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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] Der Minerven Flor/ Schleyer/ oder Talar. Flor oder Schleyer aber war eine Kleider-Art/ die man der Götter Bildnussen anzuziehen pflegte/ der hatte/ wie Luctatius/ deß Statius Ausleger/ schreibet/ keine Ermeln/ war weiß/ aber mit übergüldeten Bullen gezieret/ welche die edlen Matronen mit eignen Händen machten/ und allezeit übers dritte Jahr zu opffern gewohnt waren. Es ward aber solcher Flor oder Schleyer bey den Atheniensern/ deren Schutz-Göttin die Minerva war/ gebraucht/ und hiesse man gemeiniglich das Kleid also/ welches sie zu Athen dieser Göttin alle fünff Jahr/ mit öffentlichen Ceremonien/ heiligten; Obwol Svidas schreibet/ es sey kein Kleid/ sondern ein Segel eines Schiffs gewest/ welches man auf gewissen/ dieser Göttin zu Ehren verordneten Festtägen/ mit grossem Pomp ausrüstete.

Talar der Minerva geopffert. Es pflegten aber auch die Alten dieser Göttin einen Talar/ oder wie ichs nennen mag/ ein dergleichen Ober-Kleid zu opffern/ wann sie in grosser Gefahr stunden/ und mit dieser Göttin sich versöhnen wollten. Dannenhero die Hecuba beym Homerus/ (nachdem sie deß Heleni Sohns und Wahrsagers Raht gepflogen/ und die Trojaner von den Griechen in ihrer Ringmauer eingeschlossen sahe) aus ihren kostbarsten Kleidern/ einen dergleichen Talar auserlesen/ welchen sie/ nebst etlichen der edelsten Matronen/ die sie zu Gefärten mit ihr genommen/ in den Pallas-Tempel gebracht/ und selbiger Göttin/ durch deß Antenors Gemahlin Theano opffern lassen: als welche damahliger Zeit alle Trojanerinnen einmühtiglich zu ehren pflegten/ und also die Göttin inbrünstig baten/ ihnen gnädig zu seyn. Welches Virgilius/ im ersten Buch Aeneidos, sehr schön ausgedruckt/ wann Er erzehlet/ daß es an den Wänden/ in dem Tempel der Juno/ der zu Carthago erbauet war/ abgeschildert gewesen/ dieses Inhalts:

Interea ad templum non aeqvae Pal-
ladis ibant

Crinibus Iliades passis, peplumque
ferebant,

Suppliciter tristes, & tunsae pectora
palmis.

Immittelst sahe man/ wie die Trojanerin-
nen/

Mit gantz zerstreutem Haar/ und hochbe-
trübten Sinnen/

In langen Schauben zu den Tempel zogen
hin

Der Pallas auferbaut/ mit höchstbetrüb-
tem Sinn.

Sie schlugen auf die Brust/ Sie rissen aus
die Haare/

Sie giengen ungestalt in erbarem Tala-
re/

[Spaltenumbruch] Und kratzten das Gesicht mit Nägeln
grimmiglich/

Daher die Göttin auch von ihnen wandte
sich.

Auf diesen Talar der Minerva pflegten die Athenienser mit der Nadel den Enceladus/ oder einen andern aus den Riesen zu sticken/ den/ wie man sagte/ die Minerva umgebracht haben solle: wiewol sie auch unterweilen einige tapffere und berühmte Kriegs-Helden darauf auszubilden pflegten. Enceladus aber praesentirte am obern Theile deß Leibes einen Menschen/ und unten eine Schlange. Von gleichmässiger Gestalt sollen auch/ wie die Riesen. Poeten dichten/ die Riesen gewesen seyn/ welche die Götter zu bekriegen sich unterfangen haben. Deß Commodus Grausamkeit. Dannenhero Svidas vom Kayser Commodus/ dem grausamen und greulichen Tyrannen/ erzehlet/ er habe Hercules/ deß Jupiters Sohn/ genennet seyn wollen/ und deswegen auch bisweilen eine Löwenhaut angezogen/ eine Keule in die Hand genommen/ und also im Schertz viel Menschen darmit umgebracht. Und damit es das Ansehen hätte/ als ob er für die Götter stritte/ ließ er diesen elenden Menschen ihre Beine gantz krumm und gleich den Schlangen drehen/ umb dardurch die Riesen vorzustellen/ worauf er sie endlich am gantzen Leibe und allen Gliedern mit seiner Keule zermörselt.

Apollodorus schreibet/ daß die Riesen scheußlich anzusehen gewesen/ lange biß auf die Schulder herabhangende Haare gehabt/ und Bedeutung der Riesen. den Bart auf der Brust aufligend getragen. Ihre Unter-Theile geben uns zu verstehen/ daß leichtfertige Menschen und Gottes-Verächter niemaln etwas löbliches/ erbares und gerechtes/ sondern in allem ihrem Thun das Widerspiel zu verrichten pflegen. Deßwegen sie nicht unbillig den Schlangen verglichen werden/ die sich aus dem Staube oder von der Erden nicht emporheben/ weniger aber gerade einher gehen können/ sondern sich hin und her krümmen und bewegen müssen. Diese bringet/ wie man sagt/ die Minerva um/ dann sie allzeit in der Finsternus der Unwissenheit herumb irren/ und die Augen niemahls empor heben/ das Göttliche Liecht zu beschauen/ so denen vorleuchtet/ die nach dem herrlichem und ewigem Leben streben: und dieses deutet den Beystand und die Gunst an/ wormit die Minerva die jenigen würdiget/ so Sie umb Hülffe ersuchten und anrufften/ dergleichen Perseus und Bellerophon gewesen zu seyn erzehlet werden/ der von selbiger das geflügelte/ gezähmte und zum reuten beqvämte Pferd Pegasus erhalten/ sich drauf gesetzet/ und das greuliche Wunderthier Chimaera umbgebracht.

Dannenhero bey den Corinthiern/ wie Pausanias in Corinthiis erzehlt/ ein höltzern Bild ware/ dessen Angesicht/ Hände und Füsse

[Spaltenumbruch] Der Minerven Flor/ Schleyer/ oder Talar. Flor oder Schleyer aber war eine Kleider-Art/ die man der Götter Bildnussen anzuziehen pflegte/ der hatte/ wie Luctatius/ deß Statius Ausleger/ schreibet/ keine Ermeln/ war weiß/ aber mit übergüldeten Bullen gezieret/ welche die edlen Matronen mit eignen Händen machten/ und allezeit übers dritte Jahr zu opffern gewohnt waren. Es ward aber solcher Flor oder Schleyer bey den Atheniensern/ deren Schutz-Göttin die Minerva war/ gebraucht/ und hiesse man gemeiniglich das Kleid also/ welches sie zu Athen dieser Göttin alle fünff Jahr/ mit öffentlichen Ceremonien/ heiligten; Obwol Svidas schreibet/ es sey kein Kleid/ sondern ein Segel eines Schiffs gewest/ welches man auf gewissen/ dieser Göttin zu Ehren verordneten Festtägen/ mit grossem Pomp ausrüstete.

Talar der Minerva geopffert. Es pflegten aber auch die Alten dieser Göttin einen Talar/ oder wie ichs nennen mag/ ein dergleichen Ober-Kleid zu opffern/ wann sie in grosser Gefahr stunden/ und mit dieser Göttin sich versöhnen wollten. Dannenhero die Hecuba beym Homerus/ (nachdem sie deß Heleni Sohns und Wahrsagers Raht gepflogen/ und die Trojaner von den Griechen in ihrer Ringmauer eingeschlossen sahe) aus ihren kostbarsten Kleidern/ einen dergleichen Talar auserlesen/ welchen sie/ nebst etlichen der edelsten Matronen/ die sie zu Gefärten mit ihr genommen/ in den Pallas-Tempel gebracht/ und selbiger Göttin/ durch deß Antenors Gemahlin Theano opffern lassen: als welche damahliger Zeit alle Trojanerinnen einmühtiglich zu ehren pflegten/ und also die Göttin inbrünstig baten/ ihnen gnädig zu seyn. Welches Virgilius/ im ersten Buch Aeneidos, sehr schön ausgedruckt/ wann Er erzehlet/ daß es an den Wänden/ in dem Tempel der Juno/ der zu Carthago erbauet war/ abgeschildert gewesen/ dieses Inhalts:

Interea ad templum non aeqvae Pal-
ladis ibant

Crinibus Iliades passis, peplumque
ferebant,

Suppliciter tristes, & tunsae pectora
palmis.

Immittelst sahe man/ wie die Trojanerin-
nen/

Mit gantz zerstreutem Haar/ und hochbe-
trübten Sinnen/

In langen Schauben zu den Tempel zogen
hin

Der Pallas auferbaut/ mit höchstbetrüb-
tem Sinn.

Sie schlugen auf die Brust/ Sie rissen aus
die Haare/

Sie giengen ungestalt in erbarem Tala-
re/

[Spaltenumbruch] Und kratzten das Gesicht mit Nägeln
grimmiglich/

Daher die Göttin auch von ihnen wandte
sich.

Auf diesen Talar der Minerva pflegten die Athenienser mit der Nadel den Enceladus/ oder einen andern aus den Riesen zu sticken/ den/ wie man sagte/ die Minerva umgebracht haben solle: wiewol sie auch unterweilen einige tapffere und berühmte Kriegs-Helden darauf auszubilden pflegten. Enceladus aber praesentirte am obern Theile deß Leibes einen Menschen/ und unten eine Schlange. Von gleichmässiger Gestalt sollen auch/ wie die Riesen. Poeten dichten/ die Riesen gewesen seyn/ welche die Götter zu bekriegen sich unterfangen haben. Deß Commodus Grausamkeit. Dannenhero Svidas vom Kayser Commodus/ dem grausamen und greulichen Tyrannen/ erzehlet/ er habe Hercules/ deß Jupiters Sohn/ genennet seyn wollen/ und deswegen auch bisweilen eine Löwenhaut angezogen/ eine Keule in die Hand genommen/ und also im Schertz viel Menschen darmit umgebracht. Und damit es das Ansehen hätte/ als ob er für die Götter stritte/ ließ er diesen elenden Menschen ihre Beine gantz krumm und gleich den Schlangen drehen/ umb dardurch die Riesen vorzustellen/ worauf er sie endlich am gantzen Leibe und allen Gliedern mit seiner Keule zermörselt.

Apollodorus schreibet/ daß die Riesen scheußlich anzusehen gewesen/ lange biß auf die Schulder herabhangende Haare gehabt/ und Bedeutung der Riesen. den Bart auf der Brust aufligend getragen. Ihre Unter-Theile geben uns zu verstehen/ daß leichtfertige Menschen und Gottes-Verächter niemaln etwas löbliches/ erbares und gerechtes/ sondern in allem ihrem Thun das Widerspiel zu verrichten pflegen. Deßwegen sie nicht unbillig den Schlangen verglichen werden/ die sich aus dem Staube oder von der Erden nicht emporheben/ weniger aber gerade einher gehen können/ sondern sich hin und her krümmen und bewegen müssen. Diese bringet/ wie man sagt/ die Minerva um/ dann sie allzeit in der Finsternus der Unwissenheit herumb irren/ und die Augen niemahls empor heben/ das Göttliche Liecht zu beschauen/ so denen vorleuchtet/ die nach dem herrlichem und ewigem Leben streben: und dieses deutet den Beystand und die Gunst an/ wormit die Minerva die jenigen würdiget/ so Sie umb Hülffe ersuchten und anrufften/ dergleichen Perseus und Bellerophon gewesen zu seyn erzehlet werden/ der von selbiger das geflügelte/ gezähmte und zum reuten beqvämte Pferd Pegasus erhalten/ sich drauf gesetzet/ und das greuliche Wunderthier Chimaera umbgebracht.

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  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 631 [eigentlich 136]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/214>, abgerufen am 30.04.2024.