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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

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Judas der Ertz-Schelm ermordt
dero grosses Gewicht die Füß seines Vatters nit also
möcht beschweren/ auch noch inständig gebetten/ man
wolle ihm doch auch in der Gefängnuß lassen bey seinen
lieben Herrn Vattern. Weilen ihm aber solches durch
die hohe Beambte geweigert worden/ hat er seinen Ruck-
weg nacher Rom genommen/ aber mercke auch anbey
das kuglwaltzende Glück. Diser Antonius Grimani von
allen Ehren entsetzet/ in eyserne Band vnd Kercker ge-
worffen/ auß dem Land verbandisirt/ ist nachmals wider
nach etlicher Zeit in vorige Würde gesetzt/ vnd nach den
Todt deß Hertzog Leonardi, er als ein neuntzig jähriger
alter Tätl mit sonderer Glück-Wünschung/ vnd Jubel-
schall deß gesambten Volcks zu einen Hertzog zu Venedig
erwöhlet worden/ in welcher hohen Dignitet er noch über
anderthalb Jahr gelebet hat. In diser Geschicht ist sich
so wol zuverwunderen über deß Glücks sein anverwandte
Wanckelmuth/ als über die grosse Lieb deß Cardinalis
Grimani
gegen seinen Vattern.

Menochio
p. 4. c.
31.

Nicht weniger wird geprisen die grosse Lieb/ welche
zwey Söhn ihren liebsten Vattern zu Genua erwisen.
Diser ware genannt Franciscus Scaglia ein sehr vorneh-
mer vnd reicher Edlmann/ der ist im fünfftzigsten Jahr
seines Alters dergestalten durch gesaltzene Flüß in den Au-
gen geplagt worden/ daß er gar stockblind worden/ vnd in
solchem betrübten Stand das zwey vnd neuntzigste Jahr
erraicht. Weilen er nun von guten Mitteln ware/ also
seynd ihme auff kein Weiß Bediente abgangen/ vnd also
ohne Laggey nie gewesen; nichts destoweniger haben zwey
seine Söhn Odoardus, vnd Nicolaus als edle/ schöne/
junge Herren nie wollen zulassen/ daß ausser deß Hauß
er von einen andern solle geführt/ oder gewisen werden/
sondern allzeit einer auß beeden hat den Vattern an den
Armb gehalten/ vnd ihme einen sichern Tritt Theils in

die

Judas der Ertz-Schelm ermordt
dero groſſes Gewicht die Fuͤß ſeines Vatters nit alſo
moͤcht beſchweren/ auch noch inſtaͤndig gebetten/ man
wolle ihm doch auch in der Gefaͤngnuß laſſen bey ſeinen
lieben Herꝛn Vattern. Weilen ihm aber ſolches durch
die hohe Beambte geweigert worden/ hat er ſeinen Ruck-
weg nacher Rom genommen/ aber mercke auch anbey
das kuglwaltzende Gluͤck. Diſer Antonius Grimani von
allen Ehren entſetzet/ in eyſerne Band vnd Kercker ge-
worffen/ auß dem Land verbandiſirt/ iſt nachmals wider
nach etlicher Zeit in vorige Wuͤrde geſetzt/ vnd nach den
Todt deß Hertzog Leonardi, er als ein neuntzig jaͤhriger
alter Taͤtl mit ſonderer Gluͤck-Wuͤnſchung/ vnd Jubel-
ſchall deß geſambten Volcks zu einen Hertzog zu Venedig
erwoͤhlet worden/ in welcher hohen Dignitet er noch uͤber
anderthalb Jahr gelebet hat. In diſer Geſchicht iſt ſich
ſo wol zuverwunderen uͤber deß Gluͤcks ſein anverwandte
Wanckelmuth/ als uͤber die groſſe Lieb deß Cardinalis
Grimani
gegen ſeinen Vattern.

Menochio
p. 4. c.
31.

Nicht weniger wird gepriſen die groſſe Lieb/ welche
zwey Soͤhn ihren liebſten Vattern zu Genua erwiſen.
Diſer ware genannt Franciſcus Scaglia ein ſehr vorneh-
mer vnd reicher Edlmann/ der iſt im fuͤnfftzigſten Jahr
ſeines Alters dergeſtalten durch geſaltzene Fluͤß in den Au-
gen geplagt worden/ daß er gar ſtockblind worden/ vnd in
ſolchem betruͤbten Stand das zwey vnd neuntzigſte Jahr
erraicht. Weilen er nun von guten Mitteln ware/ alſo
ſeynd ihme auff kein Weiß Bediente abgangen/ vnd alſo
ohne Laggey nie geweſen; nichts deſtoweniger haben zwey
ſeine Soͤhn Odoardus, vnd Nicolaus als edle/ ſchoͤne/
junge Herren nie wollen zulaſſen/ daß auſſer deß Hauß
er von einen andern ſolle gefuͤhrt/ oder gewiſen werden/
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Armb gehalten/ vnd ihme einen ſichern Tritt Theils in

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[186/0222] Judas der Ertz-Schelm ermordt dero groſſes Gewicht die Fuͤß ſeines Vatters nit alſo moͤcht beſchweren/ auch noch inſtaͤndig gebetten/ man wolle ihm doch auch in der Gefaͤngnuß laſſen bey ſeinen lieben Herꝛn Vattern. Weilen ihm aber ſolches durch die hohe Beambte geweigert worden/ hat er ſeinen Ruck- weg nacher Rom genommen/ aber mercke auch anbey das kuglwaltzende Gluͤck. Diſer Antonius Grimani von allen Ehren entſetzet/ in eyſerne Band vnd Kercker ge- worffen/ auß dem Land verbandiſirt/ iſt nachmals wider nach etlicher Zeit in vorige Wuͤrde geſetzt/ vnd nach den Todt deß Hertzog Leonardi, er als ein neuntzig jaͤhriger alter Taͤtl mit ſonderer Gluͤck-Wuͤnſchung/ vnd Jubel- ſchall deß geſambten Volcks zu einen Hertzog zu Venedig erwoͤhlet worden/ in welcher hohen Dignitet er noch uͤber anderthalb Jahr gelebet hat. In diſer Geſchicht iſt ſich ſo wol zuverwunderen uͤber deß Gluͤcks ſein anverwandte Wanckelmuth/ als uͤber die groſſe Lieb deß Cardinalis Grimani gegen ſeinen Vattern. Nicht weniger wird gepriſen die groſſe Lieb/ welche zwey Soͤhn ihren liebſten Vattern zu Genua erwiſen. Diſer ware genannt Franciſcus Scaglia ein ſehr vorneh- mer vnd reicher Edlmann/ der iſt im fuͤnfftzigſten Jahr ſeines Alters dergeſtalten durch geſaltzene Fluͤß in den Au- gen geplagt worden/ daß er gar ſtockblind worden/ vnd in ſolchem betruͤbten Stand das zwey vnd neuntzigſte Jahr erraicht. Weilen er nun von guten Mitteln ware/ alſo ſeynd ihme auff kein Weiß Bediente abgangen/ vnd alſo ohne Laggey nie geweſen; nichts deſtoweniger haben zwey ſeine Soͤhn Odoardus, vnd Nicolaus als edle/ ſchoͤne/ junge Herren nie wollen zulaſſen/ daß auſſer deß Hauß er von einen andern ſolle gefuͤhrt/ oder gewiſen werden/ ſondern allzeit einer auß beeden hat den Vattern an den Armb gehalten/ vnd ihme einen ſichern Tritt Theils in die

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/222>, abgerufen am 25.11.2024.