Urian ein Doctor Puͤffel wie zuvor/ dahero dann wieder in das vorige Cloſter ge- tretten/ aber von dem vorigen Hoffarts-Geiſt nit abge- tretten/ ſondern auf ein neues mit groͤſtem Eyffer ſich mehrmal auf das Studiren begeben/ Tag und Nacht ſpe- culirt/ damit er nur moͤchte Biſchoff werden/ fruͤh und ſpath im Buch gelegen/ damit er nur moͤchte Biſchoff werden/ vormittag und nachmittag gearbeitet/ damit er nur moͤchte Biſchoff werden/ inwendig und auswendig gelernet/ damit er nur moͤchte Biſchoff werden/ in der Cell/ und auſſer der Cell geſtudiret/ damit er nur moͤchte Biſchoff werden/ es haͤtten ihme moͤgen die Augen aus- rinnen/ es haͤtte ihme moͤgen das Hirn zerſpalten/ es haͤt- te ihme moͤgen die Gedaͤchtnuß zerklieben/ vor lauter lernen/ damit er nur moͤchte ein Biſchoff werden. O Fra- ter Narr-ciß! Einsmals erſcheinet ihm der boͤſe Feind/ in der Geſtalt eines Glor-reichen Engels/ und traͤgt ihm mit freundlichen Geſpraͤch vor/ wie daß GOtt dem All- maͤchtigen hoͤchſt-wolgefaͤllig ſeye ſein ſo heilige Mey- nung/ ſolle demnach auf keine Weiſe von dem Studiren nachlaſſen/ maſſen ihn ſchon GOtt habe auſerkieſen zu ei- nem vornehmen Ertz-Biſchoff. Wie ſolches der geſchorne Knollius vernommen/ da war keine Weiß/ kein Fleiß/ keine Zeit/ kein Streit/ kein Orth/ kein Port/ ſo er nit haͤtte zu dem Studiren angewendet/ er ſchauete ſeine Ne- ben-Bruͤder uͤber Zwerg an/ er reſignirte alle Kuchen- Arbeit/ und thaͤte verachten ſeine vorgeſetzte Obrigkeit/ er weigerte allen Gehorſam/ in Summa/ er thaͤte derge- ſtalten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/284
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/284>, abgerufen am 12.05.2024.