Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

Bild:
<< vorherige Seite

vermaint man sehe ihn nit.
Seyten gantz weiß/ auff der anderen gantz grün: also wa-
ren dise alte Richter richtige Gesellen/ vnder derer weissen
Haaren noch ein grosser Muthwillen grünte. Dise zwey
alte Vögl seynd fast gewest/ wie der Berg AEthna, welcher
zur Winterszeit übersich mit Schnee bedeckt/ vnd doch ein-
wendig mit lauter Feuer gefüttert: dise zwey alte Lim-
mel seynd gewest wie der Kalch/ welcher zwar weiß/ jedoch
voller Hitz. Dise zwey haben die Augen geworffen auff
eins/ sie haben nemblich öffters wahrgenommen/ daß ei-
nes vornehmen Herrns sein Frau Gemahlin/ Nahmens
Susanna, in ihren Garten spatziere/ welche vom Angesicht
vnd Leibsgestalt überauß schön war/ wessenthalben denen
alten Moechaberis diser rothe Apffel die Zähn wässerig
gemacht: denen alten Stocksischen/ diser mit so schöner
Menschen-Haut verkederre Angl/ so wol gefallen/ daß sie
allen Fleiß angewendet/ dises Wildprät in das Netz zu ja-
gen. Wie nun auff ein Zeit gedachte schöne vnd tugend-
liche Frau in den Garten getretten/ daselbst mit einem
kühlen Abend-Lufft in etwas sich zu ergötzen. Also haben
sich dise schlimme/ alte Gesellen vnder einem dicken Ge-
sträuß/ vnd schattenreichen Buschen verborgen. In dem
Dornbusch/ welchen Moyses gesehen/ hat ein Göttliches
Feuer gebrunnen; aber in disem Buschen thäte sich ein
teufflisches Feuer sehen lassen. Wie dise vnverschambte
Vögl die schöne Susannam erblicket haben/ wünschten sie
nichts anderst/ als daß sie möchten Kothkefer seyn bey di-
sen schönen Rosen. Ihr übles Beginnen wurde noch heff-
tiger entzündt/ wie sie vermerckt/ daß wegen allzuscharpf-
fer Sonnenhitz die edle Susanna ihren Alabasteren Halß
in etwas entblöst/ ja endlich gar/ nachdem sie die Kammer-
Menscher von sich geschafft/ in einer wasserreichen Grot-
ta/ allwo ein Chrystallenes Brunnquell mit annemblichem

Getöß

vermaint man ſehe ihn nit.
Seyten gantz weiß/ auff der anderen gantz gruͤn: alſo wa-
ren diſe alte Richter richtige Geſellen/ vnder derer weiſſen
Haaren noch ein groſſer Muthwillen gruͤnte. Diſe zwey
alte Voͤgl ſeynd faſt geweſt/ wie der Berg Æthna, welcher
zur Winterszeit uͤberſich mit Schnee bedeckt/ vnd doch ein-
wendig mit lauter Feuer gefuͤttert: diſe zwey alte Lim-
mel ſeynd geweſt wie der Kalch/ welcher zwar weiß/ jedoch
voller Hitz. Diſe zwey haben die Augen geworffen auff
eins/ ſie haben nemblich oͤffters wahrgenommen/ daß ei-
nes vornehmen Herꝛns ſein Frau Gemahlin/ Nahmens
Suſanna, in ihren Garten ſpatziere/ welche vom Angeſicht
vnd Leibsgeſtalt uͤberauß ſchoͤn war/ weſſenthalben denen
alten Mœchaberis diſer rothe Apffel die Zaͤhn waͤſſerig
gemacht: denen alten Stockſiſchen/ diſer mit ſo ſchoͤner
Menſchen-Haut verkederre Angl/ ſo wol gefallen/ daß ſie
allen Fleiß angewendet/ diſes Wildpraͤt in das Netz zu ja-
gen. Wie nun auff ein Zeit gedachte ſchoͤne vnd tugend-
liche Frau in den Garten getretten/ daſelbſt mit einem
kuͤhlen Abend-Lufft in etwas ſich zu ergoͤtzen. Alſo haben
ſich diſe ſchlimme/ alte Geſellen vnder einem dicken Ge-
ſtraͤuß/ vnd ſchattenreichen Buſchen verborgen. In dem
Dornbuſch/ welchen Moyſes geſehen/ hat ein Goͤttliches
Feuer gebrunnen; aber in diſem Buſchen thaͤte ſich ein
teuffliſches Feuer ſehen laſſen. Wie diſe vnverſchambte
Voͤgl die ſchoͤne Suſannam erblicket haben/ wuͤnſchten ſie
nichts anderſt/ als daß ſie moͤchten Kothkefer ſeyn bey di-
ſen ſchoͤnen Roſen. Ihr uͤbles Beginnen wurde noch heff-
tiger entzuͤndt/ wie ſie vermerckt/ daß wegen allzuſcharpf-
fer Sonnenhitz die edle Suſanna ihren Alabaſteren Halß
in etwas entbloͤſt/ ja endlich gar/ nachdem ſie die Kammer-
Menſcher von ſich geſchafft/ in einer waſſerreichen Grot-
ta/ allwo ein Chryſtallenes Brunnquell mit annemblichem

Getoͤß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0458" n="422"/><fw place="top" type="header">vermaint man &#x017F;ehe ihn nit.</fw><lb/>
Seyten gantz weiß/ auff der anderen gantz gru&#x0364;n: al&#x017F;o wa-<lb/>
ren di&#x017F;e alte Richter richtige Ge&#x017F;ellen/ vnder derer wei&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Haaren noch ein gro&#x017F;&#x017F;er Muthwillen gru&#x0364;nte. Di&#x017F;e zwey<lb/>
alte Vo&#x0364;gl &#x017F;eynd fa&#x017F;t gewe&#x017F;t/ wie der Berg <hi rendition="#aq">Æthna,</hi> welcher<lb/>
zur Winterszeit u&#x0364;ber&#x017F;ich mit Schnee bedeckt/ vnd doch ein-<lb/>
wendig mit lauter Feuer gefu&#x0364;ttert: di&#x017F;e zwey alte Lim-<lb/>
mel &#x017F;eynd gewe&#x017F;t wie der Kalch/ welcher zwar weiß/ jedoch<lb/>
voller Hitz. Di&#x017F;e <hi rendition="#fr">zwey</hi> haben die Augen geworffen auff<lb/><hi rendition="#fr">eins/</hi> &#x017F;ie haben nemblich o&#x0364;ffters wahrgenommen/ daß ei-<lb/>
nes vornehmen Her&#xA75B;ns &#x017F;ein Frau Gemahlin/ Nahmens<lb/><hi rendition="#aq">Su&#x017F;anna,</hi> in ihren Garten &#x017F;patziere/ welche vom Ange&#x017F;icht<lb/>
vnd Leibsge&#x017F;talt u&#x0364;berauß &#x017F;cho&#x0364;n war/ we&#x017F;&#x017F;enthalben denen<lb/>
alten <hi rendition="#aq">M&#x0153;chaberis</hi> di&#x017F;er rothe Apffel die Za&#x0364;hn wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erig<lb/>
gemacht: denen alten Stock&#x017F;i&#x017F;chen/ di&#x017F;er mit &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;ner<lb/>
Men&#x017F;chen-Haut verkederre Angl/ &#x017F;o wol gefallen/ daß &#x017F;ie<lb/>
allen Fleiß angewendet/ di&#x017F;es Wildpra&#x0364;t in das Netz zu ja-<lb/>
gen. Wie nun auff ein Zeit gedachte &#x017F;cho&#x0364;ne vnd tugend-<lb/>
liche Frau in den Garten getretten/ da&#x017F;elb&#x017F;t mit einem<lb/>
ku&#x0364;hlen Abend-Lufft in etwas &#x017F;ich zu ergo&#x0364;tzen. Al&#x017F;o haben<lb/>
&#x017F;ich di&#x017F;e &#x017F;chlimme/ alte Ge&#x017F;ellen vnder einem dicken Ge-<lb/>
&#x017F;tra&#x0364;uß/ vnd &#x017F;chattenreichen Bu&#x017F;chen verborgen. In dem<lb/>
Dornbu&#x017F;ch/ welchen Moy&#x017F;es ge&#x017F;ehen/ hat ein Go&#x0364;ttliches<lb/>
Feuer gebrunnen; aber in di&#x017F;em Bu&#x017F;chen tha&#x0364;te &#x017F;ich ein<lb/>
teuffli&#x017F;ches Feuer &#x017F;ehen la&#x017F;&#x017F;en. Wie di&#x017F;e vnver&#x017F;chambte<lb/>
Vo&#x0364;gl die &#x017F;cho&#x0364;ne <hi rendition="#aq">Su&#x017F;annam</hi> erblicket haben/ wu&#x0364;n&#x017F;chten &#x017F;ie<lb/>
nichts ander&#x017F;t/ als daß &#x017F;ie mo&#x0364;chten Kothkefer &#x017F;eyn bey di-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;cho&#x0364;nen Ro&#x017F;en. Ihr u&#x0364;bles Beginnen wurde noch heff-<lb/>
tiger entzu&#x0364;ndt/ wie &#x017F;ie vermerckt/ daß wegen allzu&#x017F;charpf-<lb/>
fer Sonnenhitz die edle <hi rendition="#aq">Su&#x017F;anna</hi> ihren Alaba&#x017F;teren Halß<lb/>
in etwas entblo&#x0364;&#x017F;t/ ja endlich gar/ nachdem &#x017F;ie die Kammer-<lb/>
Men&#x017F;cher von &#x017F;ich ge&#x017F;chafft/ in einer wa&#x017F;&#x017F;erreichen Grot-<lb/>
ta/ allwo ein Chry&#x017F;tallenes Brunnquell mit annemblichem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Geto&#x0364;ß</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[422/0458] vermaint man ſehe ihn nit. Seyten gantz weiß/ auff der anderen gantz gruͤn: alſo wa- ren diſe alte Richter richtige Geſellen/ vnder derer weiſſen Haaren noch ein groſſer Muthwillen gruͤnte. Diſe zwey alte Voͤgl ſeynd faſt geweſt/ wie der Berg Æthna, welcher zur Winterszeit uͤberſich mit Schnee bedeckt/ vnd doch ein- wendig mit lauter Feuer gefuͤttert: diſe zwey alte Lim- mel ſeynd geweſt wie der Kalch/ welcher zwar weiß/ jedoch voller Hitz. Diſe zwey haben die Augen geworffen auff eins/ ſie haben nemblich oͤffters wahrgenommen/ daß ei- nes vornehmen Herꝛns ſein Frau Gemahlin/ Nahmens Suſanna, in ihren Garten ſpatziere/ welche vom Angeſicht vnd Leibsgeſtalt uͤberauß ſchoͤn war/ weſſenthalben denen alten Mœchaberis diſer rothe Apffel die Zaͤhn waͤſſerig gemacht: denen alten Stockſiſchen/ diſer mit ſo ſchoͤner Menſchen-Haut verkederre Angl/ ſo wol gefallen/ daß ſie allen Fleiß angewendet/ diſes Wildpraͤt in das Netz zu ja- gen. Wie nun auff ein Zeit gedachte ſchoͤne vnd tugend- liche Frau in den Garten getretten/ daſelbſt mit einem kuͤhlen Abend-Lufft in etwas ſich zu ergoͤtzen. Alſo haben ſich diſe ſchlimme/ alte Geſellen vnder einem dicken Ge- ſtraͤuß/ vnd ſchattenreichen Buſchen verborgen. In dem Dornbuſch/ welchen Moyſes geſehen/ hat ein Goͤttliches Feuer gebrunnen; aber in diſem Buſchen thaͤte ſich ein teuffliſches Feuer ſehen laſſen. Wie diſe vnverſchambte Voͤgl die ſchoͤne Suſannam erblicket haben/ wuͤnſchten ſie nichts anderſt/ als daß ſie moͤchten Kothkefer ſeyn bey di- ſen ſchoͤnen Roſen. Ihr uͤbles Beginnen wurde noch heff- tiger entzuͤndt/ wie ſie vermerckt/ daß wegen allzuſcharpf- fer Sonnenhitz die edle Suſanna ihren Alabaſteren Halß in etwas entbloͤſt/ ja endlich gar/ nachdem ſie die Kammer- Menſcher von ſich geſchafft/ in einer waſſerreichen Grot- ta/ allwo ein Chryſtallenes Brunnquell mit annemblichem Getoͤß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/458
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/458>, abgerufen am 22.11.2024.