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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas der Ertzschelm hasset das geistliche Gesang/
fast kan bey seiner Arbeit/ und unter seiner Arbeit/ massen
ohne das das Maul feyren thut/ GOtt dem HErrn mit ei-
nem geistlichen Lied und Lobgesang verehren/ zumal hier-
durch die Arbeit weit geringer/ die Zeit weit kürtzer/ das
Werck weit besser/ das Verfertigen weit schleuniger/ das
Verkauffen weit glücklicher/ und das Bezahlen weit ge-
wisser wird/ und solche alle seynd saubere Singer.

Es gibt aber auch saumige Singer. Der stoltze
Egyptische Monarch Pharao/ war nit allein hoch- und
übermühtig/ sondern auch sehr haiglich/ dann als auf eine
Genes. 40Zeit zwey seiner Hof-Bedienten gar geringe Fehler be-
gangen/ hat er dieselbige nit allein in Kercker und finstere
Gefängnuß geworffen/ sondern gar einen aus diesen las-
sen an Galgen hencken/ gedachte zwey Hofbediente waren
der Mundschenck/ und der Mund-Beck/ des Ersten sein
Verbrechen war/ daß er in dem Mund-Becher/ den er
dem König dargereicht/ eine kleine Mücken/ so ungefehr
hineingefallen/ nit vermerckt/ darum hat es geheissen/ daß
man den Schelm in Thurn werffe: der andere/ als der
Mund-Beck/ so nachmals gar muste durch den Strick
Moyses
Barceph.
41.
sterben/ hatte nichts anders verwirckt/ als daß ungefehr
in der Mundsemmel der König ein Haar gefunden/ wie
die Rabbiner vorgeben/ wessenthalben es dem König also
gegraust hat/ daß er lang keine Semmel mehr wolte sehen
noch essen/ und derenthalben den armen Becken zum Gal-
gen verurtheilet.

Es gibt ebenfalls solche Geistliche/ die gantz säumige
Singer seynd/ und graust ihnen vor dem Chor/ als hätten
sie ein Haar darinnen gefunden/ wie Pharao in der Sem-
mel/ wie dann einer auf eine Zeit Schertz-weiß ist ange-
klagt worden/ als hätte er eines andern sein neues Brevir
aus dem Chor entfremdet/ dieser aber über solche unge-
gründete Anklag ware nit ein wenig entrüst/ dahero zu
seiner besten Entschuldigung ausgesagt/ er wolle es mit

einem

Judas der Ertzſchelm haſſet das geiſtliche Geſang/
faſt kan bey ſeiner Arbeit/ und unter ſeiner Arbeit/ maſſen
ohne das das Maul feyren thut/ GOtt dem HErꝛn mit ei-
nem geiſtlichen Lied und Lobgeſang verehren/ zumal hier-
durch die Arbeit weit geringer/ die Zeit weit kuͤrtzer/ das
Werck weit beſſer/ das Verfertigen weit ſchleuniger/ das
Verkauffen weit gluͤcklicher/ und das Bezahlen weit ge-
wiſſer wird/ und ſolche alle ſeynd ſaubere Singer.

Es gibt aber auch ſaumige Singer. Der ſtoltze
Egyptiſche Monarch Pharao/ war nit allein hoch- und
uͤbermuͤhtig/ ſondern auch ſehr haiglich/ dann als auf eine
Genes. 40Zeit zwey ſeiner Hof-Bedienten gar geringe Fehler be-
gangen/ hat er dieſelbige nit allein in Kercker und finſtere
Gefaͤngnuß geworffen/ ſondern gar einen aus dieſen laſ-
ſen an Galgen hencken/ gedachte zwey Hofbediente waren
der Mundſchenck/ und der Mund-Beck/ des Erſten ſein
Verbrechen war/ daß er in dem Mund-Becher/ den er
dem Koͤnig dargereicht/ eine kleine Muͤcken/ ſo ungefehr
hineingefallen/ nit vermerckt/ darum hat es geheiſſen/ daß
man den Schelm in Thurn werffe: der andere/ als der
Mund-Beck/ ſo nachmals gar muſte durch den Strick
Moyſes
Barceph.
41.
ſterben/ hatte nichts anders verwirckt/ als daß ungefehr
in der Mundſemmel der Koͤnig ein Haar gefunden/ wie
die Rabbiner vorgeben/ weſſenthalben es dem Koͤnig alſo
gegrauſt hat/ daß er lang keine Semmel mehr wolte ſehen
noch eſſen/ und derenthalben den armen Becken zum Gal-
gen verurtheilet.

Es gibt ebenfalls ſolche Geiſtliche/ die gantz ſaͤumige
Singer ſeynd/ und grauſt ihnen vor dem Chor/ als haͤtten
ſie ein Haar darinnen gefunden/ wie Pharao in der Sem-
mel/ wie dann einer auf eine Zeit Schertz-weiß iſt ange-
klagt worden/ als haͤtte er eines andern ſein neues Brevir
aus dem Chor entfremdet/ dieſer aber uͤber ſolche unge-
gruͤndete Anklag ware nit ein wenig entruͤſt/ dahero zu
ſeiner beſten Entſchuldigung ausgeſagt/ er wolle es mit

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[94/0126] Judas der Ertzſchelm haſſet das geiſtliche Geſang/ faſt kan bey ſeiner Arbeit/ und unter ſeiner Arbeit/ maſſen ohne das das Maul feyren thut/ GOtt dem HErꝛn mit ei- nem geiſtlichen Lied und Lobgeſang verehren/ zumal hier- durch die Arbeit weit geringer/ die Zeit weit kuͤrtzer/ das Werck weit beſſer/ das Verfertigen weit ſchleuniger/ das Verkauffen weit gluͤcklicher/ und das Bezahlen weit ge- wiſſer wird/ und ſolche alle ſeynd ſaubere Singer. Es gibt aber auch ſaumige Singer. Der ſtoltze Egyptiſche Monarch Pharao/ war nit allein hoch- und uͤbermuͤhtig/ ſondern auch ſehr haiglich/ dann als auf eine Zeit zwey ſeiner Hof-Bedienten gar geringe Fehler be- gangen/ hat er dieſelbige nit allein in Kercker und finſtere Gefaͤngnuß geworffen/ ſondern gar einen aus dieſen laſ- ſen an Galgen hencken/ gedachte zwey Hofbediente waren der Mundſchenck/ und der Mund-Beck/ des Erſten ſein Verbrechen war/ daß er in dem Mund-Becher/ den er dem Koͤnig dargereicht/ eine kleine Muͤcken/ ſo ungefehr hineingefallen/ nit vermerckt/ darum hat es geheiſſen/ daß man den Schelm in Thurn werffe: der andere/ als der Mund-Beck/ ſo nachmals gar muſte durch den Strick ſterben/ hatte nichts anders verwirckt/ als daß ungefehr in der Mundſemmel der Koͤnig ein Haar gefunden/ wie die Rabbiner vorgeben/ weſſenthalben es dem Koͤnig alſo gegrauſt hat/ daß er lang keine Semmel mehr wolte ſehen noch eſſen/ und derenthalben den armen Becken zum Gal- gen verurtheilet. Genes. 40 Moyſes Barceph. 41. Es gibt ebenfalls ſolche Geiſtliche/ die gantz ſaͤumige Singer ſeynd/ und grauſt ihnen vor dem Chor/ als haͤtten ſie ein Haar darinnen gefunden/ wie Pharao in der Sem- mel/ wie dann einer auf eine Zeit Schertz-weiß iſt ange- klagt worden/ als haͤtte er eines andern ſein neues Brevir aus dem Chor entfremdet/ dieſer aber uͤber ſolche unge- gruͤndete Anklag ware nit ein wenig entruͤſt/ dahero zu ſeiner beſten Entſchuldigung ausgeſagt/ er wolle es mit einem

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/126>, abgerufen am 28.11.2024.