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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas der verblendte Gesell sucht das

O wie viel gibt es solche Esels-Freunde! was ist an-
derst unser sterblicher Leib als ein Esel? also hat ihn alle-
mal der Heil. Einsidler Pachomius benamset/ und dieses
Gesellen nimmt man sich doch allerseits an/ damit nur
ihme nichts übels begegne/ damit nur er wohl gehalten
werde/ an die Seel gedenckt man wenig/ auf solche Weise
seynd die Egyptische Zwiefel besser/ als das Himmlische
Manna, auf solchen Schlag gilt das Linsen-Koch des
Esau mehrer als der Honig-Fladen des Samsons, auf
solche Manier ist schöner der Misthauffen des Jobs, als
der guldene Thron Salomonis, wann der Leib alles gilt/
und die Seele so wenig.

Daß Joannes Baptista in Mutter-Leib aus lauter
Freuden wegen der Gegenwart Christi in der Schoß
Mariae aufgehupfft/ ist ein groß Wunder. Daß Bene-
dictus
in Mutter-Leib von freyen Stücken hat angefan-
gen zu psalliren und singen/ wie ein Mönch im Chor/ ist
ein groß Wunder. Daß Vincentius Ferrerius in Mut-
ter-Leib starck angefangen zu bellen wie ein Hund/ ist
ein groß Wunder. Daß aber jacob und Esau beede
Brüder in Mutter-Leib miteinander geplagt und ge-
Genes. 25.stritten/ ja so gar einer den andern hin und her gestossen/
ist es nit weniger ein grosses Wunder/ dann sie hätten ja
sollen aus Antrieb der Natur die Schoß der Mutter/ als
einen so hoch - privilegirten Burg-Fried respectiren:
es hat aber dazumahl die verdammte Ehrsucht schon die
zwey kleine Kinder also kützelt/ daß sie um die Praecedentz
und Vorgang nach Kräfften gestritten/ welches leyder
noch in der gantzen Welt zu sehen/ O was Fleiß und Un-
kosten wird allerseits angewendet/ damit der Leib/ dieser
leimige Trampel verehret werde! Signore, ich sihe euch

schon
Judas der verblendte Geſell ſucht das

O wie viel gibt es ſolche Eſels-Freunde! was iſt an-
derſt unſer ſterblicher Leib als ein Eſel? alſo hat ihn alle-
mal der Heil. Einſidler Pachomius benamſet/ und dieſes
Geſellen nimmt man ſich doch allerſeits an/ damit nur
ihme nichts uͤbels begegne/ damit nur er wohl gehalten
werde/ an die Seel gedenckt man wenig/ auf ſolche Weiſe
ſeynd die Egyptiſche Zwiefel beſſer/ als das Himmliſche
Manna, auf ſolchen Schlag gilt das Linſen-Koch des
Eſau mehrer als der Honig-Fladen des Samſons, auf
ſolche Manier iſt ſchoͤner der Miſthauffen des Jobs, als
der guldene Thron Salomonis, wann der Leib alles gilt/
und die Seele ſo wenig.

Daß Joannes Baptiſta in Mutter-Leib aus lauter
Freuden wegen der Gegenwart Chriſti in der Schoß
Mariæ aufgehupfft/ iſt ein groß Wunder. Daß Bene-
dictus
in Mutter-Leib von freyen Stuͤcken hat angefan-
gen zu pſalliren und ſingen/ wie ein Moͤnch im Chor/ iſt
ein groß Wunder. Daß Vincentius Ferrerius in Mut-
ter-Leib ſtarck angefangen zu bellen wie ein Hund/ iſt
ein groß Wunder. Daß aber jacob und Eſau beede
Bruͤder in Mutter-Leib miteinander geplagt und ge-
Genes. 25.ſtritten/ ja ſo gar einer den andern hin und her geſtoſſen/
iſt es nit weniger ein groſſes Wunder/ dann ſie haͤtten ja
ſollen aus Antrieb der Natur die Schoß der Mutter/ als
einen ſo hoch ‒ privilegirten Burg-Fried reſpectiren:
es hat aber dazumahl die verdammte Ehrſucht ſchon die
zwey kleine Kinder alſo kuͤtzelt/ daß ſie um die Præcedentz
und Vorgang nach Kraͤfften geſtritten/ welches leyder
noch in der gantzen Welt zu ſehen/ O was Fleiß und Un-
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leimige Trampel verehret werde! Signore, ich ſihe euch

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[250/0282] Judas der verblendte Geſell ſucht das O wie viel gibt es ſolche Eſels-Freunde! was iſt an- derſt unſer ſterblicher Leib als ein Eſel? alſo hat ihn alle- mal der Heil. Einſidler Pachomius benamſet/ und dieſes Geſellen nimmt man ſich doch allerſeits an/ damit nur ihme nichts uͤbels begegne/ damit nur er wohl gehalten werde/ an die Seel gedenckt man wenig/ auf ſolche Weiſe ſeynd die Egyptiſche Zwiefel beſſer/ als das Himmliſche Manna, auf ſolchen Schlag gilt das Linſen-Koch des Eſau mehrer als der Honig-Fladen des Samſons, auf ſolche Manier iſt ſchoͤner der Miſthauffen des Jobs, als der guldene Thron Salomonis, wann der Leib alles gilt/ und die Seele ſo wenig. Daß Joannes Baptiſta in Mutter-Leib aus lauter Freuden wegen der Gegenwart Chriſti in der Schoß Mariæ aufgehupfft/ iſt ein groß Wunder. Daß Bene- dictus in Mutter-Leib von freyen Stuͤcken hat angefan- gen zu pſalliren und ſingen/ wie ein Moͤnch im Chor/ iſt ein groß Wunder. Daß Vincentius Ferrerius in Mut- ter-Leib ſtarck angefangen zu bellen wie ein Hund/ iſt ein groß Wunder. Daß aber jacob und Eſau beede Bruͤder in Mutter-Leib miteinander geplagt und ge- ſtritten/ ja ſo gar einer den andern hin und her geſtoſſen/ iſt es nit weniger ein groſſes Wunder/ dann ſie haͤtten ja ſollen aus Antrieb der Natur die Schoß der Mutter/ als einen ſo hoch ‒ privilegirten Burg-Fried reſpectiren: es hat aber dazumahl die verdammte Ehrſucht ſchon die zwey kleine Kinder alſo kuͤtzelt/ daß ſie um die Præcedentz und Vorgang nach Kraͤfften geſtritten/ welches leyder noch in der gantzen Welt zu ſehen/ O was Fleiß und Un- koſten wird allerſeits angewendet/ damit der Leib/ dieſer leimige Trampel verehret werde! Signore, ich ſihe euch ſchon Genes. 25.

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/282>, abgerufen am 11.05.2024.