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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] Venus Morpho genannt. Venus/ Morpho genannt/ und von Tyndareus aufgerichtet; dann oben auf dem Tempel der gewapneten Venus war ein klein Häuslein/ darinnen saß die Göttin mit bedecktem Haupt/ und hatte Fußeisen an den Füssen/ womit/ nach etlicher Meynung/ angedeutet wurde/ daß die Weiber den Männern/ mit welchen sie sich ehlich eingelassen/ das Band der Fußeisen der Venus. Ehe nicht sollen auflösen. Dann daß Tyndareus der Venus solle Fußeisen angelegt haben/ ist nicht wohl zu glauben/ ob es schon Pausanias sagt; dann die Alten setzeten den Göttern Ehren-Bilder/ damit andere sehen könnten/ wie heilig und gottsförchtig sie wären/ oder damit sie von ihnen auf solche Weise Hülffe erlangeten; oder auch/ daß durch der Bilder Gestalt die unterschiedliche Tugenden der Götter gleichsam entworffen würden. Daher sehen wir nicht nur an der Venus/ sondern auch etlicher Götter Füssen Fußeisen/ so ihnen nicht zur Schmach/ oder das zugefügte Leid zu rächen/ sondern umb anderer Ursachen willen geschehen/ davon wir allbereit oben gehandelt.

Venus hat zu erst die Hurenstücklein erfunden. Ob aber schon die Venus vor eine eigene Göttin der Huren gehalten worden/ als welche die Hurenstücklein am ersten erfunden und practiciret; weßwegen dann die Huren ihre Feste hochfeyerlich begiengen/ und sie fleissig anrufften/ daß sie ihnen Schönheit und Gnade bey allen Menschen verleihen wollte/ damit sie grosses Geld und Gut von den Buhlern bekommen könnten; doch gleichwol wurde sie auch von ehrlichen Mägdlein hoch geehret/ weil sie dafür hielten/ sie könnte ihnen eine liebliche Gestalt mittheilen/ damit sie bald freyen könnten: dann es war auch die Venus/ wie wir an einem andern Ort gemeldet/ bey den Alten vor eine Göttin deß Ehestandes gehalten. Warum sie auch von keuschen Weibspersonen geehret worden. In Griechenland war eine Höle/ in welcher man/ wie Pausanias erzehlet/ der Venus göttliche Ehre hat angethan/ dahin versammlete sich eine grosse Menge Volcks unterschiedener Ursachen halben/ insonderheit aber die Wittwen/ wann sie die Göttin um eine andere glückliche Heyrath ersuchen wollten. Ja die Eheweiber baten auch die Venus umb Fried und Einigkeit zwischen ihnen und ihren Männern/ und daß sie zu frölichen Kinder-Müttern würden. Dannenhero die Venus ins gemein von allerhand Weibspersonen geehret worden. Diese weil sie mehr/ als die Männer zum Dienst gedachter Göttin verbunden zu seyn vermeynet/ so schrieben sie alles/ was ihnen glücklich von statten gangen/ der Venus zu: es sind aber auch die Leut nicht undanckbar gegen sie gewesen; dann man lieset/ daß sie die von ihr empfangene Wolthaten gar danckbarlich vergolten.

Als einsmals die Römer von den Galliern im Capitolio hart belagert wurden/ und allda in Allem grosser Mangel vorfiele/ haben die [Spaltenumbruch] Weiber ihre eigene Haar abgeschnitten/ damit man Stricke zum Gebrauch der Rüstung daraus Venus wird Calva benamset. machen könnte. Nachdem nun die Feinde abgezogen/ haben sie der Venus/ so von ihnen Calva genennet wurde/ einen Tempel/ wie Lactantius schreibet/ gewidmet/ damit der von den Weibsbildern empfangenen Wolthat nimmermehr möchte vergessen werden. Es wird aber sonst allezeit die Venus mit sehr schönen Haaren gemahlet; und so beschreibet sie Claudianus in dem Hochzeit-Gedichte Honorius und Maria/ und spricht:

Caesariem tum forte Venus subnixa
corusco

Fingebat solio: dextra laevaque so-
rores

Stabant Idaliae: largos haec nectaris
imbres

Irrigat; haec morsu numerosi den-
tis eburno

Multifidum discrimen arat: sed
tertia retro

Dat varios nexus, & justo dividit
orbes

Ordine.

Das ist:

Die Venus steuret sich auf ihren hellen
Thron/

und machte Locken-Haar. Zur Rech-
ten und zur Lincken

stehn ihrer Schwestern drey: Die eine
macht davon

den Nectar-Regen/ den die Götter
sonsten trincken.

Die andre ackert fast mit ihrem Helfen-
bein

der Zähn in grosser Zahl. Die dritte
macht Gebände/

und theilt die gantze Welt in guter Ord-
nung ein.

Die gebärtete Venus. Uberdas ist die Venus vor Alters nicht allein mit Haaren/ sondern auch mit einem Bart gemahlet worden: dann man sahe bey den Cypriern/ wie Alexander Neapolitanus schreibet/ ein solches Bild/ welches zwar im Gesicht aussahe wie ein Mann/ aber doch Weibs-Kleider truge, Suidas schreibet/ man habe einsmals das Venus-Bild pflegen zu machen mit einem Kamm und Bart; dieweil auf eine Zeit die Römische Weiber böse Köpffe bekommen/ von welcher Kranckheit ihnen alle Haar ausgefallen/

[Spaltenumbruch] Venus Morpho genannt. Venus/ Morpho genannt/ und von Tyndareus aufgerichtet; dann oben auf dem Tempel der gewapneten Venus war ein klein Häuslein/ darinnen saß die Göttin mit bedecktem Haupt/ und hatte Fußeisen an den Füssen/ womit/ nach etlicher Meynung/ angedeutet wurde/ daß die Weiber den Männern/ mit welchen sie sich ehlich eingelassen/ das Band der Fußeisen der Venus. Ehe nicht sollen auflösen. Dann daß Tyndareus der Venus solle Fußeisen angelegt haben/ ist nicht wohl zu glauben/ ob es schon Pausanias sagt; dann die Alten setzeten den Göttern Ehren-Bilder/ damit andere sehen könnten/ wie heilig und gottsförchtig sie wären/ oder damit sie von ihnen auf solche Weise Hülffe erlangeten; oder auch/ daß durch der Bilder Gestalt die unterschiedliche Tugenden der Götter gleichsam entworffen würden. Daher sehen wir nicht nur an der Venus/ sondern auch etlicher Götter Füssen Fußeisen/ so ihnen nicht zur Schmach/ oder das zugefügte Leid zu rächen/ sondern umb anderer Ursachen willen geschehen/ davon wir allbereit oben gehandelt.

Venus hat zu erst die Hurenstücklein erfunden. Ob aber schon die Venus vor eine eigene Göttin der Huren gehalten worden/ als welche die Hurenstücklein am ersten erfunden und practiciret; weßwegen dann die Huren ihre Feste hochfeyerlich begiengen/ und sie fleissig anrufften/ daß sie ihnen Schönheit und Gnade bey allen Menschen verleihen wollte/ damit sie grosses Geld und Gut von den Buhlern bekommen könnten; doch gleichwol wurde sie auch von ehrlichen Mägdlein hoch geehret/ weil sie dafür hielten/ sie könnte ihnen eine liebliche Gestalt mittheilen/ damit sie bald freyen könnten: dann es war auch die Venus/ wie wir an einem andern Ort gemeldet/ bey den Alten vor eine Göttin deß Ehestandes gehalten. Warum sie auch von keuschen Weibspersonen geehret worden. In Griechenland war eine Höle/ in welcher man/ wie Pausanias erzehlet/ der Venus göttliche Ehre hat angethan/ dahin versammlete sich eine grosse Menge Volcks unterschiedener Ursachen halben/ insonderheit aber die Wittwen/ wann sie die Göttin um eine andere glückliche Heyrath ersuchen wollten. Ja die Eheweiber baten auch die Venus umb Fried und Einigkeit zwischen ihnen und ihren Männern/ und daß sie zu frölichen Kinder-Müttern würden. Dannenhero die Venus ins gemein von allerhand Weibspersonen geehret worden. Diese weil sie mehr/ als die Männer zum Dienst gedachter Göttin verbunden zu seyn vermeynet/ so schrieben sie alles/ was ihnen glücklich von statten gangen/ der Venus zu: es sind aber auch die Leut nicht undanckbar gegen sie gewesen; dann man lieset/ daß sie die von ihr empfangene Wolthaten gar danckbarlich vergolten.

Als einsmals die Römer von den Galliern im Capitolio hart belagert wurden/ und allda in Allem grosser Mangel vorfiele/ haben die [Spaltenumbruch] Weiber ihre eigene Haar abgeschnitten/ damit man Stricke zum Gebrauch der Rüstung daraus Venus wird Calva benamset. machen könnte. Nachdem nun die Feinde abgezogen/ haben sie der Venus/ so von ihnen Calva genennet wurde/ einen Tempel/ wie Lactantius schreibet/ gewidmet/ damit der von den Weibsbildern empfangenen Wolthat nimmermehr möchte vergessen werden. Es wird aber sonst allezeit die Venus mit sehr schönen Haaren gemahlet; und so beschreibet sie Claudianus in dem Hochzeit-Gedichte Honorius und Maria/ und spricht:

Caesariem tum forte Venus subnixa
corusco

Fingebat solio: dextra laevaque so-
rores

Stabant Idaliae: largos haec nectaris
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Irrigat; haec morsu numerosi den-
tis eburno

Multifidum discrimen arat: sed
tertia retro

Dat varios nexus, & justo dividit
orbes

Ordine.

Das ist:

Die Venus steuret sich auf ihren hellen
Thron/

und machte Locken-Haar. Zur Rech-
ten und zur Lincken

stehn ihrer Schwestern drey: Die eine
macht davon

den Nectar-Regen/ den die Götter
sonsten trincken.

Die andre ackert fast mit ihrem Helfen-
bein

der Zähn in grosser Zahl. Die dritte
macht Gebände/

und theilt die gantze Welt in guter Ord-
nung ein.

Die gebärtete Venus. Uberdas ist die Venus vor Alters nicht allein mit Haaren/ sondern auch mit einem Bart gemahlet worden: dann man sahe bey den Cypriern/ wie Alexander Neapolitanus schreibet/ ein solches Bild/ welches zwar im Gesicht aussahe wie ein Mann/ aber doch Weibs-Kleider truge, Suidas schreibet/ man habe einsmals das Venus-Bild pflegen zu machen mit einem Kamm und Bart; dieweil auf eine Zeit die Römische Weiber böse Köpffe bekommen/ von welcher Kranckheit ihnen alle Haar ausgefallen/

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 189/0285] Venus/ Morpho genannt/ und von Tyndareus aufgerichtet; dann oben auf dem Tempel der gewapneten Venus war ein klein Häuslein/ darinnen saß die Göttin mit bedecktem Haupt/ und hatte Fußeisen an den Füssen/ womit/ nach etlicher Meynung/ angedeutet wurde/ daß die Weiber den Männern/ mit welchen sie sich ehlich eingelassen/ das Band der Ehe nicht sollen auflösen. Dann daß Tyndareus der Venus solle Fußeisen angelegt haben/ ist nicht wohl zu glauben/ ob es schon Pausanias sagt; dann die Alten setzeten den Göttern Ehren-Bilder/ damit andere sehen könnten/ wie heilig und gottsförchtig sie wären/ oder damit sie von ihnen auf solche Weise Hülffe erlangeten; oder auch/ daß durch der Bilder Gestalt die unterschiedliche Tugenden der Götter gleichsam entworffen würden. Daher sehen wir nicht nur an der Venus/ sondern auch etlicher Götter Füssen Fußeisen/ so ihnen nicht zur Schmach/ oder das zugefügte Leid zu rächen/ sondern umb anderer Ursachen willen geschehen/ davon wir allbereit oben gehandelt. Venus Morpho genannt. Fußeisen der Venus. Ob aber schon die Venus vor eine eigene Göttin der Huren gehalten worden/ als welche die Hurenstücklein am ersten erfunden und practiciret; weßwegen dann die Huren ihre Feste hochfeyerlich begiengen/ und sie fleissig anrufften/ daß sie ihnen Schönheit und Gnade bey allen Menschen verleihen wollte/ damit sie grosses Geld und Gut von den Buhlern bekommen könnten; doch gleichwol wurde sie auch von ehrlichen Mägdlein hoch geehret/ weil sie dafür hielten/ sie könnte ihnen eine liebliche Gestalt mittheilen/ damit sie bald freyen könnten: dann es war auch die Venus/ wie wir an einem andern Ort gemeldet/ bey den Alten vor eine Göttin deß Ehestandes gehalten. In Griechenland war eine Höle/ in welcher man/ wie Pausanias erzehlet/ der Venus göttliche Ehre hat angethan/ dahin versammlete sich eine grosse Menge Volcks unterschiedener Ursachen halben/ insonderheit aber die Wittwen/ wann sie die Göttin um eine andere glückliche Heyrath ersuchen wollten. Ja die Eheweiber baten auch die Venus umb Fried und Einigkeit zwischen ihnen und ihren Männern/ und daß sie zu frölichen Kinder-Müttern würden. Dannenhero die Venus ins gemein von allerhand Weibspersonen geehret worden. Diese weil sie mehr/ als die Männer zum Dienst gedachter Göttin verbunden zu seyn vermeynet/ so schrieben sie alles/ was ihnen glücklich von statten gangen/ der Venus zu: es sind aber auch die Leut nicht undanckbar gegen sie gewesen; dann man lieset/ daß sie die von ihr empfangene Wolthaten gar danckbarlich vergolten. Venus hat zu erst die Hurenstücklein erfunden. Warum sie auch von keuschen Weibspersonen geehret worden.Als einsmals die Römer von den Galliern im Capitolio hart belagert wurden/ und allda in Allem grosser Mangel vorfiele/ haben die Weiber ihre eigene Haar abgeschnitten/ damit man Stricke zum Gebrauch der Rüstung daraus machen könnte. Nachdem nun die Feinde abgezogen/ haben sie der Venus/ so von ihnen Calva genennet wurde/ einen Tempel/ wie Lactantius schreibet/ gewidmet/ damit der von den Weibsbildern empfangenen Wolthat nimmermehr möchte vergessen werden. Es wird aber sonst allezeit die Venus mit sehr schönen Haaren gemahlet; und so beschreibet sie Claudianus in dem Hochzeit-Gedichte Honorius und Maria/ und spricht: Venus wird Calva benamset.Caesariem tum forte Venus subnixa corusco Fingebat solio: dextra laevaque so- rores Stabant Idaliae: largos haec nectaris imbres Irrigat; haec morsu numerosi den- tis eburno Multifidum discrimen arat: sed tertia retro Dat varios nexus, & justo dividit orbes Ordine. Das ist: Die Venus steuret sich auf ihren hellen Thron/ und machte Locken-Haar. Zur Rech- ten und zur Lincken stehn ihrer Schwestern drey: Die eine macht davon den Nectar-Regen/ den die Götter sonsten trincken. Die andre ackert fast mit ihrem Helfen- bein der Zähn in grosser Zahl. Die dritte macht Gebände/ und theilt die gantze Welt in guter Ord- nung ein. Uberdas ist die Venus vor Alters nicht allein mit Haaren/ sondern auch mit einem Bart gemahlet worden: dann man sahe bey den Cypriern/ wie Alexander Neapolitanus schreibet/ ein solches Bild/ welches zwar im Gesicht aussahe wie ein Mann/ aber doch Weibs-Kleider truge, Suidas schreibet/ man habe einsmals das Venus-Bild pflegen zu machen mit einem Kamm und Bart; dieweil auf eine Zeit die Römische Weiber böse Köpffe bekommen/ von welcher Kranckheit ihnen alle Haar ausgefallen/ Die gebärtete Venus.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/285>, abgerufen am 11.05.2024.