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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] umwundnen Stabe gesagt/ haben andere dem Gertenkraut zugeschrieben/ als auf dessen Stengel sich Bacchus solle gesteuret/ und angehalten haben/ dahero sie selbigs auch allen seinen Geferten in die Hände gegeben/ die Ursach dessen zeigt Eusebius aus Diodoro an/ und ist diese: Als die Menschen Anfangs mit dem Weine sich allzusehr angefüllt und vollgesoffen/ seyen sie sehr offt miteinander in Streit gerahten/ und hätten einander mit den Stecken zimlich herum geschlagen/ auch öffters bis auf den Tod verwundet; worauf Bacchus sie beredet/ daß sie endlich/ an statt der Stecken/ Gertenkraut geführt; dieweil von derselben Schlägen fast gar keine Gefahr zu befürchten war. Es ist aber Ferula oder das Gertenkraut einem Rohr nicht fast ungleich/ dessen Blätter die Esel überaus gerne fressen: dannenhero der Esel diesem Gott/ nach des Plinius Zeugnus/ zugeeignet worden/ als dem das Gertenkraut geheiligt ware.

Ferner schreibet Diodorus/ es habe Bacchus sich unterweilen in Kriege gewaffnet/ und im Brauch gehabt/ Pantherthier-Häute anzuziehen/ dann er nicht allzeit truncken gewesen/ sondern bisweilen sehr tapffer gefochten haben soll/ also daß er viel Könige überwunden/ nämlich den Lycurgus/ Pentheus und andere mehr/ und Indien unter seine Bacchus ein Erfinder des Triumphs. Bottmässigkeit gebracht/ daher er/ als er wieder kommen/ als ein Uberwinder/ auf einem Elephanten sitzend/ der erste gewesen/ der im Triumph eingezogen. Dannenhero war ihm auch/ als einem Erfinder des Triumphs/ ein Hetz oder Aelster gewiedmet/ weil dieser Vogel überaus geschwätzig ist/ dann im Triumph/ wie Suetonius im Julio Caesare erzehlet/ einem jedweden erlaubt war/ den Triumphirenden mit allerley Lästerungen zu belegen.

Kräntze vom Bacchus erfunden. Eben diesem Gott haben die Alten auch die Erfindung der Kräntze zugeschrieben; dann er/ nach des Plinius Zeugnus/ den ersten aus Epheu gemachten Krantz auf das Haupt gesetzt. Deme hernach Alexander Magnus nachgefolgt/ dann dieser/ als er aus Indien siegreich wieder kommen/ hat sein gantzes Heer mit Kräntzen von Epheu zu bezieren befohlen. Warum der Epheu dem Bacchus zugeeignet worden. Der Epheu aber ist vieler Ursachen halber dem Bacchus zugeeignet worden: Festus will/ es sey darum geschehen/ dieweil Bacchus jederzeit als ein Jüngling gebildet worden/ eben wie der Epheu also grünet: oder weil/ gleichwie der Epheu das jenige/ dem er anhänget/ fest hält/ also auch der Wein die Gemüther der Menschen mit den festesten Banden anfesselt/ daß sie ihr Amt nicht verrichten können. Plutarchus schreibet/ es habe der Epheu eine verborgene Krafft in sich/ welche das Gemüth aus seinem natürlichen Sitze hebe/ und es mit einer rasenden Wuht anfülle/ also daß er ohne Wein-trincken die Menschen voll oder trunken mache. Der Epheu wird von den Griechen [Spaltenumbruch] kissos, von welchem Wort sie herleiten das Wörtlein kissan, das so viel bedeutet/ als mit geiler Begierde und Brunst etwas begehren: dahero Eustathius will/ es sey der Epheu dem Bacchus darum zugeeignet worden/ dieweil durch den Wein die Menschen gewaltig zur Geilheit angereitzet werden. Weßwegen man dann auch im Sprichwort zu sagen pfleget/ daß es sich ohne Brod und Wein sehr übel buhlen lasse.

Thyrsus/ des Bacchus mit Laub bekleideter Stengel. Macrobius schreibet im I Buch Saturnaliorum von des Bacchus Stabe/ daß in demselben ein verborgener Pfeil gesteckt sey/ dessen Spitze von einem Epheu-Zweig bedeckt gewesen; dardurch anzudeuten/ daß man die Gewaltsamkeit des Kriegs mit dem Band der Gedult verbinden müsse; weil der Epheu einer umbfassenden und verbindenden Natur ist. Diodorus schreibet/ es werde der Epheu von den Egyptern des Osiris Pflantze genennet/ wie er denn auch demselben gewiedmet gewesen/ gleich als ob er von ihm erfunden worden/ und daß sie in heiligen Dingen den Epheu/ weil er allezeit grünet/ dem Weinstock/ dessen Blätter im Winter verdorren/ weit vorgezogen/ welches/ wie man lieset/ von den Alten auch in den andern Bäumen/ die immerdar grünen/ beobachtet worden; weßwegen sie der Venus den Myrtenbaum/ den Apollo aber den Lorbeerbaum gewiedmet uud zugeeignet haben.

Bacchus ward unterweilen mit Epheu/ unterweilen auch mit Feigenblättern umkräntzet. Bacchus ward nicht allein mit Epheu/ sondern unterweilen auch mit Feigenblättern umkräntzt; und zwar zum Gedächtnus einer gewissen Nymphen/ welche Syce benamset ware/ dann suke bey uns eine Feige heisset: diese/ sagt man/ sey vom Bacchus geliebt/ und nachgehends in diesen Baum verwandelt worden; gleichwie man auch von dem Knaben Cissus/ der ebenmässig von ihm geliebt worden/ erzehlet/ daß er endlich in Epheu solle seyn verkehret worden; wie auch von der Nymphe Staphyle bey den Poeten gedichtet wird/ daß sie in einen Weinstock/ als sie von ihm geliebet ward/ seye verändert worden. Dannenhero kein Wunder/ daß ihm diese Bäume nachgehends so lieb gewesen/ und er von deren Zweigen Kräntze tragen wollen/ wie man dann mit eben denselben auch vor Alters seinen Wagen/ Schild/ Spieß und Altäre geziert. Wiewol wir auch lesen/ daß seine Kräntze unterweilen von Narcissen/ bisweilen auch von andern Blumen gemacht worden.

Diodorus schreibet/ es habe Bacchus an den Fest-Tägen köstliche/ weiche/ zarte und mit Blumen gestickte Kleider getragen. Der ihm vor andern geheiligte Baum war der Weinstock/ und zwar nicht unbillig; dann wann Bacchus den aus den Trauben gepressten Wein bedeutet/ was solte ihm wol bässer eignen und zustehen/ als der Weinstock? Diesen

[Spaltenumbruch] umwundnen Stabe gesagt/ haben andere dem Gertenkraut zugeschrieben/ als auf dessen Stengel sich Bacchus solle gesteuret/ und angehalten haben/ dahero sie selbigs auch allen seinen Geferten in die Hände gegeben/ die Ursach dessen zeigt Eusebius aus Diodoro an/ und ist diese: Als die Menschen Anfangs mit dem Weine sich allzusehr angefüllt und vollgesoffen/ seyen sie sehr offt miteinander in Streit gerahten/ und hätten einander mit den Stecken zimlich herum geschlagen/ auch öffters bis auf den Tod verwundet; worauf Bacchus sie beredet/ daß sie endlich/ an statt der Stecken/ Gertenkraut geführt; dieweil von derselben Schlägen fast gar keine Gefahr zu befürchten war. Es ist aber Ferula oder das Gertenkraut einem Rohr nicht fast ungleich/ dessen Blätter die Esel überaus gerne fressen: dannenhero der Esel diesem Gott/ nach des Plinius Zeugnus/ zugeeignet worden/ als dem das Gertenkraut geheiligt ware.

Ferner schreibet Diodorus/ es habe Bacchus sich unterweilen in Kriege gewaffnet/ und im Brauch gehabt/ Pantherthier-Häute anzuziehen/ dann er nicht allzeit truncken gewesen/ sondern bisweilen sehr tapffer gefochten haben soll/ also daß er viel Könige überwunden/ nämlich den Lycurgus/ Pentheus und andere mehr/ und Indien unter seine Bacchus ein Erfinder des Triumphs. Bottmässigkeit gebracht/ daher er/ als er wieder kommen/ als ein Uberwinder/ auf einem Elephanten sitzend/ der erste gewesen/ der im Triumph eingezogen. Dannenhero war ihm auch/ als einem Erfinder des Triumphs/ ein Hetz oder Aelster gewiedmet/ weil dieser Vogel überaus geschwätzig ist/ dann im Triumph/ wie Suetonius im Julio Caesare erzehlet/ einem jedweden erlaubt war/ den Triumphirenden mit allerley Lästerungen zu belegen.

Kräntze vom Bacchus erfunden. Eben diesem Gott haben die Alten auch die Erfindung der Kräntze zugeschrieben; dann er/ nach des Plinius Zeugnus/ den ersten aus Epheu gemachten Krantz auf das Haupt gesetzt. Deme hernach Alexander Magnus nachgefolgt/ dann dieser/ als er aus Indien siegreich wieder kommen/ hat sein gantzes Heer mit Kräntzen von Epheu zu bezieren befohlen. Warum der Epheu dem Bacchus zugeeignet worden. Der Epheu aber ist vieler Ursachen halber dem Bacchus zugeeignet worden: Festus will/ es sey darum geschehen/ dieweil Bacchus jederzeit als ein Jüngling gebildet worden/ eben wie der Epheu also grünet: oder weil/ gleichwie der Epheu das jenige/ dem er anhänget/ fest hält/ also auch der Wein die Gemüther der Menschen mit den festesten Banden anfesselt/ daß sie ihr Amt nicht verrichten können. Plutarchus schreibet/ es habe der Epheu eine verborgene Krafft in sich/ welche das Gemüth aus seinem natürlichen Sitze hebe/ und es mit einer rasenden Wuht anfülle/ also daß er ohne Wein-trincken die Menschen voll oder trunken mache. Der Epheu wird von den Griechen [Spaltenumbruch] κισσὸς, von welchem Wort sie herleiten das Wörtlein κισσᾷν, das so viel bedeutet/ als mit geiler Begierde und Brunst etwas begehren: dahero Eustathius will/ es sey der Epheu dem Bacchus darum zugeeignet worden/ dieweil durch den Wein die Menschen gewaltig zur Geilheit angereitzet werden. Weßwegen man dann auch im Sprichwort zu sagen pfleget/ daß es sich ohne Brod und Wein sehr übel buhlen lasse.

Thyrsus/ des Bacchus mit Laub bekleideter Stengel. Macrobius schreibet im I Buch Saturnaliorum von des Bacchus Stabe/ daß in demselben ein verborgener Pfeil gesteckt sey/ dessen Spitze von einem Epheu-Zweig bedeckt gewesen; dardurch anzudeuten/ daß man die Gewaltsamkeit des Kriegs mit dem Band der Gedult verbinden müsse; weil der Epheu einer umbfassenden und verbindenden Natur ist. Diodorus schreibet/ es werde der Epheu von den Egyptern des Osiris Pflantze genennet/ wie er denn auch demselben gewiedmet gewesen/ gleich als ob er von ihm erfunden worden/ und daß sie in heiligen Dingen den Epheu/ weil er allezeit grünet/ dem Weinstock/ dessen Blätter im Winter verdorren/ weit vorgezogen/ welches/ wie man lieset/ von den Alten auch in den andern Bäumen/ die immerdar grünen/ beobachtet worden; weßwegen sie der Venus den Myrtenbaum/ den Apollo aber den Lorbeerbaum gewiedmet uud zugeeignet haben.

Bacchus ward unterweilen mit Epheu/ unterweilen auch mit Feigenblättern umkräntzet. Bacchus ward nicht allein mit Epheu/ sondern unterweilen auch mit Feigenblättern umkräntzt; und zwar zum Gedächtnus einer gewissen Nymphen/ welche Syce benamset ware/ dann συκη bey uns eine Feige heisset: diese/ sagt man/ sey vom Bacchus geliebt/ und nachgehends in diesen Baum verwandelt worden; gleichwie man auch von dem Knaben Cissus/ der ebenmässig von ihm geliebt worden/ erzehlet/ daß er endlich in Epheu solle seyn verkehret worden; wie auch von der Nymphe Staphyle bey den Poeten gedichtet wird/ daß sie in einen Weinstock/ als sie von ihm geliebet ward/ seye verändert worden. Dannenhero kein Wunder/ daß ihm diese Bäume nachgehends so lieb gewesen/ und er von deren Zweigen Kräntze tragen wollen/ wie man dann mit eben denselben auch vor Alters seinen Wagen/ Schild/ Spieß und Altäre geziert. Wiewol wir auch lesen/ daß seine Kräntze unterweilen von Narcissen/ bisweilen auch von andern Blumen gemacht worden.

Diodorus schreibet/ es habe Bacchus an den Fest-Tägen köstliche/ weiche/ zarte und mit Blumen gestickte Kleider getragen. Der ihm vor andern geheiligte Baum war der Weinstock/ und zwar nicht unbillig; dann wann Bacchus den aus den Trauben gepressten Wein bedeutet/ was solte ihm wol bässer eignen und zustehen/ als der Weinstock? Diesen

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 151/0233] umwundnen Stabe gesagt/ haben andere dem Gertenkraut zugeschrieben/ als auf dessen Stengel sich Bacchus solle gesteuret/ und angehalten haben/ dahero sie selbigs auch allen seinen Geferten in die Hände gegeben/ die Ursach dessen zeigt Eusebius aus Diodoro an/ und ist diese: Als die Menschen Anfangs mit dem Weine sich allzusehr angefüllt und vollgesoffen/ seyen sie sehr offt miteinander in Streit gerahten/ und hätten einander mit den Stecken zimlich herum geschlagen/ auch öffters bis auf den Tod verwundet; worauf Bacchus sie beredet/ daß sie endlich/ an statt der Stecken/ Gertenkraut geführt; dieweil von derselben Schlägen fast gar keine Gefahr zu befürchten war. Es ist aber Ferula oder das Gertenkraut einem Rohr nicht fast ungleich/ dessen Blätter die Esel überaus gerne fressen: dannenhero der Esel diesem Gott/ nach des Plinius Zeugnus/ zugeeignet worden/ als dem das Gertenkraut geheiligt ware. Ferner schreibet Diodorus/ es habe Bacchus sich unterweilen in Kriege gewaffnet/ und im Brauch gehabt/ Pantherthier-Häute anzuziehen/ dann er nicht allzeit truncken gewesen/ sondern bisweilen sehr tapffer gefochten haben soll/ also daß er viel Könige überwunden/ nämlich den Lycurgus/ Pentheus und andere mehr/ und Indien unter seine Bottmässigkeit gebracht/ daher er/ als er wieder kommen/ als ein Uberwinder/ auf einem Elephanten sitzend/ der erste gewesen/ der im Triumph eingezogen. Dannenhero war ihm auch/ als einem Erfinder des Triumphs/ ein Hetz oder Aelster gewiedmet/ weil dieser Vogel überaus geschwätzig ist/ dann im Triumph/ wie Suetonius im Julio Caesare erzehlet/ einem jedweden erlaubt war/ den Triumphirenden mit allerley Lästerungen zu belegen. Bacchus ein Erfinder des Triumphs. Eben diesem Gott haben die Alten auch die Erfindung der Kräntze zugeschrieben; dann er/ nach des Plinius Zeugnus/ den ersten aus Epheu gemachten Krantz auf das Haupt gesetzt. Deme hernach Alexander Magnus nachgefolgt/ dann dieser/ als er aus Indien siegreich wieder kommen/ hat sein gantzes Heer mit Kräntzen von Epheu zu bezieren befohlen. Der Epheu aber ist vieler Ursachen halber dem Bacchus zugeeignet worden: Festus will/ es sey darum geschehen/ dieweil Bacchus jederzeit als ein Jüngling gebildet worden/ eben wie der Epheu also grünet: oder weil/ gleichwie der Epheu das jenige/ dem er anhänget/ fest hält/ also auch der Wein die Gemüther der Menschen mit den festesten Banden anfesselt/ daß sie ihr Amt nicht verrichten können. Plutarchus schreibet/ es habe der Epheu eine verborgene Krafft in sich/ welche das Gemüth aus seinem natürlichen Sitze hebe/ und es mit einer rasenden Wuht anfülle/ also daß er ohne Wein-trincken die Menschen voll oder trunken mache. Der Epheu wird von den Griechen κισσὸς, von welchem Wort sie herleiten das Wörtlein κισσᾷν, das so viel bedeutet/ als mit geiler Begierde und Brunst etwas begehren: dahero Eustathius will/ es sey der Epheu dem Bacchus darum zugeeignet worden/ dieweil durch den Wein die Menschen gewaltig zur Geilheit angereitzet werden. Weßwegen man dann auch im Sprichwort zu sagen pfleget/ daß es sich ohne Brod und Wein sehr übel buhlen lasse. Kräntze vom Bacchus erfunden. Warum der Epheu dem Bacchus zugeeignet worden. Macrobius schreibet im I Buch Saturnaliorum von des Bacchus Stabe/ daß in demselben ein verborgener Pfeil gesteckt sey/ dessen Spitze von einem Epheu-Zweig bedeckt gewesen; dardurch anzudeuten/ daß man die Gewaltsamkeit des Kriegs mit dem Band der Gedult verbinden müsse; weil der Epheu einer umbfassenden und verbindenden Natur ist. Diodorus schreibet/ es werde der Epheu von den Egyptern des Osiris Pflantze genennet/ wie er denn auch demselben gewiedmet gewesen/ gleich als ob er von ihm erfunden worden/ und daß sie in heiligen Dingen den Epheu/ weil er allezeit grünet/ dem Weinstock/ dessen Blätter im Winter verdorren/ weit vorgezogen/ welches/ wie man lieset/ von den Alten auch in den andern Bäumen/ die immerdar grünen/ beobachtet worden; weßwegen sie der Venus den Myrtenbaum/ den Apollo aber den Lorbeerbaum gewiedmet uud zugeeignet haben. Thyrsus/ des Bacchus mit Laub bekleideter Stengel. Bacchus ward nicht allein mit Epheu/ sondern unterweilen auch mit Feigenblättern umkräntzt; und zwar zum Gedächtnus einer gewissen Nymphen/ welche Syce benamset ware/ dann συκη bey uns eine Feige heisset: diese/ sagt man/ sey vom Bacchus geliebt/ und nachgehends in diesen Baum verwandelt worden; gleichwie man auch von dem Knaben Cissus/ der ebenmässig von ihm geliebt worden/ erzehlet/ daß er endlich in Epheu solle seyn verkehret worden; wie auch von der Nymphe Staphyle bey den Poeten gedichtet wird/ daß sie in einen Weinstock/ als sie von ihm geliebet ward/ seye verändert worden. Dannenhero kein Wunder/ daß ihm diese Bäume nachgehends so lieb gewesen/ und er von deren Zweigen Kräntze tragen wollen/ wie man dann mit eben denselben auch vor Alters seinen Wagen/ Schild/ Spieß und Altäre geziert. Wiewol wir auch lesen/ daß seine Kräntze unterweilen von Narcissen/ bisweilen auch von andern Blumen gemacht worden. Bacchus ward unterweilen mit Epheu/ unterweilen auch mit Feigenblättern umkräntzet.Diodorus schreibet/ es habe Bacchus an den Fest-Tägen köstliche/ weiche/ zarte und mit Blumen gestickte Kleider getragen. Der ihm vor andern geheiligte Baum war der Weinstock/ und zwar nicht unbillig; dann wann Bacchus den aus den Trauben gepressten Wein bedeutet/ was solte ihm wol bässer eignen und zustehen/ als der Weinstock? Diesen

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2014-06-24T13:18:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2014-06-24T13:18:31Z)
Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2014-06-24T13:18:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/233>, abgerufen am 30.04.2024.