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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] Eltern lernen sollten/ wie schwehr es sey/ der Ursachen Erkänntnus zu erlangen. Plato machet sie/ im 10ten Buch de Republica, zu Töchtern Die Göttin Necessitas oder Nohtwendigkeit. der Nohtwendigkeit/ und stellet die grosse Demant-Spitze/ so beyde Polos berührt/ zwischen ihre Knie.

Der Parcen Bildnus aus dem Plato. Diese nun sitzen/ nach deß Plato Meinung/ in gleicher Weite von einander gesondert/ auf einem Throne/ in weissen Kleidern/ mit Kronen auf den Häuptern/ und singen nach Art der Sirenen/ und zwar Lachesis das Vergangene/ Clotho das Gegenwärtige/ Atropos aber das Zukünfftige: alle drey sind neben ihrer Mutter der Nohtwendigkeit spinnend zu sehen/ Clotho mit der Rechten/ Atropos mit der Lincken/ und Lachesis mit beyden Händen/ bey welcher letztbenannten das Verhängnus deß menschlichen Lebens stehet. Noch viel andere Dinge mehr setzet der vortreffliche Philosophus allhier hinzu/ welche dieses Orts nicht zu erklären und auszuführen dienlich. Pausanias erzehlet/ daß ihrer Mutter/ der Nohtwendig- und Gewaltsamkeit/ von den Corinthiern ein Tempel erbauet worden/ in welchen niemand zu gehen erlaubt gewesen. Einige haben den Parcen Kräntze aus Narcissen gewunden; andere ihnen die Häupter mit Ihre Kronen. weissen Binden umbwunden/ immassen Catullus bezeuget/ wann er sie/ in deß Peleus und der Thetis Hochzeit-Liede einführend/ also beschreibet:

His corpus tremulum complectens
undiqve vestis,

Candida purpurea talos incinxerat
ora;

Et roseo niveae residebant vertice
vittae;

Aeternumque manus carpebant rite
laborem.

Laeva colum molli lana retinebat a-
mictam:

Dextera tum leviter deducens fila,
supinis

Formabat digitis, tum prona in pol-
lice torquens

Libratum tereti versabat turbine fu-
sum.

Weißgläntzend war das Kleid biß auf die
Füß an ihnen

mit Purpur eingesaumt/ von gleicher Weis-
se schienen

die Hauben auf dem Haupt/ so Rosen
ähnlich war/

auf ihr Werck waren sie beflissen gantz
und gar.

Es hielt die lincke Hand den Wollen-vollen
Rocken/

Indem die Rechte zog heraus die weiche
Locken/

[Spaltenumbruch] und leichten Faden macht; man konte sie
gleich sehn/

mit unverdroßnem Fleiß/ die runde
Spindel drehn.

Homerus berichtet in deß Mercurius Liede/ es seyen die Parcen drey Schwestern/ so noch Jungfrauen/ mit Flügeln begabet/ und haben ihre Häupter mit Mehl bestreuet. So Venus unter den Parcen. lieset man auch beym Pausanias/ daß die Venus von den Griechen (insonderheit den Atheniensern/ als welche dieser Göttin ein viereckicht Bildnus/ den Mercuri-Seulen gleich/ aufgerichtet) unter die Parcen gezehlt gewesen; Die Uberschrifft aber zeigte an/ daß es die himmlische Venus/ und die älteste unter den Parcen seye/ von welcher/ wie er saget/ die Athenienser nichts glaubwürdiges hinterlassen haben. Dieses erinnert mich/ daß die Römer vorzeiten in der Libitina/ oder Todten-Göttin Tempel eine Todten-bahr gesetzt/ worvon Plutarchus diese Ursach anführet/ weil nemlich Libitina die Venus ware/ in dero Tempel die Begräbnus-Zeichen verwahret wurden/ daß wir uns dabey der menschlichen Gebrechlichkeit/ als deren Anfang und Ende eine einige Göttin vorstunde/ erinnern solten/ zumahlen die Venus vor die Göttin der Erzeugung und Fortpflantzung verehret wurde: daher die jenige/ so sie für die älteste unter den Parcen hielten/ zweiffelsohne dardurch andeuten wolten/ daß sie des menschlichen Lebens Ende bestimme. Auch könte man sagen/ es ziele dahin/ weil die Parcen einen Weeg als den andern für himmlische Göttinnen gehalten worden/ ob sie gleich deß Pluto Dienerinnen gewesen. Derohalben an einem gewissen Orte in Griechen-Lande dem Gott Moerageti, so der Parcen Oberhaupt und Führer bedeutet/ ein Altar erbauet war/ und schreibet Pausanias/ es sey das Wort Moeragetes unfehlbar deß Jupiters Zuname/ zumaln er allein die Parcen in seiner Gewalt zu haben geglaubt worden. Und vielleicht aus dieser Ursach Der Götter Secretarius hat man denselben der Götter Secretarium oder Schreiber genennet; gleich als ob dessen Amt seye/ den ihm gründlich erkannten Willen der Götter in Schrifften zu verfassen/ und zu seiner Zeit denselbigen wircklich vollziehen zu lassen.

Eine andere Abbildung der Parcen. Petrus Appianus/ in libro Antiquariorum, erzehlet/ es sey in Steiermarck vor wenig Jahren eine bleierne Platte gefunden worden/ darauf ein Kreiß gezogen gewesen/ in dessen Circumferenz und Umfange ein nakkender Jüngling auf einem kleinen Stuhle gesessen/ der mit beyden Händen die Augen und das Angesicht verdeckt/ und über seinem Haupte den Namen CLOTHO eingegraben gehabt habe: zu dessen Füssen wäre ein geflügelter Knab zu sehen gewesen/ der ebenmässig nacket/ mit der rechten Hand das rechte Knie berührt/ mit der lincken aber auf einen Todten-Kopff/

[Spaltenumbruch] Eltern lernen sollten/ wie schwehr es sey/ der Ursachen Erkänntnus zu erlangen. Plato machet sie/ im 10ten Buch de Republica, zu Töchtern Die Göttin Necessitas oder Nohtwendigkeit. der Nohtwendigkeit/ und stellet die grosse Demant-Spitze/ so beyde Polos berührt/ zwischen ihre Knie.

Der Parcen Bildnus aus dem Plato. Diese nun sitzen/ nach deß Plato Meinung/ in gleicher Weite von einander gesondert/ auf einem Throne/ in weissen Kleidern/ mit Kronen auf den Häuptern/ und singen nach Art der Sirenen/ und zwar Lachesis das Vergangene/ Clotho das Gegenwärtige/ Atropos aber das Zukünfftige: alle drey sind neben ihrer Mutter der Nohtwendigkeit spinnend zu sehen/ Clotho mit der Rechten/ Atropos mit der Lincken/ und Lachesis mit beyden Händen/ bey welcher letztbenannten das Verhängnus deß menschlichen Lebens stehet. Noch viel andere Dinge mehr setzet der vortreffliche Philosophus allhier hinzu/ welche dieses Orts nicht zu erklären und auszuführen dienlich. Pausanias erzehlet/ daß ihrer Mutter/ der Nohtwendig- und Gewaltsamkeit/ von den Corinthiern ein Tempel erbauet worden/ in welchen niemand zu gehen erlaubt gewesen. Einige haben den Parcen Kräntze aus Narcissen gewunden; andere ihnen die Häupter mit Ihre Kronen. weissen Binden umbwunden/ immassen Catullus bezeuget/ wann er sie/ in deß Peleus und der Thetis Hochzeit-Liede einführend/ also beschreibet:

His corpus tremulum complectens
undiqve vestis,

Candida purpurea talos incinxerat
ora;

Et roseo niveae residebant vertice
vittae;

Aeternumque manus carpebant rite
laborem.

Laeva colum molli lana retinebat a-
mictam:

Dextera tum leviter deducens fila,
supinis

Formabat digitis, tum prona in pol-
lice torquens

Libratum tereti versabat turbine fu-
sum.

Weißgläntzend war das Kleid biß auf die
Füß an ihnen

mit Purpur eingesaumt/ von gleicher Weis-
se schienen

die Hauben auf dem Haupt/ so Rosen
ähnlich war/

auf ihr Werck waren sie beflissen gantz
und gar.

Es hielt die lincke Hand den Wollen-vollen
Rocken/

Indem die Rechte zog heraus die weiche
Locken/

[Spaltenumbruch] und leichten Faden macht; man konte sie
gleich sehn/

mit unverdroßnem Fleiß/ die runde
Spindel drehn.

Homerus berichtet in deß Mercurius Liede/ es seyen die Parcen drey Schwestern/ so noch Jungfrauen/ mit Flügeln begabet/ und haben ihre Häupter mit Mehl bestreuet. So Venus unter den Parcen. lieset man auch beym Pausanias/ daß die Venus von den Griechen (insonderheit den Atheniensern/ als welche dieser Göttin ein viereckicht Bildnus/ den Mercuri-Seulen gleich/ aufgerichtet) unter die Parcen gezehlt gewesen; Die Uberschrifft aber zeigte an/ daß es die himmlische Venus/ und die älteste unter den Parcen seye/ von welcher/ wie er saget/ die Athenienser nichts glaubwürdiges hinterlassen haben. Dieses erinnert mich/ daß die Römer vorzeiten in der Libitina/ oder Todten-Göttin Tempel eine Todten-bahr gesetzt/ worvon Plutarchus diese Ursach anführet/ weil nemlich Libitina die Venus ware/ in dero Tempel die Begräbnus-Zeichen verwahret wurden/ daß wir uns dabey der menschlichen Gebrechlichkeit/ als deren Anfang und Ende eine einige Göttin vorstunde/ erinnern solten/ zumahlen die Venus vor die Göttin der Erzeugung und Fortpflantzung verehret wurde: daher die jenige/ so sie für die älteste unter den Parcen hielten/ zweiffelsohne dardurch andeuten wolten/ daß sie des menschlichen Lebens Ende bestimme. Auch könte man sagen/ es ziele dahin/ weil die Parcen einen Weeg als den andern für himmlische Göttinnen gehalten worden/ ob sie gleich deß Pluto Dienerinnen gewesen. Derohalben an einem gewissen Orte in Griechen-Lande dem Gott Moerageti, so der Parcen Oberhaupt und Führer bedeutet/ ein Altar erbauet war/ und schreibet Pausanias/ es sey das Wort Moeragetes unfehlbar deß Jupiters Zuname/ zumaln er allein die Parcen in seiner Gewalt zu haben geglaubt worden. Und vielleicht aus dieser Ursach Der Götter Secretarius hat man denselben der Götter Secretarium oder Schreiber genennet; gleich als ob dessen Amt seye/ den ihm gründlich erkannten Willen der Götter in Schrifften zu verfassen/ und zu seiner Zeit denselbigen wircklich vollziehen zu lassen.

Eine andere Abbildung der Parcen. Petrus Appianus/ in libro Antiquariorum, erzehlet/ es sey in Steiermarck vor wenig Jahren eine bleierne Platte gefunden worden/ darauf ein Kreiß gezogen gewesen/ in dessen Circumferenz und Umfange ein nakkender Jüngling auf einem kleinen Stuhle gesessen/ der mit beyden Händen die Augen und das Angesicht verdeckt/ und über seinem Haupte den Namen CLOTHO eingegraben gehabt habe: zu dessen Füssen wäre ein geflügelter Knab zu sehen gewesen/ der ebenmässig nacket/ mit der rechten Hand das rechte Knie berührt/ mit der lincken aber auf einen Todten-Kopff/

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 108/0180] Eltern lernen sollten/ wie schwehr es sey/ der Ursachen Erkänntnus zu erlangen. Plato machet sie/ im 10ten Buch de Republica, zu Töchtern der Nohtwendigkeit/ und stellet die grosse Demant-Spitze/ so beyde Polos berührt/ zwischen ihre Knie. Die Göttin Necessitas oder Nohtwendigkeit. Diese nun sitzen/ nach deß Plato Meinung/ in gleicher Weite von einander gesondert/ auf einem Throne/ in weissen Kleidern/ mit Kronen auf den Häuptern/ und singen nach Art der Sirenen/ und zwar Lachesis das Vergangene/ Clotho das Gegenwärtige/ Atropos aber das Zukünfftige: alle drey sind neben ihrer Mutter der Nohtwendigkeit spinnend zu sehen/ Clotho mit der Rechten/ Atropos mit der Lincken/ und Lachesis mit beyden Händen/ bey welcher letztbenannten das Verhängnus deß menschlichen Lebens stehet. Noch viel andere Dinge mehr setzet der vortreffliche Philosophus allhier hinzu/ welche dieses Orts nicht zu erklären und auszuführen dienlich. Pausanias erzehlet/ daß ihrer Mutter/ der Nohtwendig- und Gewaltsamkeit/ von den Corinthiern ein Tempel erbauet worden/ in welchen niemand zu gehen erlaubt gewesen. Einige haben den Parcen Kräntze aus Narcissen gewunden; andere ihnen die Häupter mit weissen Binden umbwunden/ immassen Catullus bezeuget/ wann er sie/ in deß Peleus und der Thetis Hochzeit-Liede einführend/ also beschreibet: Der Parcen Bildnus aus dem Plato. Ihre Kronen. His corpus tremulum complectens undiqve vestis, Candida purpurea talos incinxerat ora; Et roseo niveae residebant vertice vittae; Aeternumque manus carpebant rite laborem. Laeva colum molli lana retinebat a- mictam: Dextera tum leviter deducens fila, supinis Formabat digitis, tum prona in pol- lice torquens Libratum tereti versabat turbine fu- sum. Weißgläntzend war das Kleid biß auf die Füß an ihnen mit Purpur eingesaumt/ von gleicher Weis- se schienen die Hauben auf dem Haupt/ so Rosen ähnlich war/ auf ihr Werck waren sie beflissen gantz und gar. Es hielt die lincke Hand den Wollen-vollen Rocken/ Indem die Rechte zog heraus die weiche Locken/ und leichten Faden macht; man konte sie gleich sehn/ mit unverdroßnem Fleiß/ die runde Spindel drehn. Homerus berichtet in deß Mercurius Liede/ es seyen die Parcen drey Schwestern/ so noch Jungfrauen/ mit Flügeln begabet/ und haben ihre Häupter mit Mehl bestreuet. So lieset man auch beym Pausanias/ daß die Venus von den Griechen (insonderheit den Atheniensern/ als welche dieser Göttin ein viereckicht Bildnus/ den Mercuri-Seulen gleich/ aufgerichtet) unter die Parcen gezehlt gewesen; Die Uberschrifft aber zeigte an/ daß es die himmlische Venus/ und die älteste unter den Parcen seye/ von welcher/ wie er saget/ die Athenienser nichts glaubwürdiges hinterlassen haben. Dieses erinnert mich/ daß die Römer vorzeiten in der Libitina/ oder Todten-Göttin Tempel eine Todten-bahr gesetzt/ worvon Plutarchus diese Ursach anführet/ weil nemlich Libitina die Venus ware/ in dero Tempel die Begräbnus-Zeichen verwahret wurden/ daß wir uns dabey der menschlichen Gebrechlichkeit/ als deren Anfang und Ende eine einige Göttin vorstunde/ erinnern solten/ zumahlen die Venus vor die Göttin der Erzeugung und Fortpflantzung verehret wurde: daher die jenige/ so sie für die älteste unter den Parcen hielten/ zweiffelsohne dardurch andeuten wolten/ daß sie des menschlichen Lebens Ende bestimme. Auch könte man sagen/ es ziele dahin/ weil die Parcen einen Weeg als den andern für himmlische Göttinnen gehalten worden/ ob sie gleich deß Pluto Dienerinnen gewesen. Derohalben an einem gewissen Orte in Griechen-Lande dem Gott Moerageti, so der Parcen Oberhaupt und Führer bedeutet/ ein Altar erbauet war/ und schreibet Pausanias/ es sey das Wort Moeragetes unfehlbar deß Jupiters Zuname/ zumaln er allein die Parcen in seiner Gewalt zu haben geglaubt worden. Und vielleicht aus dieser Ursach hat man denselben der Götter Secretarium oder Schreiber genennet; gleich als ob dessen Amt seye/ den ihm gründlich erkannten Willen der Götter in Schrifften zu verfassen/ und zu seiner Zeit denselbigen wircklich vollziehen zu lassen. Venus unter den Parcen. Der Götter Secretarius Petrus Appianus/ in libro Antiquariorum, erzehlet/ es sey in Steiermarck vor wenig Jahren eine bleierne Platte gefunden worden/ darauf ein Kreiß gezogen gewesen/ in dessen Circumferenz und Umfange ein nakkender Jüngling auf einem kleinen Stuhle gesessen/ der mit beyden Händen die Augen und das Angesicht verdeckt/ und über seinem Haupte den Namen CLOTHO eingegraben gehabt habe: zu dessen Füssen wäre ein geflügelter Knab zu sehen gewesen/ der ebenmässig nacket/ mit der rechten Hand das rechte Knie berührt/ mit der lincken aber auf einen Todten-Kopff/ Eine andere Abbildung der Parcen.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/180>, abgerufen am 27.04.2024.