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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] dem andern die rechte Hand gewiesen/ er damit habe andeuten und zu verstehen geben wollen/ es geschehe alles ohne List/ Falschheit und Betrug/ also daß man wol trauen dörffte. Dahero dann vielleicht auch die Gewonheit kommen/ daß man der grossen Herren und Fürsten Hände zu küssen pfleget/ welches Die Hände küssen. nicht allein bey uns/ sondern auch bey den Alten beobachtet worden/ wie wir aus dem Plutarchus erlernen können/ da Popilius Lena / nachdem er lange mit dem in den Raht gehenden Käyser (an eben selbigem Tage/ als er umbracht worden/) geredet hatte/ ihm die Hand geküsset/ und also von ihm geschieden. Und Macrobius/ lib. I. Saturnal. setzet unter der Person eines Rahtherrn-Sohns/ zur Beschützung der Knechte/ es befinde sich einer unter den Knechten/ der stärcker sey als das Geld; ingleichen werde auch ein Herr gefunden/ der sich nicht scheue umb Gewinsts willen anderer Leut Knechten die Hände zu küssen. Durch diesen Gebrauch gaben die Alten zu verstehen/ daß sie sich dessen Treue und Gunst empfehleten/ deme sie die Hand küsseten/ und dahero für ihren Herrn erkennten. So ist dann der Alten Gewonheit auch biß auf unsere Zeiten gelangt/ daß man einem die rechte Hand/ zum Zeichen seiner treu-meinenden Aufrichtigkeit/ darbietet. Auch ward die Treue unter dem Zeichen eines weissen Hundes vorgebildet/ dann sehr viel und wunderbare Dinge von der Hunde Treue erzehlet werden.

Der Storch der Einträchtigkeit gewidmet. Wir kehren aber wieder zurücke zur Einträchtigkeit/ dero die Alten den Storch gewidmet/ weswegen auch in ihrem Tempel viel Störche erhalten wurden; wiewohl Angelus Politianus ihr keinen Storch/ sondern eine Krähe zueignet/ zu dessen Behauptung er einige alte Müntz-Stücke anziehet/ wie auch den Aelianus/ welcher saget/ es haben die Alten auf Hochzeiten/ nachdem sie den Hymenaeus Die Krähe ist ein Bild der Einträchtigkeit. angeruffen/ auch eine Krähe herzugelokket/ nämlich zu einem glücklichen Zeichen der zukünfftig-verhoffenden Einträchtigkeit unter den neuen Ehleuten/ welche Kinderzeugens halber zusammen kommen wären. Dieses aber deutete auf die Treue/ so Ehleute einander zu erzeigen und zu halten schuldig sind/ wie ebenmässig Aelianus erzehlet/ wann er spricht: es seyen die Krähen einander so getreu/ daß/ wann eine/ durch den Tod/ ihren Gatten verliehre/ sie sich lebenslang nicht wiederumb mit einer andern zu begatten pflege. Ja/ es hatten Granat-Aepffel für die Einträchtigkeit genommen. bey den Alten/ auch die Granat-Aepffel die Bedeutung der Einträchtigkeit/ wie die Hebräische Scribenten lehren/ derohalben sie auch auf dem Hohenpriesterlichen Kleide abgemahlt gewesen seyn sollen.

Nun wollen wir uns wieder zu den Mercurius wenden/ welchen Homerus an den Füssen geflügelt/ und eine Ruthe oder Stab in der Hand haltend abbildet/ als er von ihme gedichtet/[Spaltenumbruch] wie er vom Jupiter entweder an den Calypso gesandt worden/ daß er den Ulysses von sich lassen sollte; oder wie er den Priamus in der Griechen Lager zu bringen in Befehl gehabt/ der seines Sohns Hectors Leichnam abzuholen verlangte. Diesem hat Virgilius aufs glücklichste nachgeahmet/ wann er/ im IV. Buch Aeneidos, den Mercurius/ wie er auf Befehl deß Jupiters zum Aeneas/ der damahliger Zeit zu Carthago seinen Königlichen Sitz hatte/ gereiset. Der Inhalt selbiger Verse ist dieser:

--- Ille patris magni parere para-
bat

Imperio: & primum pedibus talaria
nectit

Aurea, quae sublimem alis, sive ae-
qvora supra,

Seu terram rapido pariter cum fla-
mine portant.

Tunc virgam capit: hac animas il-
le evocat orco

Pallentes; alias sub tristia tartara
mittit:

Dat somnos, adimitque, & lumina
morte resignat.

Mercur kommt dem Gebot deß Vatters
schleunig nach/

knüpfft seine Flügel an die Füß/ ist frisch
und wach.

Die Flügel aber sind bewandt auf solche
Weise/

daß er kan übers Meer und Erdkreiß seine
Reise

verrichten durch den Wind/ der ihn hebt
auf und führt.

Drauf nimmt er seinen Stab/ mit welchem/
so er rührt

die Seelen/ kommen sie erblaßt stracks aus
der Hölle:

Die andern kan er auch versetzen auf die
Schwelle

deß schwartzen Höllen-Reichs/ wann er sie
nur berührt/

Er macht/ daß man den Schlaf in seinen
Augen spührt;

Und kan hinwiederumb denselben gleicher
massen

Benehmen/ wie sichs will/ nach Nohtdurfft/
machen lassen/

kan vörder schliessen auf mit diesem Wun-
der-Stab

die Augen/ und erlöst den Sterbenden vom
Grab.

Warumb dem Mercurius Flügel zugeeignet wordenDem Mercurius sind/ wie wir gemeldet/ Federn zugeeignet worden/ weil die Rede/ derer Gott er zu seyn geglaubet ward/ oder welche er selbst bedeutete/ als ob sie Flügel hätte/ zu fliegen pfleget. Dannenhero Homerus die

[Spaltenumbruch] dem andern die rechte Hand gewiesen/ er damit habe andeuten und zu verstehen geben wollen/ es geschehe alles ohne List/ Falschheit und Betrug/ also daß man wol trauen dörffte. Dahero dann vielleicht auch die Gewonheit kommen/ daß man der grossen Herren und Fürsten Hände zu küssen pfleget/ welches Die Hände küssen. nicht allein bey uns/ sondern auch bey den Alten beobachtet worden/ wie wir aus dem Plutarchus erlernen können/ da Popilius Lena / nachdem er lange mit dem in den Raht gehenden Käyser (an eben selbigem Tage/ als er umbracht worden/) geredet hatte/ ihm die Hand geküsset/ und also von ihm geschieden. Und Macrobius/ lib. I. Saturnal. setzet unter der Person eines Rahtherrn-Sohns/ zur Beschützung der Knechte/ es befinde sich einer unter den Knechten/ der stärcker sey als das Geld; ingleichen werde auch ein Herr gefunden/ der sich nicht scheue umb Gewinsts willen anderer Leut Knechten die Hände zu küssen. Durch diesen Gebrauch gaben die Alten zu verstehen/ daß sie sich dessen Treue und Gunst empfehleten/ deme sie die Hand küsseten/ und dahero für ihren Herrn erkennten. So ist dann der Alten Gewonheit auch biß auf unsere Zeiten gelangt/ daß man einem die rechte Hand/ zum Zeichen seiner treu-meinenden Aufrichtigkeit/ darbietet. Auch ward die Treue unter dem Zeichen eines weissen Hundes vorgebildet/ dann sehr viel und wunderbare Dinge von der Hunde Treue erzehlet werden.

Der Storch der Einträchtigkeit gewidmet. Wir kehren aber wieder zurücke zur Einträchtigkeit/ dero die Alten den Storch gewidmet/ weswegen auch in ihrem Tempel viel Störche erhalten wurden; wiewohl Angelus Politianus ihr keinen Storch/ sondern eine Krähe zueignet/ zu dessen Behauptung er einige alte Müntz-Stücke anziehet/ wie auch den Aelianus/ welcher saget/ es haben die Alten auf Hochzeiten/ nachdem sie den Hymenaeus Die Krähe ist ein Bild der Einträchtigkeit. angeruffen/ auch eine Krähe herzugelokket/ nämlich zu einem glücklichen Zeichen der zukünfftig-verhoffenden Einträchtigkeit unter den neuen Ehleuten/ welche Kinderzeugens halber zusammen kommen wären. Dieses aber deutete auf die Treue/ so Ehleute einander zu erzeigen und zu halten schuldig sind/ wie ebenmässig Aelianus erzehlet/ wann er spricht: es seyen die Krähen einander so getreu/ daß/ wann eine/ durch den Tod/ ihren Gatten verliehre/ sie sich lebenslang nicht wiederumb mit einer andern zu begatten pflege. Ja/ es hatten Granat-Aepffel für die Einträchtigkeit genommen. bey den Alten/ auch die Granat-Aepffel die Bedeutung der Einträchtigkeit/ wie die Hebräische Scribenten lehren/ derohalben sie auch auf dem Hohenpriesterlichen Kleide abgemahlt gewesen seyn sollen.

Nun wollen wir uns wieder zu den Mercurius wenden/ welchen Homerus an den Füssen geflügelt/ und eine Ruthe oder Stab in der Hand haltend abbildet/ als er von ihme gedichtet/[Spaltenumbruch] wie er vom Jupiter entweder an den Calypso gesandt worden/ daß er den Ulysses von sich lassen sollte; oder wie er den Priamus in der Griechen Lager zu bringen in Befehl gehabt/ der seines Sohns Hectors Leichnam abzuholen verlangte. Diesem hat Virgilius aufs glücklichste nachgeahmet/ wann er/ im IV. Buch Aeneidos, den Mercurius/ wie er auf Befehl deß Jupiters zum Aeneas/ der damahliger Zeit zu Carthago seinen Königlichen Sitz hatte/ gereiset. Der Inhalt selbiger Verse ist dieser:

--- Ille patris magni parere para-
bat

Imperio: & primum pedibus talaria
nectit

Aurea, quae sublimem alis, sive ae-
qvora supra,

Seu terram rapido pariter cum fla-
mine portant.

Tunc virgam capit: hac animas il-
le evocat orco

Pallentes; alias sub tristia tartara
mittit:

Dat somnos, adimitque, & lumina
morte resignat.

Mercur kommt dem Gebot deß Vatters
schleunig nach/

knüpfft seine Flügel an die Füß/ ist frisch
und wach.

Die Flügel aber sind bewandt auf solche
Weise/

daß er kan übers Meer und Erdkreiß seine
Reise

verrichten durch den Wind/ der ihn hebt
auf und führt.

Drauf nimmt er seinen Stab/ mit welchem/
so er rührt

die Seelen/ kommen sie erblaßt stracks aus
der Hölle:

Die andern kan er auch versetzen auf die
Schwelle

deß schwartzen Höllen-Reichs/ wann er sie
nur berührt/

Er macht/ daß man den Schlaf in seinen
Augen spührt;

Und kan hinwiederumb denselben gleicher
massen

Benehmen/ wie sichs will/ nach Nohtdurfft/
machen lassen/

kan vörder schliessen auf mit diesem Wun-
der-Stab

die Augen/ und erlöst den Sterbenden vom
Grab.

Warumb dem Mercurius Flügel zugeeignet wordenDem Mercurius sind/ wie wir gemeldet/ Federn zugeeignet worden/ weil die Rede/ derer Gott er zu seyn geglaubet ward/ oder welche er selbst bedeutete/ als ob sie Flügel hätte/ zu fliegen pfleget. Dannenhero Homerus die

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/188>, abgerufen am 28.04.2024.