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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] wann man der Stadt Erbauungs-Tag begienge. Es wurden die Menschen durch einen Dampff vom verbrannten Pferd-Blute/ Kalbs-Aschen/ so aus Mutter-Leib gerissen/ und zu einigen andern Opffern geschlachtet worden war/ wie auch Bohnen-Stoppeln ausgesöhnet; auch die Schaaf-Ställe/ die Schaafe selbst/ und anderes Viehe/ wurden durch einen Schwefel-Rauch gereiniget: Roßmarien und das Kraut vom Sevenbaum/ wie auch den Oel- Küen- und Lorbeerbaum verbrandten sie/ und pflegten endlich durch eine mit Heu angezündete Flamme zu gehen. Ingleichen opfferten sie auch/ dieser Göttin zu Ehren/ Fladen aus Hirsen/ und Kübel voll Milch/ und beschlossen das Opffer mit einem öffentlichen Gebet. Welche Ceremonien fast mit denen überein kamen/ die sie in der Obst-Göttin/ Pomona. der Pomona/ Festen zu beobachten pflegten. Ovidius setzet diese Göttin den Gärten vor/ und sagt/ sie sey des Vertumnus Weib gewesen/ unter dessen Schutz auch die Gärten waren; in die Hand gab er ihr eine Kneipe/ umb damit die unnützen Bäum-äste abzuschneiden/ und bessere an deren statt einzupropffen; Dannenhero der jenige/ so ihr Bildnus entwerffen wollte/ alle Werckzeuge/ deren man im Gartenbau zu gebrauchen pfleget/ beyfügen müste. Dieser schriebe man zu/ daß sie den Bäumen einige Krafft mittheile/ die zeitige Früchte hervorzubringen: Flora. gleichwie man die Flora denen aus der Erden hervorwachsenden Blumen vorsetzte/; dahero man sie vor eine Göttin so wol der Blüte auf den Bäumen/ als auch der Blumen auf dem Felde erkennte und verehrte: Ihre Bildnus soll alsdann von mir beschrieben werden/ wann ich von ihrem Gemahl dem Zephyrus handle. Hier aber kan ich nicht ungemeldet lassen/ daß man von ihr in den Historien lieset/ sie habe in einem gemeinen Hause eine Hure abgegeben/ und die Kinder Romulus und Remus an ihren Brüsten gesäugt; oder sie habe/ wie andere melden/ aus dem erarnten Huren-Gewinn dem Römischen Volcke eine sehr grosse Erbschafft verschaffet. Ich finde aber von dieser Nachgesetztes beschrieben: Erzehlung von der Flora. Ein Vorsteher deß Götzen-Bildes Hercules/ hatte ein überaus gutes faules und müssiges Leben/ daher er den Tag ins gemein mit Würffeln und dergleichen Spiel-übungen hin brachte; als es ihm aber einsten an Mitspielern mangelte/ unterstüde er sich den Gott Hercules mit dem Beding zum Mitspieler auszufordern/ daß wann Hercules verspielte/ selbiger ihm etwas gutes mittheilen solte: im Fall aber Er/ der Götzen-Diener/ verliehren würde/ so wollte er dem Gott eine Mahlzeit ausrichten und dabey eine schöne Jungfrau verschaffen. Auf diese vorgelegte Bedingung hatte der Tempel-Diener die Würffel für sich selbst/ und auch für den Hercules geworffen; und ware das Spiel auf Seiten deß Gottes glücklich ausgefallen; daher der Verlustigte das Mahl zubereitet/ und die Laurentia/ eine berüchtigte Schöne Hure/ darzu [Spaltenumbruch] gedingt/ welche Er in den Tempel gebracht/ und nach verrichteter Mahlzeit mit verschlossenen Thüren darinnen gelassen. Es solle sich aber hierauf der Gott Hercules zu Nachts mit der Laurentia zwar nicht fleischlich auf Menschen-Weise vermischet/ ihr iedoch befohlen haben/ deß folgenden Morgens auf den Marckt zu gehen/ und den jenigen/ welcher ihr zu erst daselbst begegnen würde/ sich ihr zum Freunde zu machen. Als nun dieses das Mägdlein gethan/ ist ihr Tarruntius/ ein sehr reicher/ zwar schon betagter/ doch noch unverheyrahteter Mensch begegnet/ deme sie verehligt worden: Der sie auch noch bey Leb-Zeiten zu einer Besitzerin alles seines Vermögens gemacht/ und als er gestorben/ zur Erbin im Testamente verordnet; dahero sie solches alles nach ihrem Tode dem Römischen Volcke verschaffet/ worfür ihr Gedächtnus mit höchster Veneration geehret worden. Dieweil es aber etwas schimpfflich schiene/ eine Hure zu verehren/ hat man ihren Namen verändert/ und sie Flora genennet; Ja damit dieser nicht allzu ehrlichen Sache einige Ehrwürde möchte beygelegt werden/ hat man sie zur Göttin und Vorsteherin der Blumen gemachet; da man dann ihre Spiele die Floralischen genennt/ worinnen von nackenden Weibs-Bildern alle Schande und Leichtfertigkeit verübt wurde. An denselben pflegten auch Hasen- und Reh-Jagten angestellt zu werden; weil diese Thiere in den Gärten sich aufhalten/ die/ wie sie beym Ovidius von ihr selbsten sagt/ unter ihrem Schutz zu seyn geglaubt wurden.

Bona Dea oder die gute Göttin Es ware auch ehedessen Bona Dea, oder die gute Göttin/ eine solche Göttliche Macht/ die zur Erden gehörig; zumalen Porphyrius darfür hält/ wie Eusebius erzehlet/ daß die jenige Krafft der Erden/ so den hineingestreueten Saamen durch Wärme erhält und nähret/ von den Alten unter der guten Göttin Namen angedeutet worden; dessen Anzeigung er diese zu seyn meldet/ weil dero Bildnus einige grüne Pflantzen mit den Händen darreichet/ gleich/ als ob sie hervor gesprossen wären. So bezeugte auch das Opffer/ das man ihr opfferte (nämlich eine trächtige Schweins-Mutter) daß die Alten diese Göttin für die Erde gehalten. Sie ist darumb die gute Göttin genennt worden/ weil uns aus der Erden unzehlich Fauna. viel Gutes zukommet. Man nennte sie auch die Fauna; dieweil sie/ wann wir ihrer Hülffe bedürffen/ sich uns günstig und geneigt erzeiget. Sie hat auch andere Namen überkommen/ die Plutarchus erzehlet/ da er anzeiget/ auf was Weise Clodius/ in deß Caesars Gemahlin verliebt/ sich in weiblichen Habit verkleidet und in dieser Göttin Tempel oder Heiligthumb mit eingedrungen. Von ihr lieset man/ sie seye so keusch und züchtig gewesen/ daß sie ausser ihren Gemahl kein Mannsbild gesehen/ ja keines andern Mannes Namen nennen hören/ und ausser ihrem Hause nirgend gesehen

[Spaltenumbruch] wann man der Stadt Erbauungs-Tag begienge. Es wurden die Menschen durch einen Dampff vom verbrannten Pferd-Blute/ Kalbs-Aschen/ so aus Mutter-Leib gerissen/ und zu einigen andern Opffern geschlachtet worden war/ wie auch Bohnen-Stoppeln ausgesöhnet; auch die Schaaf-Ställe/ die Schaafe selbst/ und anderes Viehe/ wurden durch einen Schwefel-Rauch gereiniget: Roßmarien und das Kraut vom Sevenbaum/ wie auch den Oel- Küen- und Lorbeerbaum verbrandten sie/ und pflegten endlich durch eine mit Heu angezündete Flamme zu gehen. Ingleichen opfferten sie auch/ dieser Göttin zu Ehren/ Fladen aus Hirsen/ und Kübel voll Milch/ und beschlossen das Opffer mit einem öffentlichen Gebet. Welche Ceremonien fast mit denen überein kamen/ die sie in der Obst-Göttin/ Pomona. der Pomona/ Festen zu beobachten pflegten. Ovidius setzet diese Göttin den Gärten vor/ und sagt/ sie sey des Vertumnus Weib gewesen/ unter dessen Schutz auch die Gärten waren; in die Hand gab er ihr eine Kneipe/ umb damit die unnützen Bäum-äste abzuschneiden/ und bessere an deren statt einzupropffen; Dannenhero der jenige/ so ihr Bildnus entwerffen wollte/ alle Werckzeuge/ deren man im Gartenbau zu gebrauchen pfleget/ beyfügen müste. Dieser schriebe man zu/ daß sie den Bäumen einige Krafft mittheile/ die zeitige Früchte hervorzubringen: Flora. gleichwie man die Flora denen aus der Erden hervorwachsenden Blumen vorsetzte/; dahero man sie vor eine Göttin so wol der Blüte auf den Bäumen/ als auch der Blumen auf dem Felde erkennte und verehrte: Ihre Bildnus soll alsdann von mir beschrieben werden/ wann ich von ihrem Gemahl dem Zephyrus handle. Hier aber kan ich nicht ungemeldet lassen/ daß man von ihr in den Historien lieset/ sie habe in einem gemeinen Hause eine Hure abgegeben/ und die Kinder Romulus und Remus an ihren Brüsten gesäugt; oder sie habe/ wie andere melden/ aus dem erarnten Huren-Gewinn dem Römischen Volcke eine sehr grosse Erbschafft verschaffet. Ich finde aber von dieser Nachgesetztes beschrieben: Erzehlung von der Flora. Ein Vorsteher deß Götzen-Bildes Hercules/ hatte ein überaus gutes faules und müssiges Leben/ daher er den Tag ins gemein mit Würffeln und dergleichen Spiel-übungen hin brachte; als es ihm aber einsten an Mitspielern mangelte/ unterstüde er sich den Gott Hercules mit dem Beding zum Mitspieler auszufordern/ daß wann Hercules verspielte/ selbiger ihm etwas gutes mittheilen solte: im Fall aber Er/ der Götzen-Diener/ verliehren würde/ so wollte er dem Gott eine Mahlzeit ausrichten und dabey eine schöne Jungfrau verschaffen. Auf diese vorgelegte Bedingung hatte der Tempel-Diener die Würffel für sich selbst/ und auch für den Hercules geworffen; und ware das Spiel auf Seiten deß Gottes glücklich ausgefallen; daher der Verlustigte das Mahl zubereitet/ und die Laurentia/ eine berüchtigte Schöne Hure/ darzu [Spaltenumbruch] gedingt/ welche Er in den Tempel gebracht/ und nach verrichteter Mahlzeit mit verschlossenen Thüren darinnen gelassen. Es solle sich aber hierauf der Gott Hercules zu Nachts mit der Laurentia zwar nicht fleischlich auf Menschen-Weise vermischet/ ihr iedoch befohlen haben/ deß folgenden Morgens auf den Marckt zu gehen/ und den jenigen/ welcher ihr zu erst daselbst begegnen würde/ sich ihr zum Freunde zu machen. Als nun dieses das Mägdlein gethan/ ist ihr Tarruntius/ ein sehr reicher/ zwar schon betagter/ doch noch unverheyrahteter Mensch begegnet/ deme sie verehligt worden: Der sie auch noch bey Leb-Zeiten zu einer Besitzerin alles seines Vermögens gemacht/ und als er gestorben/ zur Erbin im Testamente verordnet; dahero sie solches alles nach ihrem Tode dem Römischen Volcke verschaffet/ worfür ihr Gedächtnus mit höchster Veneration geehret worden. Dieweil es aber etwas schimpfflich schiene/ eine Hure zu verehren/ hat man ihren Namen verändert/ und sie Flora genennet; Ja damit dieser nicht allzu ehrlichen Sache einige Ehrwürde möchte beygelegt werden/ hat man sie zur Göttin und Vorsteherin der Blumen gemachet; da man dann ihre Spiele die Floralischen genennt/ worinnen von nackenden Weibs-Bildern alle Schande und Leichtfertigkeit verübt wurde. An denselben pflegten auch Hasen- und Reh-Jagten angestellt zu werden; weil diese Thiere in den Gärten sich aufhalten/ die/ wie sie beym Ovidius von ihr selbsten sagt/ unter ihrem Schutz zu seyn geglaubt wurden.

Bona Dea oder die gute Göttin Es ware auch ehedessen Bona Dea, oder die gute Göttin/ eine solche Göttliche Macht/ die zur Erden gehörig; zumalen Porphyrius darfür hält/ wie Eusebius erzehlet/ daß die jenige Krafft der Erden/ so den hineingestreueten Saamen durch Wärme erhält und nähret/ von den Alten unter der guten Göttin Namen angedeutet worden; dessen Anzeigung er diese zu seyn meldet/ weil dero Bildnus einige grüne Pflantzen mit den Händen darreichet/ gleich/ als ob sie hervor gesprossen wären. So bezeugte auch das Opffer/ das man ihr opfferte (nämlich eine trächtige Schweins-Mutter) daß die Alten diese Göttin für die Erde gehalten. Sie ist darumb die gute Göttin genennt worden/ weil uns aus der Erden unzehlich Fauna. viel Gutes zukommet. Man nennte sie auch die Fauna; dieweil sie/ wann wir ihrer Hülffe bedürffen/ sich uns günstig und geneigt erzeiget. Sie hat auch andere Namen überkommen/ die Plutarchus erzehlet/ da er anzeiget/ auf was Weise Clodius/ in deß Caesars Gemahlin verliebt/ sich in weiblichen Habit verkleidet und in dieser Göttin Tempel oder Heiligthumb mit eingedrungen. Von ihr lieset man/ sie seye so keusch und züchtig gewesen/ daß sie ausser ihren Gemahl kein Mannsbild gesehen/ ja keines andern Mannes Namen nennen hören/ und ausser ihrem Hause nirgend gesehen

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 83/0147] wann man der Stadt Erbauungs-Tag begienge. Es wurden die Menschen durch einen Dampff vom verbrannten Pferd-Blute/ Kalbs-Aschen/ so aus Mutter-Leib gerissen/ und zu einigen andern Opffern geschlachtet worden war/ wie auch Bohnen-Stoppeln ausgesöhnet; auch die Schaaf-Ställe/ die Schaafe selbst/ und anderes Viehe/ wurden durch einen Schwefel-Rauch gereiniget: Roßmarien und das Kraut vom Sevenbaum/ wie auch den Oel-Küen-und Lorbeerbaum verbrandten sie/ und pflegten endlich durch eine mit Heu angezündete Flamme zu gehen. Ingleichen opfferten sie auch/ dieser Göttin zu Ehren/ Fladen aus Hirsen/ und Kübel voll Milch/ und beschlossen das Opffer mit einem öffentlichen Gebet. Welche Ceremonien fast mit denen überein kamen/ die sie in der Obst-Göttin/ der Pomona/ Festen zu beobachten pflegten. Ovidius setzet diese Göttin den Gärten vor/ und sagt/ sie sey des Vertumnus Weib gewesen/ unter dessen Schutz auch die Gärten waren; in die Hand gab er ihr eine Kneipe/ umb damit die unnützen Bäum-äste abzuschneiden/ und bessere an deren statt einzupropffen; Dannenhero der jenige/ so ihr Bildnus entwerffen wollte/ alle Werckzeuge/ deren man im Gartenbau zu gebrauchen pfleget/ beyfügen müste. Dieser schriebe man zu/ daß sie den Bäumen einige Krafft mittheile/ die zeitige Früchte hervorzubringen: gleichwie man die Flora denen aus der Erden hervorwachsenden Blumen vorsetzte/; dahero man sie vor eine Göttin so wol der Blüte auf den Bäumen/ als auch der Blumen auf dem Felde erkennte und verehrte: Ihre Bildnus soll alsdann von mir beschrieben werden/ wann ich von ihrem Gemahl dem Zephyrus handle. Hier aber kan ich nicht ungemeldet lassen/ daß man von ihr in den Historien lieset/ sie habe in einem gemeinen Hause eine Hure abgegeben/ und die Kinder Romulus und Remus an ihren Brüsten gesäugt; oder sie habe/ wie andere melden/ aus dem erarnten Huren-Gewinn dem Römischen Volcke eine sehr grosse Erbschafft verschaffet. Ich finde aber von dieser Nachgesetztes beschrieben: Ein Vorsteher deß Götzen-Bildes Hercules/ hatte ein überaus gutes faules und müssiges Leben/ daher er den Tag ins gemein mit Würffeln und dergleichen Spiel-übungen hin brachte; als es ihm aber einsten an Mitspielern mangelte/ unterstüde er sich den Gott Hercules mit dem Beding zum Mitspieler auszufordern/ daß wann Hercules verspielte/ selbiger ihm etwas gutes mittheilen solte: im Fall aber Er/ der Götzen-Diener/ verliehren würde/ so wollte er dem Gott eine Mahlzeit ausrichten und dabey eine schöne Jungfrau verschaffen. Auf diese vorgelegte Bedingung hatte der Tempel-Diener die Würffel für sich selbst/ und auch für den Hercules geworffen; und ware das Spiel auf Seiten deß Gottes glücklich ausgefallen; daher der Verlustigte das Mahl zubereitet/ und die Laurentia/ eine berüchtigte Schöne Hure/ darzu gedingt/ welche Er in den Tempel gebracht/ und nach verrichteter Mahlzeit mit verschlossenen Thüren darinnen gelassen. Es solle sich aber hierauf der Gott Hercules zu Nachts mit der Laurentia zwar nicht fleischlich auf Menschen-Weise vermischet/ ihr iedoch befohlen haben/ deß folgenden Morgens auf den Marckt zu gehen/ und den jenigen/ welcher ihr zu erst daselbst begegnen würde/ sich ihr zum Freunde zu machen. 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An denselben pflegten auch Hasen- und Reh-Jagten angestellt zu werden; weil diese Thiere in den Gärten sich aufhalten/ die/ wie sie beym Ovidius von ihr selbsten sagt/ unter ihrem Schutz zu seyn geglaubt wurden. Pomona. Flora. Erzehlung von der Flora. Es ware auch ehedessen Bona Dea, oder die gute Göttin/ eine solche Göttliche Macht/ die zur Erden gehörig; zumalen Porphyrius darfür hält/ wie Eusebius erzehlet/ daß die jenige Krafft der Erden/ so den hineingestreueten Saamen durch Wärme erhält und nähret/ von den Alten unter der guten Göttin Namen angedeutet worden; dessen Anzeigung er diese zu seyn meldet/ weil dero Bildnus einige grüne Pflantzen mit den Händen darreichet/ gleich/ als ob sie hervor gesprossen wären. So bezeugte auch das Opffer/ das man ihr opfferte (nämlich eine trächtige Schweins-Mutter) daß die Alten diese Göttin für die Erde gehalten. Sie ist darumb die gute Göttin genennt worden/ weil uns aus der Erden unzehlich viel Gutes zukommet. Man nennte sie auch die Fauna; dieweil sie/ wann wir ihrer Hülffe bedürffen/ sich uns günstig und geneigt erzeiget. Sie hat auch andere Namen überkommen/ die Plutarchus erzehlet/ da er anzeiget/ auf was Weise Clodius/ in deß Caesars Gemahlin verliebt/ sich in weiblichen Habit verkleidet und in dieser Göttin Tempel oder Heiligthumb mit eingedrungen. Von ihr lieset man/ sie seye so keusch und züchtig gewesen/ daß sie ausser ihren Gemahl kein Mannsbild gesehen/ ja keines andern Mannes Namen nennen hören/ und ausser ihrem Hause nirgend gesehen Bona Dea oder die gute Göttin Fauna.

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  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/147>, abgerufen am 07.05.2024.