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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] und zweyen Nymphen/ eingehauen gewesen/ deren eine in der Hand einen Ballen/ die andere einen Schlüssel gehabt; worüber er diese Ursach giebt/ daß nämlich der Schlüssel deß Plutons Kennzeichen bedeute/ dieweil er die Untere oder Höllen-Oerter dergestalt beschlossen halte/ daß ihm niemand daraus entgehen könne. Welches dann Anlaß zur Fabel Cerberus der Höllen Hund. gegeben/ daß der Höllen-Hund Cerberus die Thore der Höllen verwache/ denen jenigen eine Furcht und Schrecken einzujagen/ die sich davon zu schleichen Gelegenheit suchten. Es bildet aber solchen Seneca in Hercule furente mit diesen Worten ab:

Hic saevus umbras territat Stygius
canis,

Qvi terna vasto capita concutiens
sono,

Regnum tuetur; sordidum tabo ca-
put

Lambunt colubri; viperis horrent
jubae;

Longusqve torta sibilat cauda dra-
co.

Hier schreckt mit höchstem Grauß die abge-
leibte Seelen

der grimmig Höllen-Hund/ drey Köpffe
kan man zehlen

zum Schutze seines Reichs an ihm/ den
Eiterfluß

die Schlangen lecken ab am Haupte/ daß
mans muß

mit Grauen sehen an; die gifftgen Nat-
tern starren

ihm umb die Mähn umher/ es zischt (daß
wenig Harren

daselbsten scheint zu seyn) der krummge-
schwäntzte Drach

aufs grimmigste daher etc.

Eben also beschreibet ihn auch Apollodorus lib. II. Bibliothecae, und setzet annoch hinzu/ er habe auf dem Rucken lauter Schlangen Köpffe gehabt. Dantes aber hat im Buch von der Hölle sein Bildnus dergestalt entworffen:

Cerberus umbrarum latratu regna
trifauci

Personat, atque animas multa formi-
dine complet.

Truces illioculi; barba est imple-
xa colubris;

Immanis venter; nec non ferus un-
guibus uncis

Dilaniatque, voratque animas, man-
ditque rapitque.

[Spaltenumbruch]
Die gantze Höll erhallt vom greulichen
Geheule/

wann Cerberus jetzt reisst drey weite
Rachen auf/

daß vor ihm steht erstarrt der Geister
blasser Hauff/

unwissend/ ob sie ihm nicht werden gleich zu
Theile.

Die Augen blitzen ihm: Der Bart hängt
voller Schlangen/

der Bauch ist häßlich groß/ ihn treibt
die Grausamkeit/

daß er zu rauben nur die Seelen ist be-
reit/

dann pflegt er alsobald zu fressen/ was ge-
fangen.

Der Poet Hesiodus eignet ihm hundert Häupter zu/ und nennet ihn deß Plutons Thürhüter/ vermeldet auch anbey/ daß er gegen die jenigen/ so in die untere Oerter anfangs kommen/ sich sehr freundlich anstelle/ hingegen aber die jenige/ welche wiederumb herauszugehen in willens/ von Stund an ergreiffe/ in Stücken zerreisse und auffresse; welches auch mit seinem Namen übereinkommet/ sintemahl Cerberus kreoboros das ist/ ein Fleisch-Fresser genennet wird. Dahero dann einige vorgegeben/ daß durch ihn die Erde/ welche die Leiber frisset und verzehrt/ bedeutet oder verstanden werde. Diesem war nicht gar ungleich Eurynomus. der so genannte Eurynomus/ von dem aus den Delphischen Auslegern Pausanias im letzten Buche schreibet/ er seye ein Geist der Höllen-Einwohner gewesen/ der das Fleisch der Verstorbenen also abgenaget/ daß die blossen Knochen übrig blieben; an der Farb dichteten sie ihn blauschwarz/ wie die grossen Schmeiß-Fliegen oder Mucken/ die dem Fleische sehr begierig nachfliegen/ auszusehen pflegen; er blöckte die Zähne/ und hatte ein Geyer-Fell unter den Füssen liegen.

Was durch den Cerberus bedeutet werde. Einige sind in der Meinung gewesen/ daß der Cerberus diesen unsern irrdischen Leib bedeute: dann gleichwie jener denen Hineingehenden sich gütig und linde erzeigt; also pflege sich auch dieser willig und geneigt gegen die zu erweisen/ welche ihren Lüsten und Begierden nachhangen/ hingegen aber denen nicht weniger Müh und Arbeit zu machen/ so die Lasterbahn verlassen/ und sich auf den Weg der Tugenden zu wenden entschlossen sind/ nicht anders als jener wider die jenige sich auflehnet/ welche aus der Hölle wieder zu gehen gedencken. Und auf diese Bedeutung hat vielleicht Virgilius im VI. Buch Aeneidos sein Absehen gehabt/ wann er dichtet/ es habe dieses Unthier den Aeneas/ nemlich einen Menschen/ so mit allen Tugenden ausgerüstet/ im ersten Eintritt angebellet: welches dem jenigen zu wieder zu lauffen scheinet/ was von eben demselben Hesiodus und andere mehr geschrieben haben/ in massen diese wollen/ daß er gegen die Hineingegehende

[Spaltenumbruch] und zweyen Nymphen/ eingehauen gewesen/ deren eine in der Hand einen Ballen/ die andere einen Schlüssel gehabt; worüber er diese Ursach giebt/ daß nämlich der Schlüssel deß Plutons Kennzeichen bedeute/ dieweil er die Untere oder Höllen-Oerter dergestalt beschlossen halte/ daß ihm niemand daraus entgehen könne. Welches dann Anlaß zur Fabel Cerberus der Höllen Hund. gegeben/ daß der Höllen-Hund Cerberus die Thore der Höllen verwache/ denen jenigen eine Furcht und Schrecken einzujagen/ die sich davon zu schleichen Gelegenheit suchten. Es bildet aber solchen Seneca in Hercule furente mit diesen Worten ab:

Hic saevus umbras territat Stygius
canis,

Qvi terna vasto capita concutiens
sono,

Regnum tuetur; sordidum tabo ca-
put

Lambunt colubri; viperis horrent
jubae;

Longusqve torta sibilat cauda dra-
co.

Hier schreckt mit höchstem Grauß die abge-
leibte Seelen

der grimmig Höllen-Hund/ drey Köpffe
kan man zehlen

zum Schutze seines Reichs an ihm/ den
Eiterfluß

die Schlangen lecken ab am Haupte/ daß
mans muß

mit Grauen sehen an; die gifftgen Nat-
tern starren

ihm umb die Mähn umher/ es zischt (daß
wenig Harren

daselbsten scheint zu seyn) der krummge-
schwäntzte Drach

aufs grimmigste daher etc.

Eben also beschreibet ihn auch Apollodorus lib. II. Bibliothecae, und setzet annoch hinzu/ er habe auf dem Rucken lauter Schlangen Köpffe gehabt. Dantes aber hat im Buch von der Hölle sein Bildnus dergestalt entworffen:

Cerberus umbrarum latratu regna
trifauci

Personat, atque animas multa formi-
dine complet.

Truces illioculi; barba est imple-
xa colubris;

Immanis venter; nec non ferus un-
guibus uncis

Dilaniatque, voratque animas, man-
ditque rapitque.

[Spaltenumbruch]
Die gantze Höll erhallt vom greulichen
Geheule/

wann Cerberus jetzt reisst drey weite
Rachen auf/

daß vor ihm steht erstarrt der Geister
blasser Hauff/

unwissend/ ob sie ihm nicht werden gleich zu
Theile.

Die Augen blitzen ihm: Der Bart hängt
voller Schlangen/

der Bauch ist häßlich groß/ ihn treibt
die Grausamkeit/

daß er zu rauben nur die Seelen ist be-
reit/

dann pflegt er alsobald zu fressen/ was ge-
fangen.

Der Poet Hesiodus eignet ihm hundert Häupter zu/ und nennet ihn deß Plutons Thürhüter/ vermeldet auch anbey/ daß er gegen die jenigen/ so in die untere Oerter anfangs kommen/ sich sehr freundlich anstelle/ hingegen aber die jenige/ welche wiederumb herauszugehen in willens/ von Stund an ergreiffe/ in Stücken zerreisse und auffresse; welches auch mit seinem Namen übereinkommet/ sintemahl Cerberus κρεοβόρος das ist/ ein Fleisch-Fresser genennet wird. Dahero dann einige vorgegeben/ daß durch ihn die Erde/ welche die Leiber frisset und verzehrt/ bedeutet oder verstanden werde. Diesem war nicht gar ungleich Eurynomus. der so genannte Eurynomus/ von dem aus den Delphischen Auslegern Pausanias im letzten Buche schreibet/ er seye ein Geist der Höllen-Einwohner gewesen/ der das Fleisch der Verstorbenen also abgenaget/ daß die blossen Knochen übrig blieben; an der Farb dichteten sie ihn blauschwarz/ wie die grossen Schmeiß-Fliegen oder Mucken/ die dem Fleische sehr begierig nachfliegen/ auszusehen pflegen; er blöckte die Zähne/ und hatte ein Geyer-Fell unter den Füssen liegen.

Was durch den Cerberus bedeutet werde. Einige sind in der Meinung gewesen/ daß der Cerberus diesen unsern irrdischen Leib bedeute: dann gleichwie jener denen Hineingehenden sich gütig und linde erzeigt; also pflege sich auch dieser willig und geneigt gegen die zu erweisen/ welche ihren Lüsten und Begierden nachhangen/ hingegen aber denen nicht weniger Müh und Arbeit zu machen/ so die Lasterbahn verlassen/ und sich auf den Weg der Tugenden zu wenden entschlossen sind/ nicht anders als jener wider die jenige sich auflehnet/ welche aus der Hölle wieder zu gehen gedencken. Und auf diese Bedeutung hat vielleicht Virgilius im VI. Buch Aeneidos sein Absehen gehabt/ wann er dichtet/ es habe dieses Unthier den Aeneas/ nemlich einen Menschen/ so mit allen Tugenden ausgerüstet/ im ersten Eintritt angebellet: welches dem jenigen zu wieder zu lauffen scheinet/ was von eben demselben Hesiodus und andere mehr geschrieben haben/ in massen diese wollen/ daß er gegen die Hineingegehende

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/171>, abgerufen am 28.04.2024.