Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.andertes Hoff-Leben/ auch erste Laster. der Sonnen zu leihe genommen: deine Klauen/ als sowunderlich erschaffene Waffen/ verrathen dich/ daß du von einem Martialischen Geblüt herstammest: deines gleichen wird wol nit vnder dem adelichen Geschlecht der Vögel zu finden seyn. O du schöne Creatur! wie recht ist es geschehen/ daß man die berühmte Vestung in Ungarn nach deinem Nahmen Raab genennet hat. Ein Ding/ mein außerwöhlter Vogl/ möcht ich doch gern wissen/ weilen in allem die Natur gegen dir so freygebig gewest/ was du nemblichen für ein Stimm wirst haben. Wann ich dich nur ansehlicher Vogl hörete singen/ so wolte ich mich vor dem glückseeligisten Fuchsen erkennen. Ey/ ey/ ey/ das ist ein Vogl! der Raab glaubt dem Schmeichler in allen/ übernimbt sich deß grossen Lobs/ spert den Schnabel in alleweit auff zu singen/ vnderdessen fallt ihm das grosse Stuck Käß auß dem Schnabel/ der Fuchs schnapt vnd tapt darauff/ vnd laufft mit diser Collation darvon. O wie offt geschicht/ was da ist gedicht! wie mancher Schmeichler halt sich bey Hauß vnd Hoff auff eines reichen vnd vornehmen Herrn/ bey dem er Wein vnd Brein willen/ Schißl vnd Bißl halber/ Fisch vnd Tisch wegen/ nichts anderst im Maul führt als lauter Lob/ der Galgen-Vogl gibt ein Lerchen ab/ das ist Alau- dam, ein Lob Vogl; ja er nimbt die Arth an sich eines Fisch im Meer/ mit Nahmen Fasten/ von deme Bellua- censis schreibt/ daß in dessen Maul das gesaltzene vnd bit- tere Meer-Wasser in süsses verkehrt werde. Wordurch er die vnbehutsame Fischl zu sich locket/ vnd nachmahlensLib. 17. c. 54 Graec, Hist. verschlicket. Ein solcher Zungen-Trescher wird öffters in seinem verlogenen Maul das bittere Wasser in ein süsses verwandlen/ das böse gut machen/ die Laster für Tugen- den tauffen/ vnd Mäuß-Koth für Anneiß-Zucker ver- kauffen/ damit er nur seinen Herrn nit auß der Wiegen/ vnd
andertes Hoff-Leben/ auch erſte Laſter. der Sonnen zu leihe genommen: deine Klauen/ als ſowunderlich erſchaffene Waffen/ verrathen dich/ daß du von einem Martialiſchen Gebluͤt herſtammeſt: deines gleichen wird wol nit vnder dem adelichen Geſchlecht der Voͤgel zu finden ſeyn. O du ſchoͤne Creatur! wie recht iſt es geſchehen/ daß man die beruͤhmte Veſtung in Ungarn nach deinem Nahmen Raab genennet hat. Ein Ding/ mein außerwoͤhlter Vogl/ moͤcht ich doch gern wiſſen/ weilen in allem die Natur gegen dir ſo freygebig geweſt/ was du nemblichen fuͤr ein Stimm wirſt haben. Wann ich dich nur anſehlicher Vogl hoͤrete ſingen/ ſo wolte ich mich vor dem gluͤckſeeligiſten Fuchſen erkennen. Ey/ ey/ ey/ das iſt ein Vogl! der Raab glaubt dem Schmeichler in allen/ uͤbernimbt ſich deß groſſen Lobs/ ſpert den Schnabel in alleweit auff zu ſingen/ vnderdeſſen fallt ihm das groſſe Stuck Kaͤß auß dem Schnabel/ der Fuchs ſchnapt vnd tapt darauff/ vnd laufft mit diſer Collation darvon. O wie offt geſchicht/ was da iſt gedicht! wie mancher Schmeichler halt ſich bey Hauß vnd Hoff auff eines reichen vnd vornehmen Herꝛn/ bey dem er Wein vnd Brein willen/ Schißl vnd Bißl halber/ Fiſch vnd Tiſch wegen/ nichts anderſt im Maul fuͤhrt als lauter Lob/ der Galgen-Vogl gibt ein Lerchen ab/ das iſt Alau- dam, ein Lob Vogl; ja er nimbt die Arth an ſich eines Fiſch im Meer/ mit Nahmen Faſten/ von deme Bellua- cenſis ſchreibt/ daß in deſſen Maul das geſaltzene vnd bit- tere Meer-Waſſer in ſuͤſſes verkehrt werde. Wordurch er die vnbehutſame Fiſchl zu ſich locket/ vnd nachmahlensLib. 17. c. 54 Græc, Hiſt. verſchlicket. Ein ſolcher Zungen-Treſcher wird oͤffters in ſeinem verlogenen Maul das bittere Waſſer in ein ſuͤſſes verwandlen/ das boͤſe gut machen/ die Laſter fuͤr Tugen- den tauffen/ vnd Maͤuß-Koth fuͤr Anneiß-Zucker ver- kauffen/ damit er nur ſeinen Herꝛn nit auß der Wiegen/ vnd
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andertes Hoff-Leben/ auch erſte Laſter.
der Sonnen zu leihe genommen: deine Klauen/ als ſo
wunderlich erſchaffene Waffen/ verrathen dich/ daß du
von einem Martialiſchen Gebluͤt herſtammeſt: deines
gleichen wird wol nit vnder dem adelichen Geſchlecht der
Voͤgel zu finden ſeyn. O du ſchoͤne Creatur! wie recht iſt
es geſchehen/ daß man die beruͤhmte Veſtung in Ungarn
nach deinem Nahmen Raab genennet hat. Ein Ding/
mein außerwoͤhlter Vogl/ moͤcht ich doch gern wiſſen/
weilen in allem die Natur gegen dir ſo freygebig geweſt/
was du nemblichen fuͤr ein Stimm wirſt haben. Wann
ich dich nur anſehlicher Vogl hoͤrete ſingen/ ſo wolte ich
mich vor dem gluͤckſeeligiſten Fuchſen erkennen. Ey/ ey/
ey/ das iſt ein Vogl! der Raab glaubt dem Schmeichler
in allen/ uͤbernimbt ſich deß groſſen Lobs/ ſpert den
Schnabel in alleweit auff zu ſingen/ vnderdeſſen fallt ihm
das groſſe Stuck Kaͤß auß dem Schnabel/ der Fuchs
ſchnapt vnd tapt darauff/ vnd laufft mit diſer Collation
darvon. O wie offt geſchicht/ was da iſt gedicht! wie
mancher Schmeichler halt ſich bey Hauß vnd Hoff auff
eines reichen vnd vornehmen Herꝛn/ bey dem er Wein
vnd Brein willen/ Schißl vnd Bißl halber/ Fiſch vnd
Tiſch wegen/ nichts anderſt im Maul fuͤhrt als lauter
Lob/ der Galgen-Vogl gibt ein Lerchen ab/ das iſt Alau-
dam, ein Lob Vogl; ja er nimbt die Arth an ſich eines
Fiſch im Meer/ mit Nahmen Faſten/ von deme Bellua-
cenſis ſchreibt/ daß in deſſen Maul das geſaltzene vnd bit-
tere Meer-Waſſer in ſuͤſſes verkehrt werde. Wordurch
er die vnbehutſame Fiſchl zu ſich locket/ vnd nachmahlens
verſchlicket. Ein ſolcher Zungen-Treſcher wird oͤffters in
ſeinem verlogenen Maul das bittere Waſſer in ein ſuͤſſes
verwandlen/ das boͤſe gut machen/ die Laſter fuͤr Tugen-
den tauffen/ vnd Maͤuß-Koth fuͤr Anneiß-Zucker ver-
kauffen/ damit er nur ſeinen Herꝛn nit auß der Wiegen/
vnd
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