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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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Bildnis deß Oceans. Nun kehren wir uns noch einmahl zu den Ocean/ und berichten/ wie seine Bildnus gestaltet gewesen: Dessen Wagen deutet an/ daß er um die Erde herum gehe/ die Räder bemercken die runde Figur der Erden; Die Wallfische ziehen den Wagen/ weil das Meer die gantze Erde durchlaufft/ sich in deroselben Schoß leget und ihren grösten Theil vorbey fliesset. Die Nymphen bedeuten die Eigenschafft der Wasser/ welche die Alten nicht allein unter deß Oceans/ Neptunus/ Thetis/ Doris/ Amphitrite/ und anderer Meer-Götter/ sondern auch unter deß Archelous Namen abgebildet/ obwol einige unter den ersten die Natur der gesalznen Wasser/ unter den nachfolgenden aber der Natur der süssen (als da sind die Wasser der Flüsse/ die auch von den Alten für Götter gehalten/ und mit menschlichen Gestalten gebildet worden) zu verstehen geben wollen. Ehe wir aber derselben Bildnussen vorstellen/ müssen Winde. wir zuvor die Winde beschreiben/ dann weil PLATTE K. wir vom Meer geredet/ allda selbige ihre Kräffte insonderheit spühren lassen/ achte ich nicht undienlich zu seyn/ auch zugleich von den Winden zu handeln/ wiewohl sie nicht unfüglich bey Vorstellung der Juno hätten können beygebracht werden/ als welche die Lufft bedeutet; der Wind aber/ nach Meinung der Physicorum oder Naturkündiger/ die erregte und bewegte Lufft ist. Derohalben Aeolus der Juno beym Virgilius im 1. Buch Aeneidos also antwortet:

Tu mihi quodcunqve hoc regni, tu
sceptra Jovemque

Concilias; tu das epulis accumbere
Divum,

Nimborumque facis, tempestatumque
potentem.

= = = = = Du kanst beym Jupiter
mich bringen zu Genad/ und machen/ daß
ich Ehr

in meinem Reiche hab. Du kanst mir dar-
zu nützen/

daß ich bey Göttern kan an ihrer Tafel si-
tzen;

Du mehrest meine Macht/ daß ich ein
Herr der See

in meinem Regiment mit guten Ruhm
besteh.

Die Winde sind von den Alten als Götter geehret worden. Die Alten haben die Winde als Götter verehret/ und ihnen geopffert/ entweder/ weil sie ihnen günstig gewesen/ oder damit sie ihnen ins künfftige nicht zu wider seyn möchten. Sie haben sie mit Flügeln/ aufgeblasenen Backen/ und den Athem von sich gebend/ gebildet; zumalen einige mit ihrem Blasen diese/ andere jene Wirckungen hervor bringen; dann etliche treiben die Wolcken zusammen/ und verursachen den Regen/ andere hingegen [Spaltenumbruch] zertreiben dieselben; andere pflegen ihre Kräffte wiederum anders zu erzeigen/ dannenhero sie ungleich von den Poeten beschrieben worden: und ob ihrer wol sehr viel sind/ so Die Haupt-Winde. pflegen der vornehmsten doch mehr nicht als viere/ die von den vier Haupt-Theilen der Welt hervor wehen/ gezehlt zu werden/ wie Ovidius bezeuget/ wann er im ersten Buch seiner Verwandlungen das gantze Welt-Rund in seine Theile absondert. Einige haben/ wie Boreas, Aqvilo, oder Nordwind. Strabo meldet/ nur zwey Winde gezehlt. Aber unter den vieren ist einer Aqvilo, oder Nordwind/ welcher auch Boreas heisset/ so von Mitternacht wehet; von deme schreibet Pausanias in Eliacis, daß er in deß Cypsellus Kiste ausgehauen gewesen/ in der jenigen Gestalt/ wie er die Orithyia entführt; iedoch beschreibet er sein Bildnus nicht anders/ als daß er an statt der Füsse Schlangen-Schwäntze gehabt habe. Er wird aber sonsten/ weil er Schnee und Kälte mit bringet/ und das Eiß verschaffet/ am Notus, Auster, oder Sudwind. Bart/ Haaren und Flügeln mit Schnee bestreuet ausgebildet. Der ander ist Auster oder der Sudwind/ welcher auch Notus genennet wird/ und vom Mittage wehet. Dieser/ weil er mit seinem Sausen den Regen verschaffet/ wird vom Ovidius also beschrieben:

--- --- Madidis Notus evolat a-
lis,

Terribilem picea tectus caligine
vultum,

Barba gravis nimbis, canis fluit unda
capillis,

Fronte sedent nebulae, rorant pen-
naeque sinusque

Der Sudwind/ als nicht faul/ die nassen
Flügel schwingt/

sieht schrecklich/ pechschwartz aus/ der Bart
ist schwehr vom Regen

Wie auch das graue Haar; Die Stirn ist
dick umlegen

mit Nebeln/ lauter Thau aus Schoß und
Flügeln dringt.

Eurus oder Ostwind. Der dritte ist Eurus, oder der Ostwind/ welcher vom Morgen bläset. Dieser wird schwartz gebildet/ wegen der Mohren/ durch derer Länder er streichet; und weil die Sonne/ wann sie im Untergehen roht erscheinet/ ein Kennzeichen (wie Virgilius in libris Georgicis bezeuget) seyn soll/ daß deß nächstfolgenden Morgens der Eurus erwecket werde/ als wird zum Haupte seines Bildes der Sonne feurig gemahlt. Zephyrus oder Westwind. Der vierdte ist der lindeste/ und wird genennt Zephyrus oder der Westwind/ so vom Niedergang oder Abend wehet. Dieser pfleget im Frühling die Erde am ersten mit Kräutern zu Flora. bekleiden/ und die Blumen hervorzubringen; Dannenhero er der Flora/ als der Blumen-Göttin Gemahl von den Alten genennet worden/

[Spaltenumbruch]

Bildnis deß Oceans. Nun kehren wir uns noch einmahl zu den Ocean/ und berichten/ wie seine Bildnus gestaltet gewesen: Dessen Wagen deutet an/ daß er um die Erde herum gehe/ die Räder bemercken die runde Figur der Erden; Die Wallfische ziehen den Wagen/ weil das Meer die gantze Erde durchlaufft/ sich in deroselben Schoß leget und ihren grösten Theil vorbey fliesset. Die Nymphen bedeuten die Eigenschafft der Wasser/ welche die Alten nicht allein unter deß Oceans/ Neptunus/ Thetis/ Doris/ Amphitrite/ und anderer Meer-Götter/ sondern auch unter deß Archelous Namen abgebildet/ obwol einige unter den ersten die Natur der gesalznen Wasser/ unter den nachfolgenden aber der Natur der süssen (als da sind die Wasser der Flüsse/ die auch von den Alten für Götter gehalten/ und mit menschlichen Gestalten gebildet worden) zu verstehen geben wollen. Ehe wir aber derselben Bildnussen vorstellen/ müssen Winde. wir zuvor die Winde beschreiben/ dann weil PLATTE K. wir vom Meer geredet/ allda selbige ihre Kräffte insonderheit spühren lassen/ achte ich nicht undienlich zu seyn/ auch zugleich von den Winden zu handeln/ wiewohl sie nicht unfüglich bey Vorstellung der Juno hätten können beygebracht werden/ als welche die Lufft bedeutet; der Wind aber/ nach Meinung der Physicorum oder Naturkündiger/ die erregte und bewegte Lufft ist. Derohalben Aeolus der Juno beym Virgilius im 1. Buch Aeneidos also antwortet:

Tu mihi quodcunqve hoc regni, tu
sceptra Jovemque

Concilias; tu das epulis accumbere
Divum,

Nimborumque facis, tempestatumque
potentem.

= = = = = Du kanst beym Jupiter
mich bringen zu Genad/ und machen/ daß
ich Ehr

in meinem Reiche hab. Du kanst mir dar-
zu nützen/

daß ich bey Göttern kan an ihrer Tafel si-
tzen;

Du mehrest meine Macht/ daß ich ein
Herr der See

in meinem Regiment mit guten Ruhm
besteh.

Die Winde sind von den Alten als Götter geehret worden. Die Alten haben die Winde als Götter verehret/ und ihnen geopffert/ entweder/ weil sie ihnen günstig gewesen/ oder damit sie ihnen ins künfftige nicht zu wider seyn möchten. Sie haben sie mit Flügeln/ aufgeblasenen Backen/ und den Athem von sich gebend/ gebildet; zumalen einige mit ihrem Blasen diese/ andere jene Wirckungen hervor bringen; dann etliche treiben die Wolcken zusammen/ und verursachen den Regen/ andere hingegen [Spaltenumbruch] zertreiben dieselben; andere pflegen ihre Kräffte wiederum anders zu erzeigen/ dannenhero sie ungleich von den Poeten beschrieben worden: und ob ihrer wol sehr viel sind/ so Die Haupt-Winde. pflegen der vornehmsten doch mehr nicht als viere/ die von den vier Haupt-Theilen der Welt hervor wehen/ gezehlt zu werden/ wie Ovidius bezeuget/ wann er im ersten Buch seiner Verwandlungen das gantze Welt-Rund in seine Theile absondert. Einige haben/ wie Boreas, Aqvilo, oder Nordwind. Strabo meldet/ nur zwey Winde gezehlt. Aber unter den vieren ist einer Aqvilo, oder Nordwind/ welcher auch Boreas heisset/ so von Mitternacht wehet; von deme schreibet Pausanias in Eliacis, daß er in deß Cypsellus Kiste ausgehauen gewesen/ in der jenigen Gestalt/ wie er die Orithyia entführt; iedoch beschreibet er sein Bildnus nicht anders/ als daß er an statt der Füsse Schlangen-Schwäntze gehabt habe. Er wird aber sonsten/ weil er Schnee und Kälte mit bringet/ und das Eiß verschaffet/ am Notus, Auster, oder Sudwind. Bart/ Haaren und Flügeln mit Schnee bestreuet ausgebildet. Der ander ist Auster oder der Sudwind/ welcher auch Notus genennet wird/ und vom Mittage wehet. Dieser/ weil er mit seinem Sausen den Regen verschaffet/ wird vom Ovidius also beschrieben:

--- --- Madidis Notus evolat a-
lis,

Terribilem picea tectus caligine
vultum,

Barba gravis nimbis, canis fluit unda
capillis,

Fronte sedent nebulae, rorant pen-
naeque sinusque

Der Sudwind/ als nicht faul/ die nassen
Flügel schwingt/

sieht schrecklich/ pechschwartz aus/ der Bart
ist schwehr vom Regen

Wie auch das graue Haar; Die Stirn ist
dick umlegen

mit Nebeln/ lauter Thau aus Schoß und
Flügeln dringt.

Eurus oder Ostwind. Der dritte ist Eurus, oder der Ostwind/ welcher vom Morgen bläset. Dieser wird schwartz gebildet/ wegen der Mohren/ durch derer Länder er streichet; und weil die Sonne/ wann sie im Untergehen roht erscheinet/ ein Kennzeichen (wie Virgilius in libris Georgicis bezeuget) seyn soll/ daß deß nächstfolgenden Morgens der Eurus erwecket werde/ als wird zum Haupte seines Bildes der Sonne feurig gemahlt. Zephyrus oder Westwind. Der vierdte ist der lindeste/ und wird genennt Zephyrus oder der Westwind/ so vom Niedergang oder Abend wehet. Dieser pfleget im Frühling die Erde am ersten mit Kräutern zu Flora. bekleiden/ und die Blumen hervorzubringen; Dannenhero er der Flora/ als der Blumen-Göttin Gemahl von den Alten genennet worden/

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2014-06-24T13:18:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2014-06-24T13:18:31Z)
Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2014-06-24T13:18:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/160>, abgerufen am 22.11.2024.