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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] Bildnus zweyer Schwestern verehrt/ wie Alexander Neapolitanus erzehlet. Um eben dieser Ursach willen hat Pindarus von ihr gedichtet/ daß sie/ wie Plutarchus bezeuget/ zwey Wagen-Deichseln regiere. Insgemein aber ward nur eine Fortuna geehret/ dero Abbildung ich allhier/ aus alten Scribenten genommen/ beyfügen wollen.

Pausanias in Messeniacis schreibet/ es habe Bubalus/ der die Tempel zu bauen/ und die Thiere zu bilden/ ein vortrefflicher Meister gewesen/ zu allererst den Einwohnern zu Smyrna eine Statue der Fortun gemacht/ die auf dem Haupt den Himmel/ und in der Hand das Amaltheen-Horn gehalten. Durch welche Figur angedeutet ward/ daß der Fortuna Amt und Verrichtung sey/ nach Belieben den Reichthum/ als welchen das Uberfluß-Horn andeutet/ zu geben und zu nehmen/ und daß der Reichthum herum getrieben werde/ gleichwie der Himmel sich stetigs um die Achsen drehet. Eben dieses haben auch die Nachkommen nachzuahmen pflegen/ die das Glück entweder auf Tafeln/ oder durch gewisse Zeichen ausgedruckt/ und damit ihr Absehen gehabt/ uns zu verstehen zu geben/ daß die Fortuna die Verwaltung aller Dinge habe/ die sie nach ihrem Willkühr auszutheilen pflege.

Lactantius erzehlet im III Buche/ man sey gewohnt gewesen die Fortun mit dem Uberflußhorn und einem Schiffruder abzubilden/ dieweil nemlich in ihrer Macht und Gewalt stünde/ den Reichthum auszutheilen/ auch diesen menschlichen Dingen/ und flüchtig-hinfälligen Verwaltung der menschlichen Dinge. Gütern Ziel und Maß zu setzen: sintemal in denselben keine Beständigkeit zu suchen/ und sie unrechtmässig ausgetheilt zu seyn scheinen/ indem die Frommen hieran grossen Mangel/ und die Gottlosen dieselben im Uberfluß besitzen. Aus dieser Ursach pflegen wir die Fortun auch blind/ unbeständig/ närrisch/ und mehr der Bösen/ als Frommen Freundin zu nennen/ wie zu sehen in einem Epigrammate, so unter deß Virgilius Wercklein gezehlet wird/ und dieses Innhalts ist:

Virgilius beschreibet die Fortuna O Fortuna potens,quam variabilis
Tantum Juris atrox quae tibi ven-
dicas,

Evertisque bonos, eligis improbos:
Nec servare potes muneribus fidem.
Fortuna immeritos auget honori-
bus:

Fortuna innocuos cladibus afficit.
Justos illa viros pauperie gravat:
Indignos eadem divitiis beat.
Haec aufert Juvenes, & retinet Se-
nes,

[Spaltenumbruch] Injusto arbitrio tempora dividens.
Quod dignis adimit, transfert ad
impios:

Nec discrimen habet, rectaque ju-
dicat:

Inconstans, fragilis, perfida, lubrica.
Nec,quos clarificat,perpetuo fovet;
Nec,quos deseruit,perpetuo premit.
O Glück voll Wanckelmuth/ was nimmst
du dir für Rechte?

Der Böse wird ein Herr durch dich; der
Fromm zum Knechte:

Du hältst nicht durch Geschenck einmal
versprochne Treu/

legst dem/ ders nicht verdient/ die grösten
Ehren bey.

Die keine Schuld befleckt/ die seufftzen in
den Plagen/

und ein Gerechter wird mit Dürfftigkeit
geschlagen.

Wer ungerecht will seyn/ dem ist der
Reichthum nah/

das Glück rafft Junge weg/ und lässt
die Greissen da.

Was sie den Würdgen nimmt/ gibt sie
geschwind den Schlimmen/

ohn allen Unterschied. Im Rahten ihre
Stimmen

allzeit die Meinsten sind. Sie ist glatt
und untreu/

und laugnet Niemand/ daß sie unbe-
ständig sey.

Die sie ans Bret erhebt/ lässt sie offt wie-
der fallen/

und die gefallen sind/ zieht sie vor andern
allen.

Der Fortun wird Plutus in die Hände gegeben. Dannenhero die Thebaner den Plutum/ oder den Gott deß Reichthums/ der Fortun in die Hände gegeben/ wie wir droben gemeldet; gleich als ob der Gott/ so über den Reichthum gesetzt war/ die Güter austheilete/ und ihre Besitzer derselben/ nach der Fortun Belieben/ wieder beraubete. Diese beschreibet Martianus im I Buch seiner Philologiae, da er saget: Darauf begunte auch die Geschwätzigste unter den Mägdlein/ und die allzeit in widrigen Pracht-Ubermaß gleichsam überfliesset/ gantz Wie sie Martianus beschreibet. leicht und schnell sich herum zu schwingen/ diese wird von Einigen die Tapfere/ von Andern Nemesis/ von Vielen auch Tyche oder Nortia genennet. Und dieweil sie die Zierrathen deß gantzen Erdkreises in ihrem grossen Schosse truge/ und andern mittheilete/ geschahe solches von ihr durch gar schnelle Bewegungen; diese risse sie bey den Haaren kindisch herum/ jenen zerschmetterte sie den Kopf mit einem Stab/ und den jenigen/ gegen die sie sich am freundlichsten gestellt/ verwundete sie/ durch öfftere Streiche/ mit den Knebeln der zusammen gefaltenen Finger/ den Haupt-Wirbel. Also

[Spaltenumbruch] Bildnus zweyer Schwestern verehrt/ wie Alexander Neapolitanus erzehlet. Um eben dieser Ursach willen hat Pindarus von ihr gedichtet/ daß sie/ wie Plutarchus bezeuget/ zwey Wagen-Deichseln regiere. Insgemein aber ward nur eine Fortuna geehret/ dero Abbildung ich allhier/ aus alten Scribenten genommen/ beyfügen wollen.

Pausanias in Messeniacis schreibet/ es habe Bubalus/ der die Tempel zu bauen/ und die Thiere zu bilden/ ein vortrefflicher Meister gewesen/ zu allererst den Einwohnern zu Smyrna eine Statue der Fortun gemacht/ die auf dem Haupt den Himmel/ und in der Hand das Amaltheen-Horn gehalten. Durch welche Figur angedeutet ward/ daß der Fortuna Amt und Verrichtung sey/ nach Belieben den Reichthum/ als welchen das Uberfluß-Horn andeutet/ zu geben und zu nehmen/ und daß der Reichthum herum getrieben werde/ gleichwie der Himmel sich stetigs um die Achsen drehet. Eben dieses haben auch die Nachkommen nachzuahmen pflegen/ die das Glück entweder auf Tafeln/ oder durch gewisse Zeichen ausgedruckt/ und damit ihr Absehen gehabt/ uns zu verstehen zu geben/ daß die Fortuna die Verwaltung aller Dinge habe/ die sie nach ihrem Willkühr auszutheilen pflege.

Lactantius erzehlet im III Buche/ man sey gewohnt gewesen die Fortun mit dem Uberflußhorn und einem Schiffruder abzubilden/ dieweil nemlich in ihrer Macht und Gewalt stünde/ den Reichthum auszutheilen/ auch diesen menschlichen Dingen/ und flüchtig-hinfälligen Verwaltung der menschlichen Dinge. Gütern Ziel und Maß zu setzen: sintemal in denselben keine Beständigkeit zu suchen/ und sie unrechtmässig ausgetheilt zu seyn scheinen/ indem die Frommen hieran grossen Mangel/ und die Gottlosen dieselben im Uberfluß besitzen. Aus dieser Ursach pflegen wir die Fortun auch blind/ unbeständig/ närrisch/ und mehr der Bösen/ als Frommen Freundin zu nennen/ wie zu sehen in einem Epigrammate, so unter deß Virgilius Wercklein gezehlet wird/ und dieses Innhalts ist:

Virgilius beschreibet die Fortuna O Fortuna potens,quam variabilis
Tantum Juris atrox quae tibi ven-
dicas,

Evertisque bonos, eligis improbos:
Nec servare potes muneribus fidem.
Fortuna immeritos auget honori-
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Fortuna innocuos cladibus afficit.
Justos illa viros pauperie gravat:
Indignos eadem divitiis beat.
Haec aufert Juvenes, & retinet Se-
nes,

[Spaltenumbruch] Injusto arbitrio tempora dividens.
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Nec discrimen habet, rectaque ju-
dicat:

Inconstans, fragilis, perfida, lubrica.
Nec,quos clarificat,perpetuò fovet;
Nec,quos deseruit,perpetuò premit.
O Glück voll Wanckelmuth/ was nimmst
du dir für Rechte?

Der Böse wird ein Herr durch dich; der
Fromm zum Knechte:

Du hältst nicht durch Geschenck einmal
versprochne Treu/

legst dem/ ders nicht verdient/ die grösten
Ehren bey.

Die keine Schuld befleckt/ die seufftzen in
den Plagen/

und ein Gerechter wird mit Dürfftigkeit
geschlagen.

Wer ungerecht will seyn/ dem ist der
Reichthum nah/

das Glück rafft Junge weg/ und lässt
die Greissen da.

Was sie den Würdgen nimmt/ gibt sie
geschwind den Schlimmen/

ohn allen Unterschied. Im Rahten ihre
Stimmen

allzeit die Meinsten sind. Sie ist glatt
und untreu/

und laugnet Niemand/ daß sie unbe-
ständig sey.

Die sie ans Bret erhebt/ lässt sie offt wie-
der fallen/

und die gefallen sind/ zieht sie vor andern
allen.

Der Fortun wird Plutus in die Hände gegeben. Dannenhero die Thebaner den Plutum/ oder den Gott deß Reichthums/ der Fortun in die Hände gegeben/ wie wir droben gemeldet; gleich als ob der Gott/ so über den Reichthum gesetzt war/ die Güter austheilete/ und ihre Besitzer derselben/ nach der Fortun Belieben/ wieder beraubete. Diese beschreibet Martianus im I Buch seiner Philologiae, da er saget: Darauf begunte auch die Geschwätzigste unter den Mägdlein/ und die allzeit in widrigen Pracht-Ubermaß gleichsam überfliesset/ gantz Wie sie Martianus beschreibet. leicht und schnell sich herum zu schwingen/ diese wird von Einigen die Tapfere/ von Andern Nemesis/ von Vielen auch Tyche oder Nortia genennet. Und dieweil sie die Zierrathen deß gantzen Erdkreises in ihrem grossen Schosse truge/ und andern mittheilete/ geschahe solches von ihr durch gar schnelle Bewegungen; diese risse sie bey den Haaren kindisch herum/ jenen zerschmetterte sie den Kopf mit einem Stab/ und den jenigen/ gegen die sie sich am freundlichsten gestellt/ verwundete sie/ durch öfftere Streiche/ mit den Knebeln der zusammen gefaltenen Finger/ den Haupt-Wirbel. Also

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  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/246>, abgerufen am 22.11.2024.