Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.MAn sahe/ an der Erde/ eine noch kleine Hoffnung grosser Freuden: ein kurzes Gräslein/ den Vorboten der Wasen und Wiesen/ dessen Farbe von Krönung der Felder und Wälder weissagte. Die Bäume bäumten sich in ihren Ruten-Sprossen/ derer Knospen mit Blättern und Blüten schwanger waren. Die jungen Saat-Schoßen bezeugten/ indem sie die Milch im Munde trugen/ daß die Erde nun wider Mutter und Säugamme worden wäre. Die Störche und Lerchen willkommten den Lenzen/ Die Veilchen nicht weilten/ an Kränzen zu glänzen. Den Harnisch am Ufer die Fluten abthä- ten. Es lieffen mit Flöten die Schäfer-Poeten. Ich deren einer/ lieffe auch mit ihnen: Dann meine Heerde wolte nun nicht länger in Stall verschlossen seyn. Ich selber war der langen Winter-Hütte überdrüssig/ und triebe zu Feld mit meinem bewollten Heer: das nun heuer sich eher dorfte unter freyen Himmel sehen lassen/ als vorm Jahr/ da sie/ noch in den Lenzen -Monden von den Wölffen zum Raube betauret wurde. Die freye Lufft/ der entwolkte Himmel/ und die unter beeden tirilirende [Spaltenumbruch] Feder- und Felder-Sirenen erweckten auch in mir eine Sinnen-heiterkeit: welche mich zum Gesang-Dank/ vor die Himmel-güte aufmunterte: deßwegen ich auch ihren Schnabel-Flöten in folgenden Sätzen nachstimmete: Himmel/ Dir/ der unsern Gränzen Glanz und Lenzen von den milden Händen sendet/ der da herben Streit in Fried/ altes Leid in neues Lied hat verwendet/ Dir/ ist unser Dank verpfändet. Durch Dich sich die Regen regen/ wider legen; Durch dich sich die Winde finden/ Die vom Eises-Band die See und die Auen von dem Schnee jetzt entbinden/ und die rauhe Lüffte linden. Andre/ die selbst ihnen trauen/ mögen schauen: Ob der Mond den Glanz erhöhe; Ob er an den Ocean mit den Hörnern stosse an; wie es stehe/ wann die Sonne untergehe. Ob sich an den See-gestaden Täucher baden; Ob die Krähen nidrig sitzen; Ob der Reyger ihr Geschrey und der Mewen* hefftig sey; ob in Pfützen sich die Schwalbe will besprützen. Der das Sonnene-gold ersonnen/ kan bewonnen. * Gavia
MAn sahe/ an der Erde/ eine noch kleine Hoffnung grosser Freuden: ein kurzes Gräslein/ den Vorboten der Wasen und Wiesen/ dessen Farbe von Krönung der Felder und Wälder weissagte. Die Bäume bäumten sich in ihren Ruten-Sprossen/ derer Knospen mit Blättern und Blüten schwanger waren. Die jungen Saat-Schoßen bezeugten/ indem sie die Milch im Munde trugen/ daß die Erde nun wider Mutter und Säugamme worden wäre. Die Störche und Lerchen willkommten den Lenzen/ Die Veilchen nicht weilten/ an Kränzen zu glänzen. Den Harnisch am Ufer die Fluten abthä- ten. Es lieffen mit Flöten die Schäfer-Poeten. Ich deren einer/ lieffe auch mit ihnen: Dann meine Heerde wolte nun nicht länger in Stall verschlossen seyn. Ich selber war der langen Winter-Hütte überdrüssig/ und triebe zu Feld mit meinem bewollten Heer: das nun heuer sich eher dorfte unter freyen Himmel sehen lassen/ als vorm Jahr/ da sie/ noch in den Lenzen -Monden von den Wölffen zum Raube betauret wurde. Die freye Lufft/ der entwolkte Himmel/ und die unter beeden tirilirende [Spaltenumbruch] Feder- und Felder-Sirenen erweckten auch in mir eine Sinnen-heiterkeit: welche mich zum Gesang-Dank/ vor die Himmel-güte aufmunterte: deßwegen ich auch ihren Schnabel-Flöten in folgenden Sätzen nachstimmete: Himmel/ Dir/ der unsern Gränzen Glanz und Lenzen von den milden Händen sendet/ der da herben Streit in Fried/ altes Leid in neues Lied hat verwendet/ Dir/ ist unser Dank verpfändet. Durch Dich sich die Regen regen/ wider legen; Durch dich sich die Winde finden/ Die vom Eises-Band die See und die Auen von dem Schnee jetzt entbinden/ und die rauhe Lüffte linden. Andre/ die selbst ihnen trauen/ mögen schauen: Ob der Mond den Glanz erhöhe; Ob er an den Ocean mit den Hörnern stosse an; wie es stehe/ wann die Sonne untergehe. Ob sich an den See-gestaden Täucher baden; Ob die Krähen nidrig sitzen; Ob der Reyger ihr Geschrey und der Mewen* hefftig sey; ob in Pfützen sich die Schwalbe will besprützen. Der das Sonnene-gold ersonnen/ kan bewonnen. * Gavia
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Des
Durchleuchtigst-Fruchtbringenden
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MAn sahe/ an der Erde/ eine noch kleine Hoffnung grosser Freuden: ein kurzes Gräslein/ den Vorboten der Wasen und Wiesen/ dessen Farbe von Krönung der Felder und Wälder weissagte. Die Bäume bäumten sich in ihren Ruten-Sprossen/ derer Knospen mit Blättern und Blüten schwanger waren. Die jungen Saat-Schoßen bezeugten/ indem sie die Milch im Munde trugen/ daß die Erde nun wider Mutter und Säugamme worden wäre.
Die Störche und Lerchen willkommten den
Lenzen/
Die Veilchen nicht weilten/ an Kränzen zu
glänzen.
Den Harnisch am Ufer die Fluten abthä-
ten.
Es lieffen mit Flöten die Schäfer-Poeten.
Ich deren einer/ lieffe auch mit ihnen: Dann meine Heerde wolte nun nicht länger in Stall verschlossen seyn. Ich selber war der langen Winter-Hütte überdrüssig/ und triebe zu Feld mit meinem bewollten Heer: das nun heuer sich eher dorfte unter freyen Himmel sehen lassen/ als vorm Jahr/ da sie/ noch in den Lenzen -Monden von den Wölffen zum Raube betauret wurde.
Die freye Lufft/ der entwolkte Himmel/ und die unter beeden tirilirende
Feder-und Felder-Sirenen erweckten auch in mir eine Sinnen-heiterkeit: welche mich zum Gesang-Dank/ vor die Himmel-güte aufmunterte: deßwegen ich auch ihren Schnabel-Flöten in folgenden Sätzen nachstimmete:
Himmel/Dir/ der unsern Gränzen
Glanz und Lenzen
von den milden Händen sendet/
der da herben Streit in Fried/
altes Leid in neues Lied
hat verwendet/
Dir/ ist unser Dank verpfändet.
Durch Dich sich die Regen regen/
wider legen;
Durch dich sich die Winde finden/
Die vom Eises-Band die See
und die Auen von dem Schnee
jetzt entbinden/
und die rauhe Lüffte linden.
Andre/ die selbst ihnen trauen/
mögen schauen:
Ob der Mond den Glanz erhöhe;
Ob er an den Ocean
mit den Hörnern stosse an;
wie es stehe/
wann die Sonne untergehe.
Ob sich an den See-gestaden
Täucher baden;
Ob die Krähen nidrig sitzen;
Ob der Reyger ihr Geschrey und der Mewen * hefftig sey;
ob in Pfützen
sich die Schwalbe will besprützen.
Der das Sonnene-gold ersonnen/
kan bewonnen.
* Gavia
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