Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.Judas der Ertzschelm hasset das geistliche Gesang/ dem andern herauf/ und zu dem aufgesperrten Maul/ alsdurch eine offene Pforten hinausgekrochen/ welches allen Anwesenden/ theils ein Gelächter/ theils einen Grausen verursachte/ indem sie sahen/ wie diese wilde Rotzer aus dem rothen Wein-Bad gantz naß herauf gestiegen/ wie einer nach dem andern über den Steg der Zungen gemar- schirt/ wie sie zwischen den Pallisaden der Zähn heraus- geschlichen/ wie sie über den Wall der schmotzigen Leffzen sich herunter gelassen/ wie sie in ungleicher Ordnung über die Flache des Gesichts krochen/ und allerseits dergestalten rotzige Fußstapffen nach sich gelassen/ daß die verspieglete Larven einem glasirten Essig-Krug nit ungleich sahe; Es retirirten sich die meiste aus ihm auf die Ofen-Stängel hinauf/ und hangten nit anderst droben/ als wie die No- ten in den Musicalischen Linien. In Summa/ abscheulich war zu sehen/ solche lebendige Braten aus dem Maul mar- schiren. Weit aber schändlicher/ ja unvergleichlich wilder/ und zu
Judas der Ertzſchelm haſſet das geiſtliche Geſang/ dem andern herauf/ und zu dem aufgeſperrten Maul/ alsdurch eine offene Pforten hinausgekrochen/ welches allen Anweſenden/ theils ein Gelaͤchter/ theils einen Grauſen verurſachte/ indem ſie ſahen/ wie dieſe wilde Rotzer aus dem rothen Wein-Bad gantz naß herauf geſtiegen/ wie einer nach dem andern uͤber den Steg der Zungen gemar- ſchirt/ wie ſie zwiſchen den Palliſaden der Zaͤhn heraus- geſchlichen/ wie ſie uͤber den Wall der ſchmotzigen Leffzen ſich herunter gelaſſen/ wie ſie in ungleicher Ordnung uͤber die Flache des Geſichts krochen/ und allerſeits dergeſtalten rotzige Fußſtapffen nach ſich gelaſſen/ daß die verſpieglete Larven einem glaſirten Eſſig-Krug nit ungleich ſahe; Es retirirten ſich die meiſte aus ihm auf die Ofen-Staͤngel hinauf/ und hangten nit anderſt droben/ als wie die No- ten in den Muſicaliſchen Linien. In Summa/ abſcheulich war zu ſehen/ ſolche lebendige Braten aus dem Maul mar- ſchiren. Weit aber ſchaͤndlicher/ ja unvergleichlich wilder/ und zu
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Judas der Ertzſchelm haſſet das geiſtliche Geſang/
dem andern herauf/ und zu dem aufgeſperrten Maul/ als
durch eine offene Pforten hinausgekrochen/ welches allen
Anweſenden/ theils ein Gelaͤchter/ theils einen Grauſen
verurſachte/ indem ſie ſahen/ wie dieſe wilde Rotzer aus
dem rothen Wein-Bad gantz naß herauf geſtiegen/ wie
einer nach dem andern uͤber den Steg der Zungen gemar-
ſchirt/ wie ſie zwiſchen den Palliſaden der Zaͤhn heraus-
geſchlichen/ wie ſie uͤber den Wall der ſchmotzigen Leffzen
ſich herunter gelaſſen/ wie ſie in ungleicher Ordnung uͤber
die Flache des Geſichts krochen/ und allerſeits dergeſtalten
rotzige Fußſtapffen nach ſich gelaſſen/ daß die verſpieglete
Larven einem glaſirten Eſſig-Krug nit ungleich ſahe; Es
retirirten ſich die meiſte aus ihm auf die Ofen-Staͤngel
hinauf/ und hangten nit anderſt droben/ als wie die No-
ten in den Muſicaliſchen Linien. In Summa/ abſcheulich
war zu ſehen/ ſolche lebendige Braten aus dem Maul mar-
ſchiren.
Weit aber ſchaͤndlicher/ ja unvergleichlich wilder/ und
graußlicher iſt zu ſehen/ wann einem Menſchen/ der nach
GOttes Ebenbild erſchaffen/ aus dem Mund ſo wilde Zot-
ten/ ſo unverſchaͤmte Reimen/ ſo garſtige Wort durch Ge-
ſang und Lieder ausbrechen/ wann der Mund/ ſo von
rechtswegen ſoll ſeyn eine Cautzley der Goͤttlichen Lob-
Spruͤch/ wird gemacht zu einer ſtinckenden Miſt-Butten/
wann der Mund/ ſo/ Gebuͤhr halber/ ſoll ſeyn eine Harpf-
fen David, wird verkehrt in einen unflaͤhtigen Sau-Trog/
wann der Mund/ ſo ein ſauberer Saal ſoll ſeyn/ worinnen/
unter der Geſtalt des Brods/ der wahre GOtt einkehret/
dahero Mund von dem mundus, auf teutſch ſauber her-
kommt/ wird gemacht zu einem Stall/ in welchem lauter
Geſtanck und Wuſt gefunden wird. Hat jener Hauptmañ
zu
Luc. 7.
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